Alef, Rob – Bang Bang stirbt

„Entweder Schwein essen oder Mensch werden!“ Die Rote Bete Fraktion, eine Truppe von Fun-Guerilleros, wütet in Berlin und macht der SoKo für Veganischen Terrorismus schwer zu schaffen. Steakhäuser, Hutgeschäfte, Zoohandlungen und Metzgereien werden überfallen, um die fleischlose Message zu verbreiten. Der Spaß hört spätestens dann auf, als der Panda Bang Bang, Publikumsliebling im Zoologischen Garten, gekidnappt wird – eine nicht ganz ungefährliche Angelegenheit, denn obwohl der behäbige Bang Bang im Zuge der Resozialisierung inzwischen am liebsten vom Sofa aus Videos wie „Peking Opera Blues“ und „Rasierte Thai-Muschis IV“ guckt, war er doch einst ein skrupelloser Mafiakiller.

Kein leichter Fall also für Kommissar Pachulke, der die Tage bis zur Pensionierung ebenso gewissenhaft zählt wie seine Büroklammern und eigentlich nur der einen Frau sehnsuchtsvoll hinterher jagt, (Ähnlichkeiten zu Judith Kuckarts „Bibliothekar“ mögen rein zufälliger Natur sein, lesen sich aber so oder so beeindruckend). Aber auch Pachulkes Team, Zabriskie und Dorfner, ist nicht immer ganz bei der Sache: Zabriskie trinkt ihren Whiskey immer ’straight‘ und sucht bei attraktiven, kooperationsbereiten Zeugen zweckdienlich gern den intimeren Kontakt; während Dorfner völlig in der Arbeit für den von ihm gegründeten ‚Freundeskreis für rechtsstaatliche Folter unter Beachtung der Menschenwürde‘ aufgeht.

Der entführte Bang Bang wird zwischenzeitlich zum Politikum. Sollte es möglich sein, dass gar der ‚Regierende Bürgermeister Und Geliebte Bausenator‘, Staatssekretär Prunk oder der windige Blaschko von Goltz Dreck am Stecken haben? Um die Täter zu überführen, kann Pachulke lediglich auf zwei Beweisstücke zurückgreifen, auf eine Gabel und einen Klops. Und er sollte sich beeilen, denn mittlerweile pflastern Leichen den steinigen Ermittlungsweg …

Der ‚Ausschuss für Alles‘ beschließt frenetisch, endlich erpressbar zu sein, und unter der Ägide des ‚Regierenden Bürgermeisters Und Geliebten Bausenators‘ werden organisierte Selbstmordkommandos zum wichtigen Wirtschaftsfaktor, und Trümmerfrauen und -Männer bekommen endlich wieder eine Aufgabe. Was macht es da für einen Unterschied, ob man in 123 oder 321 Jahren den Schuldenberg abgetragen hat – die Wirtschaft boomt – hemmungslos – ebenso wie die Dolcevita.

Ein nervenaufreibender ‚zynischer Politthriller‘, wie es der Verlag behauptet, ist „Bang Bang stirbt“ nicht unbedingt. Eher eine Polit-Satire, eine famos komponierte, sarkastische Retrospektive, die auf die nahe Zukunft projiziert wird. Brillant geschrieben und überzeugend bis ins abstruseste Detail, führt „Bang Bang stirbt“ in ein haarsträubendes Berlin, das mit ausgefeilten Spitzfindigkeiten, echten Typen von nebenan und zynisch überspannten Visionen die Gegenwart ebenso seziert und zitiert wie eine völlig normale (?) Zukunft anvisiert.

Aber was ist mit Bang Bang? Muss Bang Bang wirklich sterben? Kann Pachulke den Fall lösen? Nun, die Auflösung ist weitaus realistischer als in manch einem anderen Krimi – und wenn der Spannungsbogen auch ab und an ein wenig ins Wanken gerät, einige Handlungsstränge sich im Sand oder sonst wo verlieren; das alles überspielt Alef mit seinem furiosen Stil, der ihm wie en passant aus der Feder zu fließen scheint. Der lustschwache, kulinarisch verwöhnte Bambusbär – der in Gefangenschaft tatsächlich durch Panda-Pornos zur Reproduktion animiert wird – ist Kult. Und „Bang Bang stirbt“ ein Muss!

© _Anna Veronica Wutschel_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.X-Zine.de/ veröffentlicht.|

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