Grangé, Jean-Christophe – Choral des Todes (Hörbuch)

_Wohlbekanntes Strickmuster: „Die purpurnen Flüsse“ reloaded_

Ein markerschütternder Schrei hallt durch die Kirche, ein Todesschrei. Lionel Kasdan, Kommissar im Ruhestand und zufällig vor Ort, will zu Hilfe eilen und kommt Sekunden zu spät. Der Mann auf der Empore ist bereits tot, seinen Kopf umgibt eine dunkle Blutlache wie ein Heiligenschein. Etwas an dem Toten und seinem Sterben fasziniert Lionel Kasdan. Er muss den Mord einfach untersuchen und entdeckt ein grauenvolles Geheimnis: Unschuldig wirkende Kinder sind der Schlüssel, und sie sind keinesfalls Engel, doch welcher Teufel hat sie ausgesandt? (abgewandelte Verlagsinfo)

_Der Autor_

Jean-Christophe Grangé, Jahrgang 1961, stammt aus einer Reporterfamilie und hat schon früh mit dem Recherchieren von Fakten angefangen. 1996 beschäftigte er sich mit dem Thema Genetik. Aus dem Gedankenspiel eines abgeschlossenen Experimentierfeldes entstand der Roman „Die purpurnen Flüsse“, der zu einem nationalen Bestseller und internationalen Filmerfolg wurde und den Franzosen ihr eigenes Thrillergenre bescherte.

An diesen Erfolg schloss der beredte und gebildete Grangé mit „Der Flug der Störche“, „Der steinerne Kreis“ und mit „Das Imperium der Wölfe“ an. Auch dieser Roman wurde 2005 mit Jean Reno verfilmt. Zuletzt erschienen von Grangé „Das schwarze Blut“ und „Das Herz der Hölle“. Im Herbst 2009 folgte „Der Choral des Todes“.

Jean-Christoph Grangé auf |Buchwurm.info|:

[„Die purpurnen Flüsse“ 936
[„Das Imperium der Wölfe“ 1348
[„Das schwarze Blut“ 2286
[„Das Herz der Hölle“ 4404 (Hörbuch)
[„Das Herz der Hölle“ 4569 (Buch)
[„Der steinerne Kreis“ 5878 (Hörbuch)

_Der Sprecher_

Wolfgang Pampel hat an der Theaterhochschule „Hans Otto“ in Leipzig studiert und machte sich anschließend auf den Bühnen von Leipzig, Düsseldorf, Berlin und Wien einen Namen. Er hat bereits verschiedene Hörbücher von Dan Brown mit seiner markanten Stimme gelesen, darunter „Sakrileg“ und „Illuminati“. In den 80er Jahren gelangte seine sonore Stimme zu allgemeiner Bekanntheit, als er Larry Hagman in „Dallas“ synchronisierte. Heute wird Pampel als Stimme von Harrison Ford und Gérard Depardieu erkannt.

Arno Hoven kürzte die Vorlage. Regie führte Kati Schaefer, die tontechnische Gesamtleitung in den d.c. Tonstudios hatten Dicky Hank & Dennis Kassel inne, die auch für die Musik und Inszenierung sorgten. („Inszenierung“? Dies ist doch wohl kein Hörspiel, oder? Gleich mehr dazu.)

_Handlung_

Lionel Kasdan, ein ehemaliger Kommissar bei der französischen Antiterrortruppe und Pariser Mordkommission, steht in einer armenischen Kirche mitten in Paris, als er einen markerschütternden Schrei hört. Der Schrei scheint von der Kirchenorgel aufgenommen zu werden. Er eilt zur Empore des Orgelspielers und findet dort eine Leiche. Der Kopf des Mannes liegt in einer Blutlache, doch was dem Kommissar und den später eintreffenden Spurensuchern ein Rätsel aufgibt, ist die Todesursache.

|Der Tote|

Eric Vernaud von der Pariser Kripo fragt erst mal misstrauisch, was Kasdan überhaupt in der Kathedrale St. Jean-Baptiste zu suchen hat, ganz so, als wäre Kasdan verdächtig. Der Armenier Kasdan wurde vom armenischen Pfarrer Sarkis eingeladen, um eine Chorprobe zu hören. Und der Mann an der Orgel, ein gewisser Wilhelm Götz, sollte die Probe leiten. Pfarrer Sarkis erklärt, dass Götz ein Chilene war, ein Musikwissenschaftler, der in Kirchen von ganz Paris Chöre leitete. „Er war Sozialist, wurde von Diktator Pinochet verfolgt und musste ins Exil gehen.“ Später stellt sich diese Angabe als eklatante Unwahrheit heraus und Kasdan muss sich fragen, was Sarkis dazu veranlasst hat. Wie auch immer: 2007 ist in Frankreich das Armenienjahr, und Götz sollte mehrere Aufführungen von Knabenchören leiten.

Einer der Spurensucher steckt Kasdan, dass die Schuhspuren am Tatort von kleinen Turnschuhen in Jungengröße stammen. Außerdem finden sich seltsame Holzsplitter. Götz starb an einem Herzstillstand, aber seine Trommelfelle waren ebenfalls durchstochen. Die HNO-Spezialistin von der Rechtsmedizin meint, es müsse sich um ein extrem hartes und spitzes Tatwerkzeug gehandelt haben. Sie könnte nicht falscher liegen.

|Operation Kondor|

Nachdem er in der Akte von Götz keine Angaben über die Jahre zwischen 1973, als Pinochet Allende stürzte, und 1984, als er ins französische Exil ging, gefunden hat, bricht Kasdan in Götz‘ Wohnung ein. Als er ein Geräusch auf dem Balkon bemerkt, folgt er dem Eindringling. Nach einer wilden Verfolgungsjagd stellt sich der Fremde als Götz‘ homosexueller Geliebter heraus: Nazeer, ein Inder von der Insel Mauritius, einem französischen Übersee-Departement. Nazeer gibt ihm Götz‘ Adressbuch und Terminkalender, er deutet an, dass Götz sich in Gefahr gebracht hatte, weil er gegen Chilenen aussagen wollte. Über was? Über die Operation Kondor, in der ein halbes Dutzend lateinamerikanische Länder international gegen Dissidenten vorgingen, um sie zu fangen, zu foltern und schließlich zu töten. Also war es ein politischer Mord, oder?

|Miserere|

In Götz‘ Wohnung lauscht der Ex-Kommissar dem Choral „Miserere“ (Erbarme dich) von Gregorio Allegri, von einer CD-Aufnahme, die Götz vor Jahren mit einem Solisten namens Régis Masoyer produziert hat. Die ätherischen Klänge und die glasklare Solostimme rühren an schwarze Erinnerungen, die Kasdan noch aus seiner Militärzeit in Kamerun anno 1962 hat. Später wird er sich in aller Schärfe daran erinnern MÜSSEN. Doch jetzt fällt ihm beim Lauschen lediglich ein Fleck in einer Nische der Zimmerdecke auf: Darunter ist eine Wanze versteckt – der Verfassungsschutz hat Götz abgehört. Sein Kumpel von der Spurensuche steckt ihm, dass Götz mehrmals Herzstillstände wegen Folter erlitten habe und am ganzen Körper Narben aufweise.

|Wolokin|

Von Sarkis und Vernaud erfährt Kasdan, dass noch jemand im Fall Wilhelm Götz herumschnüffelt, ein gewisser Cédric Wolokin von Jugendschutzdezernat. Kasdan zieht Auskünfte ein: Wolokin sei in einer Entziehungsklinik, weil er heroinsüchtig war. Waise mit fünf, Chorknabe, Pianist, Abi mit 17 anno 1995, dann Jurastudium, französischer Meister im Thaiboxen, bis plötzlich seine Karriere endete und er zur Polizei ging – wegen des Heroins, mit dem er sich dopte. Und wo bekommt man Stoff leichter als eben bei der Drogenfahndung? Na toll: Wolokin war ein Dealer und wurde stinkreich. Aber wieso wurde er zum Kreuzzügler gegen Kinderschänder?

|Serienmorde|

Wolokin seinerseits informiert sich über Kasdan und nimmt ihn erst als Rivalen wahr. Kasdan befragt mehrere Pfarrgemeinden auf der Spur, die Wilhelm Götz hinterlassen hat, und stößt auf mehrere verschwundene Sängerknaben. Was hatte Götz damit zu tun? Ist er ein verkappter Serienmörder? Wie sich herausstellt, ist Wolokin ebenfalls auf dieser Spur, deshalb tun sich die beiden zusammen: Offiziell ist Wolokin Kasdans Praktikant bei der Mordkommission.

Als sie zusammen den Inder Nazeer, Götz‘ Geliebten, besuchen, stoßen sie nicht nur auf dessen Leiche mit den blutenden Ohren. An der Wand steht ein Vers aus dem „Miserere“, das Götz so liebevoll vertonte: das Sühnegebet des 51. Psalms. Weitere Anzeichen deuten darauf hin, dass Nazeer hingerichtet wurde, weil er geredet hat. Offenbar sind Götz‘ Mörder auf einem Rachefeldzug durch Paris. Und wie sie an der Kinderschrift unschwer erkennen können, sind diese Killer noch minderjährig, womöglich noch nicht mal im Stimmbruch. Aber wer hat sie geschickt und in wessen Namen töten sie?

_Mein Eindruck_

Die Spur führt zu einer Neuauflage der Colonia Dignidad, mitten in Frankreich. Das weckt im Leser bzw. Hörer ganz schlimme Erinnerungen. Man erinnere sich (und der Autor nimmt uns diese Mühe ab): Die [Colonia Dignidad]http://de.wikipedia.org/wiki/Colonia__Dignidad wurde von einem deutschen Nazi etliche Meilen entfernt von Santiago de Chile eingerichtet, um hier rassistische und nationalistische Ideale in die Realität umzusetzen – bis hin zu bayerischen Trachten und deutschnationalen Liedern. Die Kolonie war autark, weil sie mit „arischen“ und einheimischen Arbeitskräften Landwirtschaft und Bergbau betrieb. Bei Grangé ist der Leiter dieser Kolonie plus Arbeitslager ein gewisser Hans Werner Hartmann.

|Alte Nazis|

Dieser Nazi hat sehr viel mit der titelgebenden Musik zu tun. Während der Naziherrschaft forschte er in den KZs an den Insassen, was Klang, Schall und besonders Stimmen mit einem Menschen anstellen können. Ein Knabenchor kann einem kalte Schauer über den Rücken jagen oder in einen geistigen Schwebezustand versetzen. Letzteres erlebt Kasdan mit Allegris „Miserere“. Aber Hartmann erforschte als Nazi auch die Einsatzmöglichkeiten der menschlichen Stimme als Waffe, die töten kann. Davon hat Kasdan noch nie gehört, aber wer das Militär – und Nazis – kennt, weiß, dass kein Phänomen zu abwegig ist, um nicht auf Kriegstauglichkeit untersucht zu werden. Ob Hartmann diese Waffe gefunden hat, weiß Kasdan lange Zeit nicht. Bis er die neue Kolonie entdeckt und sie erkundet.

Er erfährt jedoch viel über Götz‘ Vorleben in Chile. Götz war kein Opfer, sondern vielmehr einer der Täter, ebenso wie Hartmann. Beide wurden von der Militärjunta Pinochets gebeten, ihnen beim Foltern der bei der Operation Kondor gefangenen Dissidenten zu helfen. Hartmann machte mit, um seine Colonia zu schützen und weitere Experimente anzustellen: Er war der Doktor Mengele der Folterlager. Götz folgte ihm als Chorleiter und „Dirigent“. Denn wie alle Nazis war Hartmann von der Rolle der Musik fasziniert und begeistert. Sie machte Folteropfer gefügig, vermochte sie sogar direkt zu quälen. Aber sie zu töten? Das kommt Kasdan zu weit gegriffen vor. Er täuscht sich.

|Folterhelfer|

Nun kann man sich fragen, wieso ein französischer Autor dazu kommt, über Altnazis und Chilenen zu schreiben. Was hat denn all das mit den Pariser Morden zu tun? Das Verbindungsstück sind erstens die Kolonie dieser Altnazis in Frankreich, die die jugendlichen Mörder entsendet. Aber es gibt noch ein weiteres, das Kasdan direkt betrifft: Die lateinamerikanischen Folterknechte der Operation Kondor wurden von Franzosen ausgebildet. Diese Franzosen waren Veteranen des Algerienkrieges und kannten sich mit dem Erzwingen von Geständnissen aus. Als Angehörige des militärischen Geheimdienstes und seiner Spezialeinheiten waren sie aber nicht nur in Chile im Einsatz, sondern zuvor schon Kamerun – und hier lernte Kasdan den schlimmsten von ihnen kennen: General Puy. Als Kasdan seinen ehemaligen Kommandanten beim Militär wiedersieht, kommen alle traumatischen Erinnerungen an die Strafaktionen gegen kamerunsche Einheimische wieder hoch, und er dreht durch.

|Moderne Spartaner|

Zum Schluss gilt es noch das Geheimnis der neuen Colonia zu lüften. Hier sieht sich diesmal Cédric Wolokin einem Stück seiner Kindheit gegenüber: Hier wurde er als Sängerknabe ausgebildet. Allerdings hat er diese Zeit komplett verdrängt. Und auch die Praktiken, die er hier am eigenen Leib erfahren hat. In der Colonia wird die Agogé der Spartaner immer noch praktiziert. In Zack Snyders Verfilmung des Comicbooks [„300“, 2667 die erst kürzlich wieder im Free-TV gezeigt wurde, werden spartanische Jungen ihren Müttern im Alter von sieben Jahren entrissen, um in der Militärschule zum Spartiaten ausgebildet zu werden.

Die Ausbildung besteht nicht nur im Waffentraining, sondern vor allem in der Abhärtung des Körpers, der Seele und der Gefühle des Jungen. Die Ausbildung endet mit einer Tapferkeitsprüfung, wenn sie etwa 14 oder 15 Jahre alt sind. Man kann sich nun vorstellen, dass die kindlichen Mörder, die in Paris Götz und Nazeer und andere umbringen, solche Agogé-Schüler sind. Nur dass bei ihnen noch christliche Sühne- und Askese-Ideale hinzukommen. Daher auch das Sühnegebet „Miserere“ als Leitmotiv.

|Praktische Übung: Showdown|

Sobald Wolokin und Kasdan als Spione der Polizei entdeckt worden, dürfen die Kindersoldaten der Colonia auch gleich ihr Können demonstrieren. Und die geistigen bzw. direkten Nachfahren Hans Werner Hartmanns leiten sie dabei an. Wird es unseren beiden Helden gelingen zu überleben? In einem actionreichen Showdown wird die Entscheidung gesucht.

|Der Sprecher|

Die Stärke des Sprechers sind tiefe männliche Stimmen, wie jeder weiß, der einmal Harrison Ford gehört hat. Deshalb fällt es ihm auch nie schwer, solche Stimmen grimmig, zornig, höhnisch usw. klingen zu lassen. Etwas anderes sind hingegen die Stimmen von alten Männern, die kurz vorm Abnippeln stehen, wie den alten Folterfranzosen, der von Heroin abhängig ist, als Kasdan und Wolokin ihn finden. Er klingt schwach, heiser, rau und alles andere als autoritär.

Ich hätte mir einen größeren Gegensatz zwischen dem alten Bullen Kasdan, der Vaterfigur im dynamischen Duo, und Wolokin, der Sohnfigur, gewünscht. Sie klingen etwas zu ähnlich, und nicht bloß einmal habe ich sie verwechselt. Dabei ist Wolokin 28 Jahre alt und Kasdan 63, sie liegen also altersmäßig erheblich auseinander. Diesen Unterschied sollte man auch hören können.

Weibliche Stimmen gibt es nur eine, und das ist die der Rechtsmedizinerin, die Kasdan sagt, um was für ein Tatwerkzeug es sich handeln muss. (Sie liegt völlig falsch, aber darum geht es nicht.) Der Sprecher stellt sie mit einer recht hohen, schön weichen Stimme dar, die genau passt. Der Kontrast zu all den vielen Männerstimmen ist frappierend und legt nahe, dass Wolfgang Pampel über eine viel größere Flexibilität verfügt, als er hier zeigen darf.

|Ein Fehler|

Ich konnte keinerlei Aussprachefehler feststellen, und das rechne ich dem Sprecher hoch an. Dafür musste ich aber einen Schnittfehler registrieren. Es ist zwar nur einer, aber man hätte ihn trotzdem entfernen müssen. Der Sprecher wiederholt ein Wort.

|Geräusche|

Erstmals in einem Hörbuch von Grangé erklingen diesmal richtige Geräusche. Es handelt sich dabei in aller Regel um Schüsse, einmal aber auch um ein Klirren von Glas. In einer Klubszene erdröhnt eine Hintergrundmusik, die ich eher als Geräusch ansehen würde denn als Musik: wummernde Bässe und wenig dazu, was man als Melodie bezeichnen könnte, begleitet von undifferenzierten Stimmen.

|Musik|

Nach dem obligatorischen Intro mit der Kirchenorgel hören wir in den Kapitel- und Szenenübergängen Motive, die von Drums und Bass bestritten werden. Sie sollen Spannung erzeugen, aber auch als Intermezzo dienen. Deshalb erklingen sie regelmäßig am Ende einer CD. Das titelgebende „Miserere“ erklingt leider nie in voller Stärke, sondern nur sehr dezent im Hintergrund, wenn davon die Rede ist. Das bedeutet, dass sich der Hörer selbst die entsprechende Klangdatei besorgen sollte, was ich ein wenig viel verlangt finde.

_Unterm Strich_

Die Story von den importierten Altnazis mit ihrer Geheimschule für todbringende Schüler erinnert nicht wenig an die Grundidee von „Die purpurnen Flüsse“. Dort sollte ja auch der bessere Mensch gezüchtet werden, was jedoch dergestalt schiefging, dass die unerwünschten Zeugen zum Schweigen gebracht werden mussten. Genauso hier in „Choral des Todes“, inklusive actionreichem Showdown.

|Die neue Waffe|

Der einzige neue Aspekt an dieser Geschichte sind die Chöre und die Idee, dass bestimmte Gesangsfrequenzen töten könnten. Denn dass niemand über ein derartig spitzes und festes Mordinstrument für die Durchstoßung der Trommelfelle usw. verfügt, ahnt der Leser bzw. Hörer schon frühzeitig. Dass eine Knabenstimme den Tod bringen könnte, ist dann der eigentliche Schock, den der Autor seinem Publikum – nach sorgfältiger Vorbereitung, versteht sich – genussvoll versetzt. Es geht doch nichts über einen guten Kick, um das Publikum zu unterhalten.

Allerdings ist die Rede davon, dass die Leiter der Colonia einen großen Anschlag planen. Um was es sich dabei dreht und wer das Opfer sein soll, erfahren wir nie. Das ist etwas frustrierend. Wozu Spannung erzeugen und sie dann wie ein gebrochenes Versprechen nicht einlösen? Dieses Detail könnte aber auch den Kürzungen zum Opfer gefallen sein. Ich empfehle daher die Lektüre des Buches.

|Patentrezept mit Hautgout|

Auch der Grundaufbau der Handlung reißt niemanden mehr vom Hocker, ganz einfach deshalb, weil sie durch „Die purpurnen Flüsse“ jedermann bekannt ist. Man nehme zwei Bullen, die sich erst nicht ausstehen können, und stecke sie für einen bizarren Fall zusammen. Wie sich herausstellt, sind die beiden optimal dafür geeignet, weil sie jeweils persönlich betroffen sind von dem, worauf sie da stoßen. Auf diese Weise bringt die Lösung des Falls ihnen zugleich die ersehnte Erlösung ihrer ach so beschwerten Seelen.

|No woman, no cry?|

Dass der Autor dabei übersieht, dass es auch noch weibliche Wesen auf der Welt gibt, stößt bei mir allerdings auf Unverständnis. Es gibt keine einzige Frau, die eine relevante Rolle spielt. Das ist nicht gerade modern, das ist eher mittelalterlich. Mich würde mal interessieren, welchen Geheimbünden der Autor selbst angehört. Vielleicht dem Opus Dei, jener erzkonservativen, sektiererischen Katholikenvereinigung, die beim Papst – egal bei welchem – in besonderer Gunst zu stehen scheint. Das würde einiges erklären, beispielsweise die Lateinkenntnisse und die Kenntnisse über Psalmen.

|Das Hörbuch|

Wolfgang Pampel darf hier nicht alle seine Stärken ausspielen, sondern muss vor allem männliche Figuren darstellen. Das gelingt ihm aber abwechslungsreich und glaubhaft. Den Vortrag unterstützen die vielgestaltige Musik und ein paar Geräusche, zu denen vor allem Schüsse gehören. Dennoch gelang es diesem Hörbuch nicht, mich restlos zu fesseln, geschweige denn zu begeistern. Das lag vor allem an den Schwächen der Story – siehe oben.

|Originaltitel: Miserere, 2008
Aus dem Französischen übersetzt von Thorsten Schmidt
450 Minuten auf 6 CDs|
http://www.luebbe-audio.de
http://www.jc-grange.com