Bonné, Mirko – eiskalte Himmel, Der

Es gab eine Vielzahl von Expeditionen in die Antarktis. Das Ewige Eis wurde von vielen Abenteuern und Entdeckern, die nach Ruhm strebten, unterschätzt, viele fanden den Tod oder blieben verschollen. Plötzliche Witterungsänderungen, Schneestürme, Mangel an Nahrung und die großen Entfernungen, die zurückzulegen sind, forderten zahlreiche Opfer. Neben Roald Amundsen und Robert Falcon Scott zählt auch Ernest Henry Shackelton zu denjenigen, die als Polarforscher in die Geschichte eingegangen sind.

Auch im 21. Jahrhundert ist die Polarforschung noch lange nicht abgeschlossen. Zwar verfügen die Wissenschaftler und Forscher inzwischen über eine ganz andere Ausrüstung als ihre Vorgänger, doch die Wetterbedingungen und die Gefahren sind dennoch nicht zu unterschätzen. Die Polargebiete (Arktis und Antarktis) bergen weiterhin viele Geheimnisse, nicht nur an Bodenschätzen, sondern auch an klimatischen Besonderheiten und weiteren Sonderheiten.

„Der eiskalte Himmel“ des deutschen Autors Mirko Bonné ist dessen dritter Roman, den man im historischen Genre ansiedeln kann. In diesem Roman beschreibt der Autor detailliert und akribisch die Shackleton-Expedition in die Antarktis im Jahre 1914. Das Ziel von Ernest Henry Shackleton war es, den antarktischen Kontinent zu Fuß zu durchqueren. Ein ziemlich verwegenes und eigentlich überflüssiges Wagnis des Briten, da dies längst von dem Norweger Amundsen gewagt worden war.

Mirko Bonné erzählt das Drama aus der Perspektive des 17-jährigen Merce Blackboro, der sich bei dieser historischen Expedition als blinder Passagier beteiligte. Schnell wurde er allerdings zum Maskottchen am Bord der |Endurance|.

_Die Geschichte_

Drei Tage bevor die Briten 1914 den Deutschen den Krieg erklären und der erste Weltkrieg beginnt, startet der britische Polarforscher Ernest Henry Shackleton eine Expedition in das Ewige Eis. Mit seiner 27-köpfigen Besatzung und einen blinden Passagier an Bord bricht er im August mit seinem Schiff, der |Endurance|, auf. Als sie den 17-jährigen Merce Blackboro aus New Port finden, ist es zu spät umzukehren, also fährt dieser als Küchenjunge angeheuert mit.

In den Antarktischen Gewässern durch Eis, Schnee und unmenschlicher Kälte steuert die |Endurance| mit ihrer entschlossenen Besatzung den südgeorgischen Walfangort Grytviken an. Der Leiter dieser Walfangstation rät aufgrund des vielen Packeises von einer Weiterfahrt ab. Auch der Pastor bekniet das Expeditionsteam, Gott nicht herauszufordern und die Unternehmung abzubrechen.

Am 5. Dezember 1914 verlässt die Endurance allen Warnungen und Ahnungen zum Trotz den Walfangort in Richtung der Südsandwichinseln. Schnell umgibt das Schiff eine unendlich erscheinende Eisdecke. Es ist still am Bord, still auf der See – nur meterhohe Eisberge und Eisfelder bewegen sich knirschend um das Expeditionsschiff. Eine dunkle Kälte umgibt die Mannschaft,und besonders spüren sie diese mit dem Einbruch der Nacht, wenn die so genannte Rattenwache stattfindet, die von Mitternacht bis zum frühen Morgen gehalten wird. Am ersten Weihnachtstag sind sie noch weit von ihrem gewünschten Zielpunkt entfernt und wissen, dass es bis Ende Januar hart werden wird.

Als sie Coatsland erreichen, sind sie umringt von steilen Eisküsten, ein Schneesturm bricht über sie herein; sie suchen Schutz in einer Bucht und werden vom Packeis eingeschlossen. Die Strömung treibt die |Endurance| noch weiter von der Küste weg, so dass sie schließlich am 25. Februar 1915 eingeschlossen sind.

Monate der Einsamkeit stehen der Expedition bevor. Der antarktische Winter hat vorerst gesiegt und die Unternehmung kann als gescheitert betrachtet werden. Die Besatzung ist nun auf sich allein gestellt und wird durch eisige Temperaturen, die Dunkelheit der Polarnacht und die endlose Langweile auf eine schwere Probe gestellt. Die Stimmung der Mannschaft sinkt, und als die mitgebrachten Schlittenhunde verenden, liegen alle Nerven bloß.

Die |Endurance|, eingeschlossen vom Eis, wird zerstört, doch die Männer retten sich auf die drei Beiboote und eine Eisscholle. In ihrem Lager aus Eis verharren sie und müssen zusehen, wie die |Endurance| mit dem zurückkehrenden Sommer versinkt. Geschockt und fassungslos versinkt zugleich die Hoffnung auf Rettung in den Fluten des Eismeeres. Mit ihren kleinen Beibooten gelingt es ihnen dennoch, der Gefahr vorerst zu entfliehen, und so landen sie im April 1915 auf einer von Sturmwinden umtosten Insel.

Doch sie wissen, dass ihr Proviant sich dem Ende zuneigt und sie einen weiteren antarktischen Winter keinesfalls überleben können. Ernest Henry Shackleton trifft eine konsequente Entscheidung. Zusammen mit fünf seiner Männer bricht er auf, um Hilfe zu holen. Das Ziel ist die bereits besuchte Walfangstation Grytviken …

_Eindrücke_

Mirko Bonné beschreibt in „Der eiskalte Himmel“ das Drama dieser Expedition und benutzt dafür den blinden Passagier als Beobachter und Erzähler. Die Geschichte ist ein klassischer historischer Abenteuerroman und weist viele Elemente im Stil eines Jack London auf. Mirko Bonné schafft es sprachlich gut, die britische, sehr kultivierte Umgangssprache, die unter der Mannschaft Verwendung findet wird, einzufangen. Trotz aller dramatischen Situationen kommen diese Umgangsformen ernst, aber unterhaltsam zu lesen daher. Ob dies nun als authentisch zu werten ist, kann ich allerdings nicht bestätigen. In den Beschreibungen erkennt man jedenfalls ganz klar den Lyriker, der in Mirko Bonné schlummert.

Persönlich empfand ich den Roman als zu schwerfällig, vielleicht auch aufgrund des erwähnten Sprachstils, den der Autor verwendet hat. Die Dramaturgie wurde zwar ausgearbeitet, aber die Hoffnungslosigkeit und die Ängste der Mannschaft wurden mir zu wenig greifbar. Vielleicht liegt diese Wahrnehmung auch darin begründet, dass die Geschichte aus der Sicht eines 17-jährigen Jungen beschrieben wird. Der Leser benötigt schon recht viel Geduld und Ruhe zur Lektüre, aber er findet diese Ruhe auch in der Geschichte selbst, die manchmal belanglos dahinplätschert.

Die ganze Erzählung verströmt dafür einen schon viel zu humoristischen Grundton. Der Autor erzählt zwar faszinierend und mit viel Fantasie von den endlosen Weiten der arktischen Wildnis und man spürt förmlich die klirrende Stimmung dieser für uns fremden und trostlosen Welt, doch bleibt diese unterm Strich nur eine Illusion. Denn in solch einem Drama, in dem es um Leben und Tod geht, hat Humor für meine Begriffe nicht viel zu suchen.

_Der Autor_

Mirko Bonné (* 1965 im oberbayerischen Tegernsee) ist ein deutschsprachiger Schriftsteller. Nach dem Abitur 1986 jobbte Mirko Bonné unter anderem als Taxifahrer und Altenpflegehelfer. Seit 1994 ist er als Autor, Feuilleton-Publizist und Übersetzer tätig. Mirko Bonné lebt in Hamburg und ist Mitglied des Internationalen P.E.N.-Clubs.

Gegenstände des Alltagslebens werden insbesondere in seinen Lyrikbänden in eine „sinnliche Schwebe“ (Literaturwissenschaftlerin Maike Albarth) gehoben. Geschärft hat Mirko Bonné seine Wahrnehmung in der Übersetzung englischsprachiger Lyriker wie Keats, Cummings und Yeats sowie französischsprachigen wie dem rumänisch-jüdischen Surrealisten Ghérasim Luca. Neben drei eigenen Romanen hat er das Hörspiel „Roberta von Ampel“ (1992) verfasst. In der |FAZ| und anderen Zeitungen veröffentlichte er Gedichte, Essays und Artikel.

http://www.heyne.de

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