Blazon, Nina – Im Labyrinth der alten Könige (Woran-Saga 2)

Nina Blazons Fantasydebüt [„Im Bann des Fluchträgers“ 2350 war nicht nur der Sieger des Wolfgang-Hohlbein-Preises 2002, sondern auch der Beginn der so genannten Worantriologie. „Im Labyrinth der alten Könige“ ist der Fortsetzungsband, allerdings spielt er viele Jahre nach Ravins und Darians gefährlicher Reise nach Skaris und hat auch eine ganz andere Hauptfigur.

Der rothaarige, musikliebende Zauberlehrling Julin darf Darian Danalonn, der mittlerweile ein legendärer Zauberer ist, auf seiner Reise nach Lom, das Land der Bergwerke, begleiten. Ihre Reise gestaltet sich weniger angenehm als erwartet, denn bereits vor den Stadtmauern werden sie von einer Horde Rebellen angegriffen, die sie, wie es scheint, fangen wollen, um ein Lösegeld zu erpressen. Die Stadtwachen von Lom können das jedoch verhindern und geleiten ihre Gäste sicher in die prächtige Stadt, wo Darian zusammen mit dem Magierzirkel von Lom einen Goldmacher kennen lernen soll, der behauptet, aus Steinen Gold machen zu können. Während dieser Vorführung kommt es zu einem tragischen Zwischenfall, bei dem Darian getötet wird, und obwohl ihn die Trauer fest im Griff hat, muss Julin bald feststellen, dass irgendjemand sein Spiel mit ihm zu treiben scheint. Der tote Darian ist nichts weiter als ein freigekaufter Minensklave, das heißt, dass sein Meister noch irgendwo in Lom sein muss. Zusammen mit der Jägerin Fenja und der Halbworan Haliz – der Tochter von Ravin und Amina – macht er sich auf die nicht ungefährliche Suche, denn in den Bergwerken Loms gelten andere Regeln als in der feinen, reichen Stadt. Kaum hat Julin sich versehen, wird er unschuldig in die Sklaverei verkauft und muss untertage schwer schuften. Das ist allerdings ein Glücksfall für ihn, denn sonst hätte er das Zeichen, das Darian in die Wand eines Stollens geritzt hatte, nie gesehen …

Was Nina Blazon mit „Der Bann des Fluchträgers“ begonnen hatte, wird in diesem Buch fortgesetzt. Auch dieses Mal erschafft die Autorin eine geradlinige Handlung mit viel Spannung, die sich nicht an nutzlosen Nebenhandlungen aufhält und trotzdem enorm viel Tiefe und Platz für das Gefühlsleben ihrer Protagonisten hat. Dieses positive Gesamtbild eines absoluten Pageturners wird eigentlich nur dadurch gestört, dass die Protagonisten in Bezug auf die Handlung an einigen wenigen Stellen zu voreiligen Schlüssen neigen, die nicht so ganz nachzuvollziehen sind.

Dem Leser des ersten Bandes wird die Welt, in der das Buch spielt, noch wohlbekannt sein, auch wenn es dieses Mal in ein anderes Land geht, aber der Quereinsteiger muss sich auch keine Sorgen machen. Durch den Generationenwechsel in der Besetzung lässt sich „Im Labyrinth der alten Könige“ unabhängig vom ersten Band der Triologie lesen. Man mag sich zwar zuerst wie ein unbeachteter Gast vorkommen, wenn man in diese zauberhafte, wunderbar durchdachte Welt mit Ecken und Kanten, Gebietsspezialitäten und kaum einem der unsrigen Welt ähnlichen Tiere oder Pflanzen betritt, da es sehr oft an direkten Beschreibungen von Ranjögs und Jalafrüchten mangelt, doch dies ist normal. Bereits im ersten Buch verzichtete Blazon weitgehend auf Erläuterungen zu den von ihr erdachten Tieren und Pflanzen, so dass der Leser sich diese selbst aus dem Kontext erschließen musste. Das ist auf der einen Seite ein geschickter Schachzug, weil dadurch die Fantasie des Lesers gefordert ist, auf der anderen Seite ist es aber auch bisschen schade, weil dadurch ab und zu Fragezeichen bleiben, wo eigentlich keine sein sollten.

Keine Fragezeichen bleiben bei den Personen, denn diese sind nicht nur wunderbar ausgearbeitet, sondern auch wunderbar authentisch. Wie auch im ersten Band schafft Blazon es erneut, einen Helden zu schaffen, der eigentlich keiner ist. Den Antihelden mimt Julin allerdings auch nicht. Er ist ein ganz normaler Junge (so weit man das bei einem angehenden Magier eben sagen kann), der sich selbst nicht besonders hübsch findet und manchmal ein bisschen arrogant ist, wenn er unter Druck steht. Er ist ziemlich mutig ohne dabei zu heldenhaft zu wirken. Julin ist auffallend menschlich, was im Fantasygenre leider nicht an der Tagesordnung steht. Auch die anderen Charaktere sind sehr authentisch gelungen.

Die bereits erwähnte Geradlinigkeit der Handlung setzt sich in Blazons Schreibstil fort, der es schafft, mit wenigen, einfachen Worten ein buntes Bild zu zaubern. Die Autorin verliert nur wenige unnötige Worte und schafft es, ohne Umwege auf den Punkt zu kommen. Sie verfällt dabei nicht in diese schwülstige Fantasysprache, sondern bleibt angenehm nüchtern. Allerdings benutzt Blazon neuerdings vermehrt unkonventionelle Metaphern, die nicht immer gelungen sind. „Als er sah, wie sie mit dem Eintreiber lachte, fühlte er plötzlich, wie in ihm ein kleines gelbäugiges Tier namens Eifersucht erwachte.“ (Seite 140) ist nur eine von ein paar eher missratenen Textstellen, die zwar selten, aber trotzdem störend sind.

„Im Labyrinth der alten Könige“ ist auf jeden Fall erneut ein überdurchschnittliches Buch aus der Feder der in Stuttgart lebenden Autorin. Allerdings kommt sie an den Esprit ihres Erstlings nicht ganz heran. Kleine Schwächen in Handlung und Schreibstil, die aber nicht wirklich ins Gewicht fallen, sind schuld daran, dass das Buch an einigen Stellen eher zum Stirnrunzeln als zum Weiterlesen einlädt.

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