Gaspard, Jan / Lueg, Lars Peter / Sieper, Marc – Waterkant-Affäre, Die (Offenbarung 23, Folge 17)

_Rätsel Barschel: Die Wanne ist voll_

Was bisher bloße Verschwörungstheorie war, wird Realität: Die geheimnisvollsten Tragödien, die skrupellosesten Verbrechen werden entschlüsselt. Die Welt wird nicht mehr die gleiche sein, denn auch das letzte Rätselt wird gelöst.

Am 11. Oktober 1987 stirbt in einem Genfer Hotelzimmer Uwe Barschel von der schleswig-holsteinischen CDU. Über ein Jahrzehnt lang wird der Öffentlichkeit erzählt, es sei Selbstmord gewesen. Doch dann lassen sich die Indizien für einen Mord nicht mehr länger verleugnen. Aber welche Kräfte betreiben hier Legendenbildung? Wo könnten die Motive für einen so spektakulären politischen Mord liegen? Die Spuren führen hinab in eine der abstrusesten Agentengeschichten aller Zeiten. In einen seltsam heißen Kalten Krieg, der auch im 21. Jahrhundert noch lange nicht beendet ist. Und der alle tötet, die über diesen Krieg berichten.

_Der Autor und die Macher_

Jan Gaspard ist ein Pseudonym. Der reale Mensch hat immerhin eine Mailadresse – das ist doch schon mal was. Laut Verlag soll der Rechercheur für Unternehmer wie Axel Springer, Ross Perot, Rupert Murdoch und sogar Dick Cheney gearbeitet haben. Wer’s glaubt, sollte ihn engagieren. Er zeichnet für „Idee, Konzeption, Recherche & Buch“ verantwortlich.

Für die praktische Umsetzung dieser Steilvorlage sorgte hinsichtlich Regie, Produktion & Dramaturgie Lars Peter Lueg, seines Zeichens Verlagsleiter von |LPL records|. Für den „heiligen Geist“ in Form von „Inspiration“ sorgte Koproduzent Marc Sieper. Schnitt, Musik und Tontechnik lagen in den kompetenten Händen von Andy Matern. Markus Wienstroer bearbeitete die Gitarren in der Titelmelodie – das Ergebnis kann sich wirklich hören lassen. Die Aufnahmeleitung oblag Anno Storbeck.

|1. Staffel von „Offenbarung 23“:|
1) [„Wer erschoss Tupac?“ 1934
2) [„Tupacs Geheimnis“ 1948
3) [„Die ‚Titanic‘ darf nie ankommen“ 2012
4) [„Die Krebs-Macher“ 2015

Einschub: [„Offenbarung 23 – Machiavelli“ 2472

|2. Staffel:|
5) [„Das Handy-Komplott“ 2576
6) [„Der Fußball-Gott“ 2577
7) [„Stonehenge“ 2590
8) [„Macht!“ 2591

|3. Staffel:|
9) [„Gier!“ 3104
10) [„Die traurige Prinzessin“ 3113
11) [„Die Hindenburg“ 3131
12) [„Der Piratenschatz“ 3136

|4. Staffel:|
13) [Das Wissen der Menschheit 3885
14) [Das Bernsteinzimmer 3887
15) [Durst! 3900
16) [Krauts und Rüben 3934

|5. Staffel:|
17) Die Waterkant-Affäre
18) Menschenopfer
19) Angst!
20) Die Pyramiden-Saga

Mehr Infos: http://www.offenbarung23.de und http://www.vertraue-niemandem.net.

_Die Sprecher_

In der Riege der Sprecher finden sich etliche einschlägig vorbelastete Herrschaften, die man schon aus dem Hause |LPL records| kennt.

Die Rollen und ihre Sprecher:

„Stimme der Wahrheit“: Friedrich Schoenfelder (David Niven, Vincent Pryce, Peter Cushing)
Erzähler: Helmut Krauss (Marlon Brando, James Earl Jones)
Georg Brand alias T-Rex: David Nathan (Johnny Depp, Christian Bale)
Tom alias Mista Beat: Tilo Schmitz (Ving Rhames, Michael Clarke Duncan)
Ian G: Till Hagen (Kevin Spacey, Billy Bob Thornton)
Kim Schmittke: Dietmar Wunder (Cuby Gooding jr., Don Cheadle, Adam Sandler)
Basti / Gaius: Lutz Schnell (Kevin Chapman)
Hajö / Augustus: Ernst Meincke (Patrick Stewart, Kenneth Welsh)
Kai Sickmann: Detlef Bierstedt (George Clooney, Robert Englund, Bill Pullman)
Nachrichtensprecherin: Ulrike Hübschmann
Margo: Arianne Borbach (Catherine Zeta-Jones, Diane Lane)
Boris F. alias Tron: Benjamin Völz (Keanu Reeves, James Spader, David Duchovny …)

_Vorgeschichte_

Der Berliner Informatikstudent Georg Brand, in Hackerkreisen als „T-Rex“ bekannt, ist auf eine Verbindung zwischen dem besten deutschen Hacker Boris F. alias „Tron“ und dem Rapper Tupac Shakur gestoßen. Alle möglichen Leute, die Geheimnisse aufdecken oder vertuschen wollen, interessieren sich auf einmal für T-Rex. Während Georg mit Trons ehemaliger Freundin Tatjana Junk alias Nolo anbandelt, meldet sich Tron quasi aus dem Jenseits: Er ist seit 1998 offiziell tot. Ist er das wirklich? Jedenfalls gibt Nolo Georg eine „Chiffre“ nach der anderen in die Hand. Chiffren sind eine Umschreibung für Hinweise auf die Geheimnisse, die Tron vor seinem Tod aufgedeckt hat – brisanter Stoff sozusagen.

_Handlung_

Basti und Hajo tapsen auf leisen Sohlen nachts durch die Flure des exklusiven Hotels Beau Rivage am Genfer See. Als sie das Zimmer 317 erreichen, sind sie erstaunt, dass die Zimmertür offen ist. Es ist auch niemand zu sehen, das Bett wurde nicht benutzt. Aber ein Mann ist doch als Gast für dieses Zimmer eingetragen, ein Mann, der am nächsten Tag vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss Rede und Antwort stehen soll. Wer hat Ministerpräsident Björn Engholm (SPD) abgehört und in wessen Auftrag?

Hajo und Basti stoßen im Bad doch noch auf den an der Rezeption eingetragenen Bewohner: Uwe Barschel ist tot. Sein Körper ist noch warm, er ist noch nicht lange tot. Ein Anruf in der Redaktion des |STERN| macht ihnen klar, was sie zu tun haben: alle Dokumente sichern, alles, was auch immer, fotografieren und schnellstmöglich abliefern. Geht klar. Sie fangen an zu arbeiten. Man schreibt den 11. Oktober 1987.

Montag, 00:23, Berlin, das Jahr 2002. In der russischen Botschaft: Oberst Solnzekow ist ebenso entsetzt wie Margo über das, was sich vor seinen Augen abspielt. Sein von Margo gelieferter „Gast“ Georg Brand versucht sich gerade eine Kugel durch den Schädel zu jagen! Mit Solnzekows Pistole! Der Schuss dröhnt durch das Zimmer.

Eine Gruppe von Männern, die plötzlich durch die Tür eindringt, lenkt den Blick des Oberst auf sich. Es ist Ian G, verdammt! Seine Männer schnappen sich Margo, und Ian G lässt sich von Georg die Waffe geben. Puh, das war knapp – wer hätte gedacht, dass solche russische Wertarbeit einfach nach hinten losgehen würde, hm? Ian G verschwindet mit Brand und Margo. Solnzekow flucht. Auf welcher Seite steht dieser Ian G eigentlich?

Nach einer Aussprache im völlig „verwanzten“ Hotel Adlon taucht der völlig geschaffte Georg Brand erst einmal in seinem Studentenwohnheim ab. Sieben Tage später verschafft sich sein Kumpel Kim Schmittke mit einem Dietrich widerrechtlich Zutritt zu Georgs Bude. Mann, hier sieht’s vielleicht aus! Vor lauter Pizzaschachteln sieht man kaum noch Georg vor seinem Laptop hocken. Sicher ist er wieder an einer großen Sache dran. Ah, der Kauf der DDR, so, so. 44 Milliarden Mark wurden gestohlen oder unterschlagen. Na, wenn juckt’s? Man könnte sich höchstens wundern, warum die russischen Oligarchen auf einmal so reich geworden sind …

Dienstag, 19:34 Uhr, am Brandenburger Tor. Georg fragt den Chefredakteur Kai Sickmann, was er mit der [„Atlantikbrücke“]http://de.wikipedia.org/wiki/Atlantik-Br%C3%BCcke zu tun hat, jenem Klüngel von Wirtschaftskapitänen und Politikern, der unter anderen auch mit den schwarzen Kassen der CDU zu tun hatte (Episode 16). Und Kim will wissen, was sich hinter dieser supergeheimen Killerbrigade namens „Gladio“ verbirgt. Da wird Georg plötzlich gepackt und verschleppt. Jaben Kai und Kim ihn verraten? Georg befürchtet das Schlimmste, während er mal wieder Bekanntschaft mit den Berliner Unterwelten macht, die er bereits sattsam kennt (Episode 15).

Sein Entführer ist kein Brutalo und zeigt sich zugänglich. Gladio sei eine Teilorganisation des Bundesnachrichtendienstes und als „Spezialtruppe für den Guirillakrieg“ gegründet worden. Als Georg wissen will, ob Gladio auch für den Mord an Uwe Barschel verantwortlich zeichne, schweigt der Unbekannte jedoch. Es ist 21:11 Uhr, als Augustus seinen Kollegen Gaius begrüßt und ihm Georg Brand abnimmt. Gaius verschwindet wieder, doch Georg fragt jetzt Augustus nach der Barschel-Affäre. War es nicht doch Mord?

Die Antwort bleibt Augustus schuldig, doch er stellt Georg vor eine harte Wahl: Entweder arbeitet er drei Tage lang für Gladio oder er wird das Tageslicht nie wiedersehen. Diese Wahl fällt Georg unerwartet leicht, und er macht sich an die gewünschte Arbeit. Nichts leichter, als sich ins Bundeskanzleramt zu hacken und Umfragewerte für Noch-Kanzler Schröder zu fälschen sowie dem Statistischen Bundesamt einen kleinen digitalen Besuch abzustatten …

_Mein Eindruck_

Zwanzig Jahre ist es mittlerweile her, dass Uwe Barschels Leiche in der Badewanne gefunden wurde, aber war es nun Mord oder nicht? Hans Leyendecker schreibt am 13./14. Oktober 2007 in der Wochenendausgabe der |Süddeutschen Zeitung|, es sei kein Mord gewesen, zählt aber zugleich jede Menge Verschwörungstheorien auf – eine ganze Seite lang. Nun, dann scheint Jan Gaspard, der Autor der Serie „Offenbarung 23“, nicht weniger berechtigt, diesem großen Fundus eine weitere Verschwörungstheorie hinzuzufügen.

Demzufolge soll Barschel über die finanziellen Hintergründe der DDR-Verkaufs durch die Russen – auf dem Preisschild sollen 500 Milliarden Dollar gestanden haben – und der Leuna-Minol-Elf-Aquitaine-Affäre undundund Bescheid gewusst haben. Leider sei Barschel in den Augen seiner Ziehväter (Gerhard Stoltenberg) und Unterstützer ein zu großer Idealist gewesen und habe tatsächlich vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss auspacken wollen. So was aber auch! Das konnte „man“ allerdings nicht zulassen, sonst wären weitere Sauereien aufgeflogen. Also habe man Barschel liquidiert – mit Gladio-Leuten? Nix Genaues weiß auch Gaspard nicht, aber man wird ja wohl noch begründet spekulieren dürfen.

|Georg Brand|

Der arme T-Rex! Da hat er gerade an der Wall Street 500 Milliarden Dollar – schon wieder diese Summe, welch ein Zufall, oder doch nicht? – durch seine Hackerkünste gewonnen, da erwischen ihn die Russen wieder. Nun hat ihn Ian G und lässt ihn gleich wieder gehen. Warum? Denn kaum in Freiheit, macht sich T-Rex wie von der Tarantel gestochen auf, den Floh, den ihm Ian G im |Adlon| ins Ohr gesetzt hat, bis zur letzten Konsequenz zu verfolgen: die Barschel-Affäre. Hat Ian G einen Deal mit [Gladio,]http://de.wikipedia.org/wiki/Gladio der BND-Organisation, geschlossen? Soll T-Rex Noch-Kanzler Schröder im Auftrag finsterer Hintermänner demontieren?

Ganz am Rande erfahren wir, dass Oberst Solnzekow für den russischen Inlandsgeheimdienst FSB (der Roten Armee) arbeitet, doch Ian G für den russischen Auslandsgeheimdienst, den [GRU.]http://de.wikipedia.org/wiki/Glawnoje__Raswedywatelnoje__Uprawlenije Wie soll dies alles in das Bild von Putin-Freund Schröder als einem Verräter passen, den man so mir nichts dir nichts demontieren soll? Etwas reimt sich hier nicht ganz, Herr Gaspard.

|Germania|

Wieder einmal verrät Gaspard sein Faible für die [Berliner Unterwelten, 467 wie schon in Episode 15 („Durst!“). Wer weiß, wie oft er die Kanäle im Untergrund abgefahren ist, die Tunnel abgelaufen ist, die verborgenen Selbstzerstörungszünder und Bunker bestaunt hat. Es gibt einen enorm spannenden TV-Thriller zu diesem Thema, doch sein Titel will mir gerade nicht einfallen. Aber es würde mir schon Spaß machen, mich in diesen Überbleibsels der geplanten Reichshauptstadt Germania mal etwas genauer umzusehen.

_Die Inszenierung_

|Die Sprecher|

Besonders David Nathan als T-Rex hat mir gefallen, denn man hört immer einen leichten ironischen Zungenschlag bei ihm heraus, und Kim Schmittke sekundiert normalerweise, wenn Georg über die Stränge schlägt. Etwas Humor hatte die Hörspielserie bislang nämlich dringend nötig. Paranoia ist ja schön und gut, aber sie ist schwer die ganze Zeit zu ertragen. Zum Glück behält Georg Brand seinen Sinn für Humor selbst dann noch, als Gladio-Oberst Augustus ihm bildlich gesprochen die Pistole auf die Brust setzt.

|Geräusche und Musik|

Alle Geräusche sind natürlich aus der Realität entnommen und verleihen der Handlung den Anstrich von Filmqualität. Aber sie kommen nie den Dialogen in die Quere, sondern sind in dieser Hinsicht zurückhaltend. Besonders die Handhabung von Hall und Echo ist diesmal auffällig, und Georg Brand alias Nathan macht sich einen Spaß daraus, die Akustik von Ex-Germania auszutesten – natürlich mit dem alten Witz „Wie heißt der Bürgermeister von Wesel? Esel!“

Die Musik fungiert meist als Pausenfüller: Fetzige Gitarren, für die Markus Wienstroer verantwortlich zeichnet, bestimmen das In- und Outro, im Hintergrund plätschert etwas Schmuse-Rock.

_Unterm Strich_

Das 73 Minuten lange Hörspiel hat mich auf weite Strecken recht gut unterhalten, denn ständig wird man mit Informationen über die Vergangenheit des „ehrenwerten“ Herrn Barschel bombardiert. Auch die Wechselfälle des Lebens, denen sich Herr Brand, genannt T-Rex, ausgesetzt sieht, sorgen für ordentlich Unterhaltung – und am Schluss für eine nette, böse Pointe.

Lediglich die Sache mit dem undurchsichtigen Ian G und seinen Machenschaften wollte mir nicht ganz einleuchten – siehe oben. Er ist wohl als der große Manipulator anzusehen, aber nach einer Weile müsste sich doch auch mal Georg wundern, warum Ian G ihm all diese Wunderdinge über die ach so finstere Vergangenheit der Bundesrepublik Deutschland erzählt.

Im Übrigen finde ich die Aufklärungsabsicht des Autors geradezu rührend. Glaubt der Mann denn wirklich, er könne irgendetwas bewirken? Wahrscheinlich eh nicht, aber unterhaltsam und ein ganz klein wenig informativ sind seine Geschichten dann schon. Der Hörer wird zwar keine schlaflose Nacht über das schaurige Schicksal von Herr Barschel zubringen, aber sich vielleicht mal darüber wundern, wieso die DDR so scharf darauf war, ihre fünf hochverschuldeten Länder – die gerade mal 40 Jahre alt waren – kurz mal in den Westen rüberzulassen. 500 Milliarden Dollar sind vielleicht als guter Grund dafür zu bezeichnen. Aber aus welchen schwarzen Kassen konnte Zauberlehrling Kohl diese Summe beschaffen und wer lohnte ihn diese Kärrnerarbeit? Auch auf diese Frage hat Gaspard eine Antwort – selber hören!

Das Hörspiel ist von |Lübbe Audio| und |LPL records| gewohnt sorgfältig produziert worden und ich habe an der Technik nichts auszusetzen. Die Stimmen der Hollywoodschauspieler verleihen der gewohnt abwechslungsreichen Handlung etwas Filmglamour. Die Story wartet mit Verschwörungstheorien, Kurzinfos, Hacker-Eskapaden und allerlei zwielichtigen Aktionen auf. Aber über die Pistole, die nach hinten losgeht, hat sich nicht nur Ian G gewundert.

|73 Minuten auf 1 CD|
http://www.offenbarung-23.de
http://www.lpl.de
http://www.luebbe-audio.de