Adler-Olsen, Jussi – Erlösung

_Carl Mørck:_

Band 1: „Erbarmen“
Band 2: [„Schändung“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6561
Band 3: _“Erlösung“_
Band 4: „Journal 64“ (noch ohne dt. Titel)

„Erlösung“ – so heißt dieser dritte Krimi aus dem Sonderdezernat Q, und eine Erlösung war es wohl für alle Fans, die sehnsüchtig auf Nachschub aus Jussi Adler-Olsens Feder gewartet haben. Auch der dritte Fall, den Carl Mørck und seine Kollegen zu lösen haben, ist ziemlich knifflig und bereits einige Jahre alt: Eine verwitterte Flaschenpost, die offensichtlich mit Blut geschrieben war und nun kaum noch zu entziffern ist, erreicht das Sonderdezernat Q aus Schottland, wo sie einige Jahre unbemerkt im Fenster gestanden hatte. Mørck und vor allem seine Kollegen Assad und Rose machen sich die Flaschenpost zu ihrer Herzensangelegenheit – mannshoch wird sie in Kopieform an die Wände geklebt, um immer wieder Buchstaben zu ergänzen. So entziffern die drei nach und nach den Hilferuf eines kleinen Jungen, der gemeinsam mit seinem Bruder bereits vor Jahren entführt worden ist.

Mit etwas Glück und viel Geduld bekommen die Mitarbeiter des Sonderdezernats dem Entführungsfall auf die Spur und erfahren, dass der Flaschenpostschreiber von seinem Entführer ermordet worden ist. Doch seine Eltern haben diesen Mord nie zur Anzeige gebracht, weil der Mörder ihnen gedroht hat, dann noch weitere Kinder von ihnen zu entführen und zu ermorden. Was Mørck und seine Kollegen allerdings nicht ahnen: Der Mörder von damals hat bereits das nächste Geschwisterpaar in seiner Gewalt. Wieder will er eine große Geldsumme von den Eltern erpressen, doch dieses Mal hat er einen fatalen Fehler begangen: Er hat Unterschlupf bei einer Frau gesucht und ihren Computer angezapft, die IT-Expertin ist und seine Spuren auf ihrem Rechner sofort entdeckt hat. Durch Zufall steht sie kurz darauf vor den Türen der Familie, deren zwei Kinder entführt worden sind. Gemeinsam mit den verzweifelten Eltern versucht sie, dem Entführer ein Schnippchen zu schlagen.

Die Frau des Entführers muss derweil um ihr Leben bangen. Oft allein gelassen und von ihrem Mann und wie eine Gefangene gehalten, beschließt sie eines Tages, in die fast schon vergessenen Umzugskisten zu schauen, die ihr Mann in einem unbenutzten Zimmer ihres Hauses abgestellt hat. Dort allerdings findet sie Dinge über ihren Mann heraus, die sie ihm nie zugetraut hätte und die ihr zum Verhängnis werden, als ihr Mann entdeckt, dass seine Frau sich an den Umzugskisten zu schaffen gemacht hat.

Doch die Geschwister und die verzweifelte Ehefrau sind nicht die einzigen Personen, die in diesem Buch um ihr Leben fürchten müssen, Jussi Adler-Olsen lässt noch weitere Menschen in Lebensgefahr geraten …

_Aller guten Dinge sind drei_

Mit großen Erwartungen habe ich diesen dritten Fall aus dem Sonderdezernat Q aufgeschlagen, da ich die beiden vorigen Fälle bereits mit großer Begeisterung gelesen habe. Auch der dritte Band beginnt rasant: Ein kleiner Junge schwebt gemeinsam mit seinem Bruder in Lebensgefahr, nur knapp kann er eine verzweifelte Flaschenpost loswerden, in der er um Hilfe bittet – nicht ahnend, dass diese erst Jahre später geöffnet und entziffert wird. Das Schicksal des Jungen ist besiegelt, doch in dem Moment, in dem Adler-Olsen in die eigentliche Romanhandlung einsteigt, hat der Entführer bereits die nächsten Geschwister im Visier. Und so erleben wir mit, wie er sich mit der Familie anfreundet, sich in deren Glaubensgemeinschaft einschleicht, das Vertrauen der Eltern und Kinder gewinnt und schließlich die beiden liebsten Kinder entführt. Der Junge und das Mädchen sind in Todesangst, die Eltern verzweifelt, denn sie haben das Geld nicht, das der Entführer als Lösegeldsumme verlangt. So entschließen sie sich zu einer verzweifelten Rettungsaktion, bei der mehr als eine Person ihr Leben lassen wird…

Zeitgleich sind Mørck und die Mitarbeiter des Sonderdezernats Q damit beschäftigt, die verwitterte Flaschenpost zu entziffern. Nur Buchstabe für Buchstabe können sie den Text zusammensetzen. Und mit jedem Buchstaben, der dem Lückentext hinzugefügt wird, kann Jussi Adler-Olsen die Spannung steigern. Schließlich finden Mørck, Assad und Rose bzw. ihre „Zwillingsschwester“ Yrsa, die für Rose einspringt, die Familie der entführten Jungs und erfahren, dass der Schreiber damals ermordet worden ist.

Sukzessive durchschauen die Ermittler die Taten und den Entführer, erfahren, in welchem Klientel er seine Opfer sucht und mit welchen perfiden Methoden er sich das Schweigen der Opfer erkauft. Durch die vielen Szenenwechsel und die Tatsache, dass wir nur ganz allmählich die Hintergründe erfahren und den Täter kennen lernen und da es immer mehr Menschen gibt, um deren Leben wir fürchten müssen, steigert Adler-Olsen die Spannung immer weiter. Ich konnte das Buch wirklich kaum noch aus der Hand legen, weil ich unbedingt wissen wollte, wer denn nun das Buch überleben würde.

Zu bemängeln ist allerdings, dass Jussi Adler-Olsen sich häufig in Nebenschauplätzen verliert, die mit der eigentlichen Handlung rein gar nichts zu tun haben und absolut fehl am Platze sind. Immer wieder beispielsweise erwähnt er den Vorfall aus der Vergangenheit, bei der Mørck und zwei seiner Kollegen in einen Hinterhalt geraten sind. Ein Kollege ist gestorben, einer schwer verletzt worden und Mørck als Dritter wurde ins Sonderdezernat versetzt, um ihn aus dem Wege zu haben. Was aber damals vorgefallen ist und wer die drei verraten hat, ist bis heute nicht klar und langsam mag man darüber auch nichts mehr hören, weil Adler-Olsen nichts weiter als Andeutungen zu bieten hat und diesen auch nie etwas Neues hinzufügt.

Auch die Geschichte mit den Brandstiftungen, an denen die Polizei arbeitet und für die auch das Sonderdezernat Q einige Aufgaben erledigt, ist nur Nebenhandlung, die mit den Entführungsfällen nichts zu tun hat und die am Ende im Sande verläuft. Zwar erfährt der Leser, worum es bei den Brandstiftungen gegangen ist, doch interessiert das einen nicht die Bohne, weil man ja eigentlich nur wissen will, was mit den Entführungen los ist. Hätte man das Buch um diese bestimmt 100 oder 150 Seiten gekürzt, wäre der Spannungsbogen perfekt gelungen, so hängt er zwischenzeitlich immer wieder durch – das hätte nicht sein müssen!

_Personelle Schwächen_

Leider schwächelt Jussi Adler-Olsen ganz klar in der Zeichnung seiner Charaktere. Allen voran ist Carl Mørck zu nennen, der eigentlich immer nur „Unsympathiepunkte“ sammelt. Statt zu arbeiten, möchte er eigentlich lieber die Füße hochlegen und die Augen schließen. Ständig ist er genervt von seinen Mitarbeitern und Vorgesetzten, die es doch tatsächlich wagen, ihm Arbeit auf den Schreibtisch zu legen oder die tatsächlich ihre Arbeit erledigen! Privat möchte er seine Noch-Frau mit allen Mitteln loswerden und bietet seinem Sohn daher sogar Geld, damit er einen anderen Mann für eine Noch-Frau findet. Seine Liebelei mit Mona nervt nur und man würde ihm das Liebesglück auch eigentlich gar nicht gönnen.

Assad hat irgendwas zu verbergen. Er wohnt nicht dort, wo er gemeldet ist und hat irgendwelche Querelen mit einem anderen Polizisten, der sich daraufhin versetzen lassen möchte. Doch wer Assad eigentlich ist, wo er wohnt und was er mit dem anderen Polizisten abzumachen hat, verrät uns Adler-Olsen nicht – warum also diese ganzen Andeutungen? Mich nervt es langsam unendlich, dass Jussi Adler-Olsen immer nur Andeutungen macht, denen aber nie neue Informationen hinzufügt. Irgendwann sollte er all diese Baustellen einfach mal dichtmachen und seinen geduldigen Lesern verraten, was es mit all den Andeutungen auf sich hat.

Auch Rose nervt in diesem Buch von Seite zu Seite mehr. Da sie keine Kritik verträgt, meldet sie sich eines Tages krank und schickt ihre angebliche Zwillingsschwester Yrsa, um ihre Arbeit zu erledigen, da sie auf das Geld angewiesen ist. Yrsa läuft in schrägen Klamotten rum und legt noch einige andere merkwürdige Eigenarten an den Tag, die sie nicht sonderlich authentisch erscheinen lassen. Und schlussendlich merkt Mørck, dass es sich bei Yrsa um Rose handelt – was für ein Schwachsinn!

Mit derlei Abstrusitäten lenkt Jussi Adler-Olsen nur vom eigentlichen Fall ab, nervt seine Leser zunehmend und bremst den Spannungsbogen aus. Leider steht er sich oftmals selbst im Wege. Würde ein fähiger Lektor diese Geschichtchen heraus kürzen, würde das den Büchern wirklich gut tun!

_Erlöst_

Nach fast 600 Seiten erlöst uns Jussi Adler-Olsen und verrät uns, wer die Geschichte überlebt und wer hinter den Entführungen steckt. Bis zum finalen Showdown dreht er noch mal das Tempo auf und kreist seinen Entführer immer mehr ein – das ist wiederum ganz gut gelungen. Bis auf die erwähnten Abstriche gefiel mir der Spannungsbogen gut. Abzüge gibt es aber ganz klar in puncto Charakterzeichnung, denn hier weiß ich gar nicht, welcher der Charaktere mir am allerwenigsten gefällt, da alle so merkwürdige Eigenarten haben, dass ich eigentlich nicht sonderlich viel von ihnen erfahren möchte. Schade, dass Adler-Olsen hier dermaßen in die „Trickkiste“ greift, authentische Charaktere würden seinen Büchern besser anstehen. So reicht es leider nicht zu einer Höchstnote, auch wenn mir das Buch unter dem Strich durchaus gut gefallen hat.

|Taschenbuch: 592 Seiten
Originaltitel: Flaskepost fra P
ISBN-13: 978-3423248525|
[www.dtv.de]http://www.dtv.de

_Jussi Adler-Olsen bei |Buchwurm.info|:_
[„Erlösung“ (Hörbuch)]http://www.buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7215

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