Gaspard, Jan / Lueg, Lars Peter / Sieper, Marc – Pyramiden-Saga, Die (Offenbarung 23, Folge 20)

_Tatort Pyramiden_

Was bisher bloße Verschwörungstheorie war, wird Realität: Die geheimnisvollsten Tragödien, die skrupellosesten Verbrechen werden entschlüsselt. Die Welt wird nicht mehr die gleiche sein, denn auch das letzte Rätsel wird gelöst.

|Die großen Pyramiden von Gizeh sind der magischste Ort dieser Welt. Grandiose Berge aus behauenem Stein, astronomisch nach den Sternen ausgerichtet und perfekt in ihren Proportionen. Es ist das größte Rätsel, was genau die Menschheit vor 45 Jahrhunderten dazu bewogen hat, diese verstörenden Bauwerke zu errichten – ohne Maschinen, ohne technische Hilfsmittel, aber mit einer unglaublichen visionären Kraft. Dabei ist die Lösung aller Pyramiden-Geheimnisse so einfach, so simpel. Man braucht nur den richtigen „Standpunkt“ und die perfekte „Beleuchtung“ – schon sieht man mit dem eigenen Auge, was das Auge des Sonnengottes Ra selbst nie erblicken durfte!| (Verlagsinfo)

_Der Autor und die Macher_

Jan Gaspard ist ein Pseudonym. Der reale Mensch hat immerhin eine Mailadresse – das ist doch schon mal was. Laut Verlag soll der Rechercheur für Unternehmer wie Axel Springer, Ross Perot, Rupert Murdoch und sogar Dick Cheney gearbeitet haben. Wer’s glaubt, sollte ihn engagieren. Er zeichnet für „Idee, Konzeption, Recherche & Buch“ verantwortlich.

Für die praktische Umsetzung dieser Steilvorlage sorgte hinsichtlich Regie, Produktion & Dramaturgie Lars Peter Lueg, seines Zeichens Verlagsleiter von |LPL records|. Für den „heiligen Geist“ in Form von „Inspiration“ sorgte Koproduzent Marc Sieper. Schnitt, Musik und Tontechnik lagen in den kompetenten Händen des preisgekrönten [Andy Matern.]http://www.andymatern.de/ Markus Wienstroer bearbeitete die Gitarren in der Titelmelodie – das Ergebnis kann sich wirklich hören lassen. Die Aufnahmeleitung oblag Anno Storbeck.

|1. Staffel von „Offenbarung 23“:|
1) [„Wer erschoss Tupac?“ 1934
2) [„Tupacs Geheimnis“ 1948
3) [„Die ‚Titanic‘ darf nie ankommen“ 2012
4) [„Die Krebs-Macher“ 2015

Einschub: [„Offenbarung 23 – Machiavelli“ 2472

|2. Staffel:|
5) [„Das Handy-Komplott“ 2576
6) [„Der Fußball-Gott“ 2577
7) [„Stonehenge“ 2590
8) [„Macht!“ 2591

|3. Staffel:|
9) [„Gier!“ 3104
10) [„Die traurige Prinzessin“ 3113
11) [„Die Hindenburg“ 3131
12) [„Der Piratenschatz“ 3136

|4. Staffel:|
13) [Das Wissen der Menschheit 3885
14) [Das Bernsteinzimmer 3887
15) [Durst! 3900
16) [Krauts und Rüben 3934

|5. Staffel:|
17) [Die Waterkant-Affäre 4340
18) [Menschenopfer 4362
19) [Angst! 4537
20) Die Pyramiden-Saga

Mehr Infos: http://www.offenbarung23.de sowie http://wiki.jan-gaspard.net/ und http://www.vertraue-niemandem.net.

_Die Sprecher_

In der Riege der Sprecher finden sich etliche einschlägig vorbelastete Herrschaften, die man schon aus dem Hause |LPL records| kennt.

Die Rollen und ihre Sprecher:

„Stimme der Wahrheit“: Friedrich Schoenfelder (David Niven, Vincent Pryce, Peter Cushing)
Erzähler: Helmut Krauss (Marlon Brando, James Earl Jones)
Georg Brand alias T-Rex: David Nathan (Johnny Depp, Christian Bale)
Tatjana Junk alias Nolo: Marie Bierstedt (Kirsten Dunst)
Ian G: Till Hagen (Kevin Spacey, Billy Bob Thornton)
Margo: Arianne Borbach (Catherine Zeta-Jones, Diane Lane)
Tom alias Mista Beat: Tilo Schmitz (Ving Rhames, Michael Clarke Duncan)
Wahid: Steven Merting
Kopte: Hasso Zorn (David Kelly)
Annie: Shalin Rogall (Alyson Stoner)
Boris F. alias Tron: Benjamin Völz (Keanu Reeves, James Spader, David Duchovny)

_Vorgeschichte_

Der Berliner Informatikstudent Georg Brand, in Hackerkreisen als „T-Rex“ bekannt, ist auf eine Verbindung zwischen dem besten deutschen Hacker Boris F. alias „Tron“ und dem Rapper Tupac Shakur gestoßen. Alle möglichen Leute, die Geheimnisse aufdecken oder vertuschen wollen, interessieren sich auf einmal für T-Rex. Während Georg mit Trons ehemaliger Freundin Tatjana Junk alias Nolo anbandelt, meldet sich Tron quasi aus dem Jenseits: Er ist seit 1998 offiziell tot. Ist er das wirklich? Jedenfalls gibt Nolo Georg eine „Chiffre“ nach der anderen in die Hand. Chiffren sind eine Umschreibung für Hinweise auf die Geheimnisse, die Tron vor seinem Tod aufgedeckt hat – brisanter Stoff sozusagen.

_Handlung_

Kairo. Nolo ist in ihre ägyptische Heimat zurückgekehrt und betätigt sich in ihrem „Harem“ als Scheherazade. Sie erzählt die Geschichte vom Prinzen Kenkenes, der sich in die wunderschöne „Anmutige Dattelpalme“ verliebte, dabei aber Konkurrenz von seinem verleumderischen Bruder bekam. Die Reisestationen des Prinzen decken sich ziemlich genau mit der Stationen, an die Georg Brand gelangt, als er Kairo besucht.

Georg und Tom ist es gelungen, auf Schleichwegen die 14 Jahre junge schwangere Annie aus Berlin heraus- und in Kairo einzuschmuggeln Sie bringen sie in ein koptisches Kloster, das mitten in der Altstadt liegt. Bruder Johannes hat viel übrig für Namen und Worte. Die biblische Hannah beispielsweise habe den Propheten Samuel geboren. Annie ist ebenfalls bereit, ihr Kind, falls es ein Sohn wird, Samuel zu nennen. Und „Georg“ – dieser Name bedeute Sämann und sei das Symbol Oberägyptens gewesen. Georg winkt ab. Er will auf keinen Fall mit irgendwelchen Messiasrollen in Verbindung gebracht werden, denn dann würde man versuchen, ihn für irgendwelche Zwecke zu missbrauchen.

Tom und Georg besuchen Sakkara, die älteste Stufenpyramide Ägyptens überhaupt. Sie liege am Schnittpunkt von Ober- und Unterägypten, zwischen dem Land der Lebenden (Osten) und dem der Toten (Westen). Ein einheimischer Führer namens Wahid bittet Georg, ein Hieroglyphenzeichen zu entschlüsseln. Sie betreten einen langen Schacht oder Tunnel, um sodann zu einer Kammer zu gelangen, wo anders als in den Pyramiden von Gizeh reiche Wandmalereien zu sehen sind. Dies sei die älteste Bibel der Welt, schwärmt Wahid. Gezeigt würden der Obergott Osiris sowie Thot. Osiris sei der Ordner aller Dinge, wurde aber von seinem Bruder Seth verraten, der Osiris‘ Frau Nephtis ebenfalls begehrte. Aber Osiris‘ Schwester Isis erweckte ihn wieder zum Leben, ließ sich von ihm schwängern und brachte den falkenköpfigen Horus zur Welt, eine Inkarnation der Sonne.

Wider Erwarten gibt es aber hier nichts zu entschlüsseln. Daher begibt sich Georg mit Ian G, der überraschenderweise hier auftaucht, in die Cheops-Pyramide, das höchste der drei großen Pharaonengräber. Wandmalereien fehlen hier völlig, doch es gibt eine Inschrift, die mit Tinte geschrieben wurde. Sie ist als „Tron“ zu dekodieren. Wie interessant.

Draußen wird es schon Abend. Margo tritt auf, von der Georg annimmt, sie sei in der russischen Botschaft verschwunden. Kleiner Irrtum, meint Margo. Sie habe auf Georg gewartet. Ian G vergleicht Margo mit Sachmet, der raubtierartigen Schwester der Katzengöttin Bastet. Und da kommt auch schon ein weißer Löwe angetrottet, der gar nicht so friedlich knurrt. Da spricht Margo ein paar magische Worte und der Löwe beginnt seinen Angriff. Aber auf wen?

_Mein Eindruck_

In dieser Folge widmet sich der Autor mal wieder seinem zweiten Steckenpferd, dem Thema des Messias, verkörpert in Georg Brand. Schon in dem Hörbuch [„Macchiavelli“ 2472 schlachtete er dieses Thema bis zum Exzess aus. Und auch in „Das Wissen der Menschheit“ (Folge 13) tauchte Georg Brand in seiner Messias-Funktion auf. Der Betroffene findet das überhaupt nicht witzig, denn zwielichtige Gestalten wie Ian G, der für die russische Botschaft, und Tom, der für die amerikanische Botschaft arbeitet, trachten danach, ihn für ihre jeweiligen Zwecke einzuspannen.

Diesmal wird Georg zum Zankapfel zwischen Ian G und der ebenso zwielichtigen Margo, die ihn schon in der Epsiode „Stonehenge“ (Nr. 7) heimgesucht hat. Wenn Georg eine Inkarnation von Osiris ist und Ian G eine von dessen Bruder Seth, dann ist Nolo, die in Kairo erzählt, Nephtis, doch dann könnte Margo die Rolle der Isis spielen. Diese Dreiecks- oder Vierecksgeschichte, die den alten Ägyptern geläufig war, wird nicht nur in der Gegenwart nachgespielt, sondern bildet auch die Folie für Scheherazades / Nolos Erzählung aus Tausendundeiner Nacht. Die Erzählung passt mit ihrer Liebespoesie und laufenden Anrufung Gottes gut zur Mystik, die den Tenor in Georgs Geschichte angibt.

Nebenbei erfährt der Zuhörer einiges über die Ursprünge der ägyptischen Kultur und somit auch über unsere eigene. Denn das Wissen über Mathematik ist von dem Wissen über die Gestirne abgeleitet, das in Mesopotamien gesammelt wurde. Die Ägypter stammen aus Mesopotamien und errichteten im Nildelta eine ähnliche Siedlungskultur wie in ihrer früheren Heimat (in der man ja ebenfalls Stufenpyramiden baute). Wiederholt korreliert der Autor bzw. seine Figurenriege den Schöpfungsmythos um Osiris und die Entstehung der Kultur am Nil. Die ausgewanderten Juden hätten dieses Wissen mit ins Gelobte Land genommen und in ihrer Genesis niedergeschrieben, dem ersten Buch des Alten Testaments.

Das alles ist relativ faszinierend, wenn man etwas für alte Geschichte, Schöpfungsmythen und Mystik übrig hat. Es entschädigt leider nicht den Mangel an Handlung. Dass Georg mit der Bitte, ein Zeichen zu dekodieren, in eine Grabkammer gelockt wird, wo es nichts zu dekodieren gibt, ist auch nicht so einleuchtend. Die Entschlüsselung, die dann doch noch stattfindet, betrifft das Gegenstück zu einem Graffiti, wie es jeder Besucher an einer Touristenattraktion hinterlassen würde – ziemlich banal also.

Der Hörer dürfte sich wiederholt fragen, was die immer wieder eingeschobenen Passagen aus der Geschichte um Prinz Kenkenes mit der restlichen Handlung zu tun haben. Wie gesagt, sind sie eine Weiterverarbeitung des Osiris-Mythos, allerdings mit dem Schwerpunkt auf der Lovestory. Die fünf Vögel, die der Prinz schließlich im Wüstenpalast findet, sind Symbole für die Arten der Liebe. Drei davon sind Tauben, die vierte ist die Nachtigall, die fünfte ein Hesar. Und was das ist, wird nicht erklärt.

|Geräusche und Musik|

Alle Geräusche sind natürlich aus der Realität entnommen und verleihen der Handlung den Anstrich von Filmqualität. Aber sie kommen nie den Dialogen in die Quere, sondern sind in dieser Hinsicht zurückhaltend. Diesmal fehlen Verkehrsgeräusche völlig. Das einzige Vehikel ist ein Nilboot, auch Dhau oder Feluke genannt. Hier rauscht das durchpflügte Wasser recht ordentlich, so dass es schon fast zu laut ist.

Ein Rätsel gab mir ein mechanisch klingendes Hintergrundgeräusch auf, das ich nicht identifizieren konnte. Schließlich setzte ich es mit der Fortbewegung der Figuren zwischen den Pyramiden in Beziehung und siehe da: Es handelt sich um Schritte über den Sand!

Das Knurren und Brüllen des Löwen klingt ziemlich echt, und zwar so echt, dass man sich Georgs Nervosität gut ausmalen kann. Von wem die nachfolgenden Schreie stammen, soll hier nicht verraten werden.

Die Musik fungiert meist als Pausenfüller: Fetzige Gitarren, für die Markus Wienstroer verantwortlich zeichnet, bestimmen das In- und Outro, im Hintergrund plätschert etwas Schmuse-Rock. Mir gefielen mehr die Gitarren. Orientalische bzw. ägyptische Musik ist allen Erzählpassagen unterlegt, die Nolo vorträgt. Das fand ich sehr passend, denn manche Szenen sind wirklich ergreifend.

|Hinweis|

Auf dem Titelbild sind vier Pyramiden zu sehen. Die bekannten drei Pyramiden von Gizeh heben sich schwarz vor dem Nachthimmel ab. In eben diesem Nachthimmel funkelt eine Gruppe Sterne, die den Umriss einer auf dem Kopf stehenden Pyramide ergeben. Die Spitze dieser Himmelspyramide zeigt genau auf die der Cheops-Pyramide. Auf dieses Bild wird im Text des Hörspiels eingegangen. Die Entsprechung ist ein Hinweis auf die Astronomie-Kenntnisse der alten Ägypter, aber auch auf die astrologischen Bezüge, die der Autor aufgreift.

_Unterm Strich_

Das Hörspiel ist von |Lübbe Audio| und |LPL records| gewohnt sorgfältig produziert worden und ich habe an der Technik nichts auszusetzen. Die Stimmen der Hollywoodschauspieler verleihen der gewohnt abwechslungsreichen Handlung etwas Filmglamour. Die Story wartet in der Regel mit Verschwörungstheorien, Kurzinfos, Hacker-Eskapaden und allerlei zwielichtigen Aktionen auf.

Doch in dieser Folge findet die Handlung im Schneckengang im Sand statt und weitab von allen Plagen der Zivilisation. Man fühlt sich wie in den alten Orient versetzt, und dazu passt Nolos Erzählung aus „Tausendundeiner Nacht“. Die Erzählung ist im Schöpfungsmythos um Osiris gespiegelt sowie in der Figurenkonstellation um Georg Brand.

Ein Fehler in der Handlung, ein rätselhaftes Hintergrundgeräusch und ein unerklärtes Wort in Nolos Erzählung trugen nicht gerade dazu bei, mich von der Qualität dieser Episode zu überzeugen. Sie dient lediglich dazu, die Messias-Story um Georg weiterzuführen. Ob auch die kommende Folge „Tutanchamun“ in die gleiche Kerbe haut, bleibt abzuwarten. Terry Pratchetts [Roman 2615 über die Pyramiden wäre jedenfalls wesentlich lustiger zu lesen bzw. zu hören.

|76 Minuten auf 1 CD|
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