Xavier Dorison (Autor) / Christophe Bec (Zeichner) – USS Nebraska (Heiligtum 1)

Heiligtum:

Teil 1: _“USS Nebraska“_
Teil 2: „Der Weg in den Abgrund“
Teil 3: „Moth“

Ein renommiertes Team und eine mehr als viel versprechende Story. Die bereits vor 10(!) Jahren in Frankreich herausgegebene Reihe „Heiligtum“ wird nun endlich auch dem deutschen Markt zugänglich gemacht – und präsentiert ein neu geformtes Zweiergespann in Bestform. Xavier Dorison, der bereits die Ideen zu „Das dritte Testament“ und dem ebenfalls beim Splitter Verlag veröffentlichten „Prophet“ beisteuerte hat sich mit dem fantastischen Christophe Bec zusammengetan, der Erfolgsreihen wie „Prometheus“ und „Carthago“ seine Zeichnungen lieh – und gemeinsam haben sie ein Projekt geschaffen, bei dem sich im Nachhinein eine Frage ganz besonders aufdrängt: Warum hat man so lange mit dem Deutschland-Release dieser Trilogie gewartet?

Story:

2. Mai 1945: Kurz vor Ende des Kriegs besetzen die Soldaten der Roten Armee unter großen Verlusten ein Gebäude in der deutschen Hauptstadt. Anscheinend verbirgt sich hier ein Artefakt, das zu Stalins wichtigsten Zielen in seiner zerstörerischen Kriegstaktik gehört. Selbst eigene Leute müssen mit ihrem Leben zahlen, wenn sie mehr hierüber erfahren wollen.

Herbst 1957: Ein russisches Spitzen-U-Boot treibt unter mysteriösen Umständen mit einer schwer angeschlagenen Crew im Mittelmeer. Nach einer hitzigen, verzweifelten Diskussion kommt es zum Eklat: Ein Passagier sabotiert die Mannschaft und sprengt das Boot in die Luft.

Das Jahr 2029: Die Amerikaner liegen im brisanten politischen Clinch mit Syrien und erwarten nach der Ortung eines Signals aus dem Mittelmeer weitere Gefahr. Das Team der USS Nebraska wird auf die Sache angesetzt und stößt hierbei auf das Wrack eines sowjetischen U-Boots, das offenbar in den 50ern konstruiert wurde. Während die Crew sich damit beschäftigt, den Ursprung des Schiffes zu erforschen und etwas mehr über die historischen Hintergründe zu erfahren, bricht ein Forschungsteam auf, um das U-Boot und auch die eigenartige Umgebung zu untersuchen. Derweil kommt es an Bord zu merkwürdigen Vorfällen: Ein Passagier erkrankt an einer Pest-Abart, es gibt Leichen, und die Spuren der Sabotage werden immer offensichtlicher. Erst Dr. North scheint einen ernsthaft relevanten Gedanken vorwärts zu bringen: Der Ort, an dem das U-Boot gestrandet ist, scheint einen erheblichen Einfluss auf die Menschen auszuüben, die sich ihm nähern – und jetzt, wo die Triebwerke ausfallen und man in einer unterirdischen Höhle gefangen ist, gibt es nur den einen Weg, das zu erforschen, was anscheinend auch die russische Geheimmission vor mehr als sieben Jahrzehnten dahingerafft hat!

Persönlicher Eindruck

„Heiligtum“ ist harter, teils auch sehr komplexer Tobak – das erfährt man schon in den radikalen Zeitsprüngen, welche die Story schon auf den ersten Seiten von „USS Nebraska“ vollzieht. Der Leser wird mit Informationen erdrückt und hat noch keine rechte Vorstellung davon, wie das alles zu verarbeiten ist, inwiefern es hier detaillierte Zusammenhänge gibt, vor allem aber auch warum Xavier Dorison die Ereignisse aus den Jahren 1945 respektive 1957 nur sehr kurz einwirft, dann aber auch für den Rest des ersten Kapitels völlig ausblendet.

Der Kern der Handlung befasst sich mit der nicht näher definierten Mission des amerikanischen Kampf-U-Bootes, dabei zunächst aber auch mit den sehr erhitzten Stimmungen an Bord des Tauchschiffes. Man weiß lediglich, das ein komisches Signal empfangen wurde bzw. dass die Priorität des Einsatz esdie höchste Stufe hat. Aber da weder die Leute an Bord genau wissen, was sie erwartet, geschweige denn, auf welches Risiko sie sich hierbei einlassen, tappt auch der Leser im Dunkeln – doch genau das ist auch wirklich gut so!

In Sachen Spannungsaufbau ist der Auftakt von „Heiligtum“ nämlich ein wahres Prachtstück der französischen Comic-Kunst. Peu a peu werden weitere Informationen und Mutmaßungen ins Forum getragen, die jedoch immer wieder von den kleinen Fehden unter den Besatzungsmitgliedern untergraben werden. Was genau liegt im Fokus? Welche beziehungen sind wirklich elementar? Und was genau verbirgt sich wirklich hinter diesem Abenteuer und den Figuren, die sich daran mehr oder weniger freiwillig beteiligen?

Xavier Dorison arbeitet mit vielen Themenbereichen, erschafft innerhalb eines jederzeit überschaubaren Hauptplots kleine Nebenstränge, die der Story mehr und mehr Möglichkeiten schenken – ohne dabei die rote Linie zu verlassen. Die Ereignisse überschlagen sich trotz der reichhaltigen Dialoge, das Tempo bleibt angenehm hoch, man droht derweil öfter mal, den Kern aus dem Auge zu verlieren, wird dann aber direkt wieder von der Realität auf der USS Nebraska eingeholt, auf der die einzelnen Puzzlestücke langsam aber sicher zusammenwachsen.

Letzten Endes erscheint dann doch alles simpel, weil der Autor die jeweiligen Situationen rasch erklärt und den Raum für Spekulationen begrenzt hält. „USS Nebraska“ enthält bereits erste Auflösungen für sehr entscheidende Ereignisse, bleibt aber geheimnisvoll bis zum Schluss. Es ist eine dauerhafte Gratwanderung zwischen Action, Mythen, Phantastik und bodenständiger Story, die Dorison und sein erneut souveräner Begleiter Bec hier mit einer unglaublich spielerischen Eleganz bewältigen. Hinzu kommt am Ende der Gedanke, dass die Handlung zu Höherem berufen ist, noch mehr Potenzial hat, als sie bereits hier schon offenbart – und mit diesem Gedanken verabschiedet man sich nach mehr als 50 Seiten vorzeitig von einer Serie, die wirklich Großes erhoffen lässt und gleichzeitig bereits jetzt zu den Sternstunden im Splitter Verlag hinzuzuzählen ist. Und was ein solches Lob bedeutet, muss man aufmerksamen Comic-Lesern wohl nicht mehr näher erläutern!

Broschiert: 55 Seiten
ISBN-13: 978-9034407443

http://www.splitter-verlag.eu

Xavier Dorison beim |Buchwurm.info|:

[„Ante Genesem“ (Prophet 1)
[„Infernum in Terra“ (Prophet 2)
[„Pater Tenebarum“ (Prophet 3)

Christophe Bec bei |Buchwurm.info|:

[„Atlantis“ (Promotheus 1)
[„Blue Beam Project“ (Prometheus 2)
[„Die Lagune auf Fortuna“ (Carthago 1)
[„Die Challenger-Tiefe“ (Carthago 2)

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