Briggs, Patricia – Bann des Blutes (Mercy Thompson 02)

_Mercy-Thompson-Serie:_

Band 1: [„Ruf des Mondes“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4490
Band 2: _Bann des Blutes_
Band 3: Spur der Nacht
Band 4: Zeit der Jäger

Nachbarn müssen nicht immer nett und freundlich sein. Davon kann die Automechanikerin Mercedes Thompson, Heldin von Patricia Briggs‘ gleichnamiger Buchreihe, ein Liedchen singen. Ihr Nachbar ist ein gutaussehender Werwolf, der Alpha des Rudels in den Tri-Cities, der ein Auge auf sie geworfen hat und dummerweise ein Kontrollfreak ist.

Dementsprechend ist Adam nicht sonderlich begeistert, als sich Mercy vom Vampir Stephan breitschlagen lässt, ihm bei einer Aufgabe beizustehen. Stephan soll herausfinden, welcher fremde Vampir sich im Revier seiner Herrin Marsilia befindet, ohne sich vorgestellt zu haben. Da er befürchtet, dass der Fremde magische Kräfte besitzt, die ihn beeinflussen könnten, soll Mercy, die sich als Walkerin in eine Koyotin verwandeln kann, ihm in Tierform beistehen.

Diese Aufgabe wird ihnen beinahe zum Verhängnis, denn es stellt sich heraus, dass Cory Littleton, so der Name des Zugereisten, kein gewöhnlicher Vampir ist, sondern ein Zauberer. Mit seinen Kräften schafft er es, Vampire zu lenken und ihre Erinnerungen zu verändern. So bildet sich Stephan nach dem Zusammentreffen mit Littleton ein, einen Menschen umgebracht zu haben. Zum Glück hatte er Mercy, auf die Vampirmagie keine Wirkung besitzt, dabei und sie kann seine Unschuld bezeugen. Sie schaffen es, vor Littleton zu fliehen, doch der treibt weiterhin sein Unwesen in den Tri-Cities.

Die Fälle von Gewalttaten nehmen zu, die Menschen werden aggressiver. Marsilias Vampire wie auch Adams Werwölfe machen sich daher auf die Suche, um Littleton zu töten. Zu gefährlich ist es, wenn er durch seine Taten die anderen Wesen in Gefahr bringt. Die Werwölfe haben sich zwar, genau wie das Feenvolk vor einigen Jahren, „geoutet“ und der Öffentlichkeit gestellt, doch das bedeutet noch lange nicht, dass die Menschen ihnen vertrauen.

Die Jagd nach Littleton wird Mercys Freunden allerdings zum Verhängnis. Ein Werwolf wird schwer verletzt, mehrere andere und Stephan verschwinden plötzlich von der Bildfläche. Mercy beschließt zu handeln und sucht Marsilia, die intrigante Führerin von Stefans Sidhe, auf. Sie stellt der Walkerin einen Partner an die Seite, mit dem sie den Zauberer auffinden und unschädlich machen soll. Mercy hat nur wenig Vertrauen in ihren Partner Andre, da er Stephan nicht wohlgesonnen war, und so ist sie mehr oder weniger auf sich alleine gestellt. Zu allem Überfluss stellt sich heraus, dass nicht jeder der Beseitigung Cory Littletons zustimmt …

„Bann des Blutes“ ist der zweite in Deutschland erschienene Teil der Mercy-Thompson-Reihe. Er nimmt häufig Rückgriff auf die Ereignisse in [„Ruf des Mondes“ 4490, stellt an und für sich aber eine eigenständige, abgeschlossene Geschichte dar. Während im ersten Band hauptsächlich die Werwölfe im Vordergrund standen, konzentriert sich die Autorin dieses Mal stark auf die Vampire. Da Mercy in deren Sitten und Bräuche nicht besonders eingeweiht ist, erfährt der Leser durch ihre Augen eine Menge interessanter Dinge. Leider fehlt die Komponente der persönlichen Erfahrung, wie das bei den Werwölfen der Fall ist, da Mercy unter diesen aufwuchs. Trotzdem ist die Geschichte von diesem Gesichtspunkt aus sehr interessant.

Patricia Briggs hat eine abwechslungsreiche, detaillierte Welt geschaffen und sehr gut in die reale integriert. Die Eigenschaften von Werwölfen, Vampiren und Feen sind zwar nicht immer neu, werden aber häufig sehr schön dargestellt oder interessant differenziert. Sie bekommen bestimmte Eigenschaften zugeschrieben, die in der Geschichte immer wieder durchschimmern. So reden Vampire beispielsweise gerne um den heißen Brei herum, während Werwölfe sehr autoritäre, kontrollierende Tiere sind, die auch in Menschenform einer bestimmten Hierarchie gehorchen, deren Aufbau durch Rangkämpfe des Öfteren neu geordnet wird. Gerade an solchen Stellen merkt man, dass Patricia Briggs mit der grassierenden Vampir-Liebesroman-Epidemie nur wenig am Hut hat. Ihr geht es nicht darum, romantische Verbindungen zwischen ihren Charakteren zu knüpfen. Im Vordergrund stehen die spannende Handlung sowie die schön erdachte Welt.

Die Handlung ist allerdings nicht immer gelungen. Das Drumherum hat beinahe mehr zu bieten als die Geschichte an sich. Schuld daran sind der konstruiert wirkende Aufbau sowie die nicht klar erkennbare Spannungskurve. Die Geschichte hat zwei Höhepunkte, die ungeschickt miteinander verknüpft sind, und Briggs versäumt es von Anfang an, eine stufenweise Steigerung aufzubauen. Das ist sehr schade, denn ansonsten ist wirklich alles stimmig bei „Bann des Blutes“. Doch gerade das Ende wirkt wie nachträglich angeklebt. Es hat zwar einen Bezug zu den vorherigen Erlebnissen, wirkt jedoch unnötig beziehungsweise ungeeignet integriert. Trotzdem muss man Patricia Briggs lassen, dass sie es schafft, eine gewisse Atmosphäre zu schaffen, die es dem Leser an der einen oder anderen Stelle kalt den Rücken hinunterlaufen lässt. Dazu gehören beispielsweise Mercys Zusammentreffen mit Cory Littleton oder auch ihre Besuche im Hauptquartier der Vampire.

Briggs‘ Dark-Fantasy-Reihe hebt sich auch dadurch von anderen Büchern ab, dass Mercy als Charakter nicht den üblichen Klischees entspricht. Abgesehen von ihrem Geschlecht hat sie nur wenig mit den Frauen zu tun, die in Büchern des gleichen Genres verführerischen Vampiren zum Opfer fallen. Zum einen ist Mercy keine Außenstehende. Sie ist als Walkerin direkt in das Treiben integriert, nimmt aber durchaus eine Außenseiterrolle ein, was ihr erlaubt, einen frischen, kritischen Blick auf die drei Völkchen – Vampire, Werwölfe, Feen – zu werfen. Sie gehört nirgends dazu, was ihre Persönlichkeit insofern beeinflusst, als sie eine sehr starke, unabhängige Frau ist. Sie ist jedoch nicht unnahbar oder unsterblich, sondern begeht Fehler und zeigt Schwächen, die sie sehr sympathisch werden lassen. Da aus ihrer Perspektive erzählt wird, baut der Leser schnell eine Beziehung zu ihr auf. Da sie überdies sehr realistisch gezeichnet ist, kann man sich gut mit ihr identifizieren, obwohl sie eine Walkerin ist und ein sicherlich nicht alltägliches Leben führt.

Eng mit Mercy verknüpft ist der Schreibstil von Patricia Briggs. Sie präsentiert sehr ausführlich über Mercys Gedanken und Gefühle, vergisst darüber hinaus aber nicht die nachvollziehbaren Erklärungen und die saubere Beschreibung der Ereignisse. Sie schwankt dabei zwischen nüchtern und humorvoll, denn Mercy tendiert zu (selbst-)ironischen Gedanken. Das Buch entwickelt in dieser Hinsicht zwar keinen solchen Sog, wie das beispielsweise bei den Büchern von Kim Harrisson der Fall ist, hat sich allerdings im Gegensatz zum ersten Band der Reihe schon wesentlich gesteigert. Briggs ist bissiger geworden, ohne dabei zu sehr abzuschweifen. Geradlinig und sehr flüssig schreibt sie ihre Geschichte herunter, ohne störende Einschübe oder Nebensächlichkeiten. Dementsprechend einfach und zügig lässt sich das Buch lesen. Tatsächlich fällt es manchmal schwer, es überhaupt zuzuschlagen, da es solchen Spaß bereitet, an Mercys Leben teilzuhaben.

Im Großen und Ganzen ist „Bann des Blutes“ sicherlich kein Überwerk. Dazu ist die Handlung zu wenig ausgefeilt, obwohl sie den Anspruch erhebt (und teilweise auch erfüllt), spannend zu sein. Auf der Habenseite stehen allerdings die fantastische Hauptperson, der verbesserte Schreibstil und vor allem die sorgsam ausgearbeitete Welt – alles Punkte, die nicht jeder Roman, der sich mit dem Label „Dark Fantasy“ schmückt, für sich verbuchen kann. Dementsprechend dürfte es Fans freuen, dass am Ende des Buches bereits der dritte Band „Spur der Nacht“ für Februar 2009 angekündigt wird.

|Originaltitel: Blood Bound
Aus dem Amerikanischen von Regina Winter
Taschenbuch, 415 Seiten|
http://www.heyne.de
http://www.patriciabriggs.com

_Patricia Briggs bei |Buchwurm.info|:_
[„Ruf des Mondes“ 4490
[„Drachenzauber“ 3933
[„Rabenzauber“ 4943

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