Buticchi, Marco – dritte Prophezeiung, Die

Das Interesse von Verschwörungsfanatikern an den Templern ist nach wie vor ungebrochen und auch die katholische Kirche ist immer wieder für einen packenden Thriller gut. So bedient der gefeierte italienische Autor Marco Buticchi sich zweier erfolgversprechender Komponenten für seinen Thriller „Die dritte Prophezeiung“. Und wenn man den Lobpreisungen auf den Umschlagseiten glauben darf, so hält man hier das Buch des italienischen Dan Brown in Händen, der nun endlich der Erste sein könnte, der den großen Brown von seinem Bestsellersockel stoßen könnte. Die Erwartungen sind also hoch, wenn man das Buch aufschlägt und zu lesen beginnt. Schauen wir uns an, was uns zwischen den Buchdeckeln geboten wird:

Zu Beginn begegnen wir im Jahre 1918 dem Unteroffizier Igor Drostin, der der Hinrichtung der Familie Nikolaj Romanows beiwohnt und später in den Kleidern der Romanows eine wertvolle Entdeckung macht, nämlich zahlreiche kostbare Juwelen, von denen er einige auf die Seite schafft. Seinem Enkel Josif Drostin vermacht Igor ein paar abgenutzte Schreibhefte, in denen er verschlüsselt den Weg zu den vergrabenen Juwelen offenbart. Doch noch ahnt Josif nichts von seinem anstehenden Glück und verzweifelt immer mehr an seiner frustrierenden Arbeit in der Fabrik, bei der er zusätzlich von einem cholerischen Vorgesetzten gequält wird. Bevor Josif es allerdings zu großem Reichtum bringt, muss er einige Schicksalsschläge überstehen; seine Freundin wird ermordet und er selbst wird als mutmaßlicher Mörder gesucht. Der Zufall will es aber, dass Josif in russischen Mafiakreisen immer weiter aufsteigt und es schließlich zum mächtigsten Waffenhändler bringt. Ein besonders gefährlicher Auftrag führt Josif allerdings auf eine Kreuzfahrt, die zum Himmelfahrtskommando auszuarten droht.

Im Jahre 1978 beginnt die Erzählung um Pat Silver und seinen besten Freund Derrick Grant, die bei einer manipulierten spiritistischen Sitzung das Herz von Maggie Elliot und Annie Ferguson erobern wollen. Als Pat mit seinem Schauspiel beginnt, fällt Maggie jedoch tatsächlich in Trance und verkündet in einer fremden Sprache, dass sich die Prophezeiung zu erfüllen droht. In den Jahren darauf hat Maggie immer wieder ihre Ahnungen, in denen sie zukünftige Geschehnisse sehen kann und beispielsweise auch das Attentat auf Papst Johannes Paul II. im Jahre 1981 voraussieht. Diese Gabe verhilft Maggie zu einer erstaunlichen Fernsehkarriere, nur privat läuft es alles andere als rosig. Denn ihre heimliche Liebe zu Pat Silver steht unter keinem guten Stern; die beiden kommen einfach nicht zusammen, sodass Maggie schließlich Timothy Hassler heiratet. Pat kann sie allerdings nie vergessen. Der jedoch dreht ein krummes Ding nach dem anderen und verdient sich eine goldene Nase durch seine illegalen Computertricks. Doch das Schicksal der vier Collegefreunde wird eng miteinander verbunden bleiben und auf einer noblen Kreuzfahrt schließlich ein fulminantes Finale hervorbringen …

Diese beiden Haupterzählstränge, die zunächst nichts miteinander zu tun haben, verbinden sich, als Derrick Grant seine drei Jugendfreunde auf die Kreuzfahrt mit dem größten Passagierschiff der Welt einlädt. Auf diesem Schiff reist nämlich auch Josif Drostin, der eine gefährliche Ladung zu übergeben hat.

Eine weitere Erzählebene widmet sich Geschehnissen, die einige hundert Jahre in der Vergangenheit liegen. Hier erleben wir im Jahre 1291 in Akkon das Ende des letzten Großmeisters der Templer mit. Die weiteren historischen Ereignisse schildern die gefährliche Reise des jungen Ritters Bertrand de Rochebrune, der dem Gemetzel in Akkon entfliehen konnte, aber in den darauffolgenden Jahren noch viele Abenteuer zu überstehen hat. Spät offenbart uns Marco Buticchi schließlich auch das Bindeglied zwischen den historischen Ereignissen im ausklingenden 13. und beginnenden 14. Jahrhundert und den Geschehnissen am Ende des 20. Jahrhunderts. Bis dahin heißt es für den Leser Rätsel raten …

In seinem packenden Verschwörungsthriller hat uns Marco Buticchi offensichtlich viele Geschichten zu erzählen. Stilistisch hat er sich in der Tat von Dan Brown und seinen Erfolgen inspirieren lassen, denn er fügt seinem Buch die gleichen erfolgversprechenden Komponenten hinzu und schlägt ein unglaubliches Erzähltempo an, das durch die schnellen Wechsel der Schauplätze immer weiter gesteigert wird. Immer dann, wenn es in der Gegenwart besonders spannend wird, springt Buticchi zurück in die Vergangenheit, wo wir Bertrand de Rochebrune auf seinen Reisen begleiten. Die Wechsel zwischen den verschiedenen Erzähl- und Zeitebenen schaffen allerdings oft genug auch einige Verwirrung, da Buticchi viele Lebensjahre seiner Protagonisten beleuchten will. So zieht sich alleine die Geschichte um Maggie Elliot und ihre Freunde vom Jahre 1978 bis zum Jahre 1999.

Im vorliegenden Roman erwartet einen folglich eine wahre Informationsflut, der man stellenweise kaum folgen kann. Marco Buticchi bemüht sich zwar, seinen Charakteren Leben einzuhauchen, allerdings empfand ich viele der präsentierten Auskünfte als überflüssig. Nehmen wir nur allein die unglückliche Liebe zwischen Maggie Elliot und Pat Silver, die sich über viele Jahre hinzieht und in einem Seitensprung auf dem Luxusdampfer endet. Auf vielen Seiten breitet Buticchi Pat Silvers kriminelles Berufsleben aus, er umschreibt ausschweifend die Eheprobleme zwischen Maggie Elliot und Timothy Hassler, aber all dies bringt die Erzählung kein Stück voran. Diese Handlungen im Leben der Figuren haben nichts mit der eigentlichen Geschichte zu tun, also nichts mit dem geplanten Anschlag auf das Kreuzfahrtschiff. Derlei schmückendes Beiwerk findet sich an vielen Stellen im Buch und stört sowohl den Spannungsaufbau als auch die Glaubwürdigkeit. Meiner Meinung nach hätte sich Marco Buticchi wie sein großes Vorbild Dan Brown auf das Wesentliche konzentrieren sollen. Im Übrigen hat Buticchi an so mancher Stelle eher schlecht geklaut, denn seine Bösewichte verpackt Buticchi so dürftig, dass selbst der ungeübte Leser diese Verräter schnell enttarnt haben dürfte.

Gelungen fand ich in weiten Teilen den Spannungsbogen des Buches, der durch die schnellen Szenenwechsel immer weiter ansteigt und dafür sorgt, dass man das vorliegende Buch nicht mehr aus der Hand legen kann. Auf der anderen Seite hätte ich mir gewünscht, dass Buticchi seine Erzählebenen enger miteinander verknüpft. Zwar offenbart der Autor uns die Verbindung zwischen den Ereignissen im 13./14. Jahrhundert und denen im ausklingenden 20. Jahrhundert, aber mir persönlich war diese Verbindung zu locker. Es ist nicht deutlich geworden, welchen inhaltlichen Sinn die historischen Exkurse hatten und insbesondere hat Buticchi uns nicht klar gemacht, was genau hinter dem Anschlag auf das Kreuzfahrtschiff steckt. In vielen Szenen treffen wir auf mysteriöse Gestalten, die sich hinter einer Kutte verborgen halten und die offensichtlich zum Templerorden gehören, aber ihre Beweggründe sind mir nicht klar geworden.

So kann Marco Buticchi in Ansätzen zwar überzeugen und man entdeckt auch das schriftstellerische Potenzial, das in ihm steckt. An vielen Stellen hätte man sich allerdings ein strafferes Lektorat gewünscht und insbesondere auch den roten Faden, der die einzelnen Ereignisse miteinander verknüpft und den Leser durchs Buch führt. Denn an vielen Verzweigungen seiner Handlungsstränge lässt Buticchi uns alleine stehen und zeigt uns nicht deutlich genug, wo es eigentlich langgehen soll. Viele Fragen bleiben am Ende offen, die einen etwas unbefriedigt zurück lassen, auch wenn „Die dritte Prophezeiung“ durchaus Unterhaltungswert hat und nett zu lesen ist. Aus der Masse der zahllosen Verschwörungsthriller hebt sich das vorliegende Buch allerdings leider nicht ab.

http://www.piper.de