Abnett, Dan – Necropolis (Warhammer 40.000)

Im Kreuzzug gegen die Sabbatwelten kommt dem Planeten Verghast aufgrund seiner Rüstungsgüterindustrie eine zentrale Rolle zu. Als es auf dieser Welt zu einem offenen Krieg zwischen zwei Makropolen, Zoica und Vervun, kommt, droht der Nachschub mit Waffen zu versiegen, was verheerende Folgen für das Imperium haben könnte.

Da die Garde der Vervunmakropole den Angreifern aus Zoica nicht viel entgegensetzen kann, fordern einige Herren der die Stadt beherrschenden Handelshäuser bei Kriegsmeister Macaroth Unterstützungstruppen der imperialen Armee an, darunter auch das „Erste und Einzige Tanith“.

Als Gaunts Geister in der Stadt eintreffen, entpuppt sich die Lage als nahezu hoffnungslos: Unermesslich viele Flüchtlinge aus den umliegenden Arbeiter-Habitaten und Rüstungsmanufakturen haben die städtische Infrastruktur zusammenbrechen lassen und intrigante oder unfähige Führer betreiben faktisch die Zersetzung des politisch-militärischen Entscheidungsapparats von innen, während vor den Toren der Makropole ein Millionen Köpfe zählendes Heer von Chaosdienern darauf wartet, den Eingeschlossenen den Todesstoß zu versetzen. Ein koordinierter, gezielter Einsatz oder gar Gegenangriff ist kaum noch möglich, und das Einzige, was Vervun davor schützt, überrannt zu werden, ist ein riesiger Energieschirm, der plötzlich erlischt …

Zu Beginn des Romans entwirft Abnett ein beeindruckendes Schlachtengemälde, welches sich wie ein großes Puzzle aus vielen, vielen einzelnen Szenen und Fragmenten – zum Teil nicht länger als eine halbe Seite – zusammensetzt. Er hetzt den atemlosen Leser durch eine untergehende Stadt, lässt ihn den Zusammenbruch der Infrastruktur, den Niedergang der Menschlichkeit und das Erstarken von Barbarei intensiv miterleben.

Doch ab einem bestimmten Punkt, etwa ab der Hälfte des Buches, tritt eine Übersättigung mit Gewalt ein, eine regelrechte Abstumpfung, der man sich kaum entziehen kann. Die blitzlichtartig auftauchenden und untergehenden Personen werden bedeutungslos. Wenn zum fünften Mal von „Gesicht wegschießen“ oder „Hinterkopf platzen“ die Rede ist, wird das Grauen banal. Jemand, der wie der Autor in Megatoten rechnet, sollte sich – so zynisch sich das anhört – entsprechend viele, originelle Arten des Sterbens einfallen lassen oder sich auf einige wenige Opfer konzentrieren.

Empfindet man anfangs die Zoicaner in Anbetracht ihrer anonymen Gesichtslosigkeit und der schieren Masse als äußerst bedrohlich, ja sogar unheimlich, so wandelt sich mit Fortschreiten der Handlung auch dieses Bild dramatisch. Irgendwann wird es unbefriedigend, langweilig und geradezu unerträglich, einem uniformen, vollkommen entmenschlichten Gegner beim tontaubenhaften Sterben zuzusehen.

Alles in allem muss man also konstatieren, dass die Dramaturgie letztlich misslungen ist, da es Abnett nicht gelingt, in der Tristesse eines ewigen Kampfes wirkliche Akzente zu setzen und den Leser emotional bei der Stange zu halten. Einige kleinere, unpassend und konstruiert wirkende Sub-Plots können nicht über den Mangel an Abwechslung hinwegtäuschen.

Ebenfalls misslungen ist die Zeichnung der Charaktere und Figuren. Abgesehen davon, dass deren Anzahl viel zu groß ist, um jedem auch nur ansatzweise genügend Aufmerksamkeit zu schenken, wirken jene, die etwas mehr Anteil an der Handlung haben, in ihrer Verkürzung eindimensional, stereotyp, klischeehaft. Der Einzige, der jenseits reiner Schwarz-Weiß-Malerei überhaupt eine Nuancierung zeigt, ist Gaunt, wobei dessen Charakter im vorliegenden Roman eher in Richtung „religiöser“ Fanatiker driftet und damit als Sympathieträger und Identifikationsfigur ausfällt.

Nicht zu übersehen sind diesmal auch eklatante Schwächen in der Handlungslogik und im Abschluss. Es ist nicht ansatzweise nachzuvollziehen, wie die Zoicaner die Vervunmakropole auf so vernichtende Art und Weise überraschen können. Millionen Soldaten und zigtausende Kriegsmaschinen lassen sich nicht innerhalb eines Monats unauffällig aus einem Zylinder zaubern; und die Annahme, dass die Makropolen keinen Kontak untereinander haben bzw. angesichts ihrer kriegerischen Vergangenheit keinerlei Spionage-Netze unterhalten, ist geradezu lächerlich.

Weniger lächerlich als vielmehr dreist ist die Art und Weise, wie sich Abnett diesmal um eine Beschreibung des Endkampfes und einer Lösung des Konfliktes drückt: Gaunt – wer sonst – tritt seinem dämonischen Widersacher gegenüber, wird von diesem schwerst verwundet. … Schnitt! … Kriegsmeister Macaroths Armada taucht über Verghast auf, vernichtet innerhalb von knapp drei Seiten die Zoicaner, rettet Millionen von Flüchtlingen und stößt die Neugründung der beiden Makropolen an. Gaunt erwacht im Lazarett, um gleich darauf ein Attentat auf Dorden und dessen verghastische Kollegin, Curth, zu verhindern. Schluss.

_Fazit_: Nach zwei hervorragenden Romanen um das „Erste und Einzige Tanith“ ist dieser dritte unterm Strich enttäuschend, da ein 430 Seiten langes Metzeln irgendwann ermüdend wird, Logiklöcher die Lesefreude nicht gerade heben und der finale Showdown – bzw. das Fehlen desselben – geradezu als Frechheit bezeichnet werden kann.

© _Frank Drehmel_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de/ veröffentlicht.|

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