Max Allan Collins – CSI Las Vegas: Das Versprechen

In Las Vegas treibt wieder ein Serienkiller sein blutiges Unwesen. Das CSI-Team um Gil Grissom tappt (zu) lange im Dunkeln, weshalb sich die Leichen häufen. Schließlich taucht ein zweiter Mörder auf, der dem ersten als ‚Vorbild‘ diente, und metzelt sich empört durch die Wüstenstadt, um den frechen Nachahmer zu strafen … – Mittelmäßiger, aber routiniert geschriebener und flott zu lesender Roman zur erfolgreichen TV-Serie „CSI Las Vegas“, der den Ton der Vorlage vorzüglich trifft. Für Fans daher ein Muss, doch auch für ‚normale‘ Krimileser taugliche Lektüre.

Das geschieht:

Ein Mörder geht um im Norden von Las Vegas, der Spielermetropole in der Wüste des US-Staats Nevada. Grausam hat er sein Opfer überfallen, gequält und erdrosselt. Dieser Modus Operandi lässt bei Gus Grissom, Leiter der Nachtschicht der CSI (Crime Scene Investigation) Las Vegas, die Alarmglocken schrillen, und der zum Tatort gerufene Detective Jim Brass bestätigt es: Offenbar ist der „CASt“ wieder aktiv geworden, ein Serienmörder, der vor elf Jahren fünf Menschen umbrachte und von der Polizei nie gefasst wurde. Für den damals mit dem Fall betrauten Brass hat sich der CASt zum Trauma entwickelt. Dieses Mal will er ihn haben, koste es was es wolle!

Allerdings stellt sich heraus, dass ein Nachahmungstäter am Werk war – jemand, der allerdings einige mörderische Besonderheiten kennt, welche die Polizei der Presse einst unterschlagen hatte. Das engt den Kreis der Verdächtigen ein. Besonders sorgfältig unter die Lupe nehmen Brass, Grissom und das CSI-Team das Autorenduo Perry Bell und David Paquette, welche einen „True Crime“-Bestseller über den CASt veröffentlicht haben. Gleichzeitig wird alten, längst erkalteten Spuren noch einmal nachgegangen. Die CSI-Spezialisten kommen langsam voran – zu langsam, denn es folgt ein weiterer Mord, dann noch einer, besonders brutaler. Dazu erhalten Bell und Paquette ein Bekennerschreiber: Der echte CASt meldet sich zurück. Über den Nachahmer, der ihm die Schau stiehlt, ist er empört und kündigt seine Rückkehr und Rache an.

Jetzt brennt es im CSI, zumal die Medien und die Politik aufmerksam geworden sind. Grissom und seine Leute geraten zunehmend unter Druck. Der ‚alte‘ und der ‚neue‘ CASt liefern sich ein bizarres Wettrennen. Was haben sie vor – und wie lassen sie sich endlich stoppen? Die Zeit läuft der CSI davon, doch intensive Spurensuche und hartnäckige Analysen zeitigen endlich Ergebnisse – völlig unerwartete freilich …

Kein reines Merchandising-Abfallprodukt

Rasant, glatt, für den raschen Verbrauch bestimmt – solche Wörter schießen einem durch den Kopf, wenn man ein Buch wie dieses liest. „Das Versprechen“ ist halb Unterhaltungsliteratur, halb ‚Ware‘ und als solche Bestandteil des Franchises, das um die TV-Krimiserie „CSI“ entstanden ist. Sie hatte drei Ableger („CSI Miami“, „CSI New York“, „CSI Cyber“), es gab Comics, Computerspiele – und „Romane zur Serie“. Diese wurden u. a. vom Genreveteranen Max Allan Collins geschrieben, worüber der Leser dankbar sein sollte.

Collins verfasst Film- und TV-Romane als Handwerk, das er allerdings ausgezeichnet beherrscht. Auch „Das Versprechen“ ist ein gelungener Beitrag zur Reihe. Der Plot – zwar nicht neu – ist solide und wird ebenso logisch wie spannend entwickelt. Es ereignen sich immer wieder „twists“, welche die Handlung plötzlich in eine unerwartete Richtung treiben. Auf dem Bildschirm ist das in Bild und Ton wesentlich einfacher bzw. überzeugender darzustellen als auf dem Papier aber Collins meistert diese Hürde.

Mindestens ebenso wichtig wie die Story ist der Tonfall, in dem sie erzählt wird. „CSI“-Leser sind (oder waren) in der Regel auch „CSI“-Zuschauer. Die Serie hat ihren eigenen Stil, der sie unverwechselbar macht, weshalb die Leser der „tie-in“-Romane – so der Fachterminus für Bücher zu Kino- und Fernsehfilmen – ihn ebenfalls zu finden wünschen. Collins gelingt es, die schnellen Schnitte ebenso wie die atmosphärisch in Szene gesetzten Tatorte und Laborszenen in Worte zu gießen. Schließt man die Augen, meint man in der Tat eine nie verfilmte „CSI“-Episode zu „sehen“.

Da sind sie – tatsächlich sie!

Im Mittelpunkt des Geschehens steht dieses Mal Jim Brass. Natürlich geben – Gil Grissom voran – alle Mitglieder des „CSI“-Teams ihre Vorstellungen, doch manche/r muss sich dieses Mal mit einem Cameo-Auftritt zufrieden geben. Warrick Brown wird nur der Vollständigkeit halber erwähnt. Auch dieses Ungleichgewicht lehnt sich an die Serie an. In einem nächsten Roman werden wieder andere CSIler die Hauptrollen spielen – wobei die Stimmigkeit der Figurenzeichnung die Illusion perfekt macht. Collins steht hier vor einer besonderen Herausforderung: Gil Grissom, Warrick Brown, Catherine Willows, Nick Stokes, Sara Sidle, Jim Brass, sogar der Berufsjugendliche Greg Sanders und der würdige Dr. Robbins haben ihre Fans. Diese haben sich an ihre Favoriten gewöhnt. Ungeachtet des Mediums, in dem sie sich zeigen, sollen sie sich gefälligst benehmen und sprechen wie sie es im Fernsehen tun. Schon das ist eine Kunst, die Collins erfreulich gut beherrscht.

Auch ein zweites Problem ist für ihn keines: Ein Buch hat sehr viel mehr Seiten als ein Drehbuch, das die Vorlage für eine filmisch erzählte Story liefert. Es reicht folglich nicht, sich auf Dialoge und die Beschreibung von Action zu beschränken. Zwar ist es einfach den Figuren eine individuelle Vergangenheit zu schneidern. Das verbietet jedoch der Franchise-Codex: Das Buch zum Film darf niemals dem Film vorgreifen. Kontinuität ist wichtig. Wiederum verlangt sie die Fangemeinde, die Dissonanzen sehr wohl und ungnädig zur Kenntnis nimmt. Darüber hinaus steht der Film über dem Buch. Schließlich bringt er mehr Geld ein.

Folglich müssen sich Grissom & Co. stets exakt so verhalten wie in ‚ihrer‘ Serie. Eine persönliche Entwicklung bleibt ihnen verwehrt, sie dürfen nichts erleben, auf das die Drehbücher Bezug nehmen müssten. „Franchise“ bedeutet das unablässige Kreisen um den größten gemeinsamen Nenner: Das Produkt – und „CSI“ ist primär ein solches – soll möglichst vielen „Kunden“ gefallen, von ihnen zur Kenntnis genommen und gekauft werden. Originalität ist Nebensache oder sogar unerwünscht. Umso höher gilt es Collins’ Leistung zu schätzen. Im schmalen Freiraum, der ihm die beschriebenen Grenzen lassen, bewegt er sich leichtfüßig und sorgt für gute Unterhaltung.

Autor

Max Allan Collins wurde 1948 in Muscatine, US-Staat Iowa, geboren. Er entwickelte wie viele Kinder ein ausgeprägtes Interesse an Comics, entdeckte aber auch generell seine Liebe zur Populärkultur: zum Thriller, zur Musik, zum Fernsehen und für den Film. In den ersten beiden Jahren als Student arbeitete Collins als Reporter. Ab 1971 unterrichtete er Englisch an einem College. 1977 gab er dies auf und etablierte sich als freier Schriftsteller. Sechs Jahre zuvor hatte er seinen ersten Roman verkaufen können: „Bait Money“ (dt. „Köder für Nolan“) wurde zugleich das Debüt seines ersten Serienhelden Nolan, der als professioneller Dieb ständig mit der Polizei wie mit der Unterwelt in Konflikt gerät.

1975 schuf Collins seine bisher bekannteste und erfolgreichste Figur. Ursprünglich war der Privatdetektiv Nathan Heller als Held einer Comic-Serie geplant, die jedoch ihre Premiere nicht mehr erlebte. Die aufwändigen Recherchen versetzten den Schriftsteller in die Lage, Heller 1983 mit „True Detective“ (dt. „Chicago 1933“) einen ebenso voluminösen wie eindrucksvollen ersten Auftritt zu verschaffen. Wie selten zuvor im Genre gelang Collins die Einbettung des klassischen Schnüfflers in das historische Umfeld der frühen 1930er Jahre.

Im Comic-Bereich feierte Collins erste Erfolge als Texter für den Klassiker „Dick Tracy“, der seit 1931 läuft. Collins führte die Serie an ihre Ursprünge zurück und zu neuem Ansehen. Er textete auch für „Batman“ und schuf mit dem Zeichner Terry Beatty die erfolgreiche Comic-Serie „Ms. Tree“ um eine weibliche Privatdetektivin.

1990 entdeckte Collins ein neues Betätigungsfeld: Als „Dick-Tracy“-Spezialist wurde er engagiert, das Buch zum Film von und mit Warren Beatty zu verfassen. Auch zwei Fortsetzungen flossen aus seiner Feder. Der Damm war gebrochen, seitdem schreibt Collins (unterstützt von Co-Autoren, im vorgestellten Buch ist es Matthew V. Clemens) immer wieder „tie-ins“, die gegenüber den allzu oft minderwertigen, weil als Nebenprodukt zum Film produzierten Romanen weniger talentierter bzw. inspirierter Kollegen durch ihre sorgfältige Machart und ihre Lesbarkeit auffallen.

Gebunden: 272 Seiten
Originaltitel: CSI: Crime Scene Investigation – Binding Ties (New York : Pocket Books 2005)
Übersetzung: Antje Görnig

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