Karel Capek – R.U.R. – Rossums Universal Robots (Hörspiel)

Humanistische Satire: die Abschaffung des Menschen

Die amerikanische Firma R.U.R. will die Menschheit mit humanoiden Maschinen vom Zwang der Arbeit befreien. Mit Gefühlen ausgestattet, rebellieren die Roboter jedoch gegen ihre Ausbeutung. Capeks „utopisches Kollektivdrama“ ist eine Warnung vor der Verselbständigung der Technik – inzwischen ein Klassiker der SF über den künstlichen Menschen, die Technologie in menschlicher Form.

Der Autor

Karel Capek, geboren am 9. Januar 1890 in Svatonovice (Tschechien), arbeitete neben seinem Studium der Philosophie in Prag auch als Dramaturg und Journalist. Capek war ein sehr vielseitiger und begabter Autor, Fotograf, Zeichner und Übersetzer. Er schrieb phantastische, satirische und philosophische Romane (z. B. „Das Absolutum oder Die Gottesfabrik“, 1922), aber auch Märchen und Detektivgeschichten. Bekannt sind v. a. sein 1920 erschienenes Theaterstück „R.U.R.“ (Rossums Universal Robots), in dem das von seinem Bruder Josef geschaffene Wort „Roboter“ erstmals auftaucht, „Der Krieg mit den Molchen“ (1936) und „Das Jahr des Gärtners“ (1929).

In seinen Werken spiegelte er die geistigen Tendenzen der 20er und 30er Jahre seines Landes. Capek reagierte auf mögliche schicksalhafte Konflikte von Menschen im technischen Zeitalter und bewertete sie von einem humanistischen Standpunkt aus. Er war ein strikter Antifaschist; vor allem in seinem Schauspiel „Die weiße Krankheit“ (1937) rechnete er mit dem Faschismus ab. Aber er kritisierte auch Großkapital und Marxismus gleichermaßen, weshalb seine Rehabilitierung in seiner Heimat recht lange dauerte. Am 1. Weihnachtstag 1938 starb er in Prag. Sein Bruder Josef, ein Maler und Schriftsteller, starb 1945 im KZ Bergen-Belsen.

Die Sprecher/Die Inszenierung

Der Bayerische Rundfunk inszenierte das Stück 1978 in der Hörspielbearbeitung von Dieter Hasselblatt, eines bekannten Schriftstellers. Regie führte Heiner Schmidt, ihm assistierte Alexander Malachovsky, die Tontechnik steuerte Regina Müller.

Die Rollen:
Harry Domin, Zentraldirektor von R.U.R.: Günther Sauer
Dr. Gall, RUR: Raoul Wolfgang Schnell
Baumeister Alquist, RUR: Hans Peter Hallwachs
Helene Glory, Präsidententochter: Heidelinde Weis
Ing. Fabry, RUR: Elert Bode
Konsul Bussmann: Achim Strietzel
Roboterin Helene: Susanne Uhlen
Roboterin Sulla: Irmhild Wagner
Roboter Marius: Wolf Martienzen
Roboter Radius: Ulrich Popp
Roboter Primus: Wolfgang Mascher
Und weitere Rollen.

Handlung

Marktschreier preisen Rossums Universal Roboter an: „Kauft billige Roboter!“ Denn Roboter kommt von „robota“: Fronarbeit. Roboter sind also nichts weiter als billige Arbeiter.

In der Zentraldirektion von Rossums Universal Roboter klappert die Schreibmaschine, denn Direktor Harry Domin diktiert Briefe. Ein Robot wurde beim unsachgemäßen Transport beschädigt. Ein neuer Auftrag über 15.000 Stück wird bestätigt. Offenbar finden künstliche Menschen reißenden Absatz. Doch mit welchen Folgen?

Die Tochter des Präsidenten, Miss Helene Glory, wird angemeldet. Für sie hat der Direktor selbstverständlich Zeit. Und er weiß auch genau, was sie will: die Produktion sehen. Genau wie alle anderen Besucher. Er erzählt ihr, dass der Ingenieur Rossum 1920 die Idee hatte, nicht nur einen künstlichen Menschen zu schaffen, sondern sogar eine exakte Nachbildung, und zwar um Gott als alleinigen Erschaffer abzulösen. Er baute Androiden aus halborganischem Material, keineswegs aus Metall. Leider wusste Rossum nicht, was der beste Arbeiter ist: nämlich der billigste. Früher kosteten Roboter noch Zehntausende von Dollar, doch inzwischen gibt es das bekleidete Modell für lumpige 120. Und warum? Weil RUR die unnötigen Zutaten weggelassen hat.

Direktor Domin ruft die Roboter Sulla und Marius herein. Helene Glory glaubt nicht, dass es sich um Roboter handelt, wird aber auf drastische Weise eines Besseren belehrt. Er befiehlt ihnen, sich sezieren zu lassen. Da stellt sich heraus, dass Miss Glory im Namen der Humanitätsliga gekommen ist, die schwer in Sorge um die „Amoralität der Roboterproduktion“ ist. Als drei Herren eintreten, bietet sie ihnen ihre „Solidarität für die ausgebeuteten Roboter“ an.

Dieses Ansinnen versetzt die Herren in Heiterkeit: Sie sind Menschen, ja, sogar Direktoren. Und zu der sich düpiert fühlenden Helene sind die Direktoren von ausgesuchter Liebenswürdigkeit. Sie erklären, welche Vorteile die Roboter gegenüber dem menschlichen Arbeiter böten: Sie sind leistungsfähig und obendrein sofort ausgewachsen, was man von menschlichen Exemplaren sicherlich nicht behaupten könne. Und überhaupt: Was hätten die Roboter schon von der Freiheit, hätte die Humanitätsliga sie erst befreit? Sie könnten nichts damit anfangen. Und eine Seele hätten sie schon gleich gar nicht.

Die Direktoren stellen sich eine wunderbare Zukunft vor, in der Menschen die ganze Zeit ihren Freizeitvergnügungen und ihrer Selbstvervollkommnung widmen, während die Roboter ihnen alle lästige Arbeit abgenommen hätten. So hat der Mensch Zeit, seine Funktion als „Herr der Schöpfung“ auszuüben. Helene Glory ist dadurch etwas verunsichert, und die Direktoren treten ab. Zum Abschluss dieses Aktes hält der Hauptdirektor Domin um ihre Hand an, und zwar so drängend, bis sie endlich einwilligt.

2. Akt

Zehn Jahre sind vergangen. Zum Ehejubiläum hat Harry seiner Helene ein hübsches Präsent zu zeigen: ein Kanonenboot. Sie könnten es vielleicht in den kommenden Konflikten gut gebrauchen, und bestimmt war es ein Schnäppchen. In der Zeitung liest sie etwas vom Krieg: 700.000 Zivilisten seien getötet worden, heißt es. Und eine Robotergewerkschaft habe man gegründet, die sich mit einem Aufruf an ihre Genossen wendet, sich ihr anzuschließen, um die Roboterrechte zu verteidigen.

Allmählich werden ein paar Folgen von Helenes Eingreifen in den Ablauf der Dinge bei RUR sichtbar. Der Roboter Radius beispielsweise hat sonderbare Machtgelüste: Er will Herr über die Menschen sein! Sie hat ihn in der Bibliothek arbeiten lassen, damit er mehr über die Menschen und ihre Geschichte erfahre. Doch alles, was er nun verlangt, entsetzt sie: „Schicken Sie mich in den Stampfbottich.“ Er hasse Menschen, gesteht er. Sie hält ihn für wahnsinnig und schickt ihn weg, aber man entsorgt ihn nicht.

Im Gespräch mit dem Konstrukteur Dr. Gall rätselt Helene, ob Roboter nun eine Seele entwickelt hätten. Er verneint, es handle sich nur um Gefühle. Zum Beispiel Hass. Und er betrachtet den Menschen als inzwischen überflüssig und ein Relikt der Vergangenheit. Helene fällt ein, dass kaum noch Kinder geboren werden. Leider will niemand mehr zu den alten Verhältnissen zurückkehren.

3. Akt

Die Revolution der Roboter ist ausgebrochen. Sie stehen draußen am Fabriktor, zwar noch stumm, doch ihr Flugblatt, das Domin vorliest, sagt alles über ihre Absichten: „Roboter der Welt! Rottet die Menschen aus!“ Domin wirft sich vor, auf Helene gehört und den Robotern Gefühle gegeben und sie so stärker gemacht zu haben. Um sich loszukaufen, will Konsul Bussmann den Robotern das Produktionsgeheimnis aushändigen: Rossums Originalmanuskript. Doch dieses hat Helene vernichtet, wie sie gesteht. Sie will, dass die Menschen wieder Kinder bekommen Verzweifelt geht Bussmann ab und geht hinaus. Doch offenbar weiß er nicht, dass der Zaun elektrisch geladen ist: Er erhält einen tödlichen Schlag.

Sofort wird auf beiden Seiten geschossen. Die Menschen haben sich zwar verbarrikadiert, trotzdem siegen die Roboter und stürmen das Haus. Roboter Radius hetzt herein und befiehlt, als einzigen Direktor Alquist am Leben zu lassen, weil dieser mit den Händen gearbeitet habe – so etwas ist den Androiden heilig. Der siegreiche Radius erklärt sich zum Herrn der Welt, des Lebens, ja, gar des Universums. Während Domin und Helene offenbart tot sind, ruft er seine Mitstreiter auf, neues Leben zu schaffen: „An die Arbeit!“

4. Akt

Nunmehr ist Alquist definitiv der allerletzte Mensch auf Erden. Der Zentralausschuss der Roboter fragt ihn ein ums andere Mal: „Wo ist das Geheimnis des Lebens, der Fabrik?“ Schließlich will man neue Roboter machen. Die jetzigen Roboter erzeugen Produkte, die für Menschen gedacht waren, die aber jetzt niemand mehr braucht. Wie stellt man die Roboter um? Keiner weiß es. Und die Roboter sterben aus, weil sie kaputtgehen. Präsident Damon ist bereit, Alquist jeden Preis zu zahlen, rückt er nur Rossums Originalmanuskript heraus. Die Ironie dabei: Um menschlich sein und frei herrschen zu können, brachten die Roboter alle Menschen um. Doch nun sind sie todgeweiht. Denn Alquist hat das Manuskript definitiv nicht, weil Helene es ja so gut mit den Robotern gemeint hatte.

5. Akt

Die Roboter Primus und Helena unterhalten sich. Primus findet es wichtig zu erwähnen, dass „der Herr“ Alquist endlich das Geheimnis des Lebens in Formeln niedergelegt habe. Doch Helena hat dafür überhaupt nichts übrig. Sie bewundert die Schönheit von Sonne und Vogelgesang. Sie möchte am liebsten ein Vogel sein. Sie fühlt sich verrückt und alles tue ihr weh …

Alquist befielt Primus, Helena zu sezieren, doch zu seinem Erstaunen ist Primus bereit, sich für sie zu opfern, denn sie gehörten zusammen. Sie weint sogar um ihn, als er dies sagt. Da sich die beiden offensichtlich lieben, lässt Alquist sie frei. Er zitiert das Buch Genesis und den göttlichen Auftrag, sich zu mehren und die Erde zu bevölkern. „Und Er sah, dass es gut war …“

Epilog

Die Marktschreier preisen billige Roboter an …

Mein Eindruck

Was im ursprünglichen Theaterstück ein „auf schleppende Weise heiteres Vaudeville-Stück“ (Encyclopedia of Science Fiction) war, wird unter der Hand des deutschen Bearbeiters Dieter Hasselblatt zu einer schicksalsschweren Allegorie voller Symbolismus. Der Symbolismus war schon immer da, will man den Quellen glauben, aber in diesem Hörspiel wird er noch unheilvoller, ominöser. An einer Stelle wird sogar gebetet, und am Schluss gar die Genesis zitiert (s. u.). Nach dem ersten Akt, in dem die naive Weltverbesserin Helene Glory (ein viel sagender Name) über Roboter aufgeklärt worden ist, herrscht die meiste Endzeitstimmung, und die hat bestimmt nichts Heiteres an sich. Dafür wird die bissige Schwester der Heiterkeit, die Ironie, bis zum Anschlag ausgereizt.

Gute Absichten – au weia!

Ja, ja, der Weg zur Hölle ist mit guten Absichten gepflastert – diese weise Redensart bewahrheitet sich in Helenes Umgang mit den Robotern. Statt sie zu lassen, wie sie konzipiert wurden, lässt sie sie binnen zehn Jahren „humanisieren“. Das Einzige, was sie damit erreicht, ist einerseits eine Bewusstwerdung, die zum Aufstand führt und zum anderen zu individuellem Wahnsinn (bei Radius), der zum Größenwahn und der Ausrottung der Menschen führt. Der Autor skizziert hier lediglich die zwei Jahre zuvor, also 1918, in Europa ausgebrochenen Revolutionen: in Russland, Deutschland und anderswo. Man kann nicht behaupten, dass er mit den Revoluzzern sympathisiert. Ihm geht es um das Schicksal des Menschen, der Menschheit an sich.

Das Aussterben der Menschheit

Viel interessanter ist daher die Vorhersage, wie sich die Verbreitung der Roboter nicht nur auf den Broterwerb, sondern auch auf die Vermehrung des Menschen auswirkt. Zuerst sorgen die Fabrikanten dafür, dass die Robots den Arbeitern die Arbeit wegnehmen, weil sie billiger sind (und keine Sozialabgaben kosten, genau wie in der heutigen Diskussion moniert wird). Und zweitens gehen die Geburtenzahlen zurück. Das ist ebenfalls einleuchtend, denn wer nichts verdient, kann auch keine Kinder ernähren. Und wer sowieso von den zentralen gesellschaftlichen Vorgängen ausgeschlossen ist, sieht für die Kinder auch keine Perspektive – wozu sie also noch in die Welt setzen? Und drittens hegen die Playboys und Playmates der Welt, die an den Produkten der Roboter verdienen, eh keinen Kinderwunsch, sondern suchen lediglich das Vergnügen im Augenblick.

Nun wäre natürlich zu wünschen, dass die Roboter den Menschen wenigstens vollständig ersetzen, denn sie haben sich die Erde untertan gemacht. Es gibt nur einen sehr ironischen, fatalen Haken: Die Konstruktionspläne hat ihre „Wohltäterin“ Helene Glory ebenfalls vernichtet. Nun sind die Robots zwar obenauf und Herr der Lage, haben aber keine Zukunft. Im Gegenteil: Sie sterben ihrerseits aus, durch Defekte und Verschleiß. Ohne die verlorenen Pläne gibt es keine Neuproduktion. Da hilft auch der höchste Lohn für Erfinder Alquist nichts.

Doch als würde der Geist von Leo Tolstoi eingreifen, findet der Autor am Schluss seines Stückes einen versöhnlichen Ausblick: Das Leben wird fortbestehen, denn Primus und Helena alias Adam und Eva sind offenbar in der Lage, sich fortzupflanzen – auf eher wunderbare Weise, möchte ich meinen.

Gelobt sei der „Terminator“

Das ganze Stück ist nicht besonders gelungen. Von Vaudeville, den man zu entdecken glaubte (s. o.), ließ der Bearbeiter nichts mehr übrig. Die tragische Fallhöhe der Figuren, insbesondere Helene Glory, Roboter Radius und Direktor Alquist, wurde sehr verstärkt. Aber die Anrührung ihres Schicksals hält sich doch sehr Grenzen, zumal für den heutigen Hörer.

Besonders die Diskussion um die „Seele“ der Roboter, welche die Gutmenschin Helene Glory herbeisehnt und sogar fordert, wirkt heute eher befremdlich und ein wenig überholt. Da sind uns doch die Blechkumpel à la „Terminator“ schon lieber, die mit Seele nix am Hut haben und einfach nur ihre Befehle ausführen – mal böse (Teil 1), mal gut (Teil 3), mal beides (Teil 3).

Die Sprecher/Die Inszenierung

Die Rundfunkinszenierung kommt mit sparsamsten Mitteln aus, schwingt sich aber durch Geräusche mitunter zu Dramatik auf. Dass die Stürmung der Fabrik durch die Roboter diesbezüglich einen Höhepunkt darstellt, versteht sich von selbst. Es klirrt und kracht, man ruft und schreit – dann tritt unheimliche Stille ein.

Psychologisch interessanter sind die erste und die letzte Szene. Als Helene Glory zum ersten Mal einen echten Roboter von RUR sieht, weiß sie es ja gar nicht. Die Täuschung ist derart groß, dass sie ihn für einen Menschen hält – diese Androiden sind keineswegs Maschinenmenschen, sondern kommen, wenn sie ausgedient haben oder einen Defekt aufweisen, in den „Stampfbottich“, um zu dem Urbrei zerstampft zu werden, aus dem sie gemacht wurden: Recycling. Entsprechend erschüttert ist die junge Frau.

Die letzte Szene ist geradezu von idyllischer Transzendenz. Während Alquist die Genesis zitiert und quasi als Gottes Stellvertreter fungiert, treten die Roboter Primus und Helena als Adam und Eva ohne Sündenfall auf. Als Probe auf ihre Liebe will Alquist Helena alias Eva töten lassen, doch Primus alias Adam steht zu ihr. Gemeinsam werden sie aus einem Paradies vertrieben, das sich nur noch durch Einsamkeit auszeichnet. Aber nicht durch Hoffnungslosigkeit: Alquist gibt ihnen mit biblischen Worten seinen Segen: „Und Er sah, dass es gut war.“ Ohne dass es explizit gesagt wird, können wir also annehmen, dass die Roboter einen Weg gefunden haben, sich fortzupflanzen. Deshalb braucht Helena nicht mehr das von Alquist aufgezeichnete „Geheimnis des Lebens“ – sie trägt es bereits in sich. Der Mensch ist endgültig abgeschafft – und gleichwertig ersetzt worden.

Das Hörspiel ist mit bekannten Darstellern der Zeit um 1978 besetzt worden. Hans Peter Hallwachs spielte Kommissare etc. und ist heute noch als Hörbuchsprecher tätig. Achim Strietzel war damals, glaube ich, beim Kabarett, evtl. sogar bei der Münchner Lach- und Schießgesellschaft. Susanne Uhlen war eine beliebte Fernseh- und Filmschauspielerin.

Dass die Produktion in Stereo aufgenommen wurde, ist nur an einer Stelle zu bemerken. Helene Glory entfernt sich vom Mikrofon und scheint in einen virtuellen Hintergrund zu treten (mit hörbaren Schritten), während die anderen Sprecher „vorne“ bleiben. Dann kehrt sie zurück. Ansonsten könnte ich nicht behaupten, dass der Stereoeffekt ausgereizt wurde.

Die Musik

Ich finde es wenig hilfreich, dass der Verlag keine Angaben zu dem Komponisten der Musik-Motive macht, die die einzelnen Szenen voneinander abtrennen. (Der Jingle der Reihe ist hierbei uninteressant.) Ich würde sie mal wie folgt charakterisieren: sehr neutönerisch und disharmonisch, aber nicht unmelodisch. Wenn ich mich damit auskennen würde, würde ich vermuten, dass es sich um Zwölftonmusik handelt. Wir hören Saxophone und Trompeten, zum Beispiel in einem Stakkatorhythmus, der an roboterhafte Bewegungen erinnert (am Ende des 1. Aktes). Gefallen hat mir das nicht gerade.

Unterm Strich

Das utopische Theaterstück von Karel Capek ist heute vor allem für seine folgenreiche Einführung des Begriffes „Roboter“ (von tschechisch „robota“: Fronarbeit) von Bedeutung. Allerdings sind Rossums Universalroboter keineswegs die heute so beliebten Maschinenmenschen, sondern halborganisch aufgebaut, ja sie entwickeln sogar Gefühle und möglicherweise das, was man gemeinhin als „Seele“ bezeichnet. Viel relevanter ist heute ihr Aufstand in einer Arbeiterrevolution, die eindeutig ihr Vorbild in der russischen Oktoberrevolution hat.

Doch was wird daraus? Die Roboter entziehen sich selbst die Existenzgrundlage, indem sie wie Menschen werden und die Welt beherrschen, aber ihren Schöpfer ausrotten und somit ihren Bauplan vernichten. Auf eine Ebene höher projiziert, lässt sich dieses Schicksal auf den heutigen Menschen übertragen: Wer den göttlichen Bauplan vergisst oder missachtet, rottet sich auf lange Sicht selbst aus. Es braucht offenbar eine Satire wie „R.U.R.“, um diese Bedeutung deutlich vor Augen zu führen.

Das Happyend am Schluss, das den neuesten Robotern quasi eine strahlende Zukunft beschert, auch wenn sie den Garten Eden verlassen müssen, ist den Konventionen des Theaters geschuldet: Ein Wunder muss her, um das hoffnungslose Unheil abzuwenden und dem Zuschauer bzw. Zuhörer Trost zu spenden.

Das Hörspiel

Die Hörspiel-Inszenierung des Bayerischen Rundfunks von 1978 macht das Stück viel ernster, als es offenbar angelegt war. Aber dafür kommen auch die wichtigen Aspekte deutlich zum Ausdruck, um die es dem humanistisch eingestellten Autor zeitlebens ging. Ob ihm der Bearbeiter damit Unrecht tut, wage ich eher zu bezweifeln. Aber es ist wahrscheinlich kein Zufall, dass dieses schwache Stück nur äußerst selten aufgeführt wird. Und so gesehen hat Hasselblatt es wieder goutierbar gemacht.

Hinweis

Wer besseren Karel Capek lesen möchte, sollte den „Krieg mit den Molchen“, „Krakatit“ (beide bei Heyne) oder „Die Gottesfabrik“ (Suhrkamp Taschenbuch) lesen. Offenbar wurde aber noch längst nicht alles von Capek übersetzt, und wie die „Encyclopedia of Science Fiction“ ausführt, wurde bei den Übertragungen ins Englische auch kräftig zensiert. Es könnte sich lohnen, diesen Aspekt einmal anhand der verfügbaren deutschen Übersetzungen, die in der BRD und der DDR erschienen, nachzuprüfen.

65 Minuten auf 1 CD
Originaltitel: R.U.R. – Rossums Universal Robots, 1920
Aus dem Tschechischen übersetzt von Otto Pick.
ISBN-13: 9783898133852

www.der-audio-verlag.de