Carter, Chris – Kruzifix-Killer, Der (Lesung)

_Der Killer mit dem Doppelkreuz_

Die Leiche einer wunderschönen jungen Frau, bestialisch verstümmelt, doch keinerlei Spuren – bis auf ein in ihren Nacken geritztes Doppelkreuz. Es ist das Zeichen eines vor Jahren hingerichteten Serienmörders. Detective und Profiler Robert Hunter aus L.A. wird schnell klar, dass der Kruzifix-Killer lebt. Er mordet auf spektakuläre Weise weiter. Und er ist Hunter immer einen Schritt voraus – denn er kennt ihn gut. Zu gut. (Erweiterte Verlagsinfo)

_Der Autor_

Chris Carter wurde 1965 in Brasilien als Sohn italienischer Einwanderer geboren. Er studierte in Michigan forensische Psychologie und arbeitete sechs Jahre im Psychologenteam der Staatsanwaltschaft. Dann zog er nach Los Angeles, wo er als Musiker Karriere machte. Gegenwärtig (2009) lebt Carter in London.

_Der Sprecher_

Achim Buch, geboren in Rheinbach bei Bonn, gehört zum Ensemble des Dt. Schauspielhauses Hamburg. Er studierte an der Folkwang-Hochschule in Essen. Danach war er in Essen, Wiesbaden, Mannheim, Frankfurt/Main und am Thalia Theater in Hamburg engagiert. Ab 2000 arbeitete er als freier Schauspieler am Dt. Schauspielhaus Hamburg , am Staatsschauspiel Dresden, am Residenztheater München, am Renaissancetheater Berlin und am Schauspielhaus Bochum.

Regie im Eimsbütteler Tonstudio führte Margrit Osterwold.

_Handlung_

|PROLOG|

Robert Hunter von der Mordkommission von Los Angeles bekommt am 5. August einen Anruf. Mit einer verzerrten Roboterstimme fragt der Anrufer, ob er wisse, wo sein Partner Carlos Garcia sei. Weiß Hunter wirklich nicht. Der anonyme Anrufer lotst ihn in den Keller des Gebäudes, wo Hunter endlich Garcia sieht. Er hängt mit den durchbohrten Handgelenken an einem Kreuz und hat eine stählerne Dornenkrone auf dem Kopf.

Garcia befindet sich hinter schusssicherem Plexiglas, hinter dem Hunter einen Tisch mit einem Herzmonitor und einer digitalen Zeitanzeige erblickt. Der Anrufer verlangt von ihm, die Tür zu öffnen und Garcia binnen 60 Sekunden herauszuholen, sollen nicht er und der Gekreuzigte durch im Käfig deponierten Sprengstoff sterben. Doch welcher von vier Knöpfen ist der richtige, um die Tür zu öffnen? Die Zeit verrinnt, als Hunter rät…

|Fünf Wochen vorher|

Robert Hunter wird von Carlos Garcia nachts um drei Uhr angerufen. Mit einem Brummschädel und einem Filmriss erwacht Hunter im Bett einer Frau, die er nicht wiedererkennt. Garcia sagt, es sei dringend, er müsse zu einem Tatort kommen. Hunter lässt sich von Isabella, so heißt die Schöne, ihre Telefonnummer geben und haut ab, indem er ein Taxi nimmt. Wo sich sein eigenes Auto befindet, hat er vergessen.

Die Adresse, die Garcia ihm gegeben hat, befindet sich in den Wäldern über Los Angeles, in einem Forsthaus, das von Polizeiautos umstellt ist. Garcia führt ihn hinein, wo schon Captain Balter und der Forensikleiter Dr. Winston auf den Profiler warten. Sie weisen ihn auf die Leiche, die an der Wand hängt. Dr. Winston berichtet, jemand habe der jungen Frau bei lebendigem Leib die Gesichtshaut entfernt und sie sehr lange gefoltert. Nirgendwo finde sich Blut, als muss die Häutung woanders erfolgt sein. Das eingeritzte Doppelkreuz in ihrem Nacken deutet auf ein religiöses Ritual hin. Dem widerspricht die äußerst methodische Vorgehensweise des Täters.

Hunter muss seinem neuen Partner Garcia erklären, was das für ein Symbol ist: Das heidnische Doppelkreuz aus einem aufrechten und einem umgedrehten Kreuz deute auf eine zweischneidige Schwertklinge hin, im übertragenen Sinne auf ein verlogenes Doppelleben. Es war das Zeichen des Kruzifix-Killers, der bis vor anderthalb von Hunter und seinem Partner, dem mittlerweile verstorbenen Scott Wilson, gejagt wurde. Mike Farlowe wurde aufgrund der gefundenen Indizien in seinem Wagen der Prozess gemacht, er zum Tode verurteilt und mittels Giftspritze hingerichtet. Aber Hunter hatte stets seine Zweifel, es mit dem Richtigen zu tun zu haben. Nun schlägt der Kruzifix-Killer wieder zu. Diesmal könnte es der Echte sein.

Die Kripo lässt das gehäutete Gesicht der Getöteten mit Hilfe spezieller Software rekonstruieren. Da sie in Topform war und teure Hautcremes verwendete, vermutet Hunter, sie sei ein Model oder so gewesen, doch Garcia ist realistischer: eine Edelnutte. Sie wurde mit Liquid Ecstasy betäubt. In den zahllosen Fitness-Studios von L. A. werden sie nicht fündig. Dafür erkennt der wichtigste Dealer von L. A. das von Hunter präsentierte Phantombild. Es könnte sich um Jenny Farnborough handeln, meint D-King, eine seiner „Freundinnen“. Er hat jede Menge davon.

Gerade als Hunter mit Isabella ein Mittagessen im Restaurant vereinbart hat, ruft der anonyme Anrufer erneut an: Hunter könne ein weiteres Opfer verhindern, wenn er wisse, wer in einem bestimmten Hunderennen gewinne. Was für ein Scheißspiel, denkt Hunter, versucht aber sein Bestes. Es ist nicht gut genug. Der Killer sagt ihm, wo er die Leiche finden könne. Da sitzt er gerade mit Isabella beim Essen. Ihm ist der Appetit gründlich verdorben.

Der Tote ist ein mit Bakterien vergifteter Anwalt, der ein Doppelleben führte – welche Überraschung. George Slater war verheiratet, liebte aber auch einen Puertorikaner namens Rafael. Wieder findet sich im Nacken das Doppelkreuz, sonst aber keine Spur – außer einem europäischen Perückenhaar. Sicher eine falsche Fährte. Carlos Garcia sucht vergeblich nach einer Verbindung zwischen den Opfern, wie seinerzeit Hunter und Wilson während der ersten Mordserie. Zwecklos, meint Hunter.

Doch dann kommt den beiden Kommissar Zufall zu Hilfe. Oder ist eine ausgetüftelte neue Strategie des Killers? D-King, König der Zuhälter, bekommt sehr diskret eine DVD-Aufnahme zugespielt, in der seine verschwundene Jenny einen grauenhaften Tod stirbt. Und der Ort, wo diese Aufnahmen entstanden, lässt sich durchaus binnen zwei Tagen herausfinden …

_Mein Eindruck_

Anders als der religiös inspirierte Titel vermuten lässt, handelt es sich hier keineswegs um einen Dan-Brown-Verschnitt, der nach dem Prinzip einer Schnitzeljagd abläuft. Vielmehr ist dies ein Thriller, der in der Großstadt spielt, Großstadt-Typen aufbietet und sich mit den Sünden und Lastern der Metropolen befasst. Der Vatikan ist weit entfernt, und nicht einmal das titelgebende Kruzifix ist ein richtig christliches, sondern vielmehr ein heidnisches Symbol.

Das fehlende religiöse Motiv ist einer der vielen Gründe, warum Hunter und seine beiden Partner aus den beiden Mordserien so lange im Dunkeln tappen. Sie können keine Verbindung zwischen den Opfern herstellen. Die Lösung fällt Hunter erst ein, als ihm das Gesicht des Arbeitgebers einer weiteren verschwundenen Frau bekannt vorkommt, er es aber zunächst nicht zuordnen kann. Es bedarf eines weiteren Schlüssels – den ihm D-King unbeabsichtigt liefert -, damit sich Hunter an einen üblen zurückliegenden Fall aus Beverly Hills erinnert.

Wie es sich gehört, steht Hunters Name als Liste als Letzter auf der Liste der Opfer, an denen sich der Täter rächen will. Doch bis Hunter dies erkennt, ist es für ihn bereits zu spät. Denkt jedenfalls der Leser bzw. Hörer, der hier vom Autor gehörig an der Nase herumgeführt wird. Als sich Hunter in der Bredouille befindet, scheint er völlig hilflos ausgeliefert zu sein. Doch wie so viele Eindrücke in dieser Geschichte ist auch diese Annahme nicht ganz zutreffend…

Der Autor hält uns auf diese Weise mit seinen Wendungen immer wieder auf Trab und bei der Stange. Schauder erregende Motive wie Snuff Movies, in denen ein Opfer erst lange gefoltert und dann getötet wird (vgl. den Film „8 mm“ mit Nicholas Cage), sind nur gruseliges Detail, die grausamen Tötungsmethoden ein weiteres.

Dabei lässt sich der Autor einen genialen Kniff einfallen, um Hunter vom wahren Täter und dessen Identität abzulenken. Ist dieser Kniff plausibel, mag man sich fragen, aber wir sind in dieser Hinsicht keine Fachleute, der Autor (siehe oben) jedoch schon: Er war forensischer Psychologe. Mehr darf zu diesem Rätsel nicht verraten werden, aber der Showdown zwischen Hunter und seinem Möchtegern-Mörder ist ein spannungsreicher Dialog, in dem sich beide gegenseitig überlisten wollen.

Und wie es sich gehört, wird ganz am Schluss in klassischer Manier alles bis ins Kleinste erklärt. Darin folgt Chris Carter klassischen AutorInnen wie Agatha Christie oder Sax Rohmers Detektiv Nero Wolfe. Hauptsache, kein Leser oder Hörer beschwert sich danach, er habe nix kapiert oder Löcher in der Logikkette gefunden. Soweit ich anhand dieser gekürzten Hörbuchversion beurteilen kann, hat Carter alle solchen Löcher gestopft.

Nur an einer Stelle lässt Carter einen Ballermann wie einen Kistenteufel aus einem Nebenraum auftauchen und losfeuern. Das wirkt in der Kurzfassung ziemlich unvermittelt. Der Hoppla-Effekt wird hier mit der Action kombiniert, um einen toten Punkt in der Handlung zu überwinden. Nicht gerade die subtilste Erzählweise.

_Der Sprecher_

Dem Sprecher Achim Buch merkt man es an, dass er ein gestandener Schauspieler ist. Er kann mühelos einen Akzent annehmen und ihn einer Figur wie Isabella geben, die vorgibt, von Italienern abzustammen (wie der Autor selbst). Tatsächlich ist es von höchster Ironie, dass Isabella eine Rolle wie eine echte Schauspielerin spielt – und wird nun von einem Schauspieler dargestellt. Warum sie diese Rolle spielt, darf hier nicht verraten werden.

Auch die Tonhöhe wechselt Buch recht mühelos. D-Kings Mann fürs Grobe Jerome sowie der Bodybuilder Joe Bowman sprechen tiefe, maskuline Sätze, die Mädels klingen natürlich recht hoch und viel sanfter. Unter Einsatz eines Tonfilters verwandelt sich seine Stimme in die eines Roboters, hinter dem der Sprecher praktisch jedes Geschlecht verbergen könnte. Dies gehört zu den vielen Kniffen, um die wahre Identität des Killers zu verschleiern.

_Unterm Strich_

Ohne dass nun ein großer Erkenntniswert über die menschliche Natur dabei vermittelt würde, schafft es die Geschichte doch, den Thrillerfreund permanent zu unterhalten. Die Frage, wann wird der verrückte Killer unserem Ermittler-Cop eine weitere durchgeknallte Aufgabe stellen, sorgt nach einer Weile für Spannung. Ebenso die Frage, ob es den beiden Ermittlern gelingt, das fehlende Stückchen im Puzzle zu finden und das Rätsel zu lösen, das die Identität des Täters und den Zusammenhang zwischen seinen mittlerweile neun Opfern umgibt. Diese Lösung ergibt sich erst nach etlichen Umwegen.

Wenn man etwas erkennt, so die Tatsache, dass sich in den heutigen USA Menschen eine neue Identität wie einen neuen Satz Klamotten zulegen können. Sie können wie Schauspieler in einem neuen Leben auftreten, das sie sich selbst schaffen können. Beglaubigungen wie Geburtsurkunden, akademische Titel oder Zeugnisse lassen sich allesamt fälschen – schwupps hat man einen besseren Job. Doch wehe dem Kerl oder der Frau, der oder die sich auf solche Identitäten verlässt. Das kann schnell ganz böse enden.

|Das Hörbuch|

Die Geschichte hat mich bei der Stange gehalten, und dem Sprecher ist es gelungen, die Dialoge abwechslungsreich genug zu gestalten, dass ich mich nie gelangweilt habe. Nur an ein paar Stellen merkt der aufmerksame Zuhörer, dass der Text kräftig gekürzt wurde.

|4 Audio-CDs mit 277 Minuten Spieldauer
Gelesen von Achim Buch
Originaltitel: The Crucifix Killer (2009)
Aus dem US-Englischen übersetzt von Maja Rößner
ISBN 978-3-86909-030-6|
http://www.hoerbuch-hamburg.de

_Chris Carter bei |Buchwurm.info|:_
[„Der Kruzifix-Killer“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6340

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