Gaspard, Jan / Lueg, Lars Peter / Sieper, Marc – Bernsteinzimmer, Das (Offenbarung 23, Folge 14)

_Das Geheimnis der Sonnensteine_

Was bisher bloße Verschwörungstheorie war, wird Realität: Die geheimnisvollsten Tragödien, die skrupellosesten Verbrechen werden entschlüsselt. Die Welt wird nicht mehr die gleiche sein, denn auch das letzte Rätselt wird gelöst.

Es gilt als das achte Weltwunder, das Bernsteinzimmer, das einst im Jahre 1716 vom preußischen König Friedrich Wilhelm I. an den russischen Zaren Peter den Großen verschenkt wurde. In den Wirren des 2. Weltkriegs verschwand es. Seitdem läuft eine abenteuerliche und groteske Schatzsuche nach dem wertvollsten Kunstwerk der Menschheit. Längst ist das Zimmer rekonstruiert, doch die Suche nach dem Original geht weiter. Georg Brand macht sich auf den Weg nach Königsberg, um die Frage zu beantworten, was wirklich hinter dem Mythos der legendären „Brennsteine“ der Alten steckt.

_Der Autor_

Jan Gaspard ist ein Pseudonym. Der reale Mensch hat immerhin eine Mailadresse – das ist doch schon mal was. Laut Verlag soll der Rechercheur für Unternehmer wie Axel Springer, Ross Perot, Rupert Murdoch und sogar Dick Cheney gearbeitet haben. Wer’s glaubt, sollte ihn engagieren. Er zeichnet für „Idee, Konzeption, Recherche & Buch“ verantwortlich.

Für die praktische Umsetzung dieser Steilvorlage sorgte hinsichtlich Regie, Produktion & Dramaturgie Lars Peter Lueg, seines Zeichens Verlagsleiter von |LPL records|. Für den „heiligen Geist“ in Form von „Inspiration“ sorgte Koproduzent Marc Sieper. Schnitt, Musik und Tontechnik lagen in den kompetenten Händen von Andy Matern. Markus Wienstroer bearbeitete die Gitarren – das Ergebnis kann sich wirklich hören lassen.

1. Staffel von „Offenbarung 23“:
1) [„Wer erschoss Tupac?“ 1934
2) [„Tupacs Geheimnis“ 1948
3) [„Die ‚Titanic‘ darf nie ankommen“ 2012
4) [„Die Krebs-Macher“ 2015

Einschub: [„Offenbarung 23 – Machiavelli“ 2472

2. Staffel:
5) [„Das Handy-Komplott“ 2576
6) [„Der Fußball-Gott“ 2577
7) [„Stonehenge“ 2590
8) [„Macht!“ 2591

3. Staffel:
9) [„Gier!“ 3104
10) [„Die traurige Prinzessin“ 3113
11) [„Die Hindenburg“ 3131
12) [„Der Piratenschatz“ 3136

4. Staffel:
13) [Das Wissen der Menschheit 3885
14) Das Bernsteinzimmer
15) Durst!
16) Krauts und Rüben

Mehr Infos: http://www.offenbarung23.de und http://www.vertraue-niemandem.net

_Die Sprecher / Die Inszenierung_

In der Riege der Sprecher finden sich etliche einschlägig vorbelastete Herrschaften, die man schon aus dem Hause |LPL records| kennt. Als da wären:

David Nathan spricht die Hauptfigur Georg Brand alias T-Rex und klingt wie Johnny Depp.
Marie Bierstedt spricht Tatjana Junk alias Nolo, die Freundin von „Tron“, und klingt wie Kirsten Dunst („Spider-Man“), Kate Beckinsale oder Natalie Portman.
Dagmar Berghoff spricht eine Nachrichtensprecherin und klingt wie Dagmar Berghoff (logo!).
Dietmar Wunder spricht T-Rex‘ besten Kumpel Kim Schmittke und klingt wie Cuba Gooding jr. bzw. Adam Sandler.
Lutz Mackensy spricht Saint Clair und klingt nach Al Pacino, Stanley Tucci oder Jonathan Price.
Björn Schalla spricht Gennadi A. Solnzekow und klingt nach Sean William Scott.
Detlef Bierstedt spricht den Reporter Kai Sickmann und klingt wie George Clooney.
Benjamin Völz spricht Tron alias Boris F. und klingt wie Keanu Reeves oder James Spader.
Friedrich Schoenfelder spricht die „Stimme der Wahrheit“ und klingt wie David Niven oder Vincent Price.
Helmut Krauss ist der Erzähler und hört sich verdächtig nach Marlon Brando oder Samuel L. Jackson an.

_Vorgeschichte_

Der Berliner Informatikstudent Georg Brand, in Hackerkreisen als „T-Rex“ bekannt, ist auf eine Verbindung zwischen dem besten deutschen Hacker Boris F. alias „Tron“ und dem Rapper Tupac Shakur gestoßen. Alle möglichen Leute, die Geheimnisse aufdecken oder vertuschen wollen, interessieren sich auf einmal für T-Rex. Während Georg mit Trons ehemaliger Freundin Tatjana Junk alias Nolo anbandelt, meldet sich Tron quasi aus dem Jenseits: Er ist seit 1998 offiziell tot. Ist er das wirklich? Jedenfalls gibt Nolo Georg eine „Chiffre“ nach der anderen in die Hand. Chiffren sind eine Umschreibung für Hinweise auf die Geheimnisse, die Tron vor seinem Tod aufgedeckt hat – brisanter Stoff sozusagen.

_Handlung_

Nach ihrem Erlebnis in Schottland finden Georg Brand und sein Kumpel Kim Schmittke auch im heimatlichen Berlin die Spur von Rittern, seien sie nun vom Templerorden wie in Schottland oder vom Orden der Deutschritter. In Ortsbezeichnungen wie Tempelhof und Kreuzberg sind noch ihre Spuren bis heute abzulesen. Es gebe sogar einen Templerverein in Berlin, der echte Rüstungen trage, weiß Kim. Doch als ein paar Finsterlinge Georg direkt am Flugfeld packen und in Gewahrsam nehmen, ist Schluss mit lustig!

Die Nachrichtensprecherin Dagmar Berghoff berichtet am 31. Mai 2003 von der Eröffnung des rekonstruierten Bernsteinzimmers, das der Öffentlichkeit übergeben wird. Es entstand Anfang des 18. Jahrhunderts in der alten Hauptstadt Preußens, Königsberg, und wurde 1716 vom König Friedrich Wilhelm I. dem russischen Zaren Peter dem Großen zum Geschenk gemacht. Im Austausch bekam der Preußenkönig 55 „Lange Kerls“ aus St. Petersburg. Da das Bernsteinzimmer in den Bombennächten des 2. Weltkriegs verschwand, fragt sich die Fachwelt, wo sich das bedeutendste Kunstwerk Mitteleuropas heute befindet.

Ein Mann namens Gennadi A. Solnzekow (abgekürzt G.A.S.) begrüßt den wieder befreiten Georg und bezeichnet sich als Angehörigen des russischen Geheimdienstes GRU und Leutnant der Roten Armee. Sie befinden sich zur Georgs Überraschung mitten im rekonstruierten Bernsteinzimmer. Der herrliche rötliche Glanz der Bernsteinmosaiken führt Georg vor Augen, um was es Solnzekow geht. Georg soll für ihn das echte Bernsteinzimmer finden. Aber wo? Natürlich in Königsberg, wo sonst?

In dem heutigen Kaliningrad, einer russischen Exklave zwischen Polen und Litauen, steigt Georg aus dem Zug. Den Fahrschein hat er bei Trons Exfreundin Tatjana Junk gelöst, die ihm eine weitere Tron-Chiffre zeigte: einen Bernstein-Anhänger mit dem Zeichen des Wassermanns. Georg schaut sich auf dem Bahnhofsvorplatz um, und wer läuft ihm über den Weg? Natürlich St. Clair, der schottische Tempelritter, der Hüter des Wissens der Menschheit. Er nennt Georg halb im Scherz, halb im Ernst „Hermes Trismegistos“. Und Georg erinnert sich an seine bemerkenswerte Show als Hermes in Roslyn Castle.

St. Clair betätigt sich mal wieder als Führer durch die Vergangenheit. Das Königsberger Schloss wurde zwar von den Sowjets 1967 gesprengt, aber ein Turm, der dem Donnergott der Germanen (Donar) gewidmet ist, steht immer noch. Darin zeigt eine Ausstellung wertvolle Juwelen, darunter auch Bernsteine. An der ganzen Ostseeküste wurden diese edlen Steine gefunden, und da der Orden der Deutschritter, der in Königsberg seinen Sitz hatte, das Monopol auf das „Gold der Ostsee“ hatte, wurde er sehr reich. Aus dem Orden gingen die Preußen und daraus wiederum das Deutsche Reich hervor. Das Monopol endete erst 1945.

Aber wo ist denn nun das verschwundene Bernsteinzimmer, will Georg wissen. St. Clair kann ihm nur raten, wieder in Berlin zu suchen. Die Spur führt zu Tatjana und Leutnant Solnzekow zurück, die eine ganz besondere Beziehung verbindet …

_Mein Eindruck_

Auch diese Episode versucht ein wenig Licht auf ein Geheimnis der Menschheit zu werfen, doch zunächst kommt uns das Bernsteinzimmer vielleicht ein wenig zu banal dafür vor. Was soll so besonders an versteinertem Harz sein? Doch offenbar handelt es sich erstens um eine einst ziemlich wertvolle Währung, zweitens wurden die „Sonnensteine“ mit mystischen Kräften ausgestattet und entsprechend verehrt. Drittens hat Bernstein auch noch medizinische Eigenschaften, wenn man ihn erhitzt – es entsteht Kolophonium.

Doch die Offenbarungs-Serie begnügt sich meist nicht mit diesem Niveau von schulgemäßer Aufklärung, denn die Drahtzieher der Geschehnisse um Georg, wie etwa St. Clair, haben für ihn eine besondere Rolle vorgesehen. Die Bühne für diese Rolle ist nichts Geringeres als die Weltpolitik. Wer das nicht glaubt, solle das Hörspiel „Machiavelli“ anhören, das außerhalb der Serie steht. Was aber hat dann das Bernsteinzimmer mit Weltpolitik zu tun? Die Antwort liegt bei den Russen. Schließlich wird Georg von einem angeblichen Russen auf die Suche geschickt. Was Georg findet bzw. von den Russen erzählt bekommt, ergibt jedoch nur weitere Widersprüche.

Wenn die Russen nicht wollen, dass das deutsche Nationalgefühl, das sich angeblich im Bernsteinzimmer manifestiert (siehe Preußen und Deutsches Reich), wieder erwacht, warum übergaben sie dann anno 2003 eine Kopie des Kunstwerks an die Deutschen? Man könnte verstehen, wenn sie das Original zurückhalten. Wollen sie die Deutschen verspotten?

Aber dann wird angedeutet, dass es sich bei der Kopie vielleicht doch um das verloren geglaubte Original handeln könnte, nach dem Poe’schen Prinzip, dass man etwas Gesuchtes am besten dort versteckt, wo es jeder sehen kann (vgl. Poes „The purloined letter“). Jeder Besucher der Ausstellung denkt also, es handle sich nur um eine Kopie, doch es ist in Wahrheit das Original. Und da dessen Pflege und Wartung (Steine sind zu ersetzen) teuer ist, haben sich die Russen sowohl einen Kostenfaktor vom Hals geschafft als auch einen politischen Gegner verspottet. Und angeblich einen Krieg verhindert.

Das klingt ja ganz nett, aber höchst unglaubwürdig. Ungefähr so wie die Theorie, die „Titanic“ sei versenkt worden, um die Versicherung zu kassieren. Aber immerhin lernt der Hörer etwas über den GRU, der fünfmal so groß wie der KGB sein soll und offenbar alle wirklich wichtigen Vorgänge in Russland steuert. Außerdem gibt’s mal wieder Geschichtsunterricht.

Diese Episode greift das Motiv des Wassermanns wieder auf, das im Tarot-Orakel Saint Clairs auf Roslyn Castle auftauchte und für Georg Brand besondere Bedeutung hat. Der Wassermann scheint in Nolos Bernstein-Anhänger eingraviert zu sein. Dass Nolo für Georg eine besondere Bedeutung hat, dürfte mittlerweile hinlänglich bekannt sein. Dass sie aber aus Samarkand stammt, der Stadt der Scheherazade, war mir neu und überraschte mich.

Natürlich sind wir jetzt rasend neugierig darauf zu erfahren, wer Nolos Adoptiveltern waren und wie es ihr gelang, von Samarkand nach Berlin zu gelangen, wo sie nun mit Georg Spaghetti kocht.

_Unterm Strich_

Das 70 Minuten lange Hörspiel hat mich auf weite Strecken relativ gut unterhalten, bis auf die ewigen Geschichtsstunden mit Saint Clair. Lustig fand ich ja, dass die Initialen des Leutnant Solnzekow das Wort G.A.S. ergeben. Das hat doch sicher etwas zu bedeuten, oder?! Oder nicht?

Es ist von |Lübbe| und |LPL records| gewohnt sorgfältig produziert worden und ich habe an der Technik nichts auszusetzen. Die Stimmen der Hollywoodschauspieler verleihen der gewohnt trivialen Handlung etwas Filmglamour. Die Episode endet mit einer relativ romantischen Szene, die aber dann doch eine faustdicke Pointe bereithält. Also nicht vorzeitig abschalten!

|70 Minuten auf 1 CD|
http://www.lpl.de
http://www.offenbarung-23.de
http://www.luebbe-audio.de