Boyle, Rob (Hrsg.) – Shadowrun 4.01D

_Alte Bekannte_

Das Jahr 2005 war eindeutig das Jahr der alten Bekanntschaften im Bereich der Rollenspiele. White Wolf legte seine komplette |World of Darkness|-Reihe neu auf, von Green Ronin und Black Industries wurde uns eine exzellente Neuauflage des |Warhammer|-Fantasy-Rollenspiels geschenkt und eine Reihe von anderen, mehr oder weniger unbekannten Rollenspielen zierten mit ihren Regelbüchern in neuen Gewändern die Bücherregale.

Besonders interessant war es jedoch, wenn der Blick, den man durch die Regale schweifen ließ, auf ein Buch mit grünem Einband fiel. Interessant vor allem deswegen, weil auf dem Buchrücken in schönster Blockschrift stand: „Shadowrun 4.01 D“. Kaum ein Rollenspiel hat wohl im Laufe des Jahres 2005 einen derartigen Aufruhr verursacht wie dieses lang ersehnte Werk, was schon alleine dadurch zu beweisen ist, dass bereits eine Woche nach dem Erscheinen der englischen Originalausgabe diese als vergriffen galt und neu aufgelegt werden musste.

Auffällig ist hierbei auf den ersten Blick, dass das Buch zum ersten Mal in der Geschichte des Shadowrun-Rollenspiels keinen Einband in Schwarz aufwies. Man mag nun durchaus zu viel in derartige Trivialitäten hineininterpretieren, jedoch wird recht schnell beim Durchblättern der Seiten gewahr, dass die Version 4.01 D eindeutig eine neue Ära in dieser Rollenspielreihe einläuten soll. Man kann den Wechsel der Einbandfarbe einfach als das erste Signal werten, das eben diesen Wechsel ankündigen soll.

_Konzept und Prinzip_

Doch worin besteht nun der Unterschied zwischen dieser Version von Shadowrun und allen vorherigen?

Diese Frage zu beantworten, bedarf es natürlich einer eingehenden Betrachtung des vorliegenden Grundregelwerks. Aber wie schon erwähnt, ist bereits ein schnelles Durchblättern des Buchs für jeden Kenner des Spiels ein Augenöffner, teils in positiver Hinsicht, teils in negativer.

Nur die Inhaltsangabe des Buchs betrachtend, wird man keinerlei Auffälligkeiten feststellen, denn die Struktur wie auch die generelle Aufmachung sind erhalten geblieben.

Wir starten bei der üblichen Kurzgeschichte, die auch für den Shadowrun-Anfänger eine Einführung darstellen soll und auf einigen kurzweilig geschriebenen Seiten die Mission eines Shadowrunner-Teams beschreibt.

Direkt aus diesen kurzen Seiten ist eine Menge für den unbedarften Neuling zu erfahren, sie lesen sich sehr flüssig und sind recht interessant geschrieben. Man erfährt, was Shadowrunner eigentlich sind, nämlich der Abschaum der Gesellschaft, der für Geld die Aufträge erledigt, die anderen Leuten zu dreckig und kriminell sind.

Und hierum geht es bei Shadowrun, man spielt einen so genannten Runner, der in den Schatten – also dem kriminellen Untergrund – der Metropolen der Zukunft die Drecksarbeit für kriminelle Organisationen, reiche Geschäftsleute oder auch riesige Mega-Konzerne durchführt. Es obliegt alleine dem Shadowrunner, also dem Spieler, zu entscheiden wo er selbst seine moralisch bedingte Grenze zieht. Macht er zum Beispiel bei einer Entführung mit? Ist er ein Detektiv, der einfach nur Informationen sammelt, oder Leibwächter? Würde er einen Menschen für Geld töten? Diese Fragen machen einen essenziellen Teil des Charakters aus, insbesondere die Einstellung zum Töten ist wichtig für das Konzept der Charaktererschaffung. Da die Spieler-Charaktere grundsätzlich nur die dreckigen und scheinbar unmöglichen Aufträge zugeteilt bekommen – sie gelten immerhin als Spezialisten für derartige Problemfälle –, sollten sie immer damit rechnen, auf einige schwer bewaffnete Wachleute zu treffen. Wählen sie hierbei den einfachen Weg und töten sie leichtfertig, geraten sie damit aber schnell auf die Abschussliste von Konzernen, Sicherheitsdiensten und der Polizei. Wählen sie hingegen die schwierigere Methode, also heimlich vorzugehen und nur im Notfall zu schießen und selbst dann mit Betäubungsmunition, die weniger effektiv ist, so entsteht dabei aber auch ein wesentlich professionellerer Ruf des Teams.

Insofern hat sich also nichts an dem eigentlichen Konzept von Shadowrun geändert. Die Charaktere sind nachwievor die oben umschriebenen Spezialisten für schwierige Probleme.

Auch die Fortführung der Zeitleiste und der Ereignisse in Shadowrun war immerhin zu erwarten, denn wie in jeder neuen Version ist die Zeit etwas weiter geflossen und wir befinden uns nun im Jahr 2069, wobei, wie auch sonst üblich, alle bisherigen Ereignisse im Grundbuch auf zwölf Seiten zusammengefasst werden. Wer hierbei allerdings tiefer greifende Informationen benötigt, wird nicht umhin kommen, etwas Zeit dem Studium der einzelnen Teile der Romanreihe, die zu diesem Spiel erschienen ist, zu widmen. So wird nur der Leser, der z. B. die Drachenherz-Triologie gelesen hat, wissen, warum Dunkelzahn, Drache und ehemaliger Präsident der United Canadian and American States (der Norden der ehemaligen USA zusammen mit Kanada; ja, genau, die USA gibt es nicht mehr, aber schon seit der ersten Edition, und Drachen gibt es auch in Shadowrun, dazu später mehr), ermordet wurde. Der bloße Rollenspieler, der die Romane nicht kennt, wird aber nicht so schnell bei einigen Ereignissen durchblicken, die sich im Laufe der Zeit ereignet haben.

Die Neulinge werden schnell die einmalige Kombination aus Fantasy- und Cyberpunk-Elementen bei Shadowrun feststellen, denn in der Vorgeschichte wird schön beschrieben, wie es dazu kam, dass wieder Elfen und Zwerge, Orks und Trolle und diverse andere Fabelwesen auf Erden wandeln; und auch die Magie ist zurückgekehrt. Es gibt also auch wieder Zauberer und Shamanen, die wohl im Laufe der Zeit zu einem wichtigen Bestandteil des Alltags geworden sind.

Die Schwierigkeit beim Überblicken der Vorkommnisse ist aber, so denke ich zumindest, gewollt, denn viele von ihnen sind durch diverse Intrigen, sowohl zwischen Konzernen als auch Regierungen, bewirkt worden. Der alte Veteran des Spiels wird sicher nur einen interessierten Blick auf die letzten Ereignisse werfen, da wohl jeder gerne wissen möchte, wie die Konzernkriege in Version 3 und die durch Dunkelzahns Ermordung ausgelösten Ereignisse die Welt verändert haben.

_Vom Decker zum Hacker_

Da die bisherigen Elemente des Grundregelwerks keineswegs ein wirkliches Novum darstellen, wollen wir nun aber auf die wesentlich interessanteren Änderungen eingehen. Die Welt von Shadowrun bzw. die Autoren des Spiels haben sich eindeutig an die technischen Begebenheiten in unserer heutigen Welt angepasst, und das ist eine der wirklichen Neuerungen. Gewiss war es bisher auch immer so, dass in diesem Spiel immer der aktuelle technische Stand der Dinge, wie man so schön sagt, beachtet wurde, aber dieses Mal haben die rasanten Entwicklungen im Bereich von Internet, Netzwerktechnik, Autoindustrie und Nanotechnologie der letzten paar Jahre dazu geführt, dass einige der Konzepte in Shadowrun komplett neu gestaltet wurden. Die Matrix, wie wir sie kannten, existiert nur noch bedingt. Sie ist nach wie vor eine „Virtuelle Realität“ und der Nachfolger des Internets, aber das Konzept wurde um einige Details erweitert. So gibt es weder Rigger noch Decker in der Version 4, beides wird nun unter dem Begriff Hacker zusammengefasst. Mittlerweile ist alles mit Schnittstellen zur so genannten AR – Augmented Reality – ausgestattet, angefangen vom Auto und dem Handy bis hin zum Sicherheitssystem einer Bank und sogar dem Jackett, das man am Leib trägt, wie auch dem neustem Cyberauge, das man sich transplantieren ließ. Da außerdem die Matrix in ihrere neuen Version 2.0 nun komplett wireless ist, um diese technischen Anglizismus des Jahres zu benutzen, und jeder Gegenstand, der ein AR-Modul besitzt, auch gleichzeitig in der Realität wie auch in der Matrix vertreten ist und persönliche Daten hinausfunkt, bieten sich hier komplett neue Möglichkeiten für den Hacker von Morgen.

Sicher ist es jedem Menschen möglich, die AR-Stufen zu regulieren, doch unter bestimmten Umständen ist es sinnvoll, einen so genannten offenen oder privaten Modus dem versteckten vorzuziehen. Zwar ist man da in der Matrix sichtbar, genießt aber auch einige Vorteile, so kann z. B. das Team ständig Daten über Position und Befinden austauschen.

Diese Offenheit stellt natürlich auch eine Möglichkeit für Matrixangriffe durch einen Hacker dar; der kann somit ein Auto übernehmen und steuern – und das besser als ein Normalsterblicher, da er immerhin das Auto über Gedanken kontrolliert, sofern er direkt in die Matrix eingestöpselt ist, und dadurch über eine wesentlich genauerer Kontrolle über den Wagen und über schnelle Reflexe verfügt. Der Hacker kann theoretisch sogar den Cyberarm eines Gegners übernehmen oder das Sicherheitssystem eines Gebäudes, und das, während er gerade mit dem restlichen Team unterwegs ist. Das alte Problem, dass ein Decker, der in einer Gruppe gespielt wird, eigentlich die Hälfte der Zeit herumsitzt, weil er nicht interagieren kann und immer an die Matrix angeschlossen ist, somit also nur schwer seine Position wechseln kann, fällt weg. Die neuen Hacker nämlich sind mobil, die Matrix ist schließlich drahtlos.

Durch die ständige Möglichkeit, die interaktiven Eigenheiten der Umgebung bis ins Kleinste ausnutzen zu können, wird aus dem sonst so schwerfälligen Decker ein Hacker, den man durchaus auch Technomagier nennen könnte – um diesen durchaus gängigen Neologismus zu nutzen –, denn einige Tricks, die man nun durch die Matrix bewirken kann, müssen für Außenstehende wirklich eher wie Magie wirken.

_Building of a Character_

Auch die Charaktererschaffung an sich wurde radikal geändert. Zunächst merkt man, dass man an das Aufbaupunkte-System angeknüpft hat, das bisher immer in den SR-Kompendien der jeweiligen vorhergegangenen Versionen vorzufinden war. Man musste also früher ein extra Regelwerk kaufen, andernfalls war man gezwungen, das sogenannte Prioritätensystem zu benutzen, was stark einschränkend war, da man nur 4 bzw. 5 Werte vergeben konnte, um Startkapital, Rasse, Fertigkeiten, Attribute und Magie zu bestimmen. Daraus ergaben sich erst Punkte zum Verteilen.

Dies fällt nun komplett weg. Die Punkte werden direkt von Anfang an festgelegt und können direkt verteilt werden, was eine wesentlich flexiblere Generierung der Charaktere ermöglicht.

Die üblichen Modifikationen der Attribute, abhängig von der gewählten Rasse, bleiben bestehen, werden nun aber einfach als die jeweiligen Startwerte der Attribute angegeben anstatt als Bonusmodifikatoren.

Die Rassen sind geblieben wie bisher. Es gibt also Menschen, Elfen, Zwerge, Trolle und Orks, die man spielen kann, alle mit ihren Stärken und Schwächen.

Auch die Einteilung von Fertigkeiten bleibt wie gehabt. Es gibt Aktions- und Wissensfertigkeiten sowie Sprachen, wobei eine Aktionsfertigkeit ebenso der Umgang mit einer Pistole und das Heranschleichen an einen Gegner sein kann wie auch das Hacken in der Matrix oder der Umgang mit elektronischen Spielereien. Wissensfertigkeiten wiederum repräsentieren üblicherweise die theoretische Ergänzung zu den Aktionsfertigkeiten, können aber auch einfach Fähigkeiten widerspiegeln, die man durch ein Hobby erlernt hat. Damit es keine Überschneidungen gibt, sind die Aktionsfertigkeiten genauestens in einer Tabelle definiert. Die meisten Wissensfertigkeiten kann man sich hingegen selber ausdenken, sie sollen den Charakter vornehmlich lebendiger gestalten und somit sind sie im Detail eher den Spielern überlassen.

Auch die Freunde aller Spieler und Spielleiter sind nun endlich direkt im Grundbuch vorzufinden; immerhin hat es drei Editionen gedauert, aber nun gibt es Gaben und Handicaps direkt hier verzeichnet, anstatt in einem extra Quellenband. Auch die Möglichkeit, ein paar nette Boni herauszuschlagen oder den Charakter etwas lebendiger zu gestalten, ist gegeben. Beispielsweise, indem man sich gegen ein paar Punkte einen Feind zulegt oder auch eine Allergie, aber auch Charakterstärken und Schwächen wie Mut und Feigheit sind zu kaufen. Wer im Übrigen einen Magier oder einen Adepten spielen will, der wird nun einfach eine entsprechende Gabe auswählen können. Dies fügt sich nun auch logisch in das Konzept von Gaben und Handicaps ein, denn was ist die Fähigkeit Magie zu wirken anderes als eine spezielle Gabe.

_Und noch mehr Neuheiten_

Den wirklichen Schock für altgediente Spieler von Shadowrun wird wohl das Regelsystem an sich darstellen. Ist bei der Charaktererschaffung das vorherrschende Prinzip jenem, das wir aus den Kompendien kennen, doch sehr ähnlich, so reicht ein Blick auf das Charakterblatt, um diesen Eindruck des Altbekannten nahezu vollkommen zu vernichten.

Einige Attribute haben sich geändert, es gibt nun Logik und Intuition anstatt Intelligenz. Reaktion wird nicht mehr errechnet, sondern gilt als eigenständiges Attribut. Ansonsten bestehen die Attribute aus einer durchaus übliche Zusammenstellung von körperlichen (Konstitution, Geschick, Stärke und Reaktion) sowie eher geistigen (Willenskraft, Logik, Intuition, Charisma) Eigenschaften.

Ein Konzept, das mitunter wohl durch Shadowrun bereits von Anfang an in der Rollenspielwelt eingeführt wurde, ist uns erhalten geblieben, auch wenn der Name sich leicht verändert hat. Das Attribut „Edge“ stellt eine Fähigkeit dar, wie wir sie mittlerweile auch von Warhammer, einigen D20-Derivaten, Fading Suns usw. unter anderem Namen kennen. Doch bei Shadowrun nahm alles seinen Anfang. Damals noch Karma genannt, dienen die Würfel, die Edge zur Verfügung stellt, dazu, den Charakter besonders heldenhafte Aktionen durchführen zu lassen. Zusätzliche Erfolge oder zusätzliche Würfel können erworben werden, um Aktionen besonders spektakulär zu machen, beziehungsweise den Charakteren, die ja nun mal die Helden sein sollen, zu ermöglichen, immer aus der Menge herauszuragen. Edge stellt theoretisch ein Konzept dar, das es erlauben soll zu simulieren, dass das Schicksal den Spielern – in ihrer Rolle als Protagonisten der Story – immer etwas gewogener ist als den Antagonisten.

Um eine Fertigkeitsprobe abzulegen, wird grundsätzlich immer in der Kombination von einer Fertigkeit und dem zugehörigen, gerade für die Situation angemessenen Attribut gewürfelt. So würfelt ein Spieler zum Treffen des Gegners mit einer Pistole einfach sein Geschick + Fertigkeitswert von Pistolen und erhält somit einen nutzbaren Würfelpool. Auch dies ist also neu. In alten Versionen wurde nur die Fertigkeit oder das Attribut genommen, niemals aber beides.

Desweiteren fällt ein altes Problem unter den Tisch, was bisher oft zu hitzigen Diskussionen zwischen Spielern und Spielleiter führte. Von nun an ist die Schwierigkeit immer fest definiert. Jeder Würfel, der eine 5 oder 6 zeigt, ist ein Erfolg, man würfelt dabei mit den handelsüblichen und von Shadowrun seit jeher gewohnten sechsseitigen Würfeln. Die Schwierigkeit, eine Aktion durchzuführen, wird also nicht durch den üblichen Mindestwurf bestimmt, sondern durch die nötige Anzahl an zu erzielenden Erfolgen. So muss bei sehr einfachen Aktionen nur ein Würfel eine 5+ zeigen. Je schwieriger der Vorgang aber ist, umso mehr Würfel müssen Erfolge sein. Das Konzept sieht im Übrigen verdächtig nach dem neuen WoD-System von White Wolf aus. Allerdings: Bei der Masse an Rollenspielen und Büchern ist es eigentlich kein Wunder, dass sich irgendwann alles einmal ähnlich sieht.

Hat man erst einmal Rasse, Fertigkeiten, Attribute und den Rest festgelegt, bleibt vor allem nur noch eines: Man kann sich Ausrüstung zulegen. Für Nicht-Magier ergibt sich die Möglichkeit, das Fehlen jeglicher übernatürlicher Fähigkeiten mittels Cyberware, Bioware sowie Nanotechnologie zu kompensieren, ein Magier erhält dazu die Chance, sich seine Zauber zu erwählen, ein Adept seine besonderen magischen Kräfte.

Die Mischung aus eben dieser Ausrüstung und den Fertigkeiten macht den Unterschied in der Ausrichtung der einzelnen Charaktere aus. So wird ein Straßensamurai oder ein Söldner vollgepumpt sein mit Cyberware, die seine Reflexe, Körperkraft und Schadenstoleranz erhöht. Ein Hacker wird, je nach seiner Ausrichtung, eher Implantate besitzen, die seine Intelligenz erhöhen, seine Reflexe in der Matrix oder beim Eindringen in ein Fahrzeug bzw. Sicherheitssystem steigern und dergleichen. Adepten wiederum können durch ihre magischen Fertigkeiten zu Ninjas oder Kung-Fu-Kämpfern werden, wie man sie sonst nur aus recht übertriebenen Eastern kennt. Auf Magier muss ich wohl nicht näher eingehen, denn jeder Rollenspieler oder generell jeder Fantasy-Freund kann sich wohl die Fähigkeiten eines solchen „Zauberschleuderers“ vorstellen.

_Fazit_

Als Fazit lässt sich also festhalten, dass das Regelwerk gut strukturiert und sehr übersichtlich gestaltet ist. Besonders gut gefallen konnten hierbei die detaillierten Beschreibungen des Alltagsleben, die Zusammenfassung der Geschichte der Zukunft und die Beschreibung der Matrix. Das Regelsystem ist gewöhnungsbedürftig; ich kenne wie bereits erwähnt das neue WoD-System und war bereits von diesem nicht so wirklich überzeugt. Man mag dazu stehen, wie man will; offensichtlich unterliege ich einer Prägung der alten Schule, aus Zeiten, als man noch selber den Mindestwurf festlegte und durch eine vorbestimmte Mindest-Anzahl an Erfolgen eine zusätzliche Komplexität eingefordert wurde.

Für Neulinge mag das Grundbuch ausreichend sein, um sich in Shadowrun einzufinden, doch diejenigen, die mit dem Spiel bereits länger vertraut sind, werden wahrscheinlich, so wie ich, einen bitteren Beigeschmack verspüren, wenn sie den Umfang des Buchs betrachten. Niemand kann natürlich mehr verlangen als 350 Seiten, die das Regelbuch ausmachen, doch irgendwie schleicht sich eine unterschwellige Frustration ein. Allerdings sind aus vielen der alten Quellenbücher aus der vorherigen Version 3.0 zusätzliche Gedanken eingeflossen, die der Ausführlichkeit diverser Themen dienlich sind; so werden im Kapitel „Magie“ Initiaten besprochen, in der Ausrüstung finden wir auch Bioware vor und unter Fahrzeuge und Matrix sind viele zusätzliche Materialien zu verzeichnen, die wir normalerweise nur in Zusatzbüchern finden. Es fällt hierbei aber auf, dass alles sehr knapp bemessen und vor allem unvollständig ist. Das Schlimmste ist hierbei aber der Systemwechsel. War es bisher immer möglich, alte Materialien zu nutzen und schnell zu konvertieren, wird man hier wohl längere Zeit warten müssen, bis man die nötigen neuen Regelwerke hat, da die Version 3 zu Version 4 inkompatibel ist. Für diejenigen, die schon länger Shadowrun spielen und wissen, was alles möglich ist und was man alles noch z. B. mit Magie erreichen kann, ist das wohl enttäuschend. Cyberware kann man natürlich provisorisch konvertieren, doch auch hier sieht man schnell, dass diverse Kleinigkeiten, angefangen von den Kosten, sich stark geändert haben. So kostet ein neuer Arm nur noch ein Zehntel von dem, was einmal üblich war.

Jedoch alleine für sich betrachtet, ist dies ein Werk, das man durchaus würdigen muss. Übersichtlich und mit genügend Details angefüllt, um ein paar erste Spiele wagen zu können, ist es auf jeden Fall. Und die neue Matrix und die Regeln für die Augmented Reality machen schon alleine Lust darauf, einmal eine Runde Shadowrun 4 zu wagen. Die Phantasie wird definitiv beflügelt.

http://www.fanpro.com

[Shadowrun 4.01D Erata]http://www.fanpro.com/sr/material/Shadowrun4__01D__Errata1__0.pdf
[Shadowrun 4.01D Konvertierungsregeln]http://www.fanpro.com/sr/material/SR4__Charakterkonvertierung.pdf
(Beides wird den neuen Auslieferungen ausgedruckt beigelegt.)

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