Catherine Coulter ist schon lange als Autorin aktiv und hat viele Bücher und Serien aus dem Genre der Romantik verfasst. Ihre Werke sind also eher im Bereich der Literatur für Frauen wiederzufinden. Der Durchbruch gelang Catherine Coulter aber mit ihren Psycho-Thrillern und Krimis rund um das FBI-Ehepaar Dillon Savich und Lacey Sherlock, die souverän die Handlung bestreiten. Mit „Angst“ ist ein weiterer Roman aus dieser Reihe bei |Heyne| erschienen.
_Die Geschichte_
Ruth Warnecki, eine junge FBI-Agentin, hat ein recht exotisches und abenteuerliches Hobby – wenn sie nicht gerade für die Bundesbehörde ermittelt, geht sie auf Schatzsuche. Durch Zufall kam sie nun in den Besitz einer alten Karte, die der Schlüssel zu einem Goldschatz aus dem amerikanischen Bürgerkrieg sein soll. Doch Ruth ist skeptisch und vorsichtig und geht niemals unvorbereitet ein Wagnis ein.
Doch diese Suche unterscheidet sich von den anderen: In einem großen Höhlensystem – Winkel’s Cave in Virginia – verliert sie aus nicht zu erklärenden Gründen ihre Orientierung. Voller Panik und am Rande einer Hysterie, verirrt sie sich immer mehr in dem labyrinthenen Höhlenkomplex …
Zeitgleich sehen sich die FBI-Agenten Dillon Savich und Lacey Sherlock einer ganz anderen, aber genauso beängstigten Situation gegenüber. Ein entfernter Bekannter wurde entführt, das Motiv der beiden Kidnapper bleibt im Unklaren für die Ermittler. Merkwürdig ist nur, dass die Entführer scheinbar eine persönliche Rechnung mit Savich zu begleichen haben.
Bei dem Befreiungsversuch eskaliert die Situation, und das ermittelnde Ehepaar entgeht bei einer Explosion nur knapp dem Tod. Wenig später stellen sie fest, dass das Gangsterpärchen Moses und Grace ihr Opfer getötet und auf einem nahegelegenen Friedhof verscharrt hat. Sie kommen zu spät, werden verhöhnt und die gegenseitige Jagd hat begonnen.
Inzwischen wird Ruth Warnecki vom Sheriff Dixon Noble aus Maestro, eine kleine Ortschaft mitten im Wald von Virginia, praktisch vor seiner Haustür bewusstlos aufgefunden. Dixon nimmt sich der jungen Agentin an, pflegt sie, so gut er es vermag. Als Ruth ihr Bewusstsein wiedererlangt, ist sie körperlich zwar gesund, aber sie kann sich weder an die Ereignisse innerhalb des Höhlensystems erinnern, noch weiß sie überhaupt, wer sie eigentlich ist.
Wenig später wird in einer Nacht ein Mordanschlag auf die orientierungslose Frau verübt, den sie aber mit Hilfe des Sheriffs abwehren kann. Bei einer wilden Verfolgungsjagd werden die beiden Attentäter durch einen Unfall getötet.
Wer hat ein Interesse daran, die Agentin umzubringen, und warum? In dem kleinen Ort begegnet man der jungen Frau mit Vorsicht und Skepsis, und bei den Ermittlungen kommen die ersten Widersprüche zu Tage. In der Stadt, wird Ruth schnell klar, geht irgendetwas vor sich, aber noch kann sie es außer einem wagen Gefühl nicht deuten.
Dillon Savich und seine Frau, die inzwischen auch Ruth vermissen, werden durch die Meldung des Sheriffs aufmerksam und finden wenig später den Weg zu Ruth. Durch diese Begegnung wird ihre Amnesie aufgehoben, doch noch immer ist nicht geklärt, wer ihren Tod wollte und was in dem Höhlensystem geschehen ist.
Als Ruth zusammen mit Sheriff Dixon und ihren beiden Freunden die unheimliche Höhle betritt, um endgültig ihrer Angst entgegenzutreten, finden die vier die Leiche einer jungen Studentin, die an der nahegelegen Musikhochschule studiert hat …
Wer hatte Interesse daran, diese junge Frau zu ermorden, und warum ist Ruth im Gegensatz zu ihr in dem Höhlensystem mit dem Leben davongekommen – ein Zufall oder Absicht? Auch das mörderische Pärchen Moses und Grace terrorisiert mit Telefonaten Savich und Sherlock, die wiederum auf ihre Art die Konfrontation suchen müssen, um zu erfahren, was in der Vergangenheit vorgefallen ist …
_Kritik_
Dass Catherine Coulter ihre schriftstellerischen Ambitionen zumeist im Genre des Liebesromans verwirklicht, kann man nach der Lektüre zunächst kaum glauben. „Angst“ ist nämlich ein lesenswerter, interessanter Thriller, der zwei Handlungsstränge parallel erzählt. Allerdings ist die persönliche Geschichte der Agentin Ruth Warnecki primär dichter dargestellt und wirkt auch viel abwechslungsreicher. Mancher Verdacht, den der Leser hier hegen könnte, verflüchtigt sich schnell, und oftmals verwundert die Entwicklung der Handlung – für Überraschungen ist hier also gesorgt.
Allein der Auftakt der Geschichte mit der spannenden Suche nach einem Goldschatz aus dem amerikanischen Bürgerkrieg war für einen Thriller ein ungemein gelungener Einfall, um sogleich das Interesse zu wecken. Die Geschichte entwickelt sich unaufhaltsam weiter, und mit jedem kleinen Detail vervollständigt sich diese und hebt die Spannung. Für die bodenständigen Realisten unter uns, die in Thrillern nach Authentizität suchen, wirkt dieser Roman dabei trotz aller Verwicklungen durchaus glaubhaft und nachvollziehbar.
Ein allerdings auffälliger Kritikpunkt ist der doch spürbar schwächere Plot um das FBI-Ehepaar. Hier wird dem Leser das Motiv der Rache vorenthalten, das Moses und Grace antreibt. Ihre Figuren bleiben fast schon unbeleuchtet auf der erzählerischen Strecke; selbst beim Endspurt blieben für mich noch diverse Fragen offen, und leider gab es auch keinen Hinweis darauf, ob die Motivation der Verbrecher in den früheren Romanen zu finden sein könnte. Aus diesem Handlungsstrang hätte man viel mehr machen können, denn die bösartige aber intelligente Vorgehensweise von Moses und Grace lässt der Spannung ungeheuer viel Raum, um sich entfalten zu können. Leider hat hier die Autorin zu Gunsten von Ruth Warnecki entschieden.
Die Charaktere der Hauptpersonen sind für mich recht untypisch aufgeschlüsselt. Die eigentlichen „Bösen“ sind vielschichtiger und lebensnaher beschrieben als die „guten“ Polizisten, die fast über keine Schwächen verfügen, sondern immer klar und selbstsicher, ehrenvoll und überlegen auftreten.
Die Spannung entwickelt sich potenziell und hangelt sich an den sparsam dosierten Momenten von Actioneinlagen entlang. Catherine Coulter versteht sich darauf, dem Leser (fast) ohne großes Blutvergießen einen spannenden Roman zu präsentieren.
_Fazit_
Catherine Coulter hat mit „Angst“ durchaus bewiesen, dass sie neben ihren Romanzen auch das gegensätzliche Genre des Thrillers talentiert bedienen kann. Schwächen sind, wie schon erwähnt, in den charakterlichen Lücken der Protagonisten zu finden sowie bei einigen offenen Punkten in der Vergangenheit des kleinen Ortes, in dem der größere Teil der Handlung stattfindet. Diese ungeklärten Punkte legen die Vermutung nahe, dass man die Figuren an der Seite von Savich und Sherlock in weiteren Romanen antreffen wird.
„Angst“ kann man ruhig unabhängig von den Vorgängertiteln lesen, doch empfehle, bei Interesse die Romane chronologisch anzugehen, um die bei der Einzellektüre verbleibenden Schwachpunkte in „Angst“ auszubessern.
_Die Autorin_
Catherine Coulter ist eine seit langem bekannte Autorin, die neben ihren romantischen Liebesromanen ihren schriftstellerischen Durchbruch mit ihren Thrillern krönen konnte. Ihre Romane findet man oftmals in amerikanischen Bestsellerlisten wie denen der |New York Times| wieder. Catherine Coulter lebt zusammen mit ihrem Mann in Nordkalifornien. Weitere Romane mit den Charakteren Savich und Sherlock sind in Vorbereitung.
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