Carey, Diane / Golden, Christie – Star Trek Voyager: Endspiel

Zum zehnten Mal jährt sich der Tag, an dem das Föderations-Raumschiff „Voyager“ unter dem Kommando von Captain Kathryn Janeway nach einer Irrfahrt, die 26 Jahre währte, aus dem Delta-Quadranten zur Erde zurückkehrte. Längst ist scheinbar der Alltag eingekehrt. Janeway ist zur Admiralin der Sternenflotte aufgestiegen. Harry Kim führt inzwischen ein eigenes Schiff. Der Holo-Doktor konnte seinen Status als ‚echte‘ Lebensform wahren und ist inzwischen sogar Ehemann geworden. Tom Paris hat seinen Abschied genommen und sich als Schriftsteller einen Namen gemacht. B’Elanna Torres, seine Gattin, ist ebenfalls aus dem aktiven Flottendienst ausgeschieden, während beider Tochter Miral in die Fußstapfen der Eltern trat.

Die junge Pilotin wird zur Schlüsselfigur in Janeways geheimen Privatkrieg gegen die Zeit und das Schicksal. Die Heimkehr der „Voyager“ musste bitter erkämpft werden; viele Mitglieder der Besatzung, darunter Commander Chakotay und Seven of Nine, verloren ihr Leben. Wissenschaftsoffizier Tuvok konnte von einer Nervenkrankheit nicht rechtzeitig geheilt werden und dämmert in einer Anstalt dem Tod entgegen.

Janeway beschließt, allen Direktiven der Föderation zum Trotz die Geschichte nach ihrem Willen umzuschreiben: Sie will eine Zeitreise unternehmen und ihrem jüngeren Ich mit Hilfe der inzwischen weit vorangeschrittenen Technik die Chance bieten, eine ‚Abkürzung‘ nach Hause zu finden und so der Zukunft ein neues und erfreulicheres Gesicht zu geben. Nach großen Anlaufschwierigkeiten glückt der Sprung zurück. Captain Janeway ist zwar entsetzt über ihr desillusioniertes und zynisches Alter Ego, erklärt sich aber doch bereit, die „Voyager“ umrüsten zu lassen für die Reise durch ein Wurmloch, das just im All entdeckt wurde.

Aber die Admiralin hat dem Captain verschwiegen, dass am Eingang des Wurmlochs alte, ungern gesehene Bekannte lauern: die Borg, die hier an einem Portal arbeiten, das endlich die Invasion des Alpha-Quadranten ermöglichen soll. Dies ist das größte Geheimnis der Borg, und so ist es kein Wunder, dass die prominenteste Vertreterin der assimilierfreudigen Gesellen die Arbeiten leitet: die Königin der Borg, Einzige ihrer Art, die sich ihre Individualität erhalten hat, was sie unberechenbar und damit doppelt gefährlich werden lässt. Die „Voyager“ könnte sich trotzdem durch das Wurmloch mogeln, doch Captain Janeway fragt sich, ob man die Chance verstreichen lassen darf, das Borg-Portal zu sabotieren. Die Admiralin ist strikt gegen diesen Plan und versucht, die Besatzung der „Voyager“ gegen den Captain aufzuwiegeln. Dieser Konflikt verschafft der Königin die Zeit, Gegenmaßnahmen einzuleiten, die sich borgtypisch als sehr wirkungsvoll erweisen …

Es ist so weit: Nach sieben Jahren in den Weiten des TV-Äthers kehrt die „Voyager“ heim. Die große Odyssee endet roddenberrysch, d. h. von Bord gehen durch Erfahrung geläuterte, klüger, sogar weise gewordene oder doch wenigstens miteinander verbandelte Männer und Frauen, die zuvor noch des dramaturgisches Verzögerungseffektes wegen ein zwar ziemlich unglaubwürdiges, aber leidlich spannendes Abenteuer erleben mussten.

Diane Carey ist keine von echtem Unterhaltungsgeschick beseelte Schriftstellerin, wie schreckliche „Star Trek“-Abenteuer belegen, die sie sich selbst aus dem Hirn gewrungen hat. Lässt man sie jedoch nach Drehbuch schreiben, drechselt sie termingerecht und wahrscheinlich nach Tariflohn leidlich lesbare „Romane zum Film“, die es dem „Star Trek“-Franchise ermöglichen, einen nicht exorbitanten, aber doch respektablen und vor allem schon vorab kalkulierbaren Gewinn einzustreichen. Die Summe könnte höher sein, wenn man z. B. einen wirklich talentierten Autoren beschäftigte, aber dieses Risiko ist in der Kosten-Nutzen-Planung nicht vorgesehen, und daher reicht es, Diane Carey anzuheuern.

Das Ergebnis entspricht solchem nüchternen Geschäftsdenken. „Endspiel“ ist formal wie inhaltlich jederzeit Mittelmaß; ohne Überraschung, ohne Feuer, lebendig höchstens durch die Vorgeschichte der hier nun zum vorerst letzten Mal agierenden Figuren und die (sich freilich auch in Grenzen haltende) Spannung durch die Frage, wie diese denn nun ins (TV-)Nirwana entlassen werden.

Nicht verantwortlich zu machen ist Carey indes für die gewaltigen Löcher, die durch das lieblos zusammengeschluderte Drehbuch in die Handlung geschlagen werden. Nun sind logische Bocksprünge seit jeher typisch für „Star Trek“, was einer Science-Fiction-Serie auch gut zu Gesichte steht. Das enthebt jene, die sich über die TV-Apokalypse der Woche den Kopf zermartern, jedoch nicht der Verantwortung, für eine gewisse Stimmigkeit der erfundenen Welten Sorge zu tragen. „Endspiel“ verkauft sein Publikum schlicht für dumm; was dem Zuschauer vor einem Wirbel eindrucksvoller Spezialeffekte im Fernsehen womöglich nicht so bewusst wird, bleibt dem (des Denkens zumindest in Ansätzen fähigen) Leser nicht lange verborgen. Hier nur eine Auswahl offener Fragen:

Was treibt eigentlich die „Abteilung für Temporale Ermittlungen“ der Sternenflotte, deren gestrenge Repräsentanten wir in früheren „Star Trek“-Episoden kennengelernt haben, während Admiralin Janeway offenbar nach Belieben im Zeitstrahl herummurkst?

Was würden wohl jene Besatzungsmitglieder zu Janeways ‚Korrektur‘ der Vergangenheit sagen, die nicht nur die Reise der „Voyager“ überlebt, sondern sich in den vergangenen zehn Jahren ein neues und offensichtlich glückliches Leben aufgebaut haben? Wohl weil sie die Antwort kennt, fragt die Admiralin lieber erst gar nicht …

In den alten „Frankenstein“-Filmen der 1930er Jahre gab es im Labor des guten Doktors stets einen Hebel, der, einmal umgelegt, das Labor samt Monster in Rauch und Flammen aufgehen ließ. Realistisch ist ein solcher Mechanismus nicht, aber im Film lässt er sich weiterhin prima einsetzen, um wie hier nach 90 Minuten ein spektakuläres Ende heraufzubeschwören. Drehbuch-Autoren spart besagter Hebel eine Menge Hirnschmalz. Das haben sie sich gut gemerkt und lassen ihn seither immer wieder auftauchen. In unserem Fall treffen wir also auf der einen Seite die Borg in ihrer ganzen Pracht und Übermacht, seit Jahr und Tag emsig damit beschäftigt, eine planetengroße Bosheit zusammenzuschrauben. Dann kommt von der anderen Seite die „Voyager“ mit den Janeways im Doppelpack, halst den Borg einen ‚Virus‘ auf, und siehe da: Die Wurmloch-Wundermaschine löst sich samt böser Königin binnen weniger Augenblicke (und gerade noch rechtzeitig vor dem großen Finale) in ihre Einzelteile auf.

Keine Kritik, sondern eher eine ketzerische Frage: Welches notorisch harmoniesüchtige Franchise-Seelchen hat sich bloß die Last-Minute-Romanze zwischen Chakotay und Seven of Nine einfallen lassen? Sie wirkt nicht nur an den Haaren herbeigezogen, sondern einfach lächerlich in ihrem Bemühen, auf Biegen und Brechen ein Happy-End aus dem Hut zu zaubern.

Fazit: Ein Kann, aber kein Muss, dieses nach Schema F weniger verfasste als konstruierte „Star Trek“-Abenteuer; für das Ende einer Ära ein schwacher Abgesang, aber für den Fan natürlich Pflichtlektüre, die immerhin eher langweilt als offen ärgert.

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