Während Kollege Jack The Ripper zu den wohl häufigsten Inspiratoren für die Themenauswahl auf dem Brett- und Kartenspielmarkt gehört, ist der „Doppelmord in der Rue Morgue“, einer der wohl besten und wichtigsten Fälle aus der Feder von Edgar Allen Poe in dieser Sektion eher stiefmütterlich behandelt worden. In diesem Sinne scheint es also fast symbolisch, dass auch in der neuen „Mystery Rummy“-Reihe aus dem Pegasus Verlag zunächst der Ripper den Vorzug erhalten hat und die Serie eröffnen durfte. Poes Nachzügler beendet aber nun eine größere Durststrecke und verneigt sich thematisch zumindest genauso ehrfürchtig vor dem großen britischen Dichter und Schreiberling wie im Vorgänger.
_Spielidee:_
Im Vergleich zum ersten Teil der Serie ist zumindest der thematische Ansatz im zweiten Fall ein wenig anders. Der Mörder, hier der Orang-Utan, ist bereits bekannt und es geht lediglich darum, mittels weiterer Hinweise die Bestätigung für diese Annahme einzuholen. Sieht man von dieser dezenten Abweichung ab, ist die Spielmechanik nahezu identisch und ist – Nomen est Omen – ganz klar an das klassische Rommé angelehnt. Dies heißt: Man sammelt Dreierpärchen, legt diese aus, legt eigene Karten an die Pärchen der Mitspieler an und versucht dabei, die eigenen Karten möglichst flott loszuwerden und zugleich auch noch einen ordentlichen Punkte-Grundstock aufzubauen. Der Unterschied zur traditionellen Variante ist indes einerseits der atmosphärische Background, allerdings auch einige Zusatzregeln, die hiermit verknüpft sind. Und genau diese Bonus-Elemente halten den Spieler nicht nur bei Laune, sondern machen das Ganze auch zu einer phasenweise noch strategischeren Angelegenheit!
_Ziel des Spiels:_
„Mystery Rummy – Fall 2: Edgar Allen Poe“ wird in mehrere Durchgängen gespielt, deren genaue Anzahl noch nicht weiter festgelegt ist. Ziel des Spiels ist hierbei, 100 Punkte anzusammeln, welche man einzig und allein durch das Auslegen eigener Hinweis- und Ereigniskarten bekommen kann. Durchschnittlich ergattert man pro Runde zwischen 15 und 30 Punkten, so dass sich die Spieldauer auf ca. 20-30 Minuten, je nach Spieleranzahl, beläuft.
_Spielmaterial:_
49 Hinweiskarten
12 Ereigniskarten
5 sonstige Karten
1 Spielregel
Das Kartenmaterial dieser zweiten Episode ist ein echter Hingucker. Die Szenen aus der lyrischen Vorlage sind sehr stimmig illustriert worden, ohne dabei jedoch die einzelnen Kartenfunktionen in den Hintergrund zu drängen. Generell sind durch die unterschiedlichen Symbole und die Farbgebung recht viele Informationen auf den Karten enthalten, dies aber auch sehr übersichtlich und nie verwirrend. Letzteres kann man hingegen für die Spielregenl nicht gerade behaupten. Hier wird relativ langatmig um den Kern herum geschrieben und schließlich eine Komplexität suggeriert, die sich im relativ simplen Spielaufbau absolut nicht bestätigt. Wichtig ist jedoch in erster Linie, dass man auf Anhieb Spaß findet, mit dem Material umzugehen – begründet durch die Optik und die schöne Übersichtlichkeit!
_Spielaufbau:_
Die Vorbereitungen eines Durchgangs sind relativ simpel. Hinweis- und Ereigniskarten werden gut durchgemischt und abhängig von der Anzahl der Spieler verteilt. Bei 2 Spielern erhält jeder Spieler 10 Karten, bei steigender Anzahl jeweils eine Karte weniger. Die übrigen Karten bilden einen Nachziehstapel, dessen oberste Karte offen neben diesen Stapel ausgelegt wird. Weiterhin wird die Karte mit dem Orang-Utan offen ausgelegt. Jeder Spieler wählt nun eine seiner Handkarten und legt diese verdeckt unter den Affen. Ist dies geschehen, beginnt das Spiel mit dem Spieler, der links vom Kartengeber sitzt.
_Spielübersicht:_
Ähnlich dem klassischen Rommé besteht ein Spielzug auch in „Mystery Rummy“ aus den drei Schritten ‚Ziehen‘, ‚Ausspielen‘ und ‚Ablegen‘, wobei die erste und die letzte Aktion verpflichtend bleiben. Wer also kurz vor Schluss lediglich ein Dreierpärchen auf der Hand hat und dieses ausspielen möchte (hier nennt man dies ‚Meldung machen‘), dem sind die Hände gebunden, weil er dann ja keine Karte mehr zum Ablegen hat. Das Nachziehen einer Karte ist unterdessen auch ein wenig freizügiger gestaltet. Man kann entweder vom Nachziehstapel (Fallakte) blind eine neue Karte nehmen, oder man nimmt die oberste Karte vom Abwurfhaufen (Rue Morgue) offen auf, wenn diese gerade sehr gut in die eigene Kartenhand passt.
Beim Auslegen hingegen ist man schon an bestimmte Regeln gebunden, vor allem was die Ereigniskarten betrifft. Bestimmte Ereignisse können im Laufe der Ermittlungen logischerweise erst dann eintreten, wenn einzelne Hinweise hierzu gesammelt wurden. Eine besondere Karte ist in diesem Sinne das Ereignis ‚Brillante Folgerung‘, welches erst dann ausgelegt werden darf, wenn zwei bestimmte Kartensätze aus den Hinweiskarten bereits im Spiel sind. Das bringt dementsprechend auch eine hohe Punktzahl in der Abschlusswertung, birgt aber auch die Gefahr, dass man die Punkte später abgezogen bekommt, wenn man die Karte zum Spielende noch auf der Hand trägt. Davon abgesehen darf man pro Runde auch nur eine Ereigniskarte spielen. Wer also gerade ein wenig hilflos ist und neue Karten benötigt und derweil mehrfach ‚Dupins Hilfe‘ in Anspruch nehmen möchte, steht auf dem Schlauch.
Wichtig ist aber zunächst, dass man entsprechende Hinweise als Trio auslegt und sich ein wenig von seinen ersten Karten befreit. Gerade im Spiel zu dritt kann es dann ganz schnell gehen, da man sich hier rasch ergänzt und das Risiko noch größer ist, bestimmte Karten auf der Hand zu lassen und sie noch nicht abzuwerfen. Die Frage, ob man überhaupt noch einmal am Zug sein wird, kann hier nämlich nicht immer klar beantwortet werden. So ist es ebenso ein Risiko bestimmte Hinweissätze zu sammeln, die in ihrer Kombination später Bonuspunkte einbringen können. Sammelt man beispielsweise ‚Zeitungshinweise‘ und ‚Der Seemann‘, gibt es hierfür lukrative 10 Bonuspunkte. Allerdings ist hier natürlich auch ein wenig Glück beim Nachziehen gefragt.
Damit schließlich bestimmte Karten nicht so einfach aus dem Spiel verschwinden (wenn man sie etwa unter den Orang-Utan legt, gibt es einige Möglichkeiten, sowohl die Rue Morgue als Abwurfstapel als auch den Affen zu durchsuchen. Legt man nämlich ein Dreierpärchen neu aus, muss man eine Karte aus der Rue Morgue bzw. aus der Fallakte unter dem Orang-Utan verschwinden lassen. Lediglich Dupin kann hier nachher eingreifen und verlorene Karten wieder zurück ins Spiel holen.
So spielt man schließlich im Uhrzeigersinn, bis ein Spieler keine Karten mehr auf der Hand trägt. Die Regel sieht vor, dass hierzu zwei Fallakten bemüht werden dürfen, der Nachziehstapel also maximal zweimal durchgespielt werden darf, bis alle Meldungen platziert sind und ein Spieler seine Karten komplett ausgespielt hat. Gelingt dies dennoch nicht – wobei das fast schon völlig unrealistisch scheint – wird das Spiel nicht gewertet. In den Regeln für Fortgeschrittene wird das Ganze sogar noch verschärft, so dass man nur einmal die Fallakte durchspielen darf.
Die Punktewertung erfolgt schließlich am Ende eines solchen Durchgangs und wird auf einem Blatt für alle Spieler notiert, da das Spiel erst ab einem erreichten Wert von 100 Punkten beendet wird. Bevor man wertet, dürfen alle Spieler noch diejenigen Hinweise abwerfen, zu denen bereits Meldung gemacht wurde. Auch das Ereignis ‚Brillante Folgerung‘ darf noch abgelegt werden, sollte wenigstens einer der hierfür erforderlichen Hinweise ausliegen. Alle anderen Handkarten werden vom Ergebnis der Punktesumme, die sich aus der eigenen Auslage ermittelt, in ihrem jeweiligen Wert subtrahiert. Nach erfolgter Wertung beginnt schließlich die nächste Runde, bis später ein Gesamtsieger ermittelt wurde.
_Spielspaß:_
Man darf sicherlich nicht den Fehler machen und dem thematischen Background in „Mystery Rummy“ zu viel Bedeutung zukommen zu lassen. Das Thema dient lediglich der Auffrischung der Spielatmosphäre und wird hier vor allem auch grafisch gut bedient, hat aber letzten Endes keinen Einfluss auf den grundsätzlichen Mechanismus. Dieser besteht nämlich im Großen und Ganzen aus den etwas steifen Rommé-Regeln, die hier jedoch Gott sei Dank durch einige neue Elemente brauchbar aufgelockert werden. Wirklich abwechslungsreich wird das Spiel dadurch zwar nicht, aber da bei der Endabrechnung einige zusätzliche Faktoren in die Überlegungen während des Spiels mit einzubeziehen sind, ist diese Variante eine deutlich strategischere und bringt im direkten Vergleich auch definitiv mehr Spaß. Zwar sind einigen Mechanismen nicht so deutlich ausgeprägt, dass sie den ersuchten Einfluss nehmen könnten (beispielsweise die Option, Karten unter den Orang-Utan zu legen), doch in der Summe kommt einfach mehr Schwung und Fluss ins Spiel als beim herkömmlichen Rommé, so dass der Pegasus-Ableger am Ende nicht nur eine nette Alternative, sondern wirklich ein echter Gewinn ist – zumindest wenn man das Rommé-Spiel mag.
Neueinsteiger hingegen dürfen sich auf ein nettes, kurzweiliges, aber eben auch nicht wirklich anspruchsvolles Spiel freuen, welches man zwischendurch immer mal gerne auspacken wird, weil es nicht wirklich fordernd ist. Aber das ist in diesem Fall auch nicht so tragisch!
_Fazit:_
Kartenspieler im Allgemeinen und Rommé-Liebhaber im Besonderen sollten sich daher also nicht vom mystischen Titel abschrecken lassen und „Mystery Rummy“ bei nächster Gelegenheit mal anspielen. Enttäuscht sein wird man keinesfalls!
|Kartenspiel ab einem Spielalter von 8 Jahren
2 – 4 Spieler
Spielzeit: 20 – 40 Minuten
ASIN: B001Q9ER4O|
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