Diggle, Andy / Sudzuka, Goran – John Constantine: Hellblazer 4 – Lady Constantine

Band 1: [„Hölle auf Erden“ 3621
Band 2: [„Der Rote Tod“ 4253 (1. Rezension)
Band 2: [„Der Rote Tod“ 4413 (2. Rezension)

_Story_

England, 1785: Johanna Constantine hat das magische Erbe ihrer Familie verinnerlicht, ist dem Adel aber nach wie vor ein Gräuel. Dennoch bleibt der Regierung nichts anderes übrig, als die einstige Lady zurate zu ziehen, als ein unglaublicher Fund auf hoher See die gesamte irdische Existenz auszulöschen droht. Die Büchse der Pandora wurde in einem gekenterten Schiff entdeckt und schlummert nun in den Tiefen des Ozeans, wo Johanna das berüchtigte Artefakt wieder bergen soll.

Unter der Aussicht auf anstehenden Reichtum und auf Rückgabe ihres Adelstitels sticht Constantine mit ihrem ehemaligen Mitstreiter McCallister in See, um die Bergungsaktion vor der Küste Spitzbergens zu starten. Doch schon während der ersten Seemeilen macht die unbeliebte Hexe Bekanntschaft mit der Blackwood-Sippe, die unmittelbar mit der Herkunft der Büchse in Verbindung steht …

_Persönlicher Eindruck_

Der vierte Band der „Hellblazer“-Reihe präsentiert diese in einem leicht abgewandelten Gewand. Die ständig wiederkehrenden Horror-Inhalte wurden nahezu komplett gekippt, und auch der bislang aktive Held John Constantine wurde bis auf Weiteres ausrangiert, um einem direkten Verwandten Platz zu machen, der bzw. die sich in der Debüt-Vorstellung aber durchaus achtbar aus der Affäre zieht.

Der Auftakt des Ablegers um die tüchtige Johanna Constantine ist in seinem Story-Arrangement aber auch gar nicht mit den Abenteuern ihres Namensvetters zu vergleichen. Die aktuelle Geschichte ist ein ganzes Stück gradliniger als der bisherige „Hellblazer“-Katalog, lässt dafür aber auch mehr Spielraum für die Etablierung der Charaktere. Die Protagonistin und ihre maskulin verkleidete Tochter verbergen sich zwar hinter einem recht nebulösen Schleier, doch insgeheim verrät Autor Andy Diggle schon eine ganze Menge über die Herkunft und die Einstellungen seiner Hauptfiguren, die hier Schritt für Schritt zum Hauptplot hinzustoßen. Nichtsdestotrotz lässt er es verhältnismäßig ruhig angehen und spart sich die Action zum größten Teil für das rasante Finale auf, welches schließlich all die Hektik mit sich bringt, die in den ebenfalls lebhaften Intermezzi noch tunlichst vermieden wird. Constantine und ihre Gefährten sind zwar stetig bedroht, doch alles in allem wirkt das Vorgehen des Autors recht kontrolliert und beruhigend, ganz so, als wären jegliche Komplexität und jeder chaotische Impuls Störenfriede für den Verlauf der Story.

Von mangelnder Spannung kann aber keinesfalls die Rede sein, und das gleich in zweierlei Hinsicht: Diggle hat nämlich einerseits die schwere Aufgabe, die Legende von Pandoras Büchse in seiner Interpretation nicht zu absurd und abwegig zu interpretieren, andererseits aber auch eine Story zu konzipieren, die sich ins „Constantine“-Universum einfügt und den Balanceakt zwischen Linientreue und Eigenständigkeit meistert – und das ist ihm grundsätzlich geglückt. Gerade auf den ersten Seiten gelingt es sehr gut, den großen Schatten langsam aber sicher verschwinden zu lassen und „Lady Constantine“ als tragende Persönlichkeiten heranzuführen. Gepaart mit einigen unscheinbaren Mysterien, einem soliden Background und flotten Sprüchen, kommt hier schnell ein vergleichbares Feeling auf, wenngleich die Story insgesamt simpler als gewohnt ist.

In der Gesamtbetrachtung sticht allerdings ganz klar die eigenwillige Neuinterpretation hervor, die mit obskuren Inhalten gespickt ist, das übliche Horror-Flair teilweise sogar mit humorvollen Passagen schmückt und auch im Charakterdesign Akzente zu setzen weiß. Die wandelbare, bösartig sympathische Hauptdarstellerin ist ein echter Gewinn für die Serie, auch wenn sie innerhalb der Story nur einen begrenzten Anteil ihres Potenzials ausschöpft. Und damit wären wir auch schon beim einzigen bedeutenden Kritikpunkt angelangt: Sobald „Lady Constantine“ nämlich so richtig Fahrt aufnimmt, bahnt sich auch schon das Ende des Plots an, und der wäre quantitativ definitiv noch ausbaubar gewesen, ohne dabei einen Qualitätsverlust zu riskieren.

Für ein Debüt ist der vierte Teil der ““Hellblazer“-Reihe aber durchaus gelungen, nicht zuletzt wegen der starken Illustrationen des kroatischen Neulings Goran Sudzuka. Wer Action also gerne auch außergewöhnlich und ein wenig bizarr mag, sollte dringend mal ein paar tiefere Einblicke riskieren.

ISBN-13: ISBN 978-3-86607-630-3
http://www.paninicomics.de
[Verlagsseite zur Reihe]http://www.paninicomics.de/?s=gruppen&gs__gruppe=10457

Schreibe einen Kommentar