Michael Coren – C. S. Lewis – Der Mann, der Narnia schuf

Der Narnia-Mann: bildreicher, unterhaltsamer Einstieg

C.S. Lewis ist der Schöpfer des Narnia-Universums und Autor zahlreicher Klassiker der Weltliteratur wie die „Dienstanweisung an einen Unterteufel“ und die „Perelandra“-Trilogie. Die Verfilmung seines ersten Narnia-Kinderbuches kommt zu Weihnachten in unsere Kinos. Ein Teil seines Lebens wurde in dem Spielfilm „Shadowlands“, mit Anthony Hopkins in der Rolle des Autors, auf die Leinwand gebracht. Ein Bild daraus wurde als Titelbild verwendet.

Der Autor

Michael Coren arbeitet hauptberuflich als Radio- und Fernsehsprecher in Toronto und hat auch über Lewis’ Freund und Mit-Inkling J.R.R. Tolkien eine Biografie veröffentlicht.

Über C.S. Lewis

Clive Staples Lewis, der von 1898 bis 1963 lebte, war ein Freund und Kollege Professor J.R.R. Tolkiens. Dass dieser zufällige Umstand ihn auszeichnen soll, lässt darauf schließen, dass er im Bewusstsein der gegenwärtigen Leser hinter seinem bekannter gewordenen Kollegen zurückgetreten, wenn nicht sogar fast verschwunden ist. Tolkiens Stern leuchtet heller. Das war zu Lewis’ Lebzeiten genau umgekehrt.

Dabei hat Lewis sowohl in der Fantasy als auch Science-Fiction Spuren hinterlassen. Auch in der Philosophie und Theologie schrieb er bekannte und gelobte Werke. Doch lediglich die „Chroniken von Narnia“, Fantasy für kleine und große Kinder, wurde auch verfilmt. Die Science-Fiction-Trilogie „Perelandra“, eine ambitionierter Weltentwurf, ist eben zu sperrig und dialoglastig für den heutigen Geschmack.

In den Narnia-Büchern hingegen kommen altbekannte Fantasythemen zum Tragen, so etwa der Gegensatz zwischen Gut und Böse. Außerdem ist Narnia eine Parallelwelt, die durch ein Tor erreicht wird; es gibt sogar Zeitreisen und andere Dimensionen. Die Bücher werden als christliche Allegorien interpretiert, aber das würde ihnen wenig gerecht: Sie sind hervorragende und bewegende Geschichten – wenn auch mit sprechenden Tieren. Lewis’ bester Freund Tolkien konnte sich damit nicht anfreunden, denn er mochte das Stilmittel der Allegorie nicht.

C. S. Lewis bei Buchwurm.info:

[Das Wunder von Narnia 1858
[Der König von Narnia 1758
[Hörbuchfassung 356
[Der Ritt nach Narnia 1933
[Perelandra-Trilogie 1665
[Der Reiseführer durch Narnia 1664

Die Biografie

Nach einer glücklichen Kindheit in seinem Geburtsort Belfast starb C.S. Lewis’ Mutter 1908, als er zehn war. Das veränderte sein Leben völlig. Sein Vater Albert steckte ihn in ein strenges Internat, doch das wurde geschlossen, und so hatte er das Glück, nach Südengland geschickt zu werden. Schon bald erkannten seine Lehrer seine außergewöhnliche Begabtheit, doch nur einer unter ihnen brachte Lewis eigenständiges Denken bei. Es zog ihn nach Oxford, an die Universität.

To war!

Im Sommer 1914 brach der Große Krieg aus, von dem jeder außer Lewis annahm, dass er bis Weihnachten vorüber wäre. Doch dieser Krieg war anders als alle Kriege zuvor: ein Stellungskrieg, der in Schützengräben ausgefochten wurde, in denen die Jugend Europas verblutete. Lewis meldete sich freiwillig und wurde im April 1918 so schwer verwundet, dass man ihn schon abgeschrieben hatte. Er kam ins Lazarett und genas in der Heimat. Sein Freund Tolkien war eingezogen worden und schon 1917 am tückischen Grabenfieber erkrankt, von dem er sich in England erholte. Beide dachten nicht, dass sie und ihre Kinder einen weiteren solchen Krieg würden erleben müssen.

Die Gelehrtenrepublik

Doch während der gläubige Katholik Tolkien mit seiner Edith ein Kind nach dem anderen bekam, dachte der Protestant Lewis nicht einmal ans Heiraten. Dabei war er weder homosexuell noch ein Frauenfeind, wie behauptet wurde. Er lebte bei seiner Quasi-Adoptivmutter Mrs. Moore im Oxforder Ortsteil Headington, in einem schnuckeligen Haus namens „The Kilns“ (es gab hier einst Ziegelbrennöfen), das ringsum von grüner Natür umgeben war.

Hier und im Oxforder Pub „The Eagle and Child“, den sie nur „Bird and Baby“ nannten, traf sich der frischgebackene Oxforder Dozent Lewis mit Tolkien und anderen Gelehrten, um zu debattieren, zu erzählen oder einander Manuskripte vorzulesen. Denn alle schrieben stets an irgendetwas. Tolkien veröffentlichte 1937 „The Hobbit“ mit großem Erfolg und sollte eine Fortsetzung schreiben. Bekanntlich brauchte er dafür 17 Jahre. Lewis diente als Vorbild für den Ent „Baumbart“.

Werke

Lewis schrieb seit 1933 ebenfalls dauernd. Sein Bestseller wurde zu seiner eigenen Überraschung „The Screwtape letters“, deutscher Titel: „Dienstanweisung für einen Unterteufel“ (1942). Der Erfolg brachte ihm die Aufmerksamkeit der BBC ein, und er hielt dort sehr beliebte kurze Vorträge. Lewis, der aus dem Krieg als Atheist zurückgekommen war, fand seinen Glauben an Gott wieder, doch dieser Glaube war ebenso tolerant wie unorthodox, basierte auf dem Naturrecht. Dass er mit seinem Wunderglauben („Miracles“, 1947) falsch lag, hätte er sich nie träumen lassen, bis ihn die Oxforder Dozentin Elizabeth Anscombe am 2.2.1948 in einer denkwürdigen Debattierstunde eines Besseren belehrte. Lewis steckte seine allererste Niederlage als Debattierer und Christ ein, und das hatte weitreichende Folgen.

Nach Narnia

Weil er seine Überzeugungen revidieren musste, ließ er das literarische Predigen sein und begann eine sehr alte Idee zu verwirklichen: ein Kinderbuch. Er zeigt es 1948 Tolkien, der nicht viel davon hielt, alldieweil er das Mittel der Allegorie ablehnte. Andere Freunde waren nicht so ablehnend, und so veröffentlichte Lewis „The Lion, the Witch and the Wardrobe“ 1950 mit großem Erfolg. Viele seiner Lieblingsbücher aus Kindertagen fanden darin Eingang, u. a. Romane von Nesbitt und Burnett. Dass Gott eine Löwengestalt annehmen könnte, war eine Anregung seines Inklingfreundes Charles Williams (gestorben 1945).

Der Erfolg der sieben Narnia-Romane übertraf den seiner SF-Trilogie „Perelandra“ bei weitem. Doch er machte Lewis nicht zu einem reichen Mann, denn Lewis kümmerte sich überhaupt nicht um solche profanen Dinge wie Buchhaltung. Aber er wurde insgesamt dreimal bei der Zuweisung eines Lehrstuhls in Oxford übergangen, deshalb empfahl ihm Tolkien, einen in Cambridge anzunehmen. Den lehnte er zweimal ab, doch beim dritten Mal nahm er an. Er musste weniger arbeiten, bekam aber mehr Geld, freute er sich.

Love, actually

Lewis war bereits 52 und hatte nur noch 13 Jahre zu leben, als er die große Liebe kennen lernte. Joy Davidman war ein Amerikanerin und bewunderte seine theologischen und philosophischen Schriften. Sie hatte zwei Söhne und einen untreuen Ehemann, William Gresham. Zunächst reiste sie nach England, um Lewis als Fan und Brieffreundin zu besuchen. Daraus wurde mehr, zunächst Zuneigung, dann Vertrautheit. Erst zog sie in die Nähe von „The Kilns“ und arbeitete, doch als ihr Touristenvisum ablief, sollte sie das Land verlassen. Lewis heiratete sie standesamtlich, damit sie bleiben konnte. Als ihre Beziehung sich vertiefte, wollte er sie auch kirchlich heiraten, aber der Bischof in Oxford weigerte sich, denn eine einmal geschiedene Frau zu ehelichen, war in seinen Augen und in denen der Kirche von England Ehebruch. Lewis und Joy ließen sich trotzdem trauen.

Die kurze Zeit des Glücks endete jedoch, als Joy zusammenbrach. Bei ihr wurde Krebs diagnostiziert. Lewis war untröstlich und erkannte, wie sehr er sie liebte. Wundersamerweise genas Joy wieder und konnte mit ihm zwei Reisen unternehmen, in seine Heimat Irland und nach Griechenland. Sie brach erneut zusammen, als der Krebs wieder ausbrach, und starb 1960. Von diesem Schlag erholte sich Lewis nie wieder. Er starb 1963, wenige Tage vor seinem 65. Geburtstag.

Mein Eindruck

Der Autor Coren bringt dem Leser „Jack“ Lewis wirklich sehr nahe und lässt ihn vor uns lebendig werden, insbesondere im ersten (Kindheit) und im letzten Fünftel (Liebesgeschichte). Es wird auch deutlich, wo die zahlreichen Wurzeln Narnias liegen – schließlich wird Lewis als „der Mann, der Narnia schuf“ vorgestellt. Der Narnia-Fan darf sich auch einer detaillierten Chronologie Narnias und einer Landkarte des Landes erfreuen. Das sind willkommene Zugaben, die man in den Romanen vergeblich sucht, aber sehr nötig sind, denn Lewis hat die Romane nicht in chronologischer Reihenfolge veröffentlicht. Auch alte Titelbilder sind abgedruckt. Eine Zeittafel und ein Werkverzeichnis ordnen die Narnia-Bücher in Leben und Werk von Lewis ein.

Allerdings maßt sich Coren nicht an, die Handlungen der sieben Narnia-Romane zu interpretieren (S. 79ff), aber die wichtigsten Figuren sind ziemlich deutlich: Aslan ist der personifizierte Gott als Schöpfer und liebendes Prinzip. In der Mitte von Narnia wächst der Baum des Friedens. Bestimmte Regionen von Narnia erinnern deutlich an den Garten Eden, und selbstverständlich werden die braven Besucher dort auch in Versuchung geführt. Die Zauberin Jadis verkörpert das lebensfeindliche und Liebe verneinende Prinzip, vulgo: Satan, den Widersacher, den Teufel. Tausende von Jahren wird sie vertrieben, doch sie kehrt zurück. Es kommt zur letzten Schlacht.

Für Tolkien-Kenner ist es vielleicht interessant, wie viele bekannte Elemente aus Tolkiens Mythologie sich auch bei Lewis finden. Darauf geht Coren allerdings nicht ein. Sein Augenmerk gilt vielmehr der Arbeit Lewis‘ und seiner Wirkung auf die Zeitgenossen. In christlichen Kreisen zählt Lewis unangefochten zu den Top-Autoren. Die Inklings-Gesellschaft, deren Mitglied ich bin, hält regelmäßig Symposien zu diesem wichtigen Autor ab.

Die zahlreichen Fotografien und Illustrationen machen das Büchlein zu einer anschaulichen Bildmonografie, wie man sie aus dem |Rowohlt|-Verlag seit Jahrzehnten kennt. Und genauso schnell lässt sich das Buch auch lesen: Ich hatte es in wenigen Stunden durch. Dass der antike Dichter Vergil als „Virgil“ in der Übersetzung auftaucht, störte mich nicht, aber es hätte in einem Fachbuch nicht passieren sollen. Wenigstens ist das Stichwortverzeichnis erhalten geblieben und sehr brauchbar. Die deutschen Titel der Narnia-Romane sind in ihrer aktualisierten Form aufgelistet (S. 85). So heißt es nun nicht mehr „Wiedersehen in Narnia“, sondern „Prinz Kaspian von Narnia“.

Unterm Strich

Diese Bildmonografie ermöglicht einen raschen Einstieg und schnelle Bekanntschaft mit Werk und Leben von Clive Staples Lewis (1898-1963), setzt sich aber nur selten kritisch mit den Thesen des Autors auseinander. Um Lewis zu relativieren, zitiert der Autor mehrere Quellen wie etwa Tolkien. Auch die famose Debattierstunde am 2.2.48 wird genau beschrieben und zeigt Lewis in einer seiner dunkelsten Stunden. Der Autor behauptet nicht, alles bis ins kleinste Detail über Lewis und Joy Davidman erfahren zu haben, aber das hier präsentierte Material gewährt einen tiefen Einblick in eine der wichtigsten und schönsten literarischen Liebesgeschichten des 20. Jahrhunderts.

Das Buch bildet einen guten Ausgangspunkt, um sich mit den zitierten Werken eingehender zu befassen. Dies betrifft natürlich zunächst die beliebten Narnia-Chroniken und vielleicht sogar die Perelandra-Trilogie, aber man sollte auch nicht die theoretischen Schriften verschmähen, z.B. „Die Abschaffung des Menschen“ (1943). Die angegebenen fünf Biografien über Lewis sind gute weiterführende Werke, darunter wurden zwei Bücher von deutschen Mitgliedern der internationalen Inklings-Gesellschaft verfasst. Mit knapp zehn Euro ist der Preis nicht zu hoch angesetzt.

Der Autor vergibt: (4.5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (1 Stimmen, Durchschnitt: 5,00 von 5)

Taschenbuch: 120 Seiten
Originaltitel: The man who created Narnia – the story of C.S. Lewis, 1994
Aus dem US-Englischen von Barbara Trebing
www.brendow-verlag.de
Zeittafel zu C.S. Lewis unter http://cslewis-preis.de/DasLebendesCSLewis-Zeittafel.pdf.