Davis, Stephen – Hammer of the Gods. Led Zeppelin – Die Saga

Ihre himmlische Hymne ‚Stairway To Heaven‘ ist seit ihrer Veröffentlichung der meistgewünschte Titel im amerikanischen Radio, sie waren zu Lebzeiten erfolgreicher und populärer als die |BEATLES| und die |STONES|, ihre Platten retteten manchen Plattenladen vor dem Konkurs, und selbst die 77er-Punk-Revolution und die maskierten Effekte von Gruppen wie |KISS| konnten |LED ZEPPELIN| wenig entgegensetzen. Als Jimmy Page, Robert Plant, John Paul Jones und der Sohn des verstorbenen Schlagzeugers John ‚Bonzo‘ Bonham, Jason, im vorletzten Jahr in London ein gefeiertes, anscheinend aber nur einmaliges Konzert gaben, stand zudem fest, dass es wohl nach wie vor keine Band gibt, die ein so treues Following hat und gleichermaßen nach wie vor ein solch großes Ansehen unter Künstlern, Fans und einfachen Musikliebhabern genießt wie die musikalisch schier unantastbare Ikone. Dennoch: Wer glaubt, die vier Musiker seien ein Paradebeispiel für eine Supergroup, die sich durch nichts und niemanden hat aus der Bahn werfen lassen – den Tod von Bonham mal außen vor gelassen -, der sieht sich mächtig getäuscht. Stephen Davis, der bereits 1985 das erste Exemplar der ZEPPELIN-Biografie „Hammer of the Gods“ herausbrachte, offenbart schonungslos das Skandalleben der vielleicht wichtigsten Rock-’n‘-Roll-Band aller Zeiten und ihres gesamten anrüchigen Anhangs – und schlägt dabei gerne auch selbst über die Stränge …

Dabei will man gar nicht vermuten, dass der bodenständige, von Musik und Gitarren infizierte junge Jimmy Page überhaupt das Potenzial zum völlig unkontrollierten Junkie in sich trägt, als er in den späten Sechzigern gemeinsam mit Jeff Beck bei den |YARDBIRDS| spielt. Seine Passion für den Blues steht über allem anderen, seine Leidenschaft für Robert Johnson und die ersten Musiker dieser Spezies bringt ihn in seinen Ambitionen ständig voran, bis zu jenem magischen Moment, als er mit dem als untalentiert verschrienen Robert Plant, dem begabten Arrangeur John Paul Jones sowie dem als bestialisch bekannten Schlagzeuger John Bonham ein erstes Mal den Proberaum betritt – pathetisch beschreibt Davis, welche Magie in jenem Moment in der Luft lag. Aber man mag ihm trotz der klischeehaften Darstellung sofort glauben …

Der Autor geht nach der kurzen Introduktion der Musiker vor allem auf den Entstehungsprozess der einzelnen Alben ein, spart sich im Laufe seines Berichts aber auch wirklich keine Klischees. Da wird der zwielichtige Manager Peter Grant, ein ehemaliger Wrestler und dementsprechend auch jederzeit gewaltbereit, teilweise als Mitinitiator des steilen Aufstiegs vorgestellt, darüber hinaus der ständige Tourbegleiter Richard Cole, der gemeinsam mit Bonzo Bonham manchen Laden aufgemischt hat und auch ständig für Nachschub in Sachen Drogen und Groupies sorgen durfte, und dazu selbst einige Mädels, die den vier Musikern das Tourleben etwas schmackhafter gemacht haben, während ihre Familien in England darauf warteten, dass ihre erfolgsverwöhnten Gatten endlich wieder von einer ihrer unzähligen US-Tourneen zurückkehrten. Es ist ein absoluter Rundumschlag, der eine Dekade voller Exzesse und Unberechenbarkeiten analysiert, die Diskrepanzen zwischen künstlerischer Genialität und Menschlichkeit aufrollt, dabei die vier Hauptcharaktere und ihr Umfeld in recht diffuses Licht rückt, letztendlich aber auch nur eines zeigt: So viel Rock ’n‘ Roll und Revolution im Blut hatte nach dem Tod von John Bonham keine andere Band in diesem Business.

Die Neufassung des Buches befasst sich in ihrem wesentlichen Inhalt natürlich mit der Karriere des Zeppelins und deren Vorgeschichte, berichtet hautnah von Skandalen und Erfolgen und beschreibt darüber hinaus den persönlichen Wandel der Musiker. Die Alben und Shows werden vertieft, aber ebenso die zahlreichen Nebenschauplätze, bis hin zu jenem tragischen Tag, als der Drummer nach einer erneuten Zechtour an seinem Erbrochenen erstickt und damit den Stempel auf ein Leben setzt, das früher oder später mit einem solch bitteren Finale enden musste. Schade ist allerdings, dass die darauf folgenden Ereignisse nicht mehr mit derselben Intensität geschildert werden. Das letzte Viertel des Buchs, also quasi die Ergänzung, beschreibt zwar die sich stetig entwickelnde Hassliebe zwischen Page und Plant, gibt auch weitere Einblicke in die weitere Biografie, vertieft aber nicht mehr den weiteren Lebensweg der beiden Hauptakteure. Nun gut, nach dem Absturz des Mutterschiffs gab es auch nicht mehr so viele aufregende Dinge zu erzählen, doch insgesamt hätte der Autor hier doch noch ein bisschen mehr Leidenschaft hineinpumpen können, um sein begeistertes, mitreißendes Werk auch bis zum Ende auf einem ähnlich hohen Level zu halten wie die pure Bandbiografie.

Nichtsdestotrotz: Dieses Buch ist auch mit den etwas oberflächlichen Ergänzungen eine der besten, vor allem auch lebendigsten Musiker-Biografien des aktuellen Jahrzehnts und nebenbei mit so vielen humorvollen Anekdoten gefüllt wie wohl kaum ein anderes Exemplar in diesem Genre. Man muss daher nicht dringend Fan dieser Band sein, um „Hammer of the Gods“ genießen zu können. Schließlich wird hier nicht nur eine Karriere, sondern ein elementarer Anteil des damaligen Zeitgeistes offenbart – und das, es sei noch mal betont, auf beeindruckende Art und Weise!

|ISBN-13: 978-3-927638-43-3
409 Seiten, 16 Fotografien|
http://www.led-zeppelin.com
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