Arthur, Robert (Buch); Francis H.G. (Adaption) – Die drei ??? und der seltsame Wecker (Hörspiel – Folge 12)

Bald feiert man 50jähriges Jubiläum bei einer der wohl ältesten, immer noch fortgeführten Jugendserien überhaupt. Bekannt wurden die „Drei ???“ hierzulande aber erst durch die Hörspieladaptionen des |EUROPA|-Studios in den späten Siebzigern des vergangenen Jahrhunderts. Von da an war der Erfolgskurs gesetzt und nur selten mussten Klippen umschifft werden. „Der seltsame Wecker“ wurde 1980 vertont und ging als Folge 12 an den Start. 2009 erlebte er seinen zweiten Frühling, als das inzwischen berühmte sowie kultige Hörspiel-Ensemble mit diesem Fall auf groß inszenierte Live-Tour ging. Das Original ist da doch wesentlich bescheidener gestrickt.

_Zur Story_

Ein dubioser Wecker, aus einer Kiste mit anderem Trödelkram stammend, erweckt Justus‘ Interesse. Er lässt als Weckton nämlich nicht etwa ein Klingeln, Rasseln oder gar Beethovens Neunte, sondern einen grausigen Schrei erschallen. Dazu noch ein Brief mit einem sehr seltsamen Rätsel, in welchem ein gewisser Rex aufgefordert wird, sich auf die Suche nach irgendetwas zu begeben. Ein gefundenes Fressen für die Jugenddetektei „Die drei ???“, denn wer lässt sich so etwas Schräges bloß einfallen? OK, wir befinden uns schließlich in Kalifornien und gar nicht so weit weg von Los Angeles, sprich: Hollywood – und ein Teil der Lösung hat entfernt sogar mit dem Umfeld der amerikanischen Traumfabrik zu tun. Doch zunächst gilt es heraus zu finden, wer so ein verrücktes Teil baut.

Es gelingt tatsächlich, den Uhrmacher des vermeintlich seltenen Stücks zu ermitteln und einen Namen zu bekommen: Clock. Dabei stellt sich heraus, dass dieser Kunde mit dem zum offensichtlichen Uhren-Tick passenden Namen nicht nur diese eine Sonderanfertigung bei ihm in Auftrag gab. Die Spur führt weiter zu Alfred Hitchcock, Mentor und Förderer der Jungs, der zu berichten weiß, dass er sowohl den Schrei als auch Bert Clock sehr wohl kenne, der ist früher einmal ein gefragter Mann beim Hörfunk gewesen, wo er als Spezialist fürs Schreien zur Untermalung von Hörspielen tätig war. Er hat sich schon vor geraumer Zeit aus dem Business zurück gezogen, doch eine Adresse hat der Altmeister immerhin zu bieten.

Dort kennt man allerdings niemanden diesen Namens. Lediglich die Haushälterin Smith und ihr Sohn Harry bewohnen das Haus, das einem Mr Hadley gehört. Dieser ist jedoch schon vor Längerem Hals über Kopf nach Südamerika abgezischt – wo er kürzlich verstarb. Die Fakten sprechen eindeutig dafür, dass es sich dabei in der Tat um Bert Clock handelte. Kurz nach seiner Flucht wurde seinerzeit eine Razzia im Haus veranstaltet und dabei Harrys Vater – bis dato ein braver, unbescholtener Versicherungsvertreter – verhaftet. Nach einem Indizienprozess kam er für einen Kunstdiebstahl hinter Gitter, den er stets beteuerte nicht begangen zu haben. Die drei Fragezeichen müssen gut kombinieren, um das Geheimnis des seltsamen Weckers zu lüften, die restliche Beute aufzuspüren und somit einen Unschuldigen zu rehabilitieren.

_Eindrücke_

Der markante Schrei des Weckers gleich zur Eröffnung dieses 1980 erschienenen Hörspiels gehört sicher zu den nennenswertesten Stil-Ikonen in der gesamten Reihe. Beigesteuert hat ihn die bis heute noch für die“Die-drei-???“-verantwortliche Regisseurin Heikedine Körting. Die Buchvorlage stammt noch vom Erfinder der „Three Investigators“ (so der Originaltitel der Serie aus den Sechzigern) selbst: Robert Arthur. Dessen in den Büchern so unverkennbare Handschrift wird in der Audiofassung leider ein wenig verwässert. Schuld daran ist maßgeblich die Technik. Damals war die Laufzeit auf LP/MC auf rund 45 Minuten begrenzt, was zwangsläufig immer teils erhebliche Kürzungen nach sich zog. SciFi-Autor (u.a. „Perry Rhodan“, „Commander Perkins“) und EUROPA-Drehbuchschreiber H.G. Francis hat dennoch eine spannende Kultfolge daraus gezaubert.

Dass die Hörspiele nicht in chronologisch korrekter Reihenfolge zu den Büchern vertont wurden, ist im Prinzip eigentlich vollkommen unerheblich, da die Fälle stets in sich abgeschlossene Episoden sind, welche nur sehr selten auf vorangegangene Bezug nehmen. Gelegentlich stößt man hier und dort doch auf ein paar Löcher in der Kontinuität. So kennt das Publikum seit der vermeintlichen Nummer 1 („Super-Papagei“ – eigentlich Band 2) Victor Hugenay schon, weshalb es den deutschen Hörer leicht verwundert, dass er den Dreien hier so seltsam fremd und distanziert erscheint – tatsächlich lernen sie den Meisterdieb nicht erst jetzt kennen. Der „Super-Papagei“ ist zeitlich auch bei den Büchern vor dem „seltsamen Wecker“ einzuordnen (Band 9), welcher bei |EUROPA| die Nummer 12 verpasst bekam.

Pace und Handlungsverlauf weichen vom Original ab und verleihen dem Hörspiel ein anderes Flair als dem Buch. Dass so Manches heute generell vielleicht anders laufen würde, dürfte niemanden wirklich stören und gehört zum nostalgischen Charme der erfolgreichen Jugendkrimireihe. Trotzdem funktioniert die Story mit den alten Patentrezepten der Serie, sprich: durch ein Rätsel angestoßene Schnitzeljagd, nicht nur gut, sie kommt auch trotz aller nötigen Kürzungen ohne Logikpatzer daher. Dass zudem eine Menge Interaktion zwischen den Figuren zu erwarten steht, wird bereits aus der recht umfangreichen Sprecherliste (mal wieder eine Gastrolle: Volker Brandt – die deutsche Stimme von Michael Douglas) ersichtlich. Die Leistungen der üblichen Verdächtigen – der Stimmbruch von Justus, Peter und Bob rückt übrigens merklich näher – sind wie immer tadellos und auch die Geräuschkulisse kann sich durchaus hören lassen.

_Fazit_

Ein geradlinig erzähltes und sauber produziertes Hörspiel aus den Anfangstagen der Serie, welches sich keine wirklich ankreidbaren Schwächen leistet. Die Story mag gegenüber der (noch besseren, weil ausgeklügelteren) Vorlage stark eingedampft worden sein, ihren Kern trifft sie aber immer noch. Somit darf sich dieser Fall, im besten Sinne ein Klassiker alter Schule, zu Recht als eine der Folgen mit erhöhtem Kultstatus schimpfen. Eine gute Wahl auch für Einsteiger, sei es als relativ puristische Version von 1980 (CD/MC/LP) oder als aufgebohrte „Live and Ticking“-Tour (DVD) von 2009. Der seltsame Wecker hat seit 30 Jahren einen festen Platz im Herzen der Fans. Verdient.

_Die Hörspieldaten auf einen Blick:_
Titel: „Die drei ??? und der seltsame Wecker“ – Folge 12
EUROPA (Sony Music), März 1980
Laufzeit: ca. 43 Minuten
Buchvorlage: Robert Arthur
Hörspieladaption: H.G. Francis
Produktion & Regie: Heikedine Körting
Musik: Brac, George, Stahlberg, Morgenstern, Zeiberts
Cover: Aiga Rasch

|Die Figuren und ihre Sprecher:|
Erzähler – Alfred Hitchcock: Peter Pasetti
Erster Detektiv – Justus Jonas: Oliver Rohrbeck
Zweiter Detektiv – Peter Shaw: Jens Wawrczeck
Recherchen & Archiv – Bob Andrews: Andreas Fröhlich
Mr Felix: Karl-Ulrich Meves
Harry Smith: Marco Beddis
Mrs Smith: Maria Benders
Mrs King: Helga Bammert
Julie Taylor: Renate Pichler
Gerald Cramer: Volker Brandt
Gerald Watson: Werner Cartano [alias Werner van Thiel]
Victor Hugenay: Wolfgang Kubach [alias Albert Giro]
Mr Jenkins: Lothar Zibell
Carlos: Günter Heising [alias Hans-Werner Kuhn]
Martha Harris: Marga Maasberg
Hauptkommissar Reynolds: Horst Frank

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