Blazon, Nina – Im Bann des Fluchträgers (Woran-Saga 1)

Nina Blazon gehört zu den vielversprechendsten Namen in der deutschen Fantasylandschaft. Kein Wunder also, dass sie bereits für ihr Debüt den Wolfgang-Hohlbein-Preis des |Ueberreuter|-Verlags abgesahnt hat. Und das zu Recht!

Blazon hat eine sehr schöne, nüchterne Art, ihre Geschichten in Worte zu fassen, ohne dabei in den weit verbreiteten, schwülstigen Fantasyslang zu verfallen oder bei den Charakteren zu dick aufzutragen. Letztere sind angenehm authentisch, auch wenn das auf den ersten Blick vielleicht ein bisschen seltsam klingt; schließlich spielt das Buch in einer Fantasywelt, die sich so sehr von der unsrigen unterscheidet, dass die Autorin jedem Strauch, jedem Tier einen eigenen Namen gegeben hat. Da gibt es so genannte Jalafrüchte oder Tjärgpferde, die sich ihren Reiter selbst aussuchen und der Legende nach aus Schaumkronen geboren wurden. Blazon hat ihre Welt perfekt durchkomponiert und geht sehr selbstverständlich damit um. Sie erläutert zum Beispiel nicht, worum es sich bei den uns fremden Begriffen handelt, sondern lässt sie sich selbst durch ihre Handlungen und Eigenschaften erklären. Das hat natürlich manchmal den Nachteil, dass der Eindruck eines Ranjögs nur oberflächlich bleibt, doch in den meisten Fällen gelingt dieser Geniestreich.

Die Charaktere von „Im Bann des Fluchträgers“, dem ersten Band der Woran-Triologie, stehen der Welt im Bezug auf Tiefe in nichts nach. Die Hauptperson des Buches, der junge Waldmensch Ravin, ist weder ein Held noch ein Antiheld, sondern ein angenehm normaler Junge mit viel Mut. Als sein älterer Bruder Jolon, ein Shanjaar (Heiler), auf einmal in eine tiefe Bewusstlosigkeit fällt, nachdem er einen gefährlichen Kristall in die Hand genommen hat, versucht er alles, um den Älteren zu retten. Er reitet zu Gislans Burg, wo die Königin des Landes residiert, und bittet ihre Hofshanjaar um Hilfe. Doch diese können Jolon auch nicht helfen. Nur Laios, der Älteste, macht dem Jungen Hoffnung, indem er ihm von der magischen Quelle der Skaardja erzählt. Obwohl es sich dabei mehr oder weniger um ein Märchen handelt, bricht Ravin mit dem ungeschickten Zauberlehrling Darian an der Seite in das ferne und gefährliche Land Skaris auf. Auf dem Weg dorthin stoßen sie auf die Jerriks, ein Volk von Flüchtigen, das sich im Wald versteckt und vom herrschsüchtigen Badok gejagt wird. Obwohl die Jerriks ein dunkles Geheimnis vor ihnen zu verbergen scheinen, schließen sie sich deren Lager an. Wenig später werden sie von Badok und seinen Reitern überfallen und in dessen Burg verschleppt. Obwohl nur zu zweit, wollen Ravin und die junge Halbworan Amina (eine Woran ist eine düstere Kreatur, eher Tier als Mensch und im Besitz von dunklen Kräften), deren Verwandlung noch nicht komplett ist, ihre Freunde retten. Doch als sie Badoks Burg erreichen, müssen sie feststellen, dass nicht nur die Jerriks in Gefahr sind, sondern das ganze Land und dass sie auf dem schnellsten Weg die Königin warnen müssen …

Blazons größter Pluspunkt ist ihre Geradlinigkeit. Sie erzählt ohne viel schmückendes Beiwerk oder unnötige Einzelheiten ihre Geschichte, und gerade dadurch gelingt es ihr, ungeheuer viel Spannung aufzubauen. „Im Bann des Fluchträgers“ ist ein Pageturner erster Güte, der einen so schnell nicht mehr loslässt. Es macht aber auch einfach Spaß, dieses Buch zu lesen, schon alleine wegen des bereits gelobten Schreibstils, der kein Wort zu viel verliert und trotzdem ein sehr lebendiges, buntes Bild der gut durchdachten Fantasywelt abgibt.

Ist das wirklich das Debüt?, wird man sich während der Lektüre fragen, denn so souverän wie die Autorin mit Inhalt, Personen und Sprache umgeht, will man das gar nicht glauben. Manche Schriftsteller müssen jahrelang schreiben, um so gut und vor allem so locker und selbstverständlich ihr Handwerk zu beherrschen. Eine Eins mit Stern, Frau Blazon!

http://www.ninablazon.de
[Fantasy bei Ueberreuter]http://www.ueberreuter.de/ueberreuter/index.php?usr=&phd=4&content=22

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