Büchner, Barbara – toten Weiber von Wien, Die

|Was hat Dr. Strunzl mit dem toten Adonis vor?

In Sonja Roths Villa am Stadtrand von Wien kommt es zu seltsamen Vorfällen, seit die Autorin von Heftromanen ihr Hinterhaus einem verschrobenen Historiker vermietet hat. Dieser Dr. Heribert Strunzl führt offenbar Experimente durch, die nicht jeder sehen soll. Dazu braucht er die Asche berühmter toter Wienerinnen – sowie die Überreste des gefeierten Musical-Stars Adonis Götterl. Strunzls geheimer Plan ist grausig – doch er hat die teuflische Rechnung ohne Sonja und ihren Hausfreund Harry gemacht …|

_Barbara Büchner_ wurde 1950 in Wien geboren. Seit 1972 ist sie als freie Journalistin und Schriftstellerin tätig. 1985 Ausbildung zur Dokumentarin. Ihr Hobby: künstlerische Grafik. Zahlreiche Publikationen: Kurzgeschichten, Kriminalgeschichten, Romane und Jugendbücher. 1977 Verleihung des Staatspreises für journalistische Leistungen im Interesse der Jugend durch das Bundesministerium für Unterricht und Kunst, Wien. Für „Abenteuer Bethel – Das Recht auf Leben“ wurde die Autorin in die Ehrenliste zum österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreis aufgenommen, ebenso in die Ehrenliste zum Katholischen Kinderbuchpreis 1993.

Barbara Büchner versteht zu schreiben. Das wissen die Leser ihrer Bücher. „Die toten Weiber von Wien“ ist wieder einmal ein Werk der Wiener Autorin, das die ganze Bandbreite ihres schriftstellerischen Könnens in sich vereint: Humor, filigrane Schreibkunst, Spannung, ungewöhnliche Plotstrukturen und vieles mehr.

Der Titel handelt von einem verschrobenen Historiker (Dr. Heribert Strunzl), der das Gartenhaus der Villa der über fünfzigjährigen Heftromanautorin (Sonja Roth) mietet, um dort höchst morbide Experimente durchzuführen. Doch Sonja, die zuerst erfreut über den vermeintlich älteren und ruhigeren Wissenschaftler war, und ihr Hausfreund (Harry, ein gescheiterter Englischlehrer mit Hang zu Drogen, der sich von betuchten älteren „Damen“ aushalten lässt) bemerken sehr schnell, dass mit dem Professor, der ständig dick vermummt herumläuft, irgendetwas nicht stimmt, versuchen ihm auf die Schliche zu kommen, decken auf, dass es wohl einen Zusammenhang zu Grabschändungen der Vergangenheit gibt und geraten in tödliche Gefahr …

Was Barbara Büchner wie keine andere beherrscht, ist die hohe Kunst, verschiedene Plotelemente zu verknüpfen; so geschickt, dass sie einen nahtlosen Übergang hinbekommt. So auch in diesem Roman. Das ist die wahre Größe, die diese Autorin ausmacht.

Zum einen folgt der Leser Sonja und Harry auf den Spuren des nekrophilen und okkulten Wiens und erfährt so eine Menge über die Geschichte der Stadt. In die spannend erzählte Gruselkrimistory hat die Autorin geschickt Lokalgeschichte, Sagen, Anekdoten und historische Kriminalfälle der Stadt Wien in die Handlung eingeflochten. Das macht eine Besonderheit dieses Buches aus.

Aber nicht nur das. Auch die ganze „spezielle“ Beziehung zwischen der Protagonistin Sonja Roth und ihrem erheblich jüngeren Liebhaber verleiht der Erzählung eine besondere Note. Obwohl ihr sehr wohl bewusst ist, dass er sich finanziell von ihr aushalten lässt – |“Unglaublich, was ein Mann alles aus seinen Lenden herausholen kann, wenn er befürchten muss, mitten im eiskalten Wasser auf die Straße gesetzt zu werden!“| ­– und er im Bett nicht unbedingt der „Bringer“ ist – |“und die Leistungen im Bett ließen ebenfalls sehr zu wünschen übrig. Ein Mann, der im Geist mit Dämonen kämpft, kann sich nicht auf seinen Schwanz konzentrieren.“| –, präsentiert sich die Beziehung durchweg positiv. Und gerade diese beschreibt die Autorin so sympathisch – |“… aber Männer neigen sehr schnell dazu, sich für unersetzlich zu halten, sogar Männer wie Harry, und eine kleine Beunruhigung hin und wieder tut ihnen nur gut …!“| – und humorvoll, dass der Leser das ungewöhnliche Paar sofort ins Herz schließt. Besonders amüsant sind die erotischen Szenen, weil die Autorin in ihnen ihren besonderen Humor unter Beweis stellen kann. Offen, aber nicht bis ins kleinste Detail, genau die Dosierung, die gute Unterhaltung ausmacht.

An diesem Buch stimmt einfach alles, und Barbara Büchner zeigt damit wieder einmal, dass sie eines wirklich kann: |schreiben|! Einen Satz der Autorin kann ich nur unterstreichen, habe ich ihn mir auch längst auf die Fahne geschrieben: |“Ich finde, eine wirklich emanzipierte Frau hat es gar nicht nötig, ständig auf ihre Stärke zu pochen. Nur die Starken haben den Mut, sich beschützen zu lassen.“|