Brubaker, Ed (Autor) / Phillips, Sean (Zeichner) – Criminal 2: Blutsbande

[„Criminal 1: Feigling“ 4879

_Story_

Eine schwerwiegende Entscheidung sollte das Leben von Tracy Lawless vor 20 Jahren völlig verändern. Als Ausweg vor einer Gefängnisstrafe verpflichtete er sich für die Army und verbrachte die anschließende Zeit in den brisantesten Krisengebieten. Bei seiner Rückkehr ins zivile Leben wird Lawless dann jedoch wieder mit seiner schwierigen Familiensituation konfrontiert, nachdem ihn die Nachricht vom Tod seines jüngeren Bruders Ricky erreicht.

Unter erkaufter falscher Identität schleicht er sich in dessen einstige Bande ein und enthüllt Stück für Stück das kriminelle Leben seines Bruders. Selbst vor Rickys ehemaliger Partnerin kann er seine wahre Identität geheimhalten und sie für sich gewinnen. Doch wie schon dereinst, so verschafft sich Tracy alias Sam West auch heute nur mit Gewalt die nötigen Informationen und hinterlässt auf dem Weg zur Wahrheit eine Spur des Hasses und des Blutes.

_Persönlicher Eindruck_

Große Erwartungen und hohe Anforderungen: Ed Brubaker stand bei der Etablierung seiner jüngsten Serie vor einer enorm kniffligen Aufgabe. „Criminal“ wurde nämlich schon nach der Debütausgabe doppelt mit dem prestigereichen Eisner Award prämiert und galt folglich als beste neue Serie des vergangenen Jahres. Allerdings gibt sich der Autor von derlei Prämierungen weitestgehend unbeeindruckt und greift die Atmosphäre von „Feigling“ auch im noch wesentlich brutaleren „Blutsbande“ wieder wirkungsvoll und stimmig auf. Selbst wenn der Spannungsaufbau in diesem Zusammenhang nicht mehr oberste Priorität genießt …

Die in sich abgeschlossene Story des zweiten Bandes überzeugt unterdessen in erster Linie mit ihrer absolut düsteren Stimmung, die sicherlich nicht ohne Grund an das bessere Werk eines Frank Miller erinnert. Gerade was die Darstellung der Charaktere und die stets präsente Noir-Romantik betrifft, hat „Criminal“ einiges zu bieten, ganz zu schweigen von der erbarmungslosen Entwicklung der Handlung, im Zuge derer Brubaker auch wirklich keine Limits akzeptiert. Ganz im Gegenteil: Die Action spricht Bände, die Gewaltorgie des Hauptdarstellers ebenfalls, und gerade weil der Autor komplett auf inhaltliche Überraschungen verzichtet, fühlt man sich regelrecht von der Ereignissen überrollt, bevor man sich überhaupt noch Gedanken darüber machen muss, welchen Anteil die Spannungskurve letzten Endes für die Erzählung haben soll.

Diese verläuft nämlich vergleichsweise flach und ist insbesondere wegen des sehr linearen, konkreten Ablaufs der Story deutlich reduziert. Dies ist jedoch entgegen allen Befürchtungen kein wirkliches Manko, welches man dem Autor und dem Comic anlasten darf. „Criminal“ ist nämlich in erster Linie auf die konträren Emotionen und die Kreation einer außergewöhnlichen, mitunter auch beängstigenden Atmosphäre ausgerichtet, innerhalb derer die Geschichte zu bestimmten Anteilen nur Mittel zum Zweck ist. Aber auch dies soll das überaus gelungene Konstrukt in „Blutsbande“ in seiner Überzeugungskraft definitiv nicht mindern, sondern einfach noch einmal den elementaren Fokus der Serie schärfen und verdeutlichen, was man zu erwarten hat.

Dementsprechend klar lässt sich zu guter Letzt auch die Zielgruppe festlegen. Diejenigen nämlich, denen Action, Komplexität und schwankende Spannungsabläufe wichtig sind, werden womöglich nicht so viel mit „Blutsbande“ anfangen können. Die Comic-Leser allerdings, die „Sin City“ längst zum Kult und Frank Miller zur Legende erklärt haben, die auf kriminalistische Noir-Inhalte schwören und denen vor allem die Atmosphäre wichtig ist, die werden auch im zweiten Teil von „Criminal“ ein kleines Kunstwerk entdecken, welches den hohen Erwartungen an einen Eisner-prämierten Titel nahezu vollständig gerecht wird. Und dies nicht nur inhaltlich, sondern vor allem auch visuell!

|128 Seiten, farbig
ISBN-13: 978-3-86607-648-8|
http://www.paninicomics.de/criminal-s10538.html

Schreibe einen Kommentar