Canavan, Trudi – Rebellin, Die (Die Gilde der schwarzen Magier 1)

_Preisgünstiger Ausflug in die Welt der Magier und Diebe_

In der jungen Sonea schlummern Fähigkeiten, von denen sie nie auch nur geträumt hatte: Sie, das unbedeutende Straßenkind, hat magische Kräfte – so wie sonst nur die Mitglieder der gefürchteten und reichen Gilde der Magier. Doch sie und ihr wildes Talent werden entdeckt. Mit einem Mal ist sie zu einer wichtigen Schlüsselfigur im Mächtespiel ihrer Welt geworden. Sonea muss sich entscheiden, für wen beziehungsweise gegen wen sie ihre Kräfte einsetzt. Alle Welt schaut auf diese junge Frau aus der Gosse – und ist hinter ihr her …

Der Verlag empfiehlt das Hörbuch ab 12 Jahren.

_Die Autorin_

Trudi Canavan wurde 1969 im australischen Melbourne geboren. Sie arbeitete als Grafikerin und Designerin für verschiedene Verlage und begann nebenher zu schreiben. 1999 gewann sie den |Aurealis Award| für die beste Fantasy-Kurzgeschichte. Ihr Debütroman, der erste Band der Trilogie „Die Gilde der Schwarzen Magier“, erschien 2001 in Australien. Die Trilogie wurde nicht nur in Australien ein spektakulärer Erfolg, sondern entwickelte sich zu einem internationalen Bestseller. Canavan arbeitet an einer weiteren Fantasy-Trilogie, die im Original bereits komplett erschienen ist.

_Die Sprecherin_

Martina Rester, geboren 1972 in Köln, arbeitet als Sprecherin für Hörspiele, Rundfunk- und Fernsehfeatures im Auftrag von Sendern der ARD. Eine ihrer großen Leidenschaften sind Live-Lesungen, vor allem literarischer Texte und von Kinderbüchern. Sie lebt in der Nähe von Aachen.

Der Text wurde von Katharina Tilemann gekürzt, bei der Aufnahme im Tonstudio Köln führte Astrid Roth Regie.

_Handlung_

Sonea ist ein junges Mädchen unbestimmten Alters, als sich ihr Leben in Imardin radikal ändert. In Imardin, der Königsstadt am Fluss Tarali, haben die Reichen und die Magier das Sagen. Jedes Jahr führt die Gilde der Magier eine Säuberung in den Armenvierteln der außerhalb der Stadtmauer liegenden Hüttenstadt durch. Dies erregt natürlich den Unmut der „Hüttenleute“, die sich um ihr Heim gebracht sehen. Als Sonea ihre früheren Jugendfreunde Harrin und Cery wiedersieht, schließt sie sich ihnen an, um auf dem Nordplatz zu protestieren.

Wie so oft sind die Magier von einem magischen Schutzschild umgeben, der sie vor den Wurfgeschossen schützt, mit denen die Menge der Protestierer sie bewirft. Auch Soneas erstes Geschoss prallt davon ab, doch ihr zweiter Stein, den sie mit besonderer Inbrunst wirft, durchdringt den Schild und trifft einen der Magier an der Schläfe. Er geht zu Boden. Die Überraschung ist groß, denn dies ist das erste Mal in hunderten von Jahren, dass ein Magier verletzt wurde. Und das geht eigentlich nur, wenn man selbst Magie einsetzt.

Sonea ist selbst am meisten erschrocken über ihre Tat. Sie wendet sich zur Flucht, als sie merkt, dass die Magier sich umdrehen und die Arme heben. Ein Junge neben ihr wird von Magie zu Asche verbrannt. Cery und Harrin verstecken Sonea in den Armenvierteln und sogar in den Tunneln der Diebesorganisation, um sie vor dem Zorn der Magier zu schützen. Warum hat Sonea ihnen nicht gesagt, dass sie über magische Kräfte verfügt? Sie wusste es selbst nicht. Aber sie kann Magie erneut wirken, wenn sie die richtige emotionale Quelle anzapft. Und das ist nun für die Diebe recht interessant.

Nach einer Ratsversammlung der Magiergilde beginnt Lord Rothen, der die Steinewerferin als Einziger richtig gesehen hat, mit der Suche nach ihr und setzt eine beträchtliche Belohnung auf ihre Ergreifung aus. Der von dem Stein getroffene Lord Fergun stellt jedoch eigene Ermittlungen an, in deren Verlauf er den Verstecken, die die wilde Magierin benutzt, immer näher kommt. Die Magier können Soneas Wirken von Magie feststellen, und Soneas Aura verrät ihre Anwesenheit, wenn sich ein Magier in ihrer Nähe befindet.

Nur Cery hält nach einer gewalttätigen Auseinandersetzung mit anderen Dieben noch zu Sonea, doch er sieht nur noch einen Ausweg. Sie muss um den Schutz der Diebesorganisation bitten. Der Chef Faren hat in der Tat Interesse an Soneas Magie, aber auch an Cerys Diensten. Auf diese Weise lernt Sonea erstens Lesen und zweitens das Heraufbeschwören von Magie. Doch es gibt ein wachsendes Problem: Die Kraftquelle in ihr wird immer stärker, doch sie kann sie einfach nicht kontrollieren. Ständig zerbrechen Dinge in ihrer Nähe oder gehen plötzlich in Flammen auf. Zwar will sie nicht zu den Magiern gehen, weil sie fürchtet, die würden sie töten, doch andererseits droht die Magie, sie zu zerstören. Von ihrer Umgebung ganz zu schweigen.

Eines Tages ist es dann so weit: Die Magier haben sie, wieder einmal, umzingelt. Soneas Angst vor ihnen setzt ihre Kräfte frei, und schon beginnt eine Ziegelmauer hinter ihr einzustürzen …

_Mein Eindruck_

Der spannende und anschaulich geschriebene Fantasyroman lässt sich in kurzer Zeit genießen. Die Sätze sind leicht verständlich, und auch die Handlung ist keineswegs kompliziert. Ganz im Gegenteil: Die Autorin versteht es, die Probleme, denen sich Sonea, ihr Freund Cery und die Magier gegenübersehen, stets auf den Punkt zu bringen. Deshalb gibt es nie langes Drumherumreden, sondern stets eine zielgerichtete Diskussion, die jeweils zu neuen Erkenntnissen führt.

Eine große Hilfe ist dabei die Methode der indirekten Charakterisierung. Am Anfang ist Sonea noch ein sehr passives und hilfsbedürftiges Mädchen, das ich zunächst auf zwölf Jahre geschätzt hätte. Doch am Ende des Buches, nach nur wenigen Monaten, erscheint sie dem Leser wie eine 16- bis 18-jährige, so als habe sie ihre Jugend im Eiltempo durchlaufen. Offensichtlich befindet sie sich in einem raschen Reifungsprozess, der sie in die Lage versetzt, nicht nur den Magiern zu entgehen, sondern sich auch vor Gefahren zu schützen.

Nur die Tatsache, dass sie nicht in der Lage ist, die nunmehr angezapfte Quelle der Magie unter ihre Kontrolle zu bringen, wird ihr beinahe zum Verhängnis. Und sie kann noch von Glück sagen, dass sie bei ihren Ausbrüchen nicht die gesamte Stadt einäschert. Ihre Kraft ist in der Tat sehr groß – und deshalb will (fast) jeder Magier sie unter seine Kontrolle bringen.

In der zweiten Hälfte der Geschichte geht es genau darum, doch Sonea hat gar nicht vor, bei der Gilde zu bleiben, wie man sich nach ihren Erlebnissen leicht vorstellen kann. Kaum ist sie wieder genesen, will sie wieder abhauen. Doch dazu kommt es nicht, denn sie wird erpresst. Dieser Konflikt wird erst in einem spannenden Finale aufgelöst. Nur um sogleich von einem noch größeren Konflikt überdeckt und abgelöst zu werden. Dessen Auflösung erwartet der Leser mit Spannung im nächsten Teil: „Die Novizin“.

|Die Sprecherin|

Martina Resters Stimme ist ein sehr angenehmes, geradezu samtweiches Timbre zueigen, das sehr sympathisch ist. Damit kann sie Gefühle sehr gut ausdrücken, insbesondere jene der Heldin, Sonea. Man sollte erwarten, dass sie nicht in der Lage sei, ein einziges lautes oder strenges Wort zu formen, doch genau das Gegenteil ist der Fall. In der Szene vor der verborgenen Gefängniszelle, wo Soneas Freund schmachtet, ist eine sehr strenge Stimme zu hören, die den suchenden Zauberer Daniel verwarnt.

Dass sich die Sprecherin nicht scheut, auch mal laut zu rufen, gehört zu ihrer gefühlsbetonten Vortragsweise. Sonea und ihre Gefährten keuchen, rufen und schimpfen in nicht geringer Lautstärke. Aber die Mikros haben damit kein Problem, sondern erfüllen klaglos ihre Aufgabe, was durchaus nicht selbstverständlich ist. Ich habe schon Aufnahmen gehört, bei denen große Lautstärke zu Knistern und anderen Unsauberkeiten führte.

Darüber hinaus variiert die Sprecherin ihr Sprechtempo, so etwa dann, wenn es um ein rasches und spannendes Geschehen wie etwa eine Flucht geht. Langsames Sprechtempo signalisiert Überlegen und Nachdenken. Auf diese Weise lässt sich der Gegensatz Action vs. Denken leicht ausdrücken.

Es gibt nur einen Spezialeffekt, und zwar ist das Hall. Er kommt des Öfteren zum Einsatz, weil sich die Magier untereinander, wenn sie vorsichtig und unbeobachtet sind, per Telepathie verständigen können. Auch Sonea ist in der Lage, telepathische Botschaften zu empfangen. Die besondere Eigenart solcher Botschaften wird für den Hörer sofort dadurch erkennbar, dass sie durch einen milden Hall verstärkt sind. Der Hall hebt sie aus der normalen Verständigungsebene heraus und überführt sie in eine geheimnisvolle Sphäre, wo nur Magie herrscht. Der Effekt passt also, und da er nicht übertrieben ist, kann man ihn auch öfters hören, ohne genervt zu werden.

|Die Übersetzung|

… ist sehr gut gelungen und am Stil, der ja schon im Original recht einfach gehalten ist, kann ich nichts aussetzen. Das Buch eignet sich meines Erachtens für 14- bis 16-Jährige recht gut. Für Zwölfjährige enthält es doch ein wenig zu viel Gewalt. Sex kommt jedoch überhaupt nicht vor, wohl aber romantische Liebe. Der Verlag empfiehlt das Hörbuch ab 12 Jahren.

Im Booklet, d. h. in den Einsteckseiten für die CDs sind statt Namen- und Personenlisten nur ein Textauszug sowie Angaben zur Autorin und zur Sprecherin zu finden. Die Hilfestellungen für den Hörer fallen also weg und werden schmerzlich vermisst – es sei denn natürlich, man hat schon das Buch gelesen.

_Unterm Strich_

Der Werdegang der Heldin Sonea beschreibt den klassischen Aufstieg vom Tellerwäscher zum Millionär, nur dass diesmal das Aschenputtel verborgene Kräfte in sich entdeckt und diese von wohlmeinenden Zauberern gefördert und gebildet werden. Die Magiergilde betreibt eine regelrechte Universität, um die Novizen zu unterrichten. Diese Novizen kommt in der Regel von den Häusern der reichen Familien, die genetisch zur Magie veranlagt sind.

Als nun das Straßenbalg Sonea auftaucht, bricht natürlich in der Gilde eine Art Klassenkampf aus, mit Sonea als Zankapfel. Dass dieser Kampf gut für sie ausgeht, ist nicht so sehr Soneas Verdienst als vielmehr der von tüchtigen, rechtschaffenen Magiern, die es ja offenbar auch geben kann. Bis es so weit ist, verläuft der Kampf relativ spannend, aber es könnte noch eine Prise mehr Action sein. In der ersten Hälfte des Romans ist wesentlich mehr los.

Und ihren Traumprinzen wird Sonea hier wohl nicht finden, was ganz gut ist, denn sie hat ja schon einen Freund. Das Problem, das er darstellt, ist natürlich, dass er zur Gilde der Diebe gehört und somit keineswegs standesgemäß ist. In den folgenden zwei Bänden dürfte der Klassenkampf deshalb härter werden, je höher Sonea in der Hierarchie der Magier aufsteigt. Ich freue mich schon darauf.

Das Hörbuch wird von einer kompetenten Sprecherin gestaltet, die stets als Herrin des Textes erscheint, denn mit Variation des Tempos, der Lautstärke und des Timbres kann sie zahlreiche Gefühle ausdrücken und Szenen charakterisieren. Mit dem Einsatz des Hall-Effekts ist es ihr zudem möglich, die telepathische von der gesprochenen Verständigung auf sinnfällige Weise zu unterscheiden. Das Hörbuch ist schon gestaltet, und zwar ganz im Design des Buches. Das Einzige, was ich daran vermisse, sind die Namens- und Personenregister. Wer aber schon das Buch kennt, kann auch darauf verzichten. Als Ersatz gibt es eine Leseprobe.

Fazit: Das Hörbuch ist eine gelungene Entsprechung zum Buch, bei der der Hörer kaum Einbußen an Informationen hinnehmen muss. Es kann durch den Vortrag sogar lebhafter erscheinen als die Handlung im Buch. Die Stimme der Sprecherin dürfte in erster Linie Frauen ansprechen. Nur wegen der klischeehaften Handlung geht die Wertung insgesamt etwas nach unten.

|Originaltitel: The Magician’s Guild, 2004
Aus dem Englischen von Michaela Link
450 Minuten auf 6 CDs|
http://www.randomhouse.de