Ennis, Garth / Robertson, Darick – The Boys 1 – Spielverderber

_Story_

Wee Hughie ist für einen kurzen Moment der glücklichste Mann der Welt. Endlich hat er seine große Liebe gefunden, als plötzlich ein Superheld mit überdimensionaler Geschwindigkeit vorbeischwirrt und Hughies Herzdame versehentlich in Stücke reißt. Dieses Ereignis ruft Leute wie Billy Butcher auf den Plan, einen hinterhältigen CIA-Agenten, der mit seiner Stammtruppe |The Boys| des Öfteren dafür sorgt, dass derlei Kollateralschäden entsprechend gesühnt werden.

Butcher verpflichtet den jüngst betroffenen Hughie und nutzt dessen mangelndes Selbstbewusstsein, um ihn für seinen neuen Job zu manipulieren. Dieses Mal soll ein Team von rotznäsigen, jugendlichen Superhelden namens Teenage Kix dran glauben und mit einem Attentat bestraft werden. Hughie ist sich mit einem Mal unschlüssig, ob er sich weiter an dieser Verschwörung beteiligen möchte, sieht aber keine andere Perspektive. Zu spät wird ihm bewusst, dass er besser auf seine innere Stimme gehört hätte …

_Persönlicher Eindruck_

Tarantino-Fans aufgepasst, hier kommt der Comic-Stoff, dessen derbe Marschrichtung euer Lieblingsregisseur wohl maßgeblich beeinflusst haben dürfte. Zwar ist „The Boys“-Autor Garth Ennis kein Greenhorn mehr im illustrierten Business, allerdings verweist er in Sachen Atmosphäre, Aufbau und schonungsloser Gewalt sicherlich nicht unbewusst auf die kultige Hollywood-Ikone. Die Aufschrift ‚Nur für harte Jungs‘ gilt daher auch völlig zu Recht, da Ennis bewusst Tabus bricht und gegen die herkömmliche Moral des Action-Genres quasi auf jeder Seite verstößt. Doch dies ist lediglich ein Aspekt, der „The Boys“ zu einer recht interessanten Angelegenheit macht.

Inhaltlich ist das Ganze indes eine Art brutale Persiflage auf den Superhelden-Kosmos. Ennis wählt die Arroganz in Spandex als sein erklärtes Feindbild und entscheidet sich in der Darstellung der vermeintlichen Gesetzeshüter für ein eher anrüchiges Gesamtbild. Diejenigen, die in „The Boys“ mit den altbekannten Superkräften ausgestattet sind, avancieren nach und nach zu lächerlichen Figuren, deren Scheinmoral lediglich im Rahmen ihres glänzenden Äußeren verdeckt bleibt. In Wahrheit jedoch nutzen sie ihre Stellung, um sich zu bereichern, sei es durch Merchandise oder im Extremfall auch an neuen Anwärtern ihres Standes, deren Aufnahmeprüfung in oraler Befriedigung der etablierten ‚Helden‘ besteht.

Unterdessen ist das Team, das unter dem Namen ‚The Boys‘ firmiert, keinen Deut besser, kämpft aber dennoch für das, was vom Gesetz übrig geblieben ist – wenn auch mit unlauteren Mitteln. Attacken auf die Spandex-Gattung sind an der Tagesordnung und offensichtlich legitim, Morde an Machos, Rassisten und eben jenen maskierten Superhelden erlaubt, und wenn es sein muss, fliegen hierbei auch einige Körperteile und Innereien durchs Bild. Tarantino lässt grüßen.

Allerdings wird die Geschichte in keinerlei Hinsicht geschmacklos oder platt. Die teils oberflächlichen Dialoge mögen zwar derartiges verheißen, runden jedoch letzten Endes lediglich das Gesamtbild dieses stimmigen, düsteren und definitiv unmoralischen Kleinods ab. Der Autor liefert dabei jedoch nicht bloß Bilder von Gewalt und Schrecken, sondern bearbeitet innerhalb dieser aggressiven Inszenierung auch emotionale Inhalte. So müssen sich Hughie und Starlight mit persönlichen Schicksalen herumschlagen und ihr rosarotes Weltbild den Erwartungen ihrer neuen Teams anpassen. Während Hughie nicht einmal eine Chance hat, sich großartig zu widersetzen, lässt Starlight alles über sich ergehen, um zum legendären Kreis der Seven zu hören. Und so schließt sich der Kreis der ersten Episode mit einem nicht zu verachtenden Teil psychischer Gewalt, dies jedoch gekonnt und mitunter auf hohem Niveau.

Ein einheitliches Resümee fällt mir abschließend gar nicht mal so leicht, da der Kontrast zwischen Atmosphäre, Brutalität und geschickter Inszenierung teilweise sehr krass ist. Zweifelsohne ist „The Boys“ nicht gerade Kost für jedermann, speziell wenn man Gewalt in Comics grundsätzlich ablehnt. Persönlich kann ich jedoch bestätigen, dass sich die Erforschung dieses recht unkonventionellen Neulings lohnt, zumal die angesprochene Härte nicht die Basis der Storyline ist, wenn auch ein bedeutendes Element. Was aber nun mal Fakt ist und auch festgehalten werden soll, ist die Tatsache, dass Tarantino-Fans hier echte Feinkost aufspüren können. Und mal ehrlich: Wer mag Großmeister Quentin nicht?

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