Faulks, Sebastian – James Bond: Der Tod ist nur der Anfang

007 – die Kennung für den wohl bekanntesten fiktiven Geheimagenten in Literatur und Film. Der britische Schriftsteller Ian Fleming ist der Vater des Agenten mit der „Lizenz zum Töten“, und dieser Geheimdienstler hat schon längst einen Kultstatus erreicht und ist zu einer popkulturellen Ikone ganzer Generationen geworden.

Anders als in den Filmen ist der literarische James Bond ein „normaler“ Mensch, verletzbar, kein Übermensch, mit vielen Schatten auf seiner Seele, ab und an verzweifelt, er ist ironisch, sarkastisch und teils auch verbittert, was dieser Figur eine gewisse Tiefe in der Charakterisierung ermöglicht.

1964 verstarb Ian Fleming in der Grafschaft Kent. Er schrieb zwölf James-Bond-Romane und neun Kurzgeschichten. Interessant ist, dass Ian Fleming im Zweiten Weltkrieg bei der britischen Marine im Nachrichtendienst tätig und somit faktisch selbst ein Spion war.

Jetzt ist „James Bond“ zurück: Der von der Erbengemeinschaft Flemings dafür berufene Autor Sebastian Faulks hat den ersten neuen Roman „Der Tod ist nur der Anfang“ veröffentlicht.

_Inhalt_

James Bond ist sowohl psychisch als auch physisch angeschlagen, und „M“ verurteilt den Agenten zu einer dreimonatigen Pause. In diesem Urlaub soll Bond zu Kräften kommen und sich Gedanken über seine Zukunft machen; zu vieles hat er schon erlebt und gesehen, viel mehr, als einem Menschen zumutbar wäre, und seine körperlichen Narben sind nicht die einzigen Spuren, die ihn zweifeln und grübeln lassen.

Doch „M“ ruft James Bond wieder zurück, um einen gefährlichen Auftrag zu übernehmen: Der hochgebildete, charismatische Dr. Julius Gorner hat vor, das britische Königreich mit Drogen zu überschwemmen, um die schon von sich aus instabile und gefährliche politische Lage inmitten des Kalten Krieges weiter zu gefährden.

James Bond verfolgt Gorner durch den Orient bis nach Russland; die Jagd endet, wo sie begann: in der französischen Metropole Paris. Auf dieser Schnitzeljagd wird er wie immer unterstützt von einer schönen, bezaubernden Frau mit eindrucksvollen Eigenschaften und erhält tatkräftige Hilfe durch Rene Mathis und seinen verkrüppelten Kollegen und CIA-Agenten Felix Leiter.

_Kritik_

Sebastian Faulks schreibt zwar als Stimme von Ian Fleming, er ist es jedoch nicht. Das Rezept ist zwar das gleiche geblieben, aber der Geschmack ein wenig fade. Inmitten eines Szenarios der 60er Jahre bedient sich Faulks legitimer Mittel, um James Bond so zu konzipieren, wie Fleming ihn geschaffen hatte. Diese Basis des Romans ist leicht erkennbar und führt zu aus heutiger Sicht eher beschmunzelnswerten Anachronismen. Die Geschichte ist für heutige Leser eher nostalgisch und nicht mehr zeitgemäß; die 60er Jahre und der damalige Kalte Krieg sind schon lange Geschichte, und wenn man dann von schlechten Funkübertragungen lesen muss oder der Suche nach einer Telefonzelle, vom Nichtvorhandensein neuer und uns vertrauter Medien ganz zu schweigen, so wirkt das Gelesene allzu irreal und in der Zeit verloren.

Historische Momente werden auch in „Der Tod ist nur der Anfang“ integriert: Vietnam, der Kalte Krieg, die Spannungen zwischen West und Ost. Die üblichen Klischees weichen nicht von denen eines beliebigen vorhergehenden James-Bond-Romans ab. Sicherlich passt das in die Handlung und zur Erwartungshaltung treuer Flemming-Leser, aber die Story wirkt dadurch noch vorhersehbarer, als sie ohnehin schon ist. Etwas individueller hätte die Geschichte schon sein können; denke ich da beispielsweise an den letzten Film „Casino Royale“ zurück, so nenne ich das wohl eine gelungene Adaption der Thematik.

Dr. Julius Gorner ist der traditionelle Bösewicht. Wie so viele Kontrahenten, weist er ein körperliches Manko auf, aber sein Intellekt ist maßlos durch- und übertrieben. Auch hier fehlt nicht der tödliche Handlanger und Diener der Bond verletzen, foltern und verprügeln darf. Hinzu kommen noch die haarsträubenden Nebenhandlungen, die völlig überflüssig zu sein scheinen. Nun, vielleicht war es notwendig, verschiedene Actioneinlagen einzubauen, um der Handlung ein wenig Spannung beizumengen. Die Logik bleibt dabei jedoch gänzlich auf der Strecke und überlässt überflüssig brutalen Morden die Arena.

Ein Duell zwischen Bond und Gorner gibt es selbstverständlich auch; diesmal ist die Waffe aber kein vergoldeter Colt, sondern ein Tennisschläger, und der Schauplatz ist nicht die Karibik oder der Pokertisch, sondern ein Tennisplatz. Dieses Match gehört allerdings zum Spannendsten, was die Handlung überhaupt zu bieten hat.

Die charakterliche Tiefe der Protagonisten lässt indes zu wünschen übrig, und ihre Motivationen sind überhaupt nicht nachvollziehbar. Derlei Einsprengsel helfen der Handlung nur dabei, inhaltliche Lücken zu schließen, um langsam und angeschlagen dem Ende der Geschichte entgegenzuhumpeln.

_Fazit_

Sebastian Faulks hat seinen Standard-Leitfaden für einen typischen James-Bond-Roman ganz nach Lehrbuch umgesetzt. Nach langem Hin und Her wird der Mythos James Bond mit dem Ergebnis dieser Arbeit nicht weiterentwickelt und stellt keine literarische Bereicherung dar. „Der Tod ist nur der Anfang“ wirkt letztendlich seelenlos. Sebastian Faulks Motivation, in die Fußstapfen eines Ian Fleming zu treten, mag in den Augen der Erbengemeinschaft erfolgreich umgesetzt worden sein, doch bedarf es mehr Mut und Individualismus, um den Mythos modern und zeitgemäß fortzusetzen und neu aufzubauen. „Der Tod ist nur der Anfang“ dagegen ist so unterkühlt wie ein Martini, und der Leser fühlt sich eher geschüttelt als gerührt.

_Der Autor_

Sebastian Faulks wurde 1953 in Newbury geboren. Er studierte Literatur und Geschichte in Cambridge und arbeitete danach als Journalist. Seit 1991 ist er freier Schriftsteller. 1995 wurde er bei den |British Book Awards| zum Autor des Jahres gewählt und zählt seitdem zu den angesehensten britischen Autoren. Zu seinen Werken zählen das verfilmte „Die Liebe der Charlotte Gray“, „Das Narrenalphabet“ und „Die Traumtänzer“. 2006 beauftragten ihn die Erben Ian Flemings, eine offizielle Fortsetzung der James-Bond-Reihe zu schreiben. Sebastian Faulks lebt mit seiner Familie in London.

|Originaltitel: Devil May Care
Übersetzung: Jürgen Bürger
351 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-3-453-26602-5|
http://www.heyne.de

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