Fisher, Catherine – Schneewanderer

Catherine Fisher ist eine seit vielen Jahren aktive Autorin von Jugendfantasybüchern, auch wenn sie in Deutschland sicherlich noch nicht die Bekanntheit erreicht hat, die sie in England vorweisen kann. Dort wurde sie bereits mehrfach ausgezeichnet und war unter anderem für den |Whitbread Children’s Book Award| nominiert. |Heyne| veröffentlicht nun „The Snow-Walker Trilogy“, allerdings nicht in drei, sondern in einem Band.

Die Snow-Walker, zu deutsch Schneewanderer, sind ein magisches Völkchen, das die normalen Bewohner der nordisch anmutenden Fantasywelt von Fisher verängstigt und Stoff für Gerüchte und Legenden liefert. Grund dafür ist Gudrun, die Frau des Jarl. Man sagt ihr nach, dass sie eine böse Hexe sei, und für die junge Jessa erhärtet sich der Verdacht, als Gudrun sie und ihren Freund Thorkil nach Thrasirshall schickt.

Jessas und Thorkils Väter sind beim Jarl in Ungnade gefallen, und nun sollen auch die beiden Kinder darunter leiden. Gudrun möchte sie außer Reichweite haben und schickt sie deshalb an diesen sagenumwobenen Ort, an den sie einst ihren eigenen Sohn Kari verbannte. Über Kari gibt es die schauerlichsten Märchen. Angeblich ist er ein Monster, doch niemand glaubt, dass er das lange Exil überhaupt überlebt hat. Die Reise der Kinder ist folglich eine Reise ins Ungewisse …

Weiteres zum Inhalt zu sagen, wäre unfair gegenüber potenziellen Lesern, obwohl nur die Geschehnisse des ersten Buches angerissen wurden. Da das Buch drei voneinander unabhängige publizierte Geschichten vereint, fällt es schwer, einen Gesamtüberblick zu geben.

Im Mittelpunkt von „Schneewanderer“ steht der Kampf gegen Gudrun. Die Handlungen der einzelnen Geschichten sind dabei sehr einfach und kindgerecht geschnitzt. Verworrene Intrigen oder großartige Überraschungen darf man nicht erwarten, dafür aber eine wunderschöne Kulisse und eine konsistente, manchmal vorhersehbare Handlung. Was positiv auffällt, ist, dass in dem Buch zwar oft gereist wird, so dass man ständig neue Eindrücke bekommt, diese Reisen aber sehr gerafft dargestellt werden. Fisher begeht nicht den Fehler, sich in seitenlangen Schilderungen von Strapazen in den eisigen Landstrichen zu ergehen, sondern konzentriert sich auf die tatsächliche Handlung. Zusammen mit dem simplen Hintergrund – es gibt wenig Magie und auch nur wenige Fantasywesen und Ähnliches – gelingt es ihr dadurch, packend und interessant, wenn auch nicht besonders innovativ zu erzählen.

Hauptperson in den drei Geschichten ist Jessa, ein starrköpfiges Mädchen, das dem Leser den Zugang zu sich erschwert. Fisher greift zwar immer wieder auf ihre Gedanken und Gefühle zurück und erzählt in der dritten Perspektive aus ihren Augen, aber trotzdem steht sie nicht wirklich im Vordergrund. Ihre Charaktereigenschaften oder sogar ihr Aussehen offenbaren sich dem Leser erst im zweiten Band richtig, was schade ist. Gerade Kinder und Jugendliche haben es gerne, wenn sie sich mit den Hauptfiguren im Buch identifizieren können, was in diesem Fall etwas schwerfällt.

Die anderen Personen sind gut ausgearbeitet. Sie ähneln von Namen und Wesen her am ehesten Wikingern oder Menschen aus der nordischen Geschichte. Fisher etabliert verschiedene Charaktere, die den Leser das ganze Buch hindurch begleiten. Leider zeichnet sie diese oft etwas zu sehr schwarzweiß. Die Bösen haben kaum gute Seiten, während die Guten wenige schlechte haben. Diese Tatsache passt zu der Einfachheit des Plots und wird den erwachsenen Leser vielleicht etwas enttäuschen.

Was ebenfalls für herabhängende Mundwinkel sorgt, ist die Übersetzung, die an einigen Stellen hängt beziehungsweise sogar den einen oder anderen Grammatikfehler aufweist, wie eine Textstelle auf Seite 390 zeigt.

|“Es war kein Tier. Aber auch nicht eigentlich ein Mensch, dachte Jessa, nur sehr ähnlich.“|

Hier hätte man sich ein strafferes Lektorat gewünscht, das solche Fehler ausmerzt. Insgesamt ist das Buch auf Kinderniveau geschrieben, was aber nichts Negatives ist. Fisher erzählt klar und nüchtern, geradezu objektiv, was die eigene Phantasie des Lesers anspricht. Umständliche Erklärungen findet man selten, doch die Autorin schafft es auch mit wenigen, simplen Worten, ihre Welt und die darin befindlichen Menschen anschaulich darzustellen.

Insgesamt ist „Schneewanderer“ ein Buch, das nicht nur Stärken aufweist. Es ist anfangs gewöhnungsbedürftig, dass die Hauptfigur Jessa, aus deren Perspektive erzählt wird, nicht im Mittelpunkt steht. Außerdem tauchen immer wieder vermeidbare Grammatik- oder Ausdrucksfehler auf und die Einfachheit des Buches hat auch seine negativen Seiten. Die Handlung ähnelt anderen Fantasybüchern an manchen Stellen, gefällt aber auch dank des flotten Erzähltempos und des klaren Aufbaus. Der Schreibstil ist anschaulich und verstrickt sich nicht in Nebensächlichkeiten, die Personen gefallen durch geschickte Ausarbeitung. Für Kinder und Jugendliche ist dieses Buch sicherlich ein schönes Weihnachtsgeschenk, dennoch sollte man nicht zu viel davon erwarten.

|Originaltitel: The Snow-Walker Trilogy (The Snow-Walker’s Son/ The Empty Hand/ The Soul Thieves)
Originalverlag: RED FOX/ Random House
Aus dem Englischen von Beate Brammertz
Mit Illustrationen von Animagic
Paperback, 656 Seiten|
http://www.heyne.de

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