Charlotte Brontë – Jane Eyre (Lesung)

Schwerstarbeit: Leiden mit der Gouvernante

Jane Eyre tritt im Jahr 1837 auf dem düsteren Landsitz von John Rochester eine Stelle als Erzieherin von dessen Mündel Adèle an, verliebt sich in den eigenwilligen Tyrannen und muss am Tage ihrer Hochzeit feststellen, dass Rochester bereits verheiratet ist. Wie ein wildes Tier wird seine wahnsinnige Frau auf dem Dachboden gehalten – die entsetzte Jane verlässt den geliebten Mann. |“Ich bin kein Vogel, und kein Netz umgarnt mich, ich bin ein freier Mensch mit einem freien Willen – das werde ich zeigen, indem ich Sie verlasse.“| Erst nach einem furchtbaren Unglück finden die beiden Liebenden zueinander.

Die Geschichte der Waise, die allen Widrigkeiten zum Trotz zur selbstbewussten Persönlichkeit heranreift und am Ende das Glück in der Liebe findet, ist millionenfach gedruckt, in fast alle Sprachen übersetzt, mehrfach verfilmt und von Lesergenerationen verschlungen worden.

Die Autorin

Charlotte Brontë wurde am 21. April 1816 als dritte Tochter eines irischen Methodistenpfarrers in der englischen Grafschaft Yorkshire geboren. Sie hatte vier Schwestern und einen Bruder. Als Charlotte fünf Jahre alt war, starb ihre Mutter. Auch ihre beiden älteren Schwestern starben. Danach begann Charlotte mit den Geschwistern Branwell, Emily und Anne an ihrem privaten Fantasymythos zu arbeiten (1826-39; die Geschwister machten weiter bis 1845). Charlotte unterrichtete ihre jüngeren Schwestern Emily und Anne zu Hause und arbeitete zeitweise in zwei anderen Haushalten als Gouvernante. 1847 veröffentlichte sie ihren Roman „Jane Eyre“ unter dem Pseudonym „Currer Bell“.

Die Bekanntgabe der Identität von „Currer Bell“ beim Londoner Verleger sorgte für einen Skandal. Charlotte schrieb „Shirley“, reiste nach London und fand Kontakt zu literarischen Kreisen um William M. Thackeray, dem Autor von „Vanity Fair“. 1854 heiratete sie den Hilfspfarrer A. B. Nicholls, für den sie Bewunderung, aber keine Liebe empfand (klingt nach ihrer Figur St. John Rivers). Im selben Jahr erwartete sie ein Kind und bekam eine schwere Lungenentzündung, von der sie sich nicht mehr erholte. Sie überlebte ihre jüngeren Schwestern, starb jedoch in Haworth, drei Wochen vor ihrem 39. Geburtstag.

Die Sprecherin

Eva Mattes, Jahrgang 1954, steht seit 1965 vor der Kamera, seit 30 Jahren auf der Bühne. Vor allem die enge Zusammenarbeit mit Rainer Werner Fassbinder prägte ihre Karriere. Für ihre Leistungen wurde sie mit dem Filmband in Gold, dem Bayerischen Filmpreis sowie der Goldenen Palme von Cannes ausgezeichnet. Ihre erste Filmrolle spielte sie als Zehnjährige in »Dr. med. Hiob Prätorius«, 1970 folgte die erste Hauptrolle im Antikriegsfilm »o.k.«. Weitere wichtige Filme sind u. a. »Woyzeck« (1979, W. Herzog), »Céleste« (1981), »Das Versprechen« (1994) und »Schrei der Liebe« (1997). Seit 2001 spielt sie die Tatort-Kommissarin Klara Blum.

Der Text wurde von Felix Partenzi bearbeitet, sprich: gekürzt, der auch Regie führte. Der Ton wurde von Patrick Ehrlich im Studio__wort, Berlin, gesteuert. Der Text folgt der Übersetzung von 1998, die im |dtv|, München, erschien.

Das Covermotiv stammt von Henry Tanworth Wells aus dem Jahr 1877: „Alice“. Die Musik steuerte Edward Elgar (1857-1934) bei. Es handelt sich um Ausschnitte aus seinen Werken für Violine und Klavier: Chanson de nuit / Chanson du matin, Op. 15; Adieu; Carissima; Sonata Op. 82.

Handlung

1) Gateshead Hall, 1829

Jane hat keine näheren Verwandten, und der einzige Familienangehörige, von dem sie später hört, ist ein Onkel, der auf der fernen Insel Madeira lebt. Also wächst sie auf Gut Gateshead Hall bei ihrem anderen Onkel auf. Doch nach dessen frühem Tod bricht für das zehnjährige Mädchen eine schreckliche Zeit an. Sie hat ihren eigenen Kopf und ist sehr ungern gehorsam. Als Strafe darf sie nicht mit ihren Kusinen spielen, und ihr Cousin John Reed, der schon vierzehn ist, schikaniert sie. In ihren Phantasien zieht sie sich in eine wildromantische Landschaft zurück, die von Märchenwesen bevölkert ist.

Als sie mit einem Wutanfall auf Johns Attacke reagiert, wird sie weggesperrt, denn natürlich ist Johns Mutter stets auf dessen Seite. In dieser engen Kammer sieht Jane ein „Gespenst“, ihren toten Onkel, der in der Hauskapelle bestattet ist. Erst der gütige Apotheker Mr. Lloyd kann Jane von ihrem resultierenden Schwächeanfall kurieren. Als er sich bei ihr nach ihrer Familie erkundet, findet er heraus, dass sie gerne auf die Schule gehen würde. Wenig später kommt ein schwarz gekleideter Herr Jane besuchen: Mr. Brocklehurst prüft Jane und akzeptiert sie als Schülerin in seinem Mädcheninternat. Kaum ist er gegangen, lässt Jane ihren Zorn an Mrs. Reed aus, die sie heftig anklagt. Dadurch bricht Jane alle Brücken hinter sich ab.

2) Lowood House

Im Internat des Reverend Brocklehurst wird Jane zunächst freundlich begrüßt, doch wie sich herausstellt, sind die Essensrationen äußerst mager und von mieser Qualität. Da es keinerlei Heizung gibt, frieren die Mädchen ohne Ende. Die Schülerinnen, die zwischen neun und 20 Jahren alt sind, werden gemischt in Klassen gesteckt, die von einer unduldsamen Lehrerin nach der anderen unterrichtet werden. Als besonders das Mädchen Helen Burns schikaniert und mit der Rute geschlagen wird, erwärmt sich Jane sofort für Helen und schließt mit ihr Freundschaft. Während jedoch Jane schon ein wenig aufgeklärt ist, hält Helen fromm an ihrem Glauben in die Güte und Barmherzigkeit Jesu Christi fest. Jane glaubt lieber an irdische Gerechtigkeit als an himmlische.

Mr Brocklehurst stellt sich als bigotter Heuchler heraus. Während dem Mädchen Julia seine hübschen Locken abgeschnitten werden, um die Sinnlichkeit abzutöten, dürfen seine Töchter in prächtigsten Gewändern und Straußenfedern einherstolzieren. Grundlos, aber von Mrs. Reed beeinflusst, stigmatisiert Brocklehurst Jane, die anschließend von Helen getröstet werden muss. Doch Miss Temple, die „Herzensgüte in Person“, schreibt an Mr Lloyd, der alle falschen Anschuldigungen gegen Jane als grundlos entlarvt. Jane kommt in die 5. Klasse und darf Französisch lernen.

Sie bleibt acht Jahre in Lowood House. Doch das Klima ist der Gesundheit der Mädchen nicht zuträglich. Als Typhus ausbricht, werden 45 Schülerinnen krank und einige sterben. Die Schutzmaßnahmen sind völlig unzureichend, und so wird auch Helen Burns ein Opfer der Epidemie. Helen verspricht ihr ein „Wiedersehen im Himmel“. Als Jane aus ihrem Erschöpfungsschlaf erwacht, ist Helen dahingegangen. Für Jane ist es wie ein Blick in den Abgrund, der sie von ihrer Vergangenheit trennt. Sie ist wurzellos und scheint keinerlei Zukunft zu haben.

3) Thornfield Hall, 1837

Die öffentliche Empörung führt zur Verbesserung der Zustände auf Lowood House, und Jane wird Lehrerin für Französisch. Aber weil ihre Mentorin Miss Temple heiratet und wegzieht, ist Jane, gerade mal 18, schon wieder alleine. Sie setzt eine Annonce in die Zeitung, um eine andere Stelle zu suchen. Eine Mrs. Fairfax, ihres Zeichens Wirtschafterin auf Thornfield Hall, bietet ihr die schöne Summe von 30 Pfund pro Jahr. Nachdem Jane Zeugnisse und Erlaubnisse besorgt hat, reist sie nach Thornfield, wo sich Mrs. Fairfax als die Liebenswürdigkeit in Person herausstellt. Janes künftige Schülerin wird Adèle sein, das Mündel des Hausherrn, Mr John Rochester. Aber wo ist der Herr des Hauses?

Rochester stellt sich als ein dunkelhaariger, welterfahrener Mann von rund vierzig Jahren heraus, doch er ist häufig schroff, grüblerisch und missmutig. Er und die zarte Jane verlieben sich ineinander, doch in Thornfield Hall gibt es eine nächtliche Gestalt, die Jane stark an ihre Gespenstererscheinung auf Gateshead Hall erinnert. Böse Omen in der Natur hätten Jane vor dem Kommenden warnen sollen, doch sie missachtet sie. Als Rochester und Jane vor dem Traualtar stehen, kommt es zu einem Eklat: Ein Londoner Anwalt erhebt Einspruch gegen die Eheschließung, denn Rochester sei bereits verheiratet. Verständliche Konsequenz: Jane hat keine Lust auf Bigamie und verlässt Thornfield Hall alsbald.

4) Moorehouse, 1838

Nachdem sie einige Tage mittellos auf der moorigen Heide Yorkshires herumgeirrt ist, findet die bald schon hungernde und erschöpfte Jane mehr durch Zufall Unterschlupf im Haushalt von Reverend St. John Rivers. Es stellt sich heraus, dass Rivers nach einigen Nachforschungen seine Verwandtschaft zu Jane herausgefunden hat: Er ist ihr Cousin. Und da ihr Onkel auf Madeira gestorben ist, erbt sie nun dessen immenses Vermögen von 20.000 Pfund Sterling! Sie aber will das Geld teilen und bloß ein Viertel davon behalten.

Nachdem sie Rivers’ Heiratsantrag abgelehnt und seine Bitte, mit ihm als Missionarsfrau nach Indien zu gehen, abgeschlagen hat, reist sie zurück nach Thornfield Hall. Ihr Herz gehört immer noch Rochester. Als sie um Mitternacht einen deutlichen Ruf aus dem Nichts vernimmt, weiß sie, zu wem sie dringend zurück muss.

5) Thornfield Hall und Ferndean, 1839 ff.

Doch das einst so stolze und heimelige Thornfield Hall ist eine ausgebrannte Ruine. Vom Besitzer des Gasthauses erfährt Jane die ganze traurige Geschichte: Rochester, auf beiden Augen blind und mit einem gelähmten Arm, ist weggezogen. Sie reist nach Ferndean, das tief in einem Wald liegt, der sie wie eine Kathedrale anmutet. Von hier rief er sie auf tiefster Seelennot, sie weiß es. Es ist schon spät, als sie an dem einsam gelegenen Haus anlangt. Wie wird er sie aufnehmen? Kennt er sie überhaupt noch?

Mein Eindruck

Charlotte Brontë wollte eine Geschichte mit einer Heldin schreiben, die klein und hässlich war. Diese Gestalt widersprach dem damaligen weiblichen Schönheitsideal ganz erheblich, das auf frauliche Rundungen und ein Puppengesicht Wert legte. Auch in anderer Hinsicht ist Jane ungewöhnlich: Die Viktorianer erwarteten von einer Frau, zumal einer mittellosen Waisen, Gehorsam, Bescheidenheit und Unterordnung in jeder Beziehung. Jane hingegen handelt leidenschaftlich, unabhängig und wird zunehmend selbstbewusst, so dass sie zweimal einen Heiratsantrag ablehnt.

Good luck

Allerdings meint es Fortuna – will heißen: die Autorin – gut mit ihr. Während Jane reich wird und somit wirtschaftlich unabhängig, trifft es ihren geliebten John Rochester knüppeldick: Er wird zum Invaliden und verliert sein Gutshaus. Aber weil seine erste Frau Berta Selbstmord begeht, ist nun für Jane der Weg frei, John zurückzuerobern. Die zweite Annäherung, die in Ferndean stattfindet, ist mit erstaunlicher Feinfühligkeit und Heiterkeit ausgeführt. Am Ende steht ein recht konventionelles Familienidyll , in dem ein zwar eingeschränkter, aber wieder erstarkter Mann steht. Er hat ihr Abbitte geleistet, woraufhin sie ihm ihre Liebe erklärte. Gemeinsam richten sie aneinander auf, und ein Sohn macht das Glück vollständig.

Feministisch?

Obwohl also die Autorin für die Ebenbürtigkeit von Frau und Mann plädiert, kann man nicht unbedingt von einem „feministischen“ Roman sprechen. Jane „emanzipiert“ sich nicht, denn sie lässt sich keine Fesseln anlegen, die sie im Laufe einer Emanzipationsprozesses abzustreifen hätte. Das Charakterporträt weiß dennoch zu überzeugen. Allerdings gibt es für den heutigen Leser – von den Schwächen der Handlungsführung mal abgesehen – eine Kröte zu schlucken.

Segen von OBEN

Der Grundtenor der Geschichte ist zum einen stark moralisierend und zum anderen eine konstante Affirmation des frommen Glaubens. Das scheint zunächst ein Widerspruch im Buch zu sein. Denn die siebzehnjährige Jane hat Vorbehalte gegen Helen Burns’ unbedingten Glauben an himmlische Gerechtigkeit, denn sonst wäre ihr Mr. Brocklehurst wohl kaum als elender Heuchler erschienen. Doch im letzten Drittel sind es gerade ihr Glaube an eine höhere Gerechtigkeit und die Führung einer höheren Instanz, die ihr den Weg zurück zu Rochester bereiten.

Zwar setzt die Autorin keine flammenden Kreuze oder Lichtgestalten ein, um diese Führung darzustellen, aber ein aus dem Nichts hallender Ruf nach Jane tut es auch. Der Ruf kam von Rochester, der sich mit seinem Flehen explizit an Gott wandte, um seine Jane zurückzubekommen. Somit ist klar, dass die Verbindung Janes mit Rochester von höchster Stelle abgesegnet ist und der Eheschließung – anders als beim ersten Versuch – kein Widerspruch mehr droht.

Weltfremd

Diese Story ist ziemlich weltfremd angelegt, denn der braven Jane widerfährt nie körperliche Gewalt (Vergewaltigung war auch 1847 nicht unbekannt) oder ein anderes schlimmes Unrecht (Entführung oder Verbannung in die Leibeigenschaft). Dass es diese Dinge gab und sie jedem jederzeit widerfahren konnten, belegt der Roman [„Die Brücken der Freiheit“ 887 von Ken Follett, in dem der englische Unterhaltungsautor einige ziemlich üble Missstände aufdeckt, die auch dem heutigen Leser ziemlich auf den Magen schlagen können, damals aber, also Mitte des 19. Jahrhunderts, gang und gäbe waren.

Nichts davon ist in Charlotte Brontës Entwicklungsroman zu finden. Der Schwerpunkt liegt auf der psychologischen (aber natürlich nicht freudianischen) Befindlichkeit der zunächst wehrlosen, aber zunehmend selbstbewussteren Jane Eyre. Leider wendet sich ihr Glück nicht so sehr aus innerer Kraft, sondern oft auch aus glücklichen äußeren Umständen. Rivers entpuppt sich als ihr Cousin, der ferne Onkel als reicher Erblasser und schließlich hat’s Rochester so übel erwischt, dass nicht er es ist, der sich zu ihr herablässt, sondern sie, die ihm wieder auf die Beine hilft, und zwar in jeder Hinsicht. Dieser Vorgang dürfte einige Wunschvorstellungen zufrieden stellen.

Das Booklet

Das Booklet umfasst 12 Seiten, doch es sieht nach mehr aus, als es in Wahrheit ist. Drei Seiten werden für die Tracklist mit den Kapitelüberschriften verschwendet, eine Seite listet die Credits auf, eine weitere Seite weist den Leser auf andere Hörbücher hin. Am sinnvollsten finde ich noch die Biografien von Eva Mattes (zwei Seiten) und Charlotte Brontë (drei Seiten). Der Rest entfällt auf die zwei Umschlagseiten. Die Biografien sind oben wiedergegeben.

Dem aufmerksamen Leser wird aufgefallen sein, dass das Booklet kaum ein Wort über das eigentliche Werk verliert, geschweige denn über dessen Aussage und literarische Qualitäten. Dass es schon im Jahr seiner Veröffentlichung 1847 auf Begeisterung stieß und sofort ins Deutsche übersetzt wurde, ist der einzige Beleg für seine Popularität, der erwähnt wird.

Die Sprecherin

Eva Mattes ist eine erfahrene Schauspielerin, die durchaus in der Lage ist, ihr Sprechorgan der jeweiligen Rolle gemäß zu modulieren. Wenn Jane spricht, so ist ihre Stimmhöhe wesentlich höher als die der Erzählerstimme. Und sie interpretiert Rochester mit einer recht tiefen männlich klingenden Stimme. Allerdings schon wieder so „männlich“, dass Rochesters Schroffheit schon wieder unwahrscheinlich erscheint – denn sie ändert sich nie. Nicht einmal beim verliebten Heiratsantrag in Thornfield ändert sich diese Tonlage, und da fand ich sie völlig unpassend. Als ob ein Roboter reden würde, dem nur eine Stimmlage zur Verfügung steht. Erst als Rochester invalide ist und von Jane besucht wird, ändert sich dies, und deshalb wirkt diese Szene auch so gelungen und anrührend.

Mattes stellt jedoch die schnippische Miss Ingram recht glaubhaft dar, dieses arrogante und herrische Frauenzimmer, das Tante Reed durchaus das Wasser reichen kann. (Allerdings stellt sich dann heraus, dass dieses Auftreten geschauspielert und mit Rochester abgesprochen ist – um Jane eifersüchtig zu machen; das klappt!) Eine weitere Frauenrolle ist noch bemerkenswert, und zwar handelt es sich um Hannah, die Haushälterin der Rivers-Familie (St. John hat zwei Schwestern, Diana und Mary). Während Hannah im Original Yorkshire-Dialekt spricht, legt ihr Mattes einen süddeutschen, leicht österreichischen Zungenschlag in den Mund. Das klingt recht passend, denn es hebt Hannah vom Rest des Personals, die alle astreines Hochdeutsch sprechen, etwas ab.

Etwas verblüfft hat mich Mattes’ Aussprache des Vornamen St. John: Es klingt wie [sindschin]. Ich habe diese Aussprache in meinen Wörterbüchern nicht gefunden, aber sie erscheint mir nicht unplausibel, handelt es sich doch um eine Kontraktion aus St. und John. Und in flüssiger Rede kommt es häufig zu Kontraktionen und Verschleifungen, insbesondere im Verlauf von Jahrhunderten.

Die Musik

… unterstreicht den zart fühlenden Charakter der jungen Dame Jane Eyre. Elgar ist genau der Richtige für sentimentale Melodien, und eines der kurzen Stücke erinnerte mich an seine Enigma-Variationen. Am Vortrag des Geigers und des Pianisten gibt es nichts auszusetzen. (Sie werden im Booklet benannt.)

Unterm Strich

Selten habe ich mich derartig mit einem Hörbuch abgequält wie mit diesem. Nicht nur ist mir die Darstellung der Heldin – nicht sie selbst! – zunehmend zuwider geworden, je mehr eine höhere Macht ihr Schicksal zu steuern scheint. Nein, auch die sprachliche Interpretation durch die Vorleserin konnte mich nicht zu Begeisterungsstürmen hinreißen, ganz im Gegenteil: Die Eintönigkeit in der Modulation der jeweiligen Rolle, egal ob Rochester oder Jane, erschien mir zunehmend unwahrscheinlich und unangemessen. Immer wieder stellte ich mir eine völlig andere Satzmelodie für wichtige Dialogzeilen vor. Dementsprechend wuchs meine Frustration, bis ich am Schluss froh war, diese Leiden, die ich mit der Gouvernante erlitt, hinter mich gebracht zu haben. Danach war Kontrastprogramm angesagt: Led Zeppelin!

Originaltitel: Jane Eyre. An Autobiography, 1847
Aus dem Englischen von Gottfried Röckelein
441 Minuten auf 6 CDs
ISBN-13: 978-3491911901

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