Dunthorne, Joe – Ich, Oliver Tate

_Die Mannwerdung hat schon so ihre Tücken …_

… Das ist auch die leidvolle Erfahrung des fünfzehnjährigen Oliver Tate. Oliver lebt mit seinen Eltern in Swansea und weiß alles – zumindest glaubt er das. Und weil er ja schon so gut Bescheid weiß, wird es Zeit, den Worten Taten folgen zu lassen. Das Motto lautet: Weg mit der Jungfräulichkeit! Dabei helfen soll ihm seine Freundin Jordana, die nicht abgeneigt ist, obwohl Oliver küsst, als wolle er Zahnfüllungen spachteln.

Oliver Tate macht es seinen Mitmenschen auch sonst nicht immer leicht. Er sammelt Fremdwörter, ist klug und selbstgerecht, quält dicke Mädchen und hasst Jordanas Hund. Darüber hinaus überwacht er penibel das Sexleben seiner Eltern. Als Oliver feststellt, dass der Dimmerschalter im Elternschlafzimmer schon seit zwei Monaten morgens nicht mehr auf dunkelster Stufe eingestellt ist (laut Oliver ein eindeutiges Zeichen vollzogenen Beischlafs), diagnostiziert er das Ende der Ehe seiner Eltern.

Das kann und will Oliver nicht hinnehmen, und so macht er sich auf, das Eheleben der Eltern in Schwung zu bringen. Dazu ist ihm jedes Mittel recht, und schon bald schießt er mit seiner Mission ein wenig über das Ziel hinaus …

Erster Kuss, erste Liebe, erster Liebeskummer – das mag literarisch schon ziemlich abgegrastes Terrain sein, dennoch hat Joe Dunthorne mit „Ich, Oliver Tate“ einen durchweg unterhaltsamen Debütroman abgeliefert. Dabei braucht der Roman eine gewisse Einlesezeit. Immer wieder streut Dunthorne in Olivers Erzählung Zitate ein: Kühlschrank-Botschaften, Tagebucheinträge, Lexikondefinitionen. Dadurch wirkt der Erzählfluss anfangs etwas unruhig, hat man sich aber erst einmal auf die Art des Romans eingelassen, macht die Lektüre dann richtig Spaß.

Was Joe Dunthornes gelungenes Debüt besonders ausmacht, ist sein gewitzter Ton. Treffend ironisch beschreibt er Olivers pubertäres Gehabe, lässt ihn nichtsdestotrotz aber immer wieder als den klugen Menschen durchschimmern, der er tatsächlich zu sein scheint. Ihm gelingt die Balance, die Figur des Oliver von allen Seiten zu beleuchten, mit all ihren Macken, ihrer Selbstgerechtigkeit und der Verletzlichkeit, die sich hinter einer Fassade aus Fremdwörtern verbirgt.

Oliver durchlebt ein Wechselbad der Gefühle, erlebt den ersten Sex, muss aber gleichzeitig bangen, dass die Ehe seiner Eltern auseinanderbricht. Dieses drohende Unheil bestimmt sein Denken dermaßen, dass er seiner Freundin Jordana, die eigentlich viel Schlimmeres durchmacht, nicht wirklich eine Stütze ist. Und so folgt auf den unausweichlichen Bruch mit Jordana schließlich auch der unausweichliche erste Liebeskummer – mit Weltuntergang und allem, was dazugehört.

Olivers Leben stellt sich innerhalb weniger Wochen komplett auf den Kopf, und so durchlebt er so manche hoffnungslos absurde Situation. Das verleiht dem Buch eine weitere wunderbar komische Note. Die Methoden, die Oliver anwendet, um die Ehe seiner Eltern zu retten, sind schon herrlich skurril und gipfeln in einem verzwickt schrägen Finale.

Es ist zwar nicht so, dass man bei der Lektüre pausenlos von Lachkrämpfen geschüttelt wird, dennoch gibt es viele Szenen zum Schmunzeln und das ganze Buch ist ein feiner Unterhaltungsspaß. Dunthorne weiß seinen Sprachwitz wunderbar einzusetzen, und so ist „Ich, Oliver Tate“ weniger ein Roman der Schenkelklopfer als vielmehr feinsinnige und schräge Lektüre, die mit jeder Seite Spaß macht.

Bleibt unterm Strich ein positiver Eindruck zurück. Joe Dunthorne hat mit „Ich, Oliver Tate“ einen bemerkenswerten Debütroman abgeliefert. Humorvoll, feinsinnig und anrührend zugleich beschreibt er die Tücken der Pubertät auf wunderbar lesenswerte Art. Bleibt zu hoffen, dass der Waliser uns nicht zu lange auf sein nächstes Werk warten lässt.

|Originaltitel: Submarine
Aus dem Englischen von Mayela Gerhardt
379 Seiten, gebunden
ISBN-13: 978-3-498-01326-4|
http://www.rowohlt.de

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