Ahern, Cecelia – Ich schreib dir morgen wieder

_Eine neue Cecelia_

Die gerade mal Dreißigjährige hat sich gleich mit ihrem ersten Roman |P.S. Ich liebe Dich| in die Herzen nicht nur der jungen Generation geschrieben, sondern sie erreicht mit ihrem spritzigen Humor, ihrer Seele und einem Schuss Magie auch die Älteren. Ihre Heldinnen sind immer ein bisschen so, wie sich die junge Generation selbst gern sehen würde und wie wir Älteren wünschten, dass es die junge Generation wäre.

|Kritikpunkte|

Jetzt aber machte sich Enttäuschung breit, denn die neue Heldin Tamara ist eine scheinbar verwöhnte Göre von 16, die das Pech hatte, dass der Universalgeldbeschaffer Papa durch Selbstmord aus dem Leben schied und die Ursache dieses Entschlusses der nicht mehr abwendbare Ruin war, der auch für die Rotzgöre das Ende des Schwelgens in teuren Urlaubszielen und Markenerzeugnissen bedeutete. Zwar ist als Rest von Identifikationspotenzial ihre Liebe zu den eigenen Eltern vorhanden, aber sonst hatte man an Idealischem doch wesentlich mehr.

Der zweite Kritikpunkt ist allgemein, dass sie sich diesmal, wie bei anderen Autoren üblich, eine Exposition von etwa einem Drittel des Buches gönnt, dann aber eine Rasanz der Handlung entwickelt, dass die Zeichnung der Personen vor der Action zurücktritt und man das Gefühl hat, sie hat ein wenig zu viel |Dan Brown| gelesen. Sie gibt dem Geschehen die unwahrscheinlichsten Wendungen, so dass man Mühe hat zu folgen. Es genügt da nicht, dass das Buch in einem Show-Down endet, sie muss noch eine Geschichte im Stile eines Märchens nachschieben, um einigermaßen Verständnis zu erlangen.

|Cecelias Stil|

Die Senkrechtstarterin Ahern ist sich wohl bewusst, dass eine Schriftstellerin ihren Erfolg nicht allein ihrem Talent verdankt, sondern der Tatsache, dass sich so viele Leser finden, dass sie gut von den Auflagen leben kann. So wendet sie sich immer wieder an den Leser, was sich im besprochenen Roman aber auf den gemeinhin als langweilig eingestuften ersten Teil beschränkt. Man hat das Gefühl von einer charmanten, geistreichen und hübschen jungen Frau direkt angesprochen zu werden, die sich vorgenommen hat, einem ein literarisches Vergnügen zu bereiten, was man selbstredend gern annimmt. Den Kritikern, die sich teils als sehr enttäuscht von diesem Roman bezeichnen, scheint das nicht mehr zu genügen.

Nach besagtem Ruin findet Tamara mit ihrer in Agonie verfallenen Mutter Aufnahme bei einem verwandten Ehepaar Rosaleen und Arthur, deren Lebensaufgabe darin zu bestehen scheint ein Anwesen um ein verfallenes Schloss in Schuss zu halten. Sie bewohnen dessen Torhaus, versorgen die Mutter von Rosaleen, die irgendwie unter Verschluss gehalten wird, und geheimnisvoll ist auch die Anwesenheit von vier Nonnen in einem der Nebengebäude.

In dieser Szenerie bewegt sich nun Tamara, wobei sie nur wenig Mühe aufwenden muss, diese neue Umgebung in ein gut funktionierendes Dienstleistungskombinat zu verwandeln, wo sie nun zwar auf einiges Entertainment verzichten muss, aber ihre Launen doch gehörig ausleben kann. Es erfordert nicht viel Mühe, bei Tamara, mit der sich doch so wenige Leser identifizieren können, unter der verwöhnten Schale doch einen patenten Kern auszumachen. Sie stammt doch schließlich aus Cecelias Feder, und wie sollte es da anders sein.

Und endlich taucht ja auch das selbstschreibende Tagebuch auf. Es gilt aber noch einen passenden Schlüssel zu finden, da es mit einem Schloss versehen ist. Da die Weiblichkeit in dem Buch deutlich dominiert, die paar Männer nur zum Totsein, Schweigen oder anhimmeln gedacht sind, ist es auch eine Frau, die es, brachial allerdings, öffnet. Dann kommen sie endlich, die Tagebuchaufzeichnungen, die so etwas wie eine Bestimmung symbolisieren sollen, wovon aber nur sparsam Gebrauch gemacht wird, was auch wieder Fans in Harnisch brachte, die nun das halbe Buch voller orakelnder Tagebuchseiten wünschten. Cecelia aber geizt mit dieser kleinen Zeitmaschine für einen Tag, denn es ist auch ein Erziehungsinstrument, und wie sollte man davon zu viel einsetzen bei allseits verbreiteter Abwehrsensorik gegen solcherlei Mittel.

|Action|

Natürlich verbietet es sich, auszubreiten, was sich genau zuträgt, aber man muss Cecelia hier zugutehalten, dass es weder Tote noch ernsthaft Verwundete bei den als spannend eingestuften Aktionen gibt, noch gibt es eine echte Schuld, sondern eben nur psychisch Motiviertes, das eventuell sogar heilbar sein könnte. Auch hier muss eine Frau, Rosaleen herhalten, die ihren Mann gehörig unter dem Pantoffel hält und für die vielen verborgenen oder unter den Teppich gekehrten Dinge zuständig ist, die es also schafft, trotz ihres Fleißes und der Aufopferung für die unfreiwilligen Gäste noch unsympathischer zu erscheinen als die Rotzgöre Tamara. Da zeigt es sich, dass das gröbste Vergehen nicht etwa in Verwöhntheit besteht, sondern in ungerechtfertigter Kontrolle.

|Märchen|

Da man auch nach dem Showdown noch nicht alles verstanden haben kann und nicht alle Motivationen klarliegen, Ahern aber um jeden Preis volkstümlich bleiben möchte, entschied sie sich fast am Schluss noch für ein Märchen, das die Geschichte eines armen Mädchens erzählt, die wir unschwer zuordnen können. Was wäre es auch für ein Schloss, wenn dort nicht Märchenhaftes zu verzeichnen gewesen wäre und sie lässt uns in einem Gefühl zurück, dass alles im Leben seine Ordnung hat. Es ist bedauerlich, dass der Adel dieses Schlosses untergehen musste und nebenbei sind wir auch mit der Wohlstandswelt des moderneren Lebens versöhnt, so dass die Autorin am Schluss freundliche Aufnahme ihres Dankes an den Leser erhoffen kann, dass er dieses Buch auch gelesen hat.

_Fazit_

Cecelia Ahern unternimmt in diesem Buch den Versuch, mit einer nicht von vornherein absolut zu vergötternden Heldin zu einem guten Ende zu kommen, indem sie ein ausgezirkeltes Verwirrspiel um dieses Persönchen herum organisiert, das uns letztendlich mit der Protagonistin Tamara und also auch mit uns selbst versöhnt.

|Hardcover: 368 Seiten
Originaltitel: The Book of Tomorrow
ISBN-13: 978-3-8105-0145-5|
[www.krueger-verlag.de]http://www.krueger-verlag.de

_Christian Rempel_

_Cecelia Ahern bei |Buchwurm.info|:_
[„P.S. Ich liebe dich“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3321

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