Crisse – Atalante 1: Der Pakt

_Story_

Griechenland zur Zeit der Antike: Könis Iasos lehnt seine neugeborene Tochter ab, weil ihr aufgrund ihres Geschlechts seine Nachfolge niemals möglich sein wird. Im letzten Augenblick kann ihn die Amazone Imandra vom Gedanken, seinen Nachwuchs zu töten, abbringen, woraufhin Iasos beschließt, die Tochter auf dem Berg Parthenion auszusetzen und sie dort ihrem Schicksal zu überlassen. Bevor sie jedoch dort angelangt, wird der Trupp des Königs von einigen Göttinnen abgefangen, die ihre Wiege schließlich in den Fluss setzen, nachdem sie dem Kind einige elementare Gaben geschenkt haben.

Das Kind landet schließlich bei den Waldfaunen, wird auf den Namen Atalante getauft und wächst mit ganz besonderen Kräften auf. Doch eines Tages wird sie von Jägern aufgespürt und landet bei einem Volk von Seefahrern. Vom Ziel beflügelt, eines Tages einmal bei den Amazonen zu stranden, lässt sie sich auf einen Pakt mit deren Anführern Jason und Orpheus ein: Sie soll den gefangenen König Chiron von den Zentauren befreien und somit die Völker retten, mit denen sie einst im Wald gelebt hat. Wieder beginnt ein neuer Lebensabschnitt für Atalante. Doch dieses Mal bestimmt sie selbst über den weiteren Weg …

_Meine Meinung_

Mit seiner Comic-Serie „Atalante“ begibt sich der renommierte Comic-Autor Crisse auf bewährtes Gebiet und führt seine Leser auf eine Reise durch die griechische Antike. Begleitet von Mythen, Göttinnen, Sagen und Ungerechtigkeiten baut er hier einen unscheinbaren Charakter auf und gewährt ihm neben all den berühmten Gestalten jener Zeit erst nach und nach die erforderlichen Entfaltungsspielräume. Insofern ist „Der Pakt“ vornehmlich auch tatsächlich nur als Auftaktveranstaltung einer bis dato recht interessanten, allerdings auch recht typischen Reihe zu verstehen, in der sich die innovativen Momente zunächst auf die vielen witzigen Zeichnungen beschränken, die Crisse zwischendurch einblendet. Doch dies ist für die Überzeugungskraft von „Atalante“ letzten Endes auch nur zweitrangig.

Bedeutsamer ist indes der tolle Aufbau der Abenteuergeschichte: Direkt von der ersten Seite an erstellt Crisse in der Titelheldin eine Identifikationsfigur, wie sie Buche steht. Von der Familie ausgestoßen und von den Göttern als Spielball benutzt, ist Atalante stets in der Opferrolle. Andere bestimmen über ihr Schicksal; sie hingegen befindet sich in einer nimmer endenden Abhängigkeit, die erst dann zu brechen droht, als sie ein Ziel vor Augen hat.

Eines Tages entdeckt sie im Wasser eine Amazone und ist sofort fasziniert von deren Ausstrahlung. Diese elegante Erscheinung hat sie zutiefst beeindruckt, und von dort an weiß die hübsche junge Dame, was aus ihr werden soll. Doch um das Land der Amazonen zu erreichen, muss sie Kompromisse eingehen und ihre Schuldigkeit ableisten. Als sie nämlich entdeckt, dass ihr ehemaliger Weggefährte Pyros in Gefangenschaft ihrer neuen Wegbegleiter gerät und von ihm dann noch erfährt, dass auch Chiron von den kompromisslosen Zentauren unterworfen wurde, fühlt sie sich in die Pflicht genommen – schließlich waren die Faune auch einst für sie da, als ihre Wiege ziellos durchs Wasser trieb. Und weil auch Jason Interesse daran hat, Chiron zu befreien, beschließt sie, ihre besonderen Fähigkeiten dafür einzusetzen, das Gleichgewicht des Waldes wiederherzustellen und dies zur Bedingung zu machen, um eines Tages auch auf dem Schiff nach Kappadokien mitgenommen zu werden. Allerdings ist nicht alles so leicht, wie Atalante sich dies vorgestellt hat.

Man wird in „Atalante“ sicher reichlich Versatzstücke bereits etablierter Comics entdecken, ebenso wie Charakterzüge, die gerade die Bände französischer Autoren auszeichnen. Gleichermaßen ist auch der Zeichenstil unverkennbar, was in diesem Fall jedoch als Vorteil zu werten ist, denn die Illustrationen sind durchweg toll und darüber hinaus auch sehr detailverliebt. Man könnte Crisse also einen Strick daraus drehen, dass er sich hier auf längst bewährtem Terrain aufhält, sofern man sich nicht sofort mit der Geschichte anfreunden kann. Dies wäre aber eher ungewöhnlich, weil hier einige tolle Charaktere im Rahmen einer sehr sympathischen Handlung entworfen wurden und dank des nötigen Humors auch langfristig für Spaß gesorgt ist.

An Spannung mangelt es „Der Pakt“ im Übrigen auch nicht, denn ganz so berechenbar, wie man zunächst glauben könnte, ist die Story dann auch nicht aufgebaut. Und dies ist schlussendlich der letzte Punkt, der diesen ersten Band so überzeugend und zu einer rundum unterhaltsamen Angelegenheit macht.

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