Alpsten, Ellen – Ritter Vincelot und der Feuerdrache

_Ritterklischees gegen den Strich gebürstet_

Eine große Chance für Vincelot! Der böse Fürst Finster und sein fürchterlicher Feuerdrache verwüsten das ganze Königreich und drohen nun auch noch, Prinzessin Paula zu entführen. Kein Ritter traut sich, gegen die Bösewichte anzutreten. Jetzt kann Vincelot endlich allen beweisen, dass er das Zeug zum echten Ritter hat. Auch wenn sein magisches Schwert „Jaber“ da ganz anderer Meinung ist: „Ja, aber … Müssen wir denn unbedingt kämpfen?“ – „Klar“, beschließt Vincelot. Doch mit dem, was die Freunde in der Drachenhöhle erleben, hätten sie im Leben nicht gerechnet … (Verlagsinfo)

_Die Autorin_

Ellen Alpsten wurde 1971 als Tochter eines deutschen Tierarztes in Kenia geboren und studierte nach ihrem Abitur zwei Jahre Jura in Köln, ehe sie an das französische „Institut d’Etudes Politiques de Paris“ wechselte. Nach ihrem Diplom arbeitete sie in London bei den Wirtschaftssendern Bloomberg TV und N24 als Produzentin und Moderatorin und veröffentlichte 2002 ihr Debüt „Die Zarin“ bei Eichborn. Seit 2004, nach der Geburt ihres ersten Sohnes, ist sie als freie Journalistin und Schriftstellerin tätig, u. a. für die FAZ, Spiegel Online und Madame. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren drei Söhnen in London. (Verlagsinfo)

Weitere Werke:
1) Eine Liebe in Paris
2) Halva, meine Süße

_Der Sprecher & Sänger_

Maxim Wartenberg, der 32-jährige Sozialpädagoge, Theatermusiker und Vater von fünf Kindern, hat seinen Traum zum Beruf gemacht: Musik für Kinder und Familien. Mit der Trommelfloh-Band entstanden bisher 6 Studio-Alben: Die aktuelle CD und letzter Streich heißt „Langeweile ade!“

Weitere Veröffentlichungen:
• Träume Monsterchen und ich mittendrin – Traum- und Erlebniswelt von Kindern
• Das sind wir – Der Sprung ins pralle Familienleben
• Seeräuber Jack – das Piratenmusical von den Abenteuern des Seeräuber Jack auf der Suche nach seinem Teddy
• Gemischte Tüte – Die Welt ist ’ne gemischte Tüte mit lauter bunten Sachen drin
• Kuschelbagger – Rundumschlag durch Familienleben und Fantasiewelten

Mehr Info: http://www.trommelfloh.de/maxim.html

Regie führte Produzent Maxim Wartenberg, aber die Technikseite der Aufnahme betreute Sebastian Schreiber, der auch das Esel-Geräusch beitrug. Wartenbergs Töchter (?) Josefine und Katja sind im Chor des Rittertanzes zu hören.

_Handlung_

Die Burg des Königs ist voll mit Rittern und Handwerkern. Der König jammert: „Der Drache will schon wieder Geld! Oder ich muss Prinzessin Paula opfern! – Bestimmt steckt Fürst Finster wieder dahinter.“ Vor diesem Fürsten Finster fürchten sich die Rittersleut‘, mit einer Ausnahme: Vincelot, denn dieser verfügt über ein magisches Holzschwert. Doch weil der König Magie verboten hat, darf keiner wissen, dass Vincelot solch eine Wunderwaffe besitzt.

|Die Wahl|

Vincelot kann sich schon denken, warum Fürst Finster die nette Prinzessin Paula haben will: Er hat selbst keine Kinder. Die Prinzessin spielt für ihr Leben gern Fußball, und ihre roten Haare passen bestens zu ihrem neckischen Grinsen, das Vincelot sofort erwidert. Vincelot ist deshalb froh, dass sein großer Bruder Roland, der faulste Ritter auf Gottes Erdboden, sich bereit erklärt, den Drachen und Fürst Finster zu bekämpfen. Roland will Vincelot dabei haben. Darüber spotten die anderen Ritter, die Vincelot für zu klein halten. Roland setzt ihm ein Nudelsieb auf den Kopf, verpasst ihm ein von Paula gestricktes „Ketten-hemd“ und setzt ihn auf einen Esel. Ab geht die Post!

|Die Queste|

Durch den Wald über Stock und Stein führt die Suche nach dem Drachen, vorüber an einem abgebrannten Dorf, dessen Flüchtlinge ihn den Weg weisen: im Berg der Bosheit, in einer Höhle, hause der furchtbare Drache, der das Land verwüste. Dort verstecke Fürst Finster die Beute, die er mit seinen Räubern geplündert habe. Der Aufstieg ist beschwerlich, und als Roland endlich die Höhle erreicht, ist er so erschöpft, dass er sich erst einmal schlafen legen muss.

Jaber, das magische Holzschwert Vincelots, kann sprechen. Meist sagt es nur „Ja, aber“, daher sein Name. Diesmal beschwert es sich über einen derart faulen Ritter: „Alte Schlafmütze!“ Doch jetzt sieht Vincelot seine Chance gekommen: „Auf in die Höhle!“ Auf einmal wird Jaber scharf und schwer wie edler Stahl, bereit zur Verteidigung seines Herrn. Damit sich Vincelot nicht in der finsteren Höhle verläuft, ribbelt sich sein „Ketten-Hemd“ zu einem Ariadnefaden auf, mit dessen Hilfe er wieder den Rückweg finden kann.

|Die Drachenhöhle|

Die Höhle ist bewohnt von unheimlichen Fledermäusen und nass von Tropfen, die noch unheimlichere Tropfsteine formen. In der Ferne öffnet sich eine Kaverne, die von einem Lagerfeuer erleuchtet wird. Oder ist es Drachenfeuer?, fragt sich Vincelot bangt. Da hören seine gespitzten Ohren ein seltsames Geräusch. Als ob jemand Niesen würde. Gleich darauf folgt ein geradezu asthmatisches Husten.

Jetzt kann er den riesigen Schatten des Drachen sehen und zückt sein stählernes Schwert. Doch je näher er dem Monster kommt, desto kleiner wird sein Schatten, bis er völlig verschwunden ist. Schließlich bleibt Vincelot vor einem Wesen stehen, mit dem er nie im Leben gerechnet hätte. Es niest und hustet zum Steinerweichen. Kein Wunder, dass Jaber erst einmal mit diesem Wesen sprechen will …

_Mein Eindruck_

Ein Drache, denkt man, speit ja Feuer. Doch der Drache, den Vincelot und Jaber vorfinden, niest und hustet, dass es in dem Ritter nur Mitleid erzeugen kann. Die Geschichte stellt die Klischees auf den Kopf, nicht nur die über Drachen, sondern auch die über Ritter und Prinzessinnen. Dass Paula Fußball spielt, finde ich klasse: „Kick it like Beckham, Baby!“ Dass Ritter Roland lieber pennt, finde ich nicht so prickelnd. Aber dafür kommen die Kleinen zum Zuge: Vincelot eben.

Alles, was der kranke, einsame und vor allem kleine Drache Purpur will, sind Freunde. Na, das soll seine geringste Sorge sein, meint Vincelot und sagt ihm die Freundschaft zu. Bloß den Schatz des Königs, den möchte er schon noch gerne haben. Damit hat Purpur, der angesichts seiner Befreiung aus der Gefangenschaft Fürst Finsters keine Verwendung für Gold hat, überhaupt kein Problem. Er nimmt das zeug auf den Rücken und will damit bloß noch raus aus der nassen, zugigen Höhle.

Allerdings schlägt jetzt wieder das Klischee zu: Das Stück muss einen Schurken haben. Fürst Finster ist eine Kombi aus Räuber, Baron und Zauberer. Zusammen mit seinen Kumpanen verlegt er Vincelot und Purpur den Weg, der aus der Höhle führt. Kann er besiegt werden?

_Der Sprecher & Sänger_

Zum Stück gehören nicht weniger als fünf Lieder. Zusammen mit seiner Band Trommelfloh und seinen Töchtern Josefine und Katja hat Maxim Wartenberg diese Lieder selbst gestaltet, arrangiert und gesungen. Die einfachen Texte und Melodien richten sich an Kinder ab drei Jahren. Man darf also keine ausgefeilten Kunstwerke erwarten. Hauptsache, die Botschaft kommt an: „Kommt, lasst uns Freunde sein!“ Alle Texte sind im Booklet abgedruckt. So können Eltern sie leicht erklären.

Auch sonst sind die Lieder einfach gestrickt, aber doch recht tanzbar. Das trifft natürlich besonders auf den Rittertanz zu, der das Hörbuch abschließt:

„Wir strecken die Arme dem Himmel entgegen, ein Sprung in die Luft und die Hüften bewegen!
Wir drehn uns im Kreis, wir hüpfen auf einem Bein, und alle singen mit, keiner ist dafür zu klein!“

Die Aufnahme ist musikalisch und technisch einwandfrei gelungen.

_Unterm Strich_

Ich habe mich nicht gelangweilt und fand einige Szenen wirklich nett. Für die kleinsten Zuhörer ab 3 oder 6 Jahren bietet die inszenierte Lesung eine humorvolle Stunde Ritterspaß. Einige überraschende Wendungen bürsten die gewohnten Klischees über Ritter, Drachen und Prinzessinnen gegen den Strich, nur der Schurke muss mal wieder superböse sein.

Dass Fürst Finster die nette Prinzessin nur als Dienstmädchen betrachtet und zum Kinderkriegen braucht, ist wahrlich finster. Mädels sind doch so viel mehr! Zum Beispiel im Fußball und beim Verleihen von Ritterhelmen. Bloß vom Drachen Purpur erfahren wir kaum noch etwas. Wir hoffen, auf der Königsburg ergeht es ihm gut.

|Das Hörbuch|

Die inszenierte Lesung – es handelt sich ja nicht um verteilte Rollen, sondern nur um einen Erzähler – wartet mit lustigen Szenen, unzähligen Geräuschen und fünf unterhaltsamen Liedern auf. Besonders das Letzte weiß die kleinen Zuhörer, für die es gedacht ist, mitzureißen, fordert es sie doch zum „Rittertanz“ (siehe oben) auf.

|Merchandising|

Bei Coppenrath hat man von „Prinzessin Lilliput“ gelernt: Eine ganze Merchandising-Produktpalette wurde aus dem Boden gestampft. Nun können geplagte Eltern ihren Vincelot-Fans jede Menge Schwerter, Burgen, Schilde und so weiter schenken. Da hat die Qual der Wahl endlich ein Ende – und der Kommerz einen Anfang, wie die entsprechende Webseite offenbart. Zum Glück lässt das Hörbuch davon nichts spüren. So kann man es unbeschwert genießen.

|Audio-CD mit 53 Minuten Spieldauer
Vom Verlag empfohlen ab 3 Jahren|
http://www.coppenrath.de