Baumm, Stephanie – Unsterblich wie der Tod

Dass Journalisten in der Literatur „wildern“, ist nichts Neues. Daher denkt sich der eine oder andere Leser auch in diesem Fall vermutlich: „Nicht noch so eine!“, denn immerhin hat diese bereits für verschiedene Zeitungen sowie Agenturen gearbeitet, bevor sie sich dem Schreiben von Büchern widmete. „Unsterblich wie der Tod“ heißt ihr Debüt und beweist, dass Journalisten sehr wohl gute Bücher schreiben können.

Das Buch steigt ohne lange Vorgeschichte direkt in die Ereignisse ein. Die Fotojournalistin Luisa lebt neuerdings in Angst und Schrecken, seit jemand ihr versucht hat, ihr die Leiche eines jungen Mädchens unterzujubeln und sie mit Anrufen belästigt. Die Polizei unternimmt wenig, hat sie sogar im Verdacht, die Täterin zu sein. Die Dinge spitzen sich zu, als man eine zweite Mädchenleiche findet, die nackt in der Nähe einer Bushaltestelle liegt. Auf ihrem Rücken steht „Für Luisa, in Liebe“ und neben ihr findet sich ein Handschuh von Luisas Lebensabschnittspartner Kurt, der allerdings ein Alibi besitzt: Er war zur Zeit des Mordes mit einer anderen Frau zusammen. Keine einfache Sache für Luisa, deren Sohn sich ebenfalls merkwürdig verhält. Der Mörder scheint alle Spuren auf sie lenken zu wollen, in ihrem kleinen Dorf in der Nähe von Kiel traut man ihr nicht. Nur der Kriminalkommissar Armin Stahl glaubt an sie – und Morten Vanderberg, ein berühmter Komponist, der ihr zufällig begegnet und in den sie sich vom ersten Augenblick an verliebt. Er verspürt das Gleiche, doch sie merkt schnell, dass Vanderberg etwas verheimlicht. Etwas, das auffällig viel mit den Mädchenmorden zu tun hat …

Was bereits auf den ersten Seiten auffällt, ist der für eine Journalistin unglaublich lebendige und emotionale Schreibstil. Das gelingt ihr vor allem durch ihr geschicktes Händchen für die Sprache und den Einsatz von Metaphern, Vergleichen sowie verkürzten Sätzen und ähnlichem. Ihr Schreibstil ist unglaublich gelenkig und aktiv und transportiert sehr viel mehr als die eigentliche Bedeutung der einzelnen Worte. Baumm schafft es, mit ausgewählten Begriffen Szenarien vor dem inneren Auge des Lesers zu erschaffen und geht dabei teilweise außergewöhnlich in die Details. Sie schafft es dabei, sich knapp zu halten, so dass die Kleinteiligkeit nicht stört, sondern im Gegenteil ein dickes Plus ist.

Ähnlich virtuos, wie sie mit Worten umgeht, gestaltet die Autorin auch die Handlung des Buches. Es gelingt ihr, eine sehr spannende Geschichte zu entwerfen, deren In-medias-res-Einstieg erst der Anfang von vielen Seiten fesselndem Lesevergnügen ist. Baumm schreitet in großen Schritten voran, so dass keine Längen auftreten, lässt Personen und zwischenmenschlichen Beziehungen dabei aber trotzdem genug Raum, sich zu entfalten. „Unsterblich wie der Tod“ ist nämlich kein eiskalter Thriller, sondern eine Geschichte, die auch psychologisch einiges zu bieten hat und die man nur schwer wieder aus der Hand legen kann. Das liegt auch daran, dass die Autorin gekonnt falsche Spuren auslegt, die den Leser spätestens ab der Mitte der Buches dazu animieren, sich selbst Gedanken über die Lösung des Falls zu machen. Die Lösung lässt zum Glück bis zum Ende auf sich warten, auch wenn sie ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr richtig überrascht. Gerade auf den letzten Seiten hat die Autorin damit zu kämpfen, dass sie sich auf einem sehr schmalen Grat zwischen Realismus und Fiktion befindet. In welche Richtung das Ende ausschlägt, liegt im Auge des Betrachters – nach vielen Seiten spannender Lektüre hat dies aber nur wenig Einfluss auf die Gesamtbewertung des Buches.

Die Figuren, die Baumm antreten lässt, zeichnen sich durch ihre Alltäglichkeit und gleichzeitig durch ihre Tiefe aus. Sie wirken sehr realistisch und werden anhand des Schreibstils treffend beschrieben. Sie sind zwar nicht unbedingt originell, aber der Leser kann sich mit ihnen identifizieren und versteht, was in ihnen vorgeht.

Überhaupt ist „Unsterblich wie der Tod“ ein sehr leserfreundliches Buch. Es ist flüssig, aber anspruchsvoll und spannend geschrieben, besitzt eine sauber aufgebaute, klar strukturierte Handlung und ermöglicht es, sich in die Geschichte hineinzufühlen. Stephanie Baumm hat einen tollen Krimi geschrieben, der Lust auf mehr Bücher der Journalistin macht.

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