Hamilton, Laurell K. – Tanz der Toten (Anita Blake 6)

Wieder einmal hat Anita Blake reichlich Aufregung in allen Bereichen ihres Lebens. Ein bei „lebendigem“ Leibe verfallender Meistervampir und sein menschlicher Diener bitten sie um Hilfe, um den Vampir zu heilen. Privat kämpft sie mit den Schwierigkeiten, die eine Beziehung zu einem Werwolf mit sich bringt. Das Wolfsrudel, dessen Verhalten für einen Menschen extrem irritierend und gefährlich ist, ist in zwei Gruppen gespalten. Da ihr Freund Richard der Anführer der einen Partei ist, wird sie in die Auseinandersetzung hineingezogen. Dass ihr gleichzeitig ein bezahlter Killer nach dem Leben trachtet, macht ihren Alltag noch komplizierter. So erkennt sie erst spät die Gefahr, die ihr von dritter Seite droht. Bei all den mörderischen Herausforderungen bleibt der Autorin aber viel Raum, um die Heldin reichlich erotisch angehaucht mit den zwei Männern in ihrem Leben turteln zu lassen.

Wie auch schon in früheren Bänden um die Totenerweckerin Anita Blake ist die Hauptfigur die Erzählerin der Geschichte. Cool und selbstsicher, wie weibliche Helden heute im Fantasy- und Horrorgenre sind, hat sie die Gefahren ihres Jobs stets im Griff. Ergänzt wird sie vom genretypischen Personal: einem französisch sprechenden Liebhaber, der natürlich ein schöner Frauentyp ist, dem kühl berechnenden Auftragskiller, gut in die bürgerlich-menschliche Gesellschaft integrierten Lykanthropen und in der Gastronomie tätigen Vampiren.

Was den Schreibstil anlangt, bleibt die Autorin ihrer in dieser Reihe eingeschlagenen Richtung treu. Mit der gebotenen Toughness schildert Anita Blake die Ereignisse und ihre Gefühle. Wieder kabbelt sie sich mit Meistervampir Jean-Claude, der sie in bewährter Manier umschmeichelt.

In diesem Buch treibt Laurell K. Hamilton die schwülstige Erotik zwischen der Vampirscharfrichterin und ihren zwei Verehrern jedoch auf die Spitze. Immer wieder wird die äußere Handlung durch anzüglichen Schlagabtausch unterbrochen. Das erinnert selbst die geneigte Leserin sehr an den Kitsch von Groschenheften mit Liebesgeschichten. Die gruseligen Szenen werden in der heute üblichen Manier drastisch genug geschildert.

Im sechsten Band um Anita Blake mutet die Autorin der Heldin und vor allem den Leserinnen viel zu. Leserinnen, weil wohl kaum Männer solchen schwülstigen Erotik-Unsinn mit Horror-Rahmenhandlung lesen würden, auch wenn es in den hinteren Kapiteln des Buchs befremdend nach Männerphantasie aussieht.

So, wie Anita und ihr Werwolffreund Richard entschlossen unentschlossen einander umschleichen und dann doch nie zur Sache kommen, passt es auf keine Monsterhaut. Dabei kann man Laurell K. Hamilton wirklich keine mangelnde Verwendung des f-Wortes vorwerfen. Aber das Ausmaß an gefühlsmäßiger Verwirrung und Verstrickung der Protagonistin lässt selbst die geneigte Leserin zu oft auf den nächsten Anschlag des Killers hoffen, um von den Passagen abzulenken, in denen man vom Erotikkitsch fast erschlagen wird. Die zum Finale hin sich anhäufende sexualisierte Gewalt erzeugt ebenfalls eher Unbehagen als Spannung. Schade, denn es stecken gute Ideen und überraschende Wendungen in der Story.

|Reihenfolge der Anita-Blake-Romane:

Guilty Pleasures ([Bittersüße Tode, 1009 2003)
Laughing Corpse ([Blutroter Mond, 1027 2005)
Circus of the Damned ([Zirkus der Verdammten, 2165 2005)
The Lunatic Cafe (Gierige Schatten, 2006)
Bloody Bones (Bleiche Stille, 2006)
The Killing Dance (Tanz der Toten, 2007)
Burnt Offerings (Dunkle Glut, 2007)
Blue Moon
Obsidian Butterfly
Narcissus in Chains
Cerulean Sins
Incubus Dreams
Micah
Danse Macabre
The Harlequin |

http://www.bastei-luebbe.de
http://www.laurellkhamilton.org/

_Maren Rhea Fanenbruck-Pelgrim_