E.-E., Marc-Alastor – Maliziöse Märchen

Marc-Alastor E.-E. veröffentlicht in diesem wunderschönen, edel aufgemachten Band sieben anspruchsvolle Märchen für Erwachsene, die schon lange einer Veröffentlichung harren.

_Brauen Blätter und eine Zaunpassage_ berichtet von zwei verfeindeten Königreichen und der Liebe zwischen einer Prinzessin mit dem König des gegnerischen Lagers. Das Ende dieser Geschichte zeigt deutlich, weshalb der Band den Titel „maliziöse Märchen“ trägt.

_Erinnerungsschub_ ist wie das letzte Aufflackern der Gedanken an eine unbeschwerte, glückliche Vergangenheit, bevor der Geist dem Vergessen anheim fällt.

_Notengespräch_ gibt Zeugnis darüber, wie sehr sich Wahnsinn und Genie ähneln und wie anfällig menschlicher Geist für beider Art Krankheit ist. Eine junge Frau erkennt schon als Kind ihre Liebe zur Musik, die nach dem Tod der Eltern ins Groteske abgleitet.

_Der Widergänger_ ist ein Reisender, der in seinen verhassten Heimatort zurückkehrt, wo er als jenes Monster erkennbar wird, als das er sich ausgibt.

_Die Melancholistin und ein Kobold namens Freudlos_ ist eine düstere Geschichte über die Unbeständigkeit des Glückes und die böse Ironie der Melancholie.

_Der Prediger_ ist ein junger Mann, der mit der Natur in Einklang lebt und durch eine unerwiderte Liebe alles verliert, was für ihn von Wert war.

_Der Glasbläser_ ist der begnadetste seiner Zunft in Venedig. Aber erst die unverfälschte, reine Schönheit einer jungen Frau verhilft ihm zu seinem Meisterwerk.

Der Verlag |Lindenstruth| hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese ungewöhnlichen Märchen in einem Buch zu sammeln und zu veröffentlichen; die bizarre Atmosphäre der Geschichten spiegelt sich in dem Schutzumschlag auf vollkommene Weise wider. Dem Auge des Lesers wird aber nicht nur durch eine große Schrift und verstörend schöne Innenillustrationen geschmeichelt, welche jedes einzelne Märchen zieren, sondern vor allem durch die poetische Sprache, derer sich der Autor bedient. Satzbau und Vokabeln verdeutlichen dabei Moral und Botschaft, wie es keinem anderen Autoren treffender gelingen könnte.

Marc-Alastor E.-E. gehört zu den talentiertesten und vielversprechendsten deutschen Autoren. Seine Geschichten und Romane sind kein Handwerk, sondern Kunst, und als solche sind diese Märchen auch zu verstehen. Diese sieben kleinen, gemeinen Geschichten sind keine bloße Unterhaltungsliteratur, keine Massenware, und sollten in angemessener Art und Weise genossen werden. Sinn und verborgene Weisheiten erschließen sich mit Sicherheit nicht gleich beim ersten Lesen, vielmehr laden die Texte dazu ein, das Buch immer wieder zur Hand zu nehmen, um sich zur richtigen Zeit am richtigen Ort das eine oder andere Märchen noch einmal zu Gemüte zu führen.

Der Autor versucht nicht, potenzielle Leser mit aufgesetzter Erotik oder übertriebener Gewalt zu ködern. Jeder sei hiermit davor gewarnt, bei dem Begriff „Märchen für Erwachsene“ schlüpfrige Gedanken zu hegen. Doch für Kinder sind diese Geschichten wahrlich nicht die richtige Lektüre, um vor dem Schlafen den unruhigen Geist zu glätten, und selbst die auf dem Waschzettel angesprochene Zielgruppe sollte es sich genau überlegen, ob sie sich diese Märchen als Bettlektüre erwählt, der anschließende Schlaf könnte sich mitunter sehr spät einstellen und recht unruhig werden. Dies weniger wegen gruseliger Geschehnisse als vielmehr aufgrund einiger zum Denken anregender Sätze und zu Papier gebrachter Gedanken. Jedes einzelne Märchen wird dabei begleitet von einer grotesken Melancholie und, wie die Werbung bereits treffend bemerkte, einer höchst zweifelhaften Moral.

Fazit: Für Liebhaber bizarrer, anspruchsvoller Geschichten ist diese bibliophile Sonderausgabe ein Muss.

_Florian Hilleberg_

|Limititerte und nummerierte Auflage von 111 Exemplaren; in Leinen handgebunden, mit Schutzumschlag, farbigem Vorsatzpapier, Silberprägung und Lesebändchen versehen
203 Seiten – 22 × 14,5 cm|
http://www.verlag-lindenstruth.de/

Schreibe einen Kommentar