Caputo, Philip – Im Namen des Guten

Der schwarze Kontinent – eines der zuletzt wirklich erforschten Gebiete. Mit Afrika verbinden wir viele geheimnisvolle Eindrücke aus der klassischen Literatur, aus Filmen und Dokumentationen. Die endlosen Weiten der Nationalparks, der beeindruckende Kilimandscharo und die verschiedenen Stämme der Ureinwohner – genau daran werden sich Touristen erinnern und davon schwärmen.

Doch Afrika ist mehr als das muntere, vielfältige und sehr andersartige Land der unerschlossenen und romantischen Träume. Noch immer vergessen wir gern, dass es in vielen kleinen afrikanischen Staaten Kriege gibt, Völkermord in Sierra Leone oder dem Sudan, Bürgerkriege in Somalia und Rassengesetze, die man in Europa gar nicht mehr nachvollziehen kann.

Afrika als Kontinent gesehen ist sehr reich. Verschiedene Bodenschätze wie Silber, Gold und auch Diamanten sind immer wieder Auslöser von nationalen und internationalen Kriegen – der Wert des einzelnen Menschen schrumpft dagegen auf den minimalen Nenner, wenn z. B. das Töten schon von Kindern ausgeführt wird; für die ihre Kindheit nur ein brutaler Schrecken ist und oftmals die Seele wie auch den Körper verkrüppelte.

Zwar versuchen die wirtschaftlich großen Staaten unseres Planeten geringfügig Hilfe zu leisten, aber oftmals stehen diese Organisationen den Interessen einiger skrupelloser Machthaber machtlos gegenüber. Terre de homes, Ärzte ohne Grenzen, Entwicklungshelfer aus aller Welt, selbst die UNO sind machtlos. Ein Paradoxon, das wir oftmals nicht verstehen können.

Philip Caputo hat mit dem Roman „Im Namen des Guten“ eine Geschichte verfasst, die sich mit Afrika und seinen Problemen befasst.

_Die Story_

Die 90er Jahre im Sudan. Wie in vielen kleineren Staaten herrscht Bürgerkrieg zwischen den christlichen Stämmen des Südens und den islamischen Herrschern in der Hauptstadt Khartum. Der Abenteurer und charismatische Amerikaner Douglas Braithwaite gründet mit Hilfe eines Kenianers und eines risikofreudigen texanischen Buschpiloten eine von vielen privatisierten Airlines. Diese Airline soll internationale Hilfsgüter verteilen, um die Versorgung gerade auch in den entlegensten Gebieten zu gewährleisten.

Zeitgleich kommt eine christliche Hilfsorganisation im Sudan an. Die strenggläubige Amerikanerin Quinette verfolgt einzig und allein das Ziel, Sklaven freizukaufen, die in die Mühlen des Bürgerkrieges geraten sind. Doch auch ihr Idealismus findet keinen endgültigen und sicheren Weg der Hilfe. Sie begegnet dem Anführer der sudanesischen Rebellenarmee und verliebt sich Hals über Kopf in den geheimnisvollen und kultivierten Mann. Doch auch dieser verfolgt seine ganze eigene Ideologie und überredet schließlich Douglasm ihm nicht nur Hilfsgüter zu überlassen, sondern ihn auch mit Waffenlieferungen zu unterstützen.

Wo liegen die Grenzen zwischen Hilfe und dem eigentlichen Geschäftswillen? Als die Situation im Lande eskaliert, verschwimmen diese Grenzen und der Idealismus der Hilfsbereitschaft schützt keinen davor, sich letzten Ende schuldig zu fühlen …

_Kritik_

Der Autor Philip Caputo greift ein sehr ernstes Thema auf. Zurzeit scheint sich ja auch jeder für diesen Kontinent mitsamt seinen Problemen zu interessieren. Der Schauplatz des Romans „Im Namen des Guten“ spielt zum größten Teil direkt im Sudan. Ein Land, von Bürgerkrieg geplagt, vom Staatsterror und massiven Verletzungen des Völkerrechtes an den internationalen Pranger gestellt. Wie viele Probleme im Afrika, spielen diese in den Medien nur eine untergeordnete Rolle und werden auch in ihrer Dringlichkeit nicht gewürdigt. Dabei wäre genau dies ein Anfang, ein wirklicher, und nicht das übliche Aufschieben und Wegschauen im Namen der Zivilisation.

Ich muss Philip Caputo wirklich loben, dass er den Völkermord thematisiert und zurück in das Bewusstsein des Lesers holt. Dass der Terror, egal ob nun von staatlicher Seite ausgehend oder von Seiten der Freiheitskämpfer, gefördert wird und die Summe dieser Kriegshandlungen nichts weiter ist als ein eskalierender Genozid, wird dem Leser von Kapitel zu Kapitel glaubhaft erklärt.

Aber nicht nur diese Grausamkeiten werden in den Vordergrund geschoben, hierbei handelt es sich doch eher um die Rahmenhandlung für die Erzählung.
Gekonnt beschreibt Caputo das Versagen der ehrenamtlichen, internationalen und staatlich unterstützten Hilfsorganisationen, die sich gerne als eifrige Helfer profilieren möchten. In einem Bürgerkrieg wird man früher oder später Partei ergreifen müssen, ein unwiederbringlicher Prozess, und leider bleibt dann für eine der beiden Seiten die humanitäre Hilfe auf der Strecke. Vertuschung von Spendengeldern oder unrechtmäßige Verwendung von Hilfsgütern bilden mit den oben genannten Punkten ein strenges und anspruchsvolles Grundgerüst.

Seine Charaktere in „Im Namen des Guten“ sind dagegen weniger gut ausgearbeitet. Ihre Zerrissenheit und ihre eigenen Konflikte sind zwar interessant beschrieben, aber manchmal etwas zu arg stilisiert – entweder als gut oder böse, zwei Aspekte, die in der Geschichte nicht glaubhaft interpretiert werden.

_Fazit_

Ich habe mir von dem Roman vielleicht etwas zu viel versprochen. Gerade vor dem Blickwinkel des Schauplatzes Afrika hatte ich eine ziemlich hohe Erwartungshaltung. Ich hatte einen Spannungsroman erwartet, aber genau das wollte Philip Caputo scheinbar nicht vorlegen. In jedem Fall wollte er die Probleme des Sudan-Konfliktes nicht bagatellisieren, wie viele andere Autoren auch, sondern mit seiner Geschichte die Sinnlosigkeit des Krieges darstellen. Lobenswert finde ich auch die scharfe Kritik, die er direkt an die Hilfsorganisationen richtet; diese Problematik zu thematisieren und zu erklären war wichtig, nicht nur für die Handlung, vielmehr für die Grundproblematik in diesen Regionen.

Vieles ist dem Autor in diesem Roman beispielhaft gelungen. Leider vermisst der Leser aber schnell die Spannung und die maßgebliche Unterhaltung. Der Roman umfasst knappe 750 Seiten, und erst in den letzten Kapiteln wird das Netz von Verstrickungen zu Ende geknüpft. Viele Situationen beschreibt Caputo in einer schier nicht enden wollenden Schleife. Langatmige Umschreibung und Erklärungen fördern die Handlung in diesem Falle überhaupt nicht. Und nach der Lektüre war ich wirklich erschöpft und einfach nur froh, dass es vorbei war.

Caputo hat etwas Großes schaffen wollen, etwas Einmaliges mit vielen, vielen Details. Sicherlich ist der Roman komplex, aber er ist auch mit Kleinigkeiten einfach überfrachtet. Es gibt eine Unmenge von Personen und Beziehungen zueinander, bei denen man doch recht schnell den Überblick verliert und sich dabei ertappt, einige Seiten zurückzublättern. Wie oben schon beschrieben, sind die Charaktere seiner Protagonisten nur oberflächlich konzipiert und nur wenige von ihnen kommen als wirklich glaubhaft rüber.

Ein Pulitzer-Preisträger ist sicher kein Garant für eine spannende und unterhaltsame Geschichte. Ein anspruchsvolles Buch habe ich durchaus erwartet und sicherlich hat „Im Namen des Guten“ auch seine guten Seiten, seine interessanten Kapitel, aber es war einfach zu viel des Guten. Die Grundzüge der Dramaturgie und der Sprachstil konnten durchaus überzeugen und stellenweise auch begeistern, aber der Gesamteindruck bleibt nicht stimmig.

Wer sich mit dem Thema Sudan und vielleicht der Rolle der Hilfsorganisationen in solchen Konflikten befassen will, sollte diesen Roman lesen. Er wird nicht alles erklären können, aber doch das Interesse für mehr Informationen bei den Lesern wecken. Dagegen steht natürlich das Interesse an einer spannenden und trotz allem unterhaltsamen Story, die der Roman leider nicht erfüllen kann.

_Der Autor_

Philip Caputo wurde 1941 in Chicago geboren. Er wurde Auslandskorrespondent der |Chicago Tribune| in Rom und 1973 für seine Reportage über den Wahlbetrug in Chicago mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet.

Später verließ er die Chicagoer Tagespresse und ist seither als Schriftsteller tätig. Mehrere seiner Romane spielen in Afrika und Caputo hat eine sehr persönliche Bindung zu diesem Kontinent, da er viele seiner Länder bereist hat. Zusammen mit seiner Frau lebt Caputo in Norwalk, Connecticut.

|Übersetzung: Sabine Hübner & Nicola Volland
600 Seiten
Gebunden mit Schutzumschlag|
http://www.pendo.de/

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