Berkeley, Jon – gestohlene Lachen, Das (Die unglaublichen Abenteuer von Miles und Little 1)

Miles lebt schon seit drei Jahren in einem leeren Weinfass auf dem Hügel oberhalb von Larding, einem kleinen, verschlafenen Provinzstädtchen. Eines Nachts taucht ein merkwürdiger Zirkus in Larding auf, der nur von Miles bemerkt wird, denn er kommt mitten in der Nacht und ganz still und heimlich!

Neugierig schleicht sich Miles am nächsten Tag in die Vorstellung, nur um hochkant hinausgeworfen zu werden. Aber immerhin hat er mitbekommen, dass die kleine Artistin nur deshalb nicht abgestürzt ist, weil sie … Flügel hat! Und offenbar wird sie gefangen gehalten, denn kaum hat sie die Manege verlassen, wird sie gefesselt und eingesperrt!

Für Miles ist es selbstverständlich, dass er die Kleine rettet. Und das ist der Anfang eines erstaunlichen Abenteuers …

Jon Berkeley hat seine Geschichte mit ein paar _skurrilen Gestalten_ bevölkert:

Miles ist davon noch der normalste. Abgesehen davon natürlich, dass er bereits siebenmal aus dem Waisenhaus ausgebüchst ist. Ein Ausreißer wie er kann selbstverständlich hervorragend rennen. Aber Miles hat es nicht nur in den Beinen, sondern auch im Köpfchen. Und vor allem gibt er nicht so leicht auf, selbst dann nicht, wenn er erwischt wurde und man meinen könnte, dass er jetzt so richtig tief in der Tinte sitzt!

Little, die kleine Artistin, ist eigentlich ein Liedengel, der nur deshalb auf der Erde gelandet ist, weil er seine neugierige Nase zu weit vorgestreckt hat. Aber obwohl es im Himmel vor allem Pflicht und Treue gibt, und Freundschaft eher ein Fremdwort ist, geht sie nicht einfach nach Hause, sondern hilft Miles bei der Rettung seines gestohlenen Teddybären namens Mandarine. Abgesehen davon ist Little ein richtiger kleiner Sonnenschein, immer fröhlich, immer munter und mit einem ungewöhnlichen Blick für die kleinen Details des Lebens ausgestattet.

Als wäre ein leibhaftiger Engel nicht schon ungewöhnlich genug, gibt es auch noch Lady Partridge, eine äußerst beleibte alte Dame, die früher mit einem großen Erfinder verheiratet war. Leider hatten dessen Erfindungen die Angewohnheit, höchst unangenehme Nebenwirkungen zu entfalten, weshalb die Lady nach dem Tod ihres Gatten ihr gesamtes Vermögen in Schadensbegrenzung investierte. Nun lebt sie auf dem Grundstück ihrer verfallenen Villa in einem Baumhaus, umgeben von einem Berg von Trödel und hundert Katzen. Bei ihr hat Miles Lesen gelernt, aus einem Lexikon, weshalb er jetzt über fast alles Bescheid weiß, das einen Anfangsbuchstaben von A bis R hat.

Der ulkigste Kerl aber ist Bolzenglas von Arabien, ein blinder alter Mann, der früher Weltreisender war, jetzt aber in einem kleinen Dorf lebt und Apfelgelee mit Thymian verkauft. Sein fehlendes Augenlicht kann ihn allerdings nicht davon abhalten, noch immer mit einem Säbel herumzufuchteln und erstaunlicherweise auch sehr genau dabei zu zielen und zu treffen! Und seine Zunge ist mindestens genauso treffsicher wie sein Säbel!

Der Bösewicht ist natürlich der Zirkusdirektor, der die kleine Little gefangen gehalten hat. Das ist aber nicht sein eigentliches Kapitalverbrechen. Bis Miles und Little herausfinden, was dieser Kerl tatsächlich vorhat, müssen sie bis in die Großstadt reisen, in den Palast des Lachens.

Aber nicht nur die Charaktere sind drollig, auch die Sprache ist mit einem trockenen, augenzwinkernden Humor ausgestattet, der nicht mal durch den kleinsten Rechtschreibfehler getrübt wird.

_Die Handlung_ ist nicht übermäßig kompliziert geraten, aber trotzdem spannend gestaltet, angefangen bei Miles‘ Verfolgung, nachdem er Little befreit hat, über all die Verwicklungen mit den Straßenbanden der Großstadt bis hin zum Geschehen im Palast des Lachens. Der Leser ist abwechselnd mit Schmunzeln und Mitfiebern beschäftigt. Dabei wirken selbst die unwahrscheinlichsten Ereignisse niemals gekünstelt. Selbst der unglaubliche Zufall, dass sich genau vor Miles‘ Nase die gesuchte Tür befindet, deren Versteck nur zufällig entdeckt wird, ist so natürlich und locker beschrieben, dass der Leser im schlimmsten Fall nachsichtig schmunzelt.

_Mit anderen Worten:_ „Das gestohlene Lachen“ ist ein liebenswertes und spannendes Buch für Kinder ab zehn Jahren. Es ist leicht nachvollziehbar, lustig geschrieben und bietet Charaktere, mit denen die jungen Leser sich gut identifizieren können. Grausamkeiten und Blutvergießen fehlen völlig, und selbst der Zero, ein behaartes, kicherndes Ungeheuer, scheint eher bemitleidenswert als erschreckend. Und zu guter Letzt gibt die Geschichte ein paar Gedanken über das Lachen mit auf den Weg.

_Fazit:_ sehr empfehlenswert.

_Jon Berkeley_ stammt aus Dublin und lebt in Katalonien. Nach zwanzigjähriger Tätigkeit als Illustrator ist „Das gestohlene Lachen“ sein erster Roman. Der zweite Band der Serie „The Tiger’s Egg“ erscheint im September dieses Jahres erst einmal auf Englisch.

http://www.ravensburger.de/

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