Hannes Hegen (Hrsg.) / Lothar Dräger (Text) / Edith Hegenbarth (Zeichnungen) – Digedags und der Seedrachen, Die (Amerikaserie Band 14)

Unter der Schirmherrschaft von Hannes Hegen erschienen im „Mosaik“ Monat für Monat die Abenteuer des zwergenhaften Trios bestehend aus den mutmaßlichen Brüdern Dig, Dag und Digedag – kurz: „Die Digedags“. Allerdings nur im Osten der Republik, denn im Westen waren (und sind) die drei umtriebigen Wichte – und Vorväter der etwas bekannteren „Abrafaxe“ – weitgehend unbekannt. Nach der Wiedervereinigung wurde es still um die Digedags, bis 2005 alle bisher erschienenen Geschichten vom wiederauferstandenen Verlag |Junge Welt| noch einmal als Sammelbände zu je vier Heften komplett neu aufgelegt wurden.

_Die Digedags_

Die drei tauchen in verschiedenen Menschheitsepochen auf und erleben dort ihre Abenteuer bzw. begleiten Persönlichkeiten dieser Ära mit Fleiß, Wissen und Witz. Die stets jugendlich wirkenden Digedags altern nicht und ihr markantes Äußeres bleibt weitgehend unverändert – sämtliche leichten Variationen in ihrem Aussehen sind wohl eher der Weiterentwicklung Edith Hegenbarths als Zeichnerin zuzuschreiben. Die Texte legte ihnen Lothar Dräger in den Mund, das heißt: Nein, nicht direkt. Bei den Digedags herrscht nämlich weitgehend Sprechblasenfreiheit. An die Untertitelung der Panels hat man sich aber schnell gewöhnt und sie schätzen gelernt.

_Die Amerikaserie_

Die Amerikaserie, welche 1979 erstveröffentlicht wurde, ist eine der größten und umfasst 60 Einzelhefte (von 152 bis 211). Diese schafften es, ursprünglich zusammengefasst in insgesamt zehn Sammelbände, bis zur stolzen achten Auflage. Diese erschien noch 1989, kurz vor dem Mauerfall. Die Geschichte der Amerikaserie beginnt in New Orleans 1860, bevor der amerikanische Bürgerkrieg ausbrach, und sie endet in New York vier Jahre später. Bis dahin haben sich die Digedags quer durch den nordamerikanischen Kontinent gewuselt und im Kampf gegen die Sklaverei allerhand erlebt.

_Band 14 – Die Digedags und der Seedrachen (Mosaik 204 bis 207)_

Immer noch sitzen die Digedags auf der kleinen Karibik-Insel San Felipe in der Hand des adligen Despoten Don Manuel di Tornados fest. Der gedenkt auch weiterhin, den Ruhm der spanischen Flibustier-Piraten wieder aufleben zu lassen. Zu diesem Zweck hatte er die Digedags und Pedro dazu verdonnert, die Kanonen einer in einer Bucht gesunkenen spanischen Galeone zu bergen, was diese widerwillig ausführen mussten (vgl. „Die Digedags und die Piraten-Insel“). Auf Pedro können sie bei ihren Fluchtgedanken und -versuchen immer weniger zählen – der hat nur noch Augen für Senorita Isabella, des Dons bildhübsche Tochter. Diese Schwäche nutzen Vater wie Tochter schamlos dazu aus, „den stärksten Mann der Welt“ gefügig zu machen und bei der Stange zu halten – sehr zum Leidwesen der Digedags natürlich.

Das kindische Piratenspiel des verschrobenen Don geht also erst einmal beinahe ungehindert weiter. Aber eben nur beinahe, denn die Digedags spielen ihm immer wieder Streiche, die ihm sein „glorreiches“ Flibustier-Leben vergällen. Als das Maß voll ist, sperrt er das Trio in den höchsten Turm seines Kastells. Doch auch das kann die findigen drei Wichte nicht davon abhalten, sich etwas für ihre Flucht auszudenken. Wie man sie kennt, tüfteln so lange herum, bis sie – unter anderem mit Hilfe eines gelehrigen Affen – auf dem Luftweg aus ihrer Gefangenschaft entkommen können. Ihr Trip endet auf einem englischen Handelsschiff, der „Seedrachen“, wo sie zunächst willkommen geheißen werden. Allerdings entpuppt sich ihre Flucht als Phyrrus-Sieg, denn Lord Flapdoodle ist im Begriff, San Felipe anzulaufen. Die Digedags können den Engländer nicht davon abbringen.

_Eindrücke_

Der weichherzige Pedro, der stärkste Mann der Welt, begleitet die drei nun schon seit einer geraumen Zeit (vgl. „Die Digedags in Panama“), wandelt sich aber langsam zur Marionette der beiden spanischen Adligen – sehr zum Leidwesen der Digedags und natürlich auch der Leserschaft. Zudem ist der „San-Felipe-Zyklus“ mittlerweile unnötig lang geraten; irgendwann gehen einem die Eskapaden und verdrehten Redensarten des Don – so witzig sie zum Teil auch sein mögen – auf die Dauer ein wenig auf den Senkel. Die eigentliche Geschichte um den aus dem Bergsee in den Rocky Mountains geborgenen Goldschatz, den es in New York zu Geld zu machen gilt, um damit den „Sklaven Express“ und somit die Sache der Nordstaaten zu unterstützen, stagniert nun schon seit einigen Kapiteln in der Karibik.

Die schlechte Nachricht zuerst: Auch am Ende dieses Bandes (übrigens wieder ein „eingeschobener“ der Neuauflage, den es früher nicht gab) lungern die Digedags immer noch auf San Felipe herum. Die gute: Dank des Auftauchens von Lionel Flapdoodle kommt etwas Schwung in die Sache, und das hat sogar (indirekt) wieder etwas mit der Hauptgeschichte bzw. dem Bürgerkrieg in den USA zu tun. Das heißt, dass ein Ende dieses Trips auf einem Nebenarm der Story endlich absehbar ist. Allerdings muss sich der geneigte Leser für den endgültigen Schlusspunkt bis zum nächsten Band gedulden. Bis dahin dürfen die drei blitzgescheiten Wichte wieder alle Register ihres Geistes und Könnens ziehen, um dem spanischen Möchtegern-Piraten und dem gar nicht so feinen englischen Gentleman mit dem ihnen eigenen Humor tatkräftig in die Suppe zu spucken.

_Fazit_

Es ist bald geschafft, die Serie befindet sich im Endspurt und auch der etwas in die Länge gezogene Part über den Despoten von San Felipe ist de facto abgeschlossen. Dieser gesamte Teil, der auf der kleinen Karibik-Insel spielt, hinkt dem Rest der Amerikaserie ein wenig hinterher, da er sich zu sehr immer wieder in das gleiche Muster verstrickt. Ein Band wäre okay gewesen, bei der Neuauflage zeiht sich’s jedoch auf deren fast drei, bei der alten DDR-Version waren es „nur“ zwei, was subjektiv schon zäh genug war. Objektiv sind die Kapitel natürlich in Zahl und Inhalt gleich, nur anders auf die Sammelbände aufgeteilt. Eine Leseempfehlung gibt es trotzdem, schon der Komplettserie zuliebe.

_Die Buchdaten auf einen Blick:_

„Die Digedags und der Seedrachen“ – Amerikaserie, Band 14
Enthält die Mosaik-Hefte 204 bis 207
© 1980 und (Neuauflage) 2005 – Buchverlag Junge Welt, Berlin
Herausgeber: Hannes Hegen
Text: Lothar Dräger
Figurinen: Edith Hegenbarth
ISBN: 3-7302-1886-7 (neu)

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