Gruber, Andreas – Schwarze Dame

Bislang hat der österreichische Autor Andreas Gruber eher durch Bücher in den Bereichen Science-Fiction, Horror oder Fantasy auf sich aufmerksam gemacht. Mit „Schwarze Dame“ legt er nun einen bodenständigen Thriller vor, der in der goldenen Stadt an der Moldau spielt.

Im Mittelpunkt steht der Wiener Versicherungsdetektiv Peter Hogart. Eines Tages bekommt er einen Anruf von einem seiner besten Auftraggeber, doch dieses Mal soll er nicht bloß einem Versicherungsbetrug auf die Spur kommen. In einem Prager Museum wurden bei einem Brand mehrere, bei |Medeen & Lloyd| versicherte Gemälde gestohlen, woraufhin die Versicherung Alexandra Schelling zwecks Ermittlungen nach Prag schickte. Doch die Frau, zu allem Überfluss die Nichte des Geschäftsführers, hat sich nicht mehr gemeldet. Sie scheint in Prag verschwunden zu sein, und nun soll Hogart ihr hinterherreisen und sie suchen.

Das Aufklären von Vermisstenfällen gehört normalerweise nicht zu seinem Metier, doch er nimmt den Auftrag an. Die Spurenlage ist mau. Als er der Unterweltgröße Greco einen Besuch abstattet, da Alexandra mit ihm in Verbindungen gestanden zu haben schien, lernt er die tschechische Privatermittlerin Ivona Markovic kennen. Sie arbeitet gerade an einer mysteriösen Mordserie in Prag, bei der einmal monatlich eine enthauptete Leiche aufgefunden wird. Die beiden freunden sich an und helfen sich bei ihren Ermittlungen, doch bald wird klar, dass ihre Aufträge vielleicht gar nicht so weit voneinander entfernt sind …

„Schwarze Dame“ ist ein hochqualitativer Thriller, der sich hinter Werken amerikanischer Kollegen nicht zu verstecken braucht. Die Handlung ist sauber konstruiert, geradlinig und spannend. Dadurch, dass Hogart kein Polizist, sondern Detektiv ist, bekommt seine Ermittlungsarbeit einen Hauch von Illegalität, und damit weiß Andreas Gruber sehr gut zu spielen. Er lässt seinen Helden in zwielichtigen Gegenden ermitteln, Hogart legt sich mit der Prager Polizei an, entgeht einem Anschlag auf sein Leben nur knapp und stochert in gesellschaftlichen Wespennestern herum. Die Handlung bleibt dabei allerdings angenehm authentisch. Hogart ist kein Überheld und er legt auch kein überenthusiastisches, unglaubwürdiges Ermittlerverhalten an den Tag. Vielmehr bleibt er stets auf dem Boden. Die Geschichte ist folglich nicht nur spannend, sondern auch realistisch, was nicht selbstverständlich für einen Thriller ist.

Wie bereits angeklungen, ist der Versicherungsdetektiv Peter Hogart ein sehr angenehmer Charakter. Obwohl auch er – wie fast jede Ermittlerfigur – an seiner Vergangenheit zu knabbern hat, ist diese erfreulicherweise keine Nebenhandlung in der Geschichte, sondern eine Handvoll Fakten, die ab und an zum Einsatz kommen. Desweiteren wirkt Hogart nicht wie ein Übermensch, ja noch nicht mal wie ein Über-Detektiv. Die Geschichte transportiert eine gewisse Berufserfahrung, die aber nie ins Negative abrutscht. Im Gegenteil ist Hogart alles andere als ein Fachidiot, so dass er den Leser nicht mit seitenlangen Ausführungen über High-Tech-Apparaturen und Ähnliches nervt.

Der Schreibstil ist flüssig und ausgewogen. Er offenbart genug Emotionen, reitet aber nicht zu sehr darauf herum. Ähnliches gilt für die Details. Auch hier hält Gruber sich angenehm zurück. Er lässt dem Leser Freiraum, seine eigene Fantasie spielen zu lassen und beschreibt nicht haarklein, wie die Schauplätze und Ereignisse aussehen. Frei nach dem Prinzip „Weniger ist oft mehr“ erzeugt er dadurch einen viel größeren Effekt, weil sich der Leser nicht auf hochkomplizierte Satzstrukturen, die völlig mit Informationen überladen sind, konzentrieren muss, sondern mit freiem Kopf der Geschichte folgen kann.

Zusammen mit dieser lockeren Erzählweise, der sympathischen Hauptperson und dem spannenden, filmtauglichen Plot ist „Schwarze Dame“ ein sehr gutes Buch geworden. Durch seine Bodenständigkeit büßt es ein wenig an Originalität ein. Allerdings muss man dazu anmerken, dass es schwierig ist, die Balance zwischen Bodenständigkeit und Originalität zu finden. Daher muss man Andreas Gruber ein großes Lob aussprechen. Sein Thriller gehört definitiv zu den besseren des Genres.

http://www.festa-verlag.de

|Siehe ergänzend dazu unsere [Rezension 2113 zu „Der Judas-Schrein“.|

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