Handeland, Lori – Wolfskuss (Geschöpfe der Nacht 1)

Die junge Polizistin Jessie McQuade sorgt in der verschlafenen Kleinstadt Miniwa für Recht und Ordnung. Als sie eines Nachts an einen Unfallort gerufen wird, bei dem eine junge Frau namens Karen Larson einen Wolf angefahren hat, ahnt Jessie noch nicht, was ihr bevorsteht: Als Karen Larson am nächsten Tag wieder zur Arbeit geht, erleidet sie einen Tollwut-Anfall und muss erschossen werden. Doch wie kommt es, dass die Frau schon so früh der Tollwut verfallen ist, obwohl diese normalerweise erst nach Monaten auftritt? Und was hat das indianische Wolfstotem am Unfallort zu bedeuten?

Um all den Rätseln auf den Grund zu gehen, beschließt Jessie, einem indianischen Professor namens William Cadotte einen Besuch abzustatten, der sich das Totem genauer ansehen soll. Während die beiden versuchen, die Bedeutung des Totems zu ergründen und sich dabei näherkommen, kommt es in Miniwa zu weiteren Vorfällen: Nicht nur, dass weitere Opfer dieser speziellen Art von Tollwut verfallen und die Leichen sich auf merkwürdige Art und Weise verformen, irgendjemand scheint es auf das Totem abgesehen zu haben. Zusammen mit dem Jäger-Sucher Mandenauer, einem alten Mann, der sich auf die Jagd von Wölfen spezialisiert hat, kommt Jessie hinter ein lange gehütetes, furchtbares Geheimnis – und bald weiß sie nicht mehr, wem sie noch trauen kann …

Bücher aus dem Bereich „Fantasy Romance“ sind in letzter Zeit immer angesagter. Dabei wird oftmals nicht nur Fantasy mit Liebesgeschichten vermischt, sondern es gibt auch noch eine gute Grundlage für weitere, bisher noch wenig verbreitete Genremischungen. Auch „Wolfskuss“ gehört in diese Sparte. So findet man hier auch einige Aspekte, die stark an das Krimigenre erinnern, zugleich sind auch einige indianische Mythen darin zu finden. „Wolfskuss“ bietet also eine große Anzahl verschiedener Genre-Richtungen, was schon im Voraus vermuten lässt, dass es sich hierbei um keine altbekannte Geschichte handelt.

Das muss man der Geschichte auf jeden Fall lassen: Sie ist ohne Zweifel etwas Neues und kann auch mit vielen ungewohnten und guten Ideen überzeugen. Auch die Auflösung und die Erklärung für das Wolfs-Problem wird innovativ und interessant präsentiert. Dennoch benötigt die Geschichte eine Weile, bis sie wirklich spannend wird. Zwar ist sie auch am Anfang nicht gerade langweilig, doch dem Buch fehlt noch das gewisse Etwas, das den Leser dazu bringt, es beinahe gar nicht mehr aus der Hand legen zu können. Später wird das spürbar besser, auch wenn es dem Buch nicht gelungen ist, mich ganz und gar zu überzeugen.

Was mich allerdings gestört hat, war der Großteil der Charaktere. Vor allem die Nebencharaktere in „Wolfskuss“ sind überladen mit Klischees, was nicht wirklich dazu beiträgt, dass die Charaktere real oder sympathisch wirken. So ist der Sheriff von Miniwa beispielsweise ein Wildwest-Gesetzeshüter, wie er mit Kugelbauch, Kautabak und einer rauen Umgangsart typischer nicht sein könnte. Genauso ist es mit dem Jäger-Sucher Mandenauer, der mit seinem Alter einen hervorragenden Schatz an Erfahrungen besitzt und überdies gelegentlich an einen kühlen Rambo erinnert, der die Situation stets im Griff hat. Genau so sieht es auch mit den meisten anderen Nebenfiguren aus. Allesamt erscheinen sie wie pure Klischeeträger und entwickeln dabei keinen wirklich eigenen Charakter. Das wäre ja weiter nicht schlimm, wenn einige von ihnen am Schluss hin nicht noch eine größere Rolle zu spielen hätten. So wirken einige der Personen die meiste Zeit über wie aufgestellte Pappkameraden am Wegesrand, aber wenn das Buch auf die Zielgerade geht, dann sollen sie auf einmal als reale, wichtige Person in den Mittelpunkt der Geschichte treten. Dass das nicht einwandfrei funktioniert, ist wohl offenkundig.

Ebenso bedauerlich ist, dass der Charakter von Cadotte in der Geschichte ziemlich untergeht. Man hat kaum die Gelegenheit, ihn wirklich kennen zu lernen, wodurch er für den Leser zu blass bleibt. Gelegentlich habe ich mich gefragt, was er in der Geschichte eigentlich zu suchen hat. Es scheint so, als wäre er nur für die Liebesgeschichte mit Jessie im Spiel, denn wirklich eine wichtige und tragende Rolle spielt er nicht. Es fällt sehr schwer, Cadotte einzuschätzen, vor allem seine Beweggründe blieben mir die meiste Zeit schleierhaft. Zwar trägt das insofern zu der Geschichte bei, als Jessie bald nicht mehr weiß, ob sie ihm trauen kann oder nicht, aber leider werden die ganzen Umstände später, wenn sich alles geklärt hat, auch nicht wirklich durchsichtiger. Man weiß immer noch nicht wirklich, was er an Jessie findet, und auch nicht, warum er die meiste Zeit nackt durch die Gegend läuft.

Die einzige wirklich gelungene Person ist Jessie. Sie macht sich als Protagonistin sehr gut, ist nicht mit Klischees überladen und wirkt auch nicht zu blass. Mit ihrer lustigen, aber auch verletzlichen Art wirkt sie auf den Leser sofort sympathisch. Ihr ganzes Leben hat sie der Verbrecherjagd in Miniwa verschrieben und daher mit Männern nicht viel am Hut. Sie wird nicht allzu perfekt dargestellt, und das ist genau das, was sie als Protagonistin so faszinierend macht. Obwohl sie als nicht besonders schön und auch nicht attraktiv beschrieben wird, wirkt sie mit ihrem Charakter einfach sympathisch, und die Tatsache, dass sie bei den typischen Protagonistinnen solcher Genrebücher aus der Reihe tanzt, macht sie in gewisser Weise auch zu etwas Besonderem.

Das Ende war leider auch nicht so gelungen, wie ich es mir erhofft hatte. Zwar sind die Ideen, die Lori Handeland in ihren Roman eingebaut hat, wirklich gut, doch diese hat sie nicht völlig ausgeschöpft und auch mit einigen anderen Ideen, die nicht ganz so gut zur Geschichte gepasst haben, wieder ein wenig abgeschwächt. Und natürlich ist das Ende, wie man es leider bei vielen Büchern aus der Fantasy Romance immer wieder vorfindet, ein wenig zu kitschig. Jedes Problem löst sich ins Nichts auf, und dann ist alles wieder perfekt.

Was dagegen zu gefallen weiß, ist der Schreibstil. Die Geschichte wird in der Ich-Form aus Jessies Sicht erzählt, was sehr gut passt. Jessies Art zu erzählen ist sehr lebendig und unterhaltsam und kann für den Gesamteindruck einige Mängel wieder wettmachen.

_Fazit:_

Alles in allem hat Lori Handeland mit „Wolfskuss“ ein gutes Werk aus der Fantasy Romance vorgelegt. Zwar gibt es das ein oder andere zu bemängeln, aber letztendlich hat mir der Auftaktband gefallen. Lori Handeland hat viele gute Ideen eingebaut und die Protagonistin kommt sympathisch rüber.

_Lori Handeland:_

Die Autorin Lori Handeland wohnt mit ihrem Mann und ihren zwei Söhnen in Southern Wisconsin und schreibt seit 1993 historische und zeitgenössische Liebesromane. Ihr neuster Roman „Wolfskuss“, der Auftakt der „Night Creatures“-Serie, wurde in den USA mit großer Begeisterung aufgenommen und gewann 2005 den |RITA Award| der |Romance Writers of America|. 2007 folgte der |RITA| für „The Mommy Quest“. „A Soldier’s Quest“ gewann 2005 den |Romantic Times Reviewers‘ Choice Award|.

http://www.lorihandeland.com

|Night-Creatures|:

Band 1: Wolfskuss
Band 2: Wolfsgesang (August 2008)

|Originaltitel: Night Creatures vol 1: Blue Moon
Originalverlag: St. Martin’s Press, New York, 2005
368 Seiten Klappbroschur|
http://www.egmont-lyx.com

Schreibe einen Kommentar