_Story_
Bei einer Hirschjagd im angrenzenden Wald entdeckt einfache Bauer Moskip einen zurückgelassenen Säugling, der mit der Leiche seiner Mutter und zwei seltsamen roten Steinen in der Nähe eines Baumes liegt und noch atmet. Gegen die Überzeugung der übrigen Jäger bringt er das Kind ins Dorf und übergibt es dort seiner Gattin, die ihrem Mann dankbarer nicht sein könnte, da sie selber keine Kinder bekommen kann.
Doch der auf den Namen Laith getaufte Junge wird in den folgenden Jahren immer deutlicher geschnitten, da er nicht nur rein äußerlich ein Sonderling ist. Seine Fähigkeiten liegen weit über denen der gleichaltrigen Gefährten, und als die Dorfbewohner von seinen eigenartigen Anfällen erfahren und schließlich sogar mitbekommen, dass er einen Jungen wieder zum Leben erweckt, möchten sie ihn aus Furcht vor weiteren Ereignissen ein für allemal loswerden. Moskip schert sich jedoch nicht um das Gerede des Volkes, sondern führt Laith zu dem Ort, an dem er ihn einst gefunden hat. Doch genau dieser Entschluss entpuppt sich alsbald als Beginn des Unheils …
_Persönlicher Eindruck_
Manuel Bichebois ist hierzulande noch ein echter Neuling im Comic-Bereich, was in erster Linie daran festzumachen ist, dass sich bislang noch kein Vertrieb für seine erfolgsgekrönte Debüt-Reihe gefunden hat. Knappe fünf Jahre nach der Erstveröffentlichung von „Blutsteine“, dem ersten Band des Dreiteilers „Kind des Blitzes“, erscheint die Trilogie nun auch im deutschen Handel und sollte alleine deswegen schon Interesse wecken, weil sie den begehrten |Uderzo Award ‚Sanglier de Bronce’| eingestrichen hat.
Warum diese Auszeichnung eindeutig verdient ist, machen Bichebois und sein zeichnender Sidekick Didier Poli konsequenterweise auch schon auf den ersten Seiten des einleitenden Kapitels klar. Die Illustrationen sind gewaltig und führen den Leser ohne wirklich viele Details sofort in die düstere Grundstimmung der Handlung ein. Insbesondere die ersten Passagen sind bewusst wortkarg gehalten, um die Aussagekraft der Bilder sprechen zu lassen, die ihre Wirkung nicht verfehlen. Bevor man überhaupt in den Plot hineinkommt, ist man schon verzaubernd – blendende Aussichten.
Die Geschichte als solche beginnt indes vergleichsweise dezent und zurückhaltend, steigert sich aber mit zunehmender Dauer immer deutlicher zu einer richtig brisanten Angelegenheit. Obschon „Kind des Blitzes“ nur als Trilogie konzipiert wurde, nimmt sich der Autor in den ersten Momenten genügend Zeit, um auf das Phänomen des im Wald gefundenen Jungen einzugehen und einige prägende Momente aus dessen Kindheit aufzugreifen. Nichtsdestotrotz nimmt die Handlung in den entscheidenden Phasen Fahrt auf und unterstreicht recht bald auch den Abenteuercharakter der Geschichte, der sich wiederum in sehr vielen Bereichen niederschlägt.
Grundsätzlich geht es darum, die Vergangenheit von Laith und dessen Mutter zu entschlüsseln und herauszufinden, welchen Ursprungs seine Familie ist beziehungsweise woher seine Kräfte rühren. Doch genau dieses Thema wird ständig in den Hintergrund gemischt und macht Platz für die naiven, ängstlichen Diskussionen in seinem neuen Heimatdorf, für die Flucht vor der feindlichen Armee, die beim Besuch des Grabs der leiblichen Mutter auf den Plan tritt, und schließlich für einige fanatische Gelehrte, die bereits erahnen, was genau in dem Jungen steckt und wie hilfreich er für ihre intriganten Pläne sein kann. Wohlgemerkt: „Blutsteine“ ist lediglich auf 48 illustrierte Seiten angelegt – es passiert also in kürzester Zeit eine ganze Menge.
Und genau hier setzen Bichebois‘ Qualitäten dann auch an: Er nimmt sich einerseits Zeit, um die wesentlichen Inhalte auszuschmücken, treibt die Story aber mit immer mehr Tempo an, ohne dass dabei die Übersicht oder die Atmosphäre in irgendeiner Weise verschwimmen. Selbst die Motive der wichtigsten Figuren werden bereits herausgearbeitet, und auch wenn noch genügend Raum für spannungsvolle Spekulationen bleibt, so wird im ersten Drittel der Serie schon so viel Input beigesteuert, dass man für die kontrollierte und dennoch umfassende Präsentation des Abenteuers applaudieren muss.
Es scheint regelrecht so, als hätten Bichebois und Poli sich gesucht und gefunden. Eine solche Harmonie zwischen Text und Bild ist nämlich selbst im ausgefallenen Programm des |Splitter|-Verlags eine echte Ausnahme. Und es sei noch mal betont: Wir stehen gerade erst am Anfang einer offenkundig sagenhaften Fantasytrilogie …
|Originaltitel: L’enfant de l’orage – Pierres de sang
46 Farbseiten, gebunden
ISBN-13: 978-3-940864-25-3|
http://www.splitter-verlag.de/