Cathala, Bruno / Laget, Serge – Flinke Feger

_Hexen hexen …_

… oder reiten vorzugsweise auch schon mal auf ihren Besen durch die Lande und liefern sich einen erbitterten Wettkampf, der nicht nur über Schnelligkeit, sondern vor allem über die Kunst des Zauberns ausgetragen wird. Zumindest in „Flinke Feger“, der aktuellen Messeneuheit aus dem Hause |Pro Ludo|, in der die Spieler in die Rollen der beliebten Hexen schlüpfen und in sich ein heißes Rennen durch den Waldparcours liefern.

Mitsamt ihres fliegenden Besens raffen sie sich auf, neue Formeln zu erlernen, sie alsbald einzusetzen und somit möglichst weit auf der vorgegebenen Rennstrecke vorzurücken. Doch dort, wo Hexen toben, ist auch schwarze Magie nicht weit. Zu eifrige Besenritter werden verwünscht, andere wiederum werden trotz guten Fortschritts bestraft, weil auch so mancher Tanz auf dem Fortbewegungsgerät Bonuspunkte gibt und somit nicht zwingend die erste Hexe, die einen Zieleinlauf absolviert, das Spiel gewinnen muss. Schließlich siegt nämlich hier tatsächlich, wer den flinkesten Feger bedient …

_Spielmaterial_

• 26 Spielplankarten
• 6 Miniatur-Hexen
• 1 Plättchen Verwünschung
• 9 Würfel mit Zauberformeln
• 6 Sets zu je 9 Zauberkarten
• 27 Karten Schwarze Magie
• 1 Würfelfeld
• 1 Spielanleitung

„Flinke Feger“ bedient sich eines Mechanismus, der in jüngster Zeit scheinbar in Mode gekommen ist, optisch aber auch einiges bietet. Die Spielschachtel wurde nämlich einem Buch nachempfunden und macht sich dementsprechend nobel im heimischen Regal. Davon abgesehen ist auch das eigentliche Material eine Augenweide. Das Design ist prächtig und sorgt für eine sehr ansprechende Atmosphäre, die Grafiken sind darüber hinaus brillant und der flexible Spielplan sowie die grundsätzlich stabile Ausstattung Anlass zum Lob. Dies gilt im Übrigen auch für das sehr schön strukturierte Regelwerk, dessen anschauliche Beschreibungen in diesem Genre absolut vorbildlich sind.

_Spielvorbreitung_

In „Flinke Feger“ wird nicht nur der Inhalt der Schachtel ausgepackt, auch der Karton selber wird in der Tischmitte platziert und verwendet, nämlich in diesem Fall als Würfelfeld. Dies ist übrigens ganz angenehm, wenn man des Lärms der prasselnden Würfel überdrüssig ist, aber das nur nebenbei.

In direkter Nähe zur Schachtel legt man nun das Kartenmaterial bereit. Die Karten der schwarzen Magie werden gemischt und als verdeckter Stapel abgelegt. Die übrigen Karten werden aufgeteilt. Jeder bekommt neun Karten seiner zugehörigen Hexe. Als Letztes baut man das Spielfeld auf, und zwar in der Reihenfolge der Werte der Spielplankarten, welche übrigens mit dem Tiefstwert -2 beginnen. Die Spieler platzieren nun ihre Hexenfiguren auf der 0-Position. Alternativ können jüngere Spieler oder Unerfahrene etwas weiter vorne beginnen, um die Chancen wieder auszugleichen. Sicher keine schlechte Idee.

_Spielablauf_

Es beginnt entweder derjenige Spieler, der im Parcours den letzten Rang belegt (falls dies überhaupt der Fall ist) oder ein beliebig gewählter Starter. Dieser nimmt nun die Würfel an sich und leitet die erste von vier Spielphasen ein, die für alle Teilnehmer gleichsam relevant sind. Das Spiel gliedert sich dabei wie folgt:

|1.) Zauberphase 1: Der Blick ins Buch der großen Magie|

Der Startspieler würfelt nun die neun Würfel in das offene Buch hinein. Alle Beteiligten haben jetzt die Möglichkeit, sich die Symbole auf den Würfeln so lange anzusehen, bis ein Spieler das Buch zuklappt und diese Phase vorzeitig beendet. Dabei sollte er sich aber sicher sein, dass er sich einen genauen Überblick über alle orangefarbenen und schwarzen Symbole verschafft hat, denn dies ist die Voraussetzung, um in den weiteren Runden zu bestehen.

|2.) Zauberphase 2: Eine Formel schreiben|

Die Spieler wählen nun eine der beiden Farben aus, suchen die gesichteten Symbole in ihrer Kartenhand und legen sie verdeckt ab. Allerdings ist darauf zu achten, dass Symbole, die sowohl in orange als auch in schwarz vorhanden waren, in der späteren Wertung herausfallen und daher nicht gefordert werden. Das heißt also, dass man sich zwar bei der Wahl der Zauberformel für eine Farbe entscheiden muss, aber dennoch alle neun gewürfelten Symbole kennen sollte. Alles andere könnte für den weiteren Verlauf verheerende Folgen haben.

|3.) Zauberphase 3: Überprüfen der Formel|

Die ausgelegten Karten werden aufgedeckt, die Spannung steigt. Das Buch wird also aufgeklappt, die Würfel werden daraufhin sortiert. Gleiche Symbole in zwei Farben werden herausgenommen. Anschließend geht es an die Wertung.

|4.) Zauberphase 4: Die Wirkung der Zauberformel umsetzen|

Die letzte Phase gleicht einer Wertung und bestimmt, wie viele Felder bzw. ob man seine Hexe überhaupt weiterbewegen darf. Sollte sich beispielsweise in der Formel ein falsches Element oder eines einer anderen Farbe eingefunden haben, ist die Formel ungültig, und die Hexe muss stehen bleiben. Ist die Formel indes unvollständig, enthält aber ausschließlich richtige Symbole, darf man seine Figur um die Zahl dieser richtigen Übereinstimmungen fortbewegen. Der Optimalfall besteht natürlich in einer vollständigen, lückenlosen Übereinstimmung, also einer perfekten Formel. Auch hier darf man den richtigen Karten entsprechend Felder weiterziehen. Darüber hinaus wird man aber auch noch zünftig belohnt, da sich derlei Luftakrobatik auch im Hexenmetier immer auszahlt. Sollte die perfekte Formel eine rein schwarze gewesen sein, darf man sich so viele schwarze Karten wie Übereinstimmungen vom Kartenstapel nehmen und eine davon behalten. Orange Formeln bringen hingegen den Vorteil, die Hexe um zwei zusätzliche Felder weiterbewegen zu dürfen. Man muss also auch dies berücksichtigen, wenn man die Formeln erlernt, und sich dennoch möglichst schnell dazu entschließen, bestenfalls als Erster das Buch zuzuklappen. Wobei auch hier eine Strafe winkt, wenn man nachher versehentlich eine falsche Formel angibt. Derjenige, der das Buch geschlossen hat, muss dann zwei Felder zurückziehen.

Im Anschluss an die vier Zauberphasen wird der führende Spieler verwünscht. Dies heißt, er wird in der nächsten Runde nicht von einer perfekten Formel profitieren können. Des Weiteren können nun Karten der schwarzen Magie gespielt und Zauber ausgeführt werden. Haben die Spieler ihre Optionen genutzt, beginnt eine neue Runde.

_Spielende_

Sobald ein Spieler das Zielfeld erreicht hat, ist das Spiel zu Ende. Er erhält für diesen Erfolg 25 Punkte für die Wertung im Besenrennen. Alle anderen Spieler, die noch in der gleichen Runde das Spielziel erreichen, erhalten jeweils einen Punkt weniger. Die übrigen Teilnehmer, die ihren Besen nicht über die Ziellinie gebracht haben, zählen indes den Wert, der auf ihrem momentanen Aufenthaltsort abgedruckt ist. Anschließend werden noch Punkte hinzugefügt, die man in den Bonuskarten der schwarzen Magie erhalten hat. Die Endsumme wird nun verglichen und dadurch der Sieger ermittelt – und das ist beileibe nicht immer diejenige Hexe, die als Erste durchs Ziel geflogen ist.

_Persönlicher Eindruck_

„Flinke Feger“ ist eines dieser Spiele, welche schon vor der ersten Partie einen stimmigen Eindruck hinterlassen und alleine schon wegen der außergewöhnlichen, tollen Optik das Interesse des Strategiespiel-Publikums auf sich ziehen. Dabei wirkt das Spielsystem an sich recht anspruchslos und simpel, bisweilen sogar gewöhnlich, entpuppt sich aber im Laufe einer Partie zu einem echt beweglichen, vielschichtigen Element, welches darüber hinaus auch für reichlich Tempo und eine ausgewogene Dynamik sorgt.

Überraschend ist allerdings, dass das Spiel tatsächlich auch strategisch aufgebaut ist, scheinen doch zunächst nur eine gute Kognition sowie eine ausgeprägte Merkfähigkeit gefordert zu sein. Doch in „Flinke Feger“ geht es um mehr als bloß um Schnelligkeit und ein gutes Gedächtnis. Es ist entscheidend, wie man seine Karten einsetzt, ob man sich wirklich dazu entschließt, das Feld anzuführen, oder doch lieber hinten abwartet und überhaupt, ob man nicht mal riskiert, den Deckel auf gut Glück zu schließen, um die Konkurrenz ein wenig zu verwirren. Allerdings sollte man mindestens zu dritt sein, um das Spiel bzw. dessen Potenzial auch gänzlich ausreizen zu können. Ein Duell zu zweit ist zwar grundsätzlich auch möglich, jedoch den Erfahrungen nach nicht die erstrebenswerteste Variante, weil die strategische Komponente doch ein ganzes Stück zurücksteckt. In allen anderen Fassungen entwickelt sich der rasante Kampf der „Flinken Feger“ hingegen zu einem Spaßgaranten mit starkem Konzept, vorbildlichen Ideen und einem genialen Mechanismus.

Nach dem sagenhaften [„Kleopatra und die Baumeister“ 3549 beweist Autor Bruno Cathala einmal mehr, welch Talent in seiner Federführung steckt. „Flinke Feger“ ist rückblickend definitiv eines der Highlights der Essener Messe gewesen und als solches ein echter Geheimtipp für Allround-Spieler.

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