Blazon, Nina – Faunblut

Nina Blazon ist eine erfreulich produktive Schriftstellerin. Alleine im Jahr 2008 sind vier neue Bücher von ihr erschienen. Die letzte Veröffentlichung des Jahres ist dabei „Faunblut“, ein Fantasyroman, der Blazon einmal von einer etwas anderen Seite zeigt.

Protagonistin ist die neunzehnjährige Jade, die in einer gefährlichen Welt lebt. Ihre Heimatstadt wird nicht nur durch Feindschaften am Königshof und die Tyrannei von Lady Mar, der Herrscherin, zerrissen, sondern zusätzlich gibt es Wesen, die sich Echos nennen. Sie sind den Menschen ähnlich, können aber nicht sprechen und werden verdächtigt, immer wieder Mitglieder von Lady Mars Gestade umzubringen. Als sich Jade eines Tages auf der Flucht vor den Jägern der Lady befindet, die mit Streunern wie ihr nicht zimperlich umspringen, begegnet sie einem Echo. Doch sie hat nicht das Gefühl, dass das Wesen gefährlich wäre – und rettet es vor den Jägern.

Dieses Erlebnis lässt sie so schnell nicht mehr los. Plötzlich ist sie sich nicht mehr so sicher, ob die Echos wirklich so böse sind, wie man immer sagt. Was, wenn sie eigentlich friedlich sind? Doch aktuelle Geschehnisse lenken sie schnell von ihren Gedanken ab. Zwei Fremde aus dem fernen und geheimnisvollen Nordland reisen in die Stadt und nisten sich im Hotel von Jades Vater ein. Mit sich führen sie eine seltsame Fracht: Tiere, die niemand sehen darf, in Kisten. Eine der Kisten ist riesig, und Jade merkt, dass in ihr etwas Besonderes sein muss, etwas, das sehr gefährlich ist.

Die Nordländer sind auf Geheiß der Lady in der Stadt, auch wenn niemand den genauen Grund für ihren Aufenthalt oder die merkwürdigen Wesen, die sie versteckt halten, kennt. Tam, der ältere der beiden, scheint der Anführer zu sein, während es die Aufgabe von Faun ist, über die riesige Kiste zu wachen. Faun ist jung und gutaussehend, aber Jade findet zuerst keinen Gefallen an ihm. Er ist arrogant, besserwisserisch und lässt keine Gelegenheit aus, um Jade verächtlich zu behandeln.

Eines Abends muss sie jedoch feststellen, dass dieses Verhalten nur eine Tarnung ist. Eigentlich ist Faun in Jade verliebt, doch er möchte es geheimhalten, weil er befürchtet, sie könnten sonst Ärger bekommen. Faun dient der Lady und Jade fühlt sich immer mehr zu den Rebellen in der Stadt hingezogen, die planen, die tyrannische Herrscherin zu stürzen. Ohne es laut auszusprechen, wissen die beiden, dass ihre Beziehung keine Zukunft hat, doch sie halten daran fest, bis es schließlich zu dem Moment kommt, vor dem Jade sich die ganze Zeit gefürchtet hat: Sie muss sich entscheiden, auf wessen Seite sie steht …

Nina Blazon folgt mit ihrem neuen Roman nicht den Spuren ihrer anderen Bücher. Ihre guten Qualitäten bleiben erhalten, aber sie fügt ihnen ein paar zusätzliche hinzu. Bereits nach den ersten Seiten fällt auf, dass „Faunblut“ wesentlich erwachsener ist als Blazons vorherige Werke und deutlich düsterer. Ihre alte Leichtigkeit bleibt im Großen und Ganzen erhalten, aber die Thematik des Buches ist wesentlich dramatischer und wird von zerrissenen Figuren getragen. Die Atmosphäre in der unterdrückten Stadt wird sehr eindrücklich geschildert, und es fällt nicht schwer, Sympathien für die Rebellen zu empfinden, auch wenn diese vielleicht manchmal etwas überenthusiastisch wirken.

Diese besondere Stimmung wird natürlich zum großen Teil über den sehr bildhaften, lebendigen Schreibstil getragen, aber Blazon ergänzt diesen mit einer fantasievollen Welt. Sie lässt Jade zwischen Ruinen und mysteriösen Gewässern leben und ergänzt dieses Ambiente mit Wesen wie den Echos, die, wie man das von der Autorin gewohnt ist, selbst erfunden sind und keinen Bezug zu anderen Lebewesen der Fantasyliteratur haben. Diese ätherischen, nicht greifbaren Geschöpfe geben der Geschichte einen ganz eigenen Anstrich, besonders aufgrund der Entwicklungen gegen Ende.

Nicht nur an dieser Stelle weiß die Handlung zu überraschen. Im Mittelpunkt steht neben den sich zuspitzenden Ereignissen in der Stadt vor allem Jades Seelenleben. Beides beinhaltet genug Zündstoff, um bis ans Ende für Spannung zu sorgen. Die Romanze zwischen Jade und Faun nimmt dabei viel Raum ein, überspannt den Bogen aber nicht. Auch die Frage, wie es ist, den Feind zu lieben, wird angenehm klischeefrei und geradezu natürlich behandelt.

Ähnlich verhält es sich mit den schön gestalteten Figuren, deren innerliche Zerrissenheit immer wieder thematisiert wird. Auch sie wirken sehr natürlich, und auch wenn sie in einer ganz anderen Welt leben, kann man sich mit ihren Gedanken und Gefühlen identifizieren. Das ist besonders bei Jade der Fall, die sicherlich einige junge Mädchen ansprechen wird. Doch auch die Beweggründe der anderen Personen werden gut dargestellt und die Charaktere entwickeln sich während der knapp 480 Seiten starken Geschichte weiter. Der eine oder andere offenbart dabei unerwartete Wesenszüge und/oder Details aus seiner Vergangenheit, die zusätzlich zur Spannung beitragen.

In der Summe ist „Faunblut“ ein bemerkenswert gelungenes Jugendbuch mit einer wunderbaren Hauptperson und einer schön ausgearbeiteten, eigenständigen Welt. Nina Blazon beweist erneut ein gutes Händchen für spannende, konsistente Handlungen und mitreißende, lebendige Erzählungen – und sie zeigt, dass sie ohne Probleme auch Werke für ältere Leser schreiben kann.

|ISBN-13: 978-3-570-16009-1
479 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag|
http://www.ninablazon.de
http://www.cbt-jugendbuch.de

_Nina Blazon bei |Buchwurm.info|:_

[„Im Bann des Fluchträgers“ (Woran-Saga 1) 2350
[„Im Labyrinth der alten Könige“ (Woran-Saga 2) 2365
[„Im Reich des Glasvolks“ (Woran-Saga 3) 2369
[„Die Reise nach Yndalamor“ (Die Taverne am Rande der Welten 1) 3463
[„Im Land der Tajumeeren“ (Die Taverne am Rande der Welten 2 3980
[„Das Königreich der Kitsune“ (Die Taverne am Rande der Welten 3) 4725
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[„Der Bund der Wölfe“ 2380
[„Die Rückkehr der Zehnten“ 2381
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