Eschbach, Andreas / Kaiser, Kerstin / Roelvink, Verena / Prangenberg, Klaus – ferne Leuchten, Das (Das Marsprojekt 1. Inszenierte Lesung)

_Serien-Auftakt: Die Zukunft der Mars-Kinder_

Arianna, Ronny, Carl und Elinn – alle zwischen 13 und 15 Jahren alt – sind als erste Kinder auf dem Mars geboren worden und aufgewachsen. Doch im Jahr 2086 sollen sie gemeinsam mit anderen Marssiedlern zur Erde zurückkehren, weil machthungrige Politiker behaupten, das Marsprojekt sei gescheitert. Die Vorbereitung zur Stilllegung der Forschungsstation laufen bereits auf Hochtouren – aber die vier Jugendlichen sind fest entschlossen, auf dem Roten Planeten zu bleiben. Besonders Elinn, die aus medizinischen Gründen auf der Erde nicht überleben könnte. Sie büchsen aus und kommen einem verborgenen Geheimnis des Planeten auf die Spur.

Es handelt sich um eine inszenierte Lesung, die mit Musik und Geräuschen versehen ist.

_Der Autor_

Andreas Eschbach, Jahrgang 1959, studierte in Stuttgart Luft- und Raumfahrttechnik, bevor er als Software-Entwickler und Berater arbeitete. Schon als Junge schrieb er seine eigenen Perry-Rhodan-Storys, bevor er mit „Die Haarteppichknüpfer“ 1984 seine erste Zeitschriftenveröffentlichung landen konnte.

Danach dauerte es noch elf Jahre bis zur Romanfassung von „Die Haarteppichknüpfer“, danach folgten der Actionthriller „Solarstation“ und der Megaseller „Das Jesus-Video“, der mit dem renommierten Kurd-Laßwitz-Preis für den besten deutschsprachigen Science-Fiction-Roman des Jahres 1998 ausgezeichnet und fürs Fernsehen verfilmt wurde.

Seitdem sind unter anderem die Romane „Eine Billion Dollar“, „Perfect Copy“, „Exponentialdrift“, „Die seltene Gabe“, „Das Marsprojekt 1-3“ sowie „Der Letzte seiner Art“ erschienen, einige davon zudem als Hörbuch. Auch das Sachbuch „Das Buch der Zukunft“ gehört zu seinen Publikationen. Eschbach hat mehrere Anthologien, darunter „Eine Trillion Euro“, herausgegeben und eine Reihe von literarischen Auszeichnungen erhalten. Heute lebt er mit seiner Familie als freier Schriftsteller in der Bretagne.

Das Marsprojekt:

01: [Das ferne Leuchten 1102
02: [Die blauen Türme 1165
03: [Die gläsernen Höhlen 2484
04: [Die steinernen Schatten 4301
05: [Die schlafenden Hüter 5266

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[„Ausgebrannt“ 3487 (Buchfassung)
[„Ausgebrannt“ 4942 (Hörbuch)
[„Der Nobelpreis“ 2060
[„Die Wiederentdeckung“ 3211 (Hörbuch)
[„Die Haarteppichknüpfer“ 1556
[„Quest“ 1459
[„Perfect Copy – Die zweite Schöpfung“ 1458
[„Der Letzte seiner Art“ 1250
[„Der Letzte seiner Art“ 317 (Hörbuch)
[„Die seltene Gabe“ 1161
[„Eine Billion Dollar“ 653
[„Das Jesus-Video“ 267 (Hörbuch)
[„Exponentialdrift“ 187

_Sprecherin & Inszenierung_

Marie Bierstedt, Jahrgang 1974, trat ab Mitte der 80er Jahre in TV-Serien wie „Praxis Bülowbogen“ oder „Ein Heim für Tiere“ auf. Sie ist unter anderem die deutsche Stimme von Kirsten Dunst („Spider-Man“), Kate Beckinsale und Natalie Portman. Sie ist vielen Deutschen zudem als deutsche Stimmbandvertretung von Alyson Willow Hannigan in „Buffy“ vertraut.

Der Text wurde von Klaus Prangenberg gekürzt, Regie führten Kerstin Kaiser & Verena Roelvink, für die Musik steuerte Andy Matern bei. Die Inszenierung besorgten Fabian Frischkorn und Horst-Günther Hank.

_Handlung_

Arianna, Ronny, Carl und Elinn – alle so um die 14-15 Jahre alt – sind als erste Kinder auf dem Mars geboren worden und aufgewachsen. Vor allem Elinn hat einen besonderen Draht zu ihrer fremdartigen Umgebung entwickelt – sie sieht ein Leuchten, das andere nicht wahrnehmen. Und sie findet Steine, die für sie wie Landkarten von einer bestimmten Gegend – dem Löwenkopf – aussehen, auch wenn sie anderen nichts sagen. Aber sie hat Recht, wie sich zeigen soll.

Doch eines Tages bekommen die Kids mit, welche geheimen Pläne die Erdregierung und der Marsgouverneur mit der Kolonie haben: Sie wollen sie schließen! Während Kostengründe vorgeschoben werden, geht es den dahinter stehenden Politikern nur um noch mehr Einfluss auf der Erde. Schon bald laufen die Vorbereitungen zu Stilllegung der Forschungsstation auf Hochtouren.

Niemand der Erwachsenen ahnt jedoch, dass die vier Freunde fest entschlossen sind, auf dem Mars zu bleiben. Selbst Carl, der auf der Erde studieren wollte, gibt seine Pläne auf. Und besonders Elinn könnte auf der Erdoberfläche wegen der dreimal höheren Schwerkraft gar nicht überleben, sondern müsste in einer Orbitalstation wie in einem Gefängnis ihr Leben fristen.

Mit dem intelligenten Zentralcomputer AI20 auf seiner Seite entführt das Quartett einen großen Marsrover und fährt 180 Kilometer zur asiatischen Station. Dumm gelaufen: Die Chinesen machen ihren Laden ebenfalls dicht! Aber die haben wenigstens noch ein schickes Flugzeug, mit dem man entdecken könnte, was sich hinter dem Löwenkopf verbirgt …

_Mein Eindruck_

In Eschbachs erstem Zukunftsroman für ein jugendliches Publikum versucht er, nicht die Fehler seiner berühmten deutschen Vorgänger zu machen, allen voran Hans Dominik. Dort lieferte die Technik stets den Schlüssel zu allen Problemen, und bei Otto Gail war der Mondflug kein Problem. Eschbach, ein ehemaliger Raumfahrtstudent, weiß natürlich viel mehr über die realen Bedingungen, auch auf dem Roten Planeten. Er versucht, den Leser für die Frage zu interessieren, wie sich Jugendliche auf einer fremdartigen und menschenfeindlichen Welt verhalten.

Bei der Weltkonstruktion kann man ebenso viele Fehler machen wie bei der Beschreibung von Menschen. Beides will wohlüberlegt sein. Zum Glück gibt es eine ganze Reihe von Autoren, die ein fremdes Habitat bereits beschrieben haben, und dazu gehören besonders Arthur C. Clarke, Isaac Asimov und Robert A. Heinlein. Natürlich hat auch die amerikanische Raumfahrtbehörde Unmengen von Literatur dazu produziert, und es hat zwei Experimente für ein autarkes Habitat auf der Erde gegeben. Fazit: Die Sache ist knifflig und erfordert exakte Planung.

Doch das dürfte den jugendlichen Leser weniger interessieren, sondern er darf das Problem als gelöst voraussetzen. Sonst würde die Marssiedlung ja gar nicht mehr existieren, oder? (En passant lässt der Autor eine Chronologie der Mars-Eroberung einfließen: Die erste bemannte Landung erfolgte demnach im Jahr 2019.) Viele wichtiger sind die Besonderheiten, die Marsmenschen aufweisen, also besonders die hier geborenen und aufgewachsenen.

Unter ihnen stellt sich die zwölfjährige Elinn als etwas ganz Besonderes heraus: Sie kann auf der Erde höchstes 60 Tage überleben, weil sich ihre Lungen zu sehr dem Mars angepasst haben. Dass sie aber auch noch einen besonderen Sinn entwickelt hat, mit dem sie das „Leuchten“ wahrnimmt, das die anderen nicht sehen, macht Elinn zu einer Art Seherin. Man sollte auf sie achten.

Elinn beschwört beim Plan der Erdpolitiker, die Marssiedlung zu schließen, ein massives Problem herauf, denn schließlich kann man sie nicht alleine zurücklassen. Eine Alternative wird geboten: die Unterbringung auf der neuen Raumstation der Erde. Doch das würde auf eine Art Einzelhaft hinauslaufen. Für ihren Bruder Carl ist das keine Alternative, sondern eine Notsituation. Mit diesem Argument bringt er die KI AI20 auf seine Seite und zur Kooperation.

Der Autor verliert sich ein wenig in den Argumentationskriegen um dieses Problem und verschenkt so wertvolle Sympathiepunkte. Worauf der Streit hinausläuft, ist wichtig: auf Carls Plan, bei den Chinesen um Asyl zu bitten. Auch das ist nicht wirklich interessant, aber die Chinesen haben viel bessere Technik als die Marssiedlung, wodurch ein wichtige Kenntnis gelingt: Elinns Löwenkopf gibt es wirklich – aber er ist getarnt! Jetzt endlich kann die Action losgehen.

Sie mündet in einem Showdown vor Ort und einer Offenbarung, die alle Spielregeln verändert. Beides geht bei Eschbach häufig Hand in Hand. Die Figuren anderer Autoren haben Epiphanien, doch sie bleiben meist persönlicher Natur. Eschbachs Offenbarungen ändern das Universum bzw. vielmehr dessen Wahrnehmung durch den Menschen. (Man denke an das Taschenuniversum der Haarteppichknüpfer, das in den Allgemeinraum zurückkehrt.) Fortan denken die Menschen darin auf einem anderen Niveau, agieren auf einem neuen Spielbrett.

Nun kommt es darauf an, sich den neuen Bedingungen anzupassen – oder Zerstörung heraufzubeschwören. Die Gegner des Wandels – sie wird hier „Heimkehrbewegung“ genannt – werden im nächsten Band „Die blauen Türme“ aktiv. Dieser Agententhriller verspricht spannender zu werden als der erste Band.

_Die Inszenierung_

|Die Sprecherin|

Wenn man an Natalie Portman, Kate Beckinsale und Kirsten Dunst denkt, so hat man schon einen guten Eindruck von Marie Bierstedts Stimme im geistigen Ohr. Die Frau ist ja kein unbeschriebenes Blatt, sondern schon an unzähligen Hörspielproduktionen teilgenommen, häufig neben Detlef Bierstedt. In letzter Zeit hat sie viele Hörbücher aufgenommen, so etwa die [Maximum-Ride-Serie 4026 von James Patterson. Wie im „Mars-Projekt“ steht dort eine Gruppe von Jugendlichen im Mittelpunkt der Handlung.

Die Sprecherin verleiht jedem Mitglied der Kindergruppe eine charakteristische Ausdrucksweise. Elinn beispielsweise, die Jüngste, klingt kindlich und, wenn sie über Marsianer spricht, etwas träumerisch. Kein Wunder, dass sie von den Erwachsenen belächelt oder gar gehänselt wird. Die Erwachsenen haben fast alle tiefere Stimmen, besonders natürlich die europäischen Männer wie etwa Tom Pigrato. Nur Yin Xi von der Station der Chinesen hat eine höhere Stimme, die fast schon weiblich wirkt.

Sehr gelungen fand ich den französischen Akzent von Madame Irène Dumelle. Dem Ingenieur Juri Glenko ist der russische Akzent deutlich anzuhören. Etwas gewöhnungsbedürftig ist die synthetische Maschinenstimme der Künstlichen Intelligenz AI20. Dabei wird Bierstedts Stimme sowohl monoton als auch mit einem elektronischen Sound unterlegt – ein raffinierter Effekt.

|Fehler|

Leider macht Marie Bierstedt ein paar Fehler, die einem Wissenschaftler und Astronomen die Haare zu Berge zu Berge stehen lassen. So spricht sie statt des korrekten Ge für die Gravitations-Maßeinheit tatsächlich von „Gramm“, als ob sich die Gravitation wiegen lassen würde. Nun, man hat schon oft Masse und Gewicht durcheinandergebracht.

Ein weiterer Fehler, den sie wiederholt macht, ist die französische Aussprache des lateinischen Namens „Valles Marineris“ (Täler des Seefahrers): Sie spricht „wall marineris“. Vielleicht hätte ihr mal jemand sagen sollen, dass auf dem Mars nur lateinische und englische Namen vorkommen, auch wenn das die Franzosen gewaltig wurmt.

|Geräusche|

Mit Geräuschen ist die Tonregie sehr sparsam umgegangen. Wir hören keine Schritte, keine Türen, sondern allenfalls mal einen Alarm oder ein Düsentriebwerk. Das war’s schon. Die „Inszenierung“ der Lesung scheint sich mehr auf die Musik zu beziehen.

|Musik|

An der Musik kann man ablesen, wie gut der Komponist Andy Matern wirklich ist. Er hat jeden Stil drauf und setzt fast jedes Instrument ein. Mit dynamischen Passagen untermalt angespannte Situationen oder beschwört Spannung herauf. Mit cooler, relaxter Musik (Swing) entspannt er den Hörer und verleiht der jeweiligen Szene einen harmlosen, wenn nicht sogar heiteren Anstrich. Und eine mystische Musik beschwört das Gefühl herauf, man sei dem Geheimnis der Marsianer ganz nahe.

Diese wechselnden Stimmungen sind höchst willkommen, denn der Vortrag der Sprecherin, so abwechslungsreich er auch sein mag, mutet dem jugendlicher Hörer auf Dauer doch etwas trocken an. Die Musik ist eindeutig ein ebenbürtiger Partner des Vortrags.

_Unterm Strich_

Der Autor von „Das Jesus-Video“ legt hier sein erstes Jugendbuch vor. Die Geschichte von den rebellischen Marskindern zeichnet sich durch genaue Charakterisierung und eine glaubwürdige Schilderung ihrer fremdartigen Umgebung aus.

Die Handlung ist mäßig spannend und und setzt mehr auf Entdeckungen und Argumente als auf Konfrontation. Sie zeigt gewaltlose Wege zur Konfliktbewältigung auf, bei der vor allem Argumentation, Computerwissen und Einfallsreichtum zum Tragen kommen – eine feine Sache.

Das gewaltfreie Buch ist für die jugendliche Zielgruppe also durchaus geeignet. Eltern mit pubertierenden Sprösslingen können dieses Buch des bekannten Bestsellerautors unbesehen kaufen. Action-Junkies kommen hier allerdings weniger auf ihre Kosten und müssen bis zum letzten Viertel warten, bis es richtig losgeht.

|Die inszenierte Lesung|

Marie Bierstedt erweckt die Figuren zum Leben und macht sie unterscheidbar. Besonders den grantigen, stets mürrischen Gouverneur Tom Pigrato erkannte ich jederzeit. Das Gleiche gilt natürlich für die Französin Dumelle mit ihrem typischen Akzent. Die Figuren zeigen viele Emotionen und wirken dadurch auf glaubwürdige Weise menschlich. Die Geräusche halten sich sehr in Grenzen, was aber durch die vielseitige und fast stets präsente Musik Andy Materns mehr als ausgeglichen wird. Schade, dass Marie Bierstedt ihre Ahnungslosigkeit in Sachen Physik und Astronomie durch zwei Fehler offenbart.

|300 Minuten auf 4 CDs
ISBN-13: 978-3-7857-3603-6|
http://www.luebbe-audio.de
http://www.andreaseschbach.de
http://www.wellenreiter.la