Easterman, Daniel – Schwert, Das

Im Laufe der letzten Jahre konnte man in den Medien verfolgen, wie islamische Fundamentalisten immer wieder den „Heiligen Krieg“ ausrufen, den Dschihad, den Kampf auf dem Wege Gottes. Dies ist ein wichtiges Glaubensprinzip, manchmal wird es auch als die sechste Säule des Islams bezeichnet. Doch es gibt auch andere, recht wörtlich genommene Erklärungen dieses Begriffes aus dem Koran und damit aus dem Munde Mohammeds – und in dieser direkten Auslegung leider für viele extremistische und militante Gruppen die Absolution für jeglichen terroristischen Angriff auf die ihnen so fremde westliche Welt.

Zum Wohle Allahs und seines Propheten wird der Koran in diesem Sinne sehr frei interpretiert; viele sehen es daher als ihre heilige Pflicht an, sich für den Kampf gegen die Ungläubigen als Märtyrer zu opfern, um im Paradies ewig zu leben. Aber auch das gesellschaftliche Ansehen steigert sich mit dem Freitod: Für Angehörige des ‚Helden‘ wird finanziell gesorgt und der Name in Ehren gehalten.

Mit dem heiligen Krieg verbinden wir Osama bin Laden und seine Terrororganisation al-Qaida. Charakteristisch ist für diese Terrorgruppe die asymmetrische Kriegsführung, die auch oben erwähnte Selbstmordattentate legitimiert.

Doch innerhalb des muslimischen Kulturkreises gibt es auch kritische Stimmen, die sich gegen jegliche Gewalt aussprechen und terroristische Angriffe mit aller Härte verurteilen. Aber die Fronten sind mehr und mehr verhärtet. Jeder Krieg, jeder Grenzkonflikt in Israel, jeder Freiheitskampf und jeder Anschlag lässt die Spirale der Gewalt länger und länger werden.
Der Autor Daniel Easterman, das Pseudonym für den irischen Nahost-Experten Denis McEion, hat mit „Das Schwert“ einen brisanten, fundierten und aktuellen Roman zu dieser Thematik verfasst – ein erschreckender Politthriller, nachvollziehbar und sehr spannend erzählt.

_Inhalt_

Professor Jack Goodrich lebt mit seiner Frau und seiner Tochter Naomi in der Millionenstadt Kairo. Die multikulturelle Metropole bietet der kleinen und glücklichen Familie ein beschauliches und ruhiges Leben. Jack lehrt an der dortigen Universität, seine Frau ist Sekretärin in der Botschaft und Naomi besucht die internationale Schule. Doch angesichts der Terrordrohungen und Anschläge und der generell unruhigen Lage in den Nachbarländern gilt die persönliche Situation doch als angespannt.

Als ein ägyptischer Freund und Buchhändler Jack bittet, ein altes Artefakt zu begutachten, nimmt dieser das Angebot gerne an, denn sein wissenschaftliches Interesse und die menschliche Neugierde sind geweckt. Der alte Mann präsentiert Jack ein Schwert; die Zeit hat ihre Spuren auf der eindrucksvoll gearbeitete Waffe hinterlassen und die beiliegenden Schriftstücke deuten darauf hin, dass es sich um das persönliche Schwert des Propheten Mohammeds handeln könnte.

Jack zweifelt nicht an der Echtheit des Schwertes und gerät sehr schnell ins Visier eines radikalen, islamistischen Terroristen – Mohammed Al-Masri, ein direkter Nachfahre des letzten Kalifats. Al-Masri sieht sich als von Gott berufen, die muslimische Welt zu einem globalen Dschihad zu mobilisieren: Tod allen Ungläubigen und Rückeroberung der ehemals muslimischen Länder wie Spanien oder Portugal. Al-Masri mit dem Schwert des Propheten Mohammed wäre ein Symbol, das zu einem wahren Sturm auf die westliche Welt aufrufen könnte, einem Konflikt, in dem ausschließlich die Waffen sprechen würden.

Eines Tages wird Jacks Familie überfallen, seine Frau und seine Tochter werden gefoltert und von den Terroristen ermordet, auch der ägyptische Buchhändler ist unter diesen ersten Toten. Gepeinigt vom Verlust, sucht ihn schließlich ein britischer Mitarbeiter des Geheimdienstes auf, um ihm mitzuteilen, dass seine Frau Leiterin des MI6-Büros in Kairo war und seine Tochter Naomi nicht tot ist, sondern von Al-Masris Terrorgruppe entführt wurde, um sie gegen das Schwert einzutauschen. Jack sinnt auf Rache und Vergeltung – Auge um Augen, Zahn um Zahn; aber noch mehr möchte er seine Tochter retten und riskiert dabei nicht nur sein eigenes Leben …

_Kritik_

Im Grunde klingt die ganze Geschichte ja recht unwahrscheinlich und voller Klischees, aber der erste Blick kann auch täuschen. Daniel Easterman hat sein Wissen um die islamisch geprägte Welt mit ihrer Ideologie und Kultur spannend in dieser Handlung durchkonstruiert.

Für uns bleibt die islamische Welt mit ihrer uns so fremden Lebensart und Einstellung wohl ein verschlossenes Buch, und wenn wir es denn öffnen, können wir die Denk- und Handlungsweisen nur schwer positiv oder auch nur neutral betrachten und nachvollziehen. Zu feindselig sind die Fronten der Kulturen verhärtet. Auch wenn Daniel Easterman Islamwissenschaft studiert hat, so erfährt der Leser nicht unbedingt viel von dieser Kultur und ihrem streng religiös geprägten Leben, wohl aber von der Motivation fundamentalistischer Terroristen, die nur aggressiv agieren.

Auch der Ursprung des Schwertes und die Geschichte Mohameds bleiben im Dunkeln. Es gibt zwei Handlungsstränge die sich abwechseln, einmal aus Sicht des Professors Jack Goodrich, zum Anderen des Gegenspielers Al-Masri. Dabei sind beide Charaktere recht eindimensional: Jack war in seiner Vergangenheit Soldat der britischen Spezialeinheit SAS, was ihm natürlich zugute kommt auf der Jagd nach den Terroristen. Al-Masri ist ein charismatischer und gebildeter Mann, der nach Macht und Ansehen strebt und tendenziell leicht größenwahnsinnige Züge zeigt.

Jacks Figur ist dabei noch als realistisch zu bezeichnen; ein Vater und Ehemann, der seine Frau ermordet vorfindet und seine Tochter in den Händen skrupelloser Terroristen sieht, kennt bald nur noch Angriff als die beste Verteidigung. Ob das nun der richtige Weg ist, angesichts der späteren Ereignisse, sei mal so dahingestellt.
Die erzählte Brutalität ist manchmal doch sehr schwer zu verdauen. Folter, Mord und Anschläge werden so kaltblütig und detailreich beschrieben, dass einem schon das Grauen kommt. Es zeigt ein erschreckendes Bild von radikalen, verblendeten Menschen, die aus religiöser und politischer Motivation Herr über Leben und Tod sein möchten und darüber hinaus vergessen, was Ethik und Moral auch in der islamischen Kultur für eine wichtige Rolle spielen.

„Das Schwert“ ist ein spannender und schneller Roman, in dem die Story gar nicht zur Ruhe kommt. Daniel Easterman schreibt unterhaltsam, aber leider zu oberflächlich. Sein Wissen setzt er in einigen Szenen schlüsselreich und richtig ein, doch letztlich bleibt es zu einseitig, da die Grenze zwischen schwarz und weiß, sprich gut und böse, kristallklar gezogen ist. Es geht primär nicht um den Konflikt oder eine anzustrebende Lösung zwischen den verschiedenen Religionen, sondern nur darum, den brutalen Charakter der islamischen Terroristen aufzuzeigen. Verblendet, brutal, rücksichtslos und menschenverachtend – damit wird hier jedes Klischee gleichmäßig bedient.

Wenn Daniel Easterman schon den Islam studiert hat und auch die Regionen kennt, so frage ich mich, warum er sein Wissen nicht genutzt hat, um einen atmosphärisch dichteren Roman zu schreiben, in dem der islamische Terrorismus nicht die Hauptrolle einnimmt, sondern die ursächliche Kultur mit ihren wechselwirkenden Schwierigkeiten im Vordergrund steht. Den wohlwollenden Blick über den Tellerrand mag man hier wirklich vermissen. Die Protagonisten werden schnell und szenengerecht eingeführt, doch bleiben sie immer schablonenhaft und in ihren Handlungen nicht immer nachvollziehbar.

_Fazit_

„Das Schwert“ ist ein unterhaltsamer Thriller, allerdings ohne atmosphärische Dichte oder lehrreiche, interessante Ansätze und Überlegungen. Daniel Easterman weiß gut zu erzählen, aber leider zu kurzweilig für meinen Geschmack. Auch der Showdown war dann doch etwas enttäuschend und wusste nicht zu überzeugen.

Daniel Easterman verfügt über einen pragmatischen Schreibstil mit rasantem Tempo, das den Leser zwar mitreißt, ihn aber literarisch nicht unbedingt umhaut. Ein solider Thriller, der immerhin kurzweilig und spannend, erzählerisch kompakt und deswegen durchaus, wenn auch nur eingeschränkt, zu empfehlen ist.

_Der Autor_

Daniel Easterman, geb. 1949 in Belfast, hat Anglistik, Persisch, Arabisch und Islamwissenschaften studiert. Er arbeitete als Dozent für Islamwissenschaften in Fèz (Marokko) und in England und ist ein gefragter Nahost-Experte. Neben wissenschaftlichen Werken hat er neun Bestseller geschrieben und sich ein internationales Publikum erobert. Daniel Easterman lebt mit seiner Frau in Newcastle.

|Originaltitel: The Sword
Aus dem Englischen von Eva Bauche-Eppers
418 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-3-7466-2478-5|
http://www.aufbauverlag.de

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