Hartung, Alexander – Rache des Inquisitors, Die

_Handlung_

Klara Ulner wohnt im kleinen Dorf Reheim im Taunus bei ihrem Onkel Markus. Das Leben dort ist unbeschwert und glücklich. Ihre Freunde sind der liebenswerte Schürzenjäger Peter und die Heilerin und Kräuterfrau Agnes, die auch ihre Lehrerin ist. Doch die Idylle währt nicht lange, denn als Pater Baselius, Prior des Klosters St. Bonifaz in Mainz nach Reheim kommt, weil es dort angeblich einen Fall von Ketzerei gegeben hat, herrscht schnell große Angst und Verunsicherung unter den Einwohnern.

Der Prior, sein Skriptor und einige Soldaten beginnen sofort mit den Ermittlungen und es dauert nicht lange, bis die vermeintliche Hexe Agnes auf dem Scheiterhaufen landet. Schnell schlägt die Stimmung in dem Dörfchen, in dem jeder jeden kennt, um und es breiten sich Misstrauen und Panik in der Bevölkerung aus. Als Nächstes ist Peters Vater an der Reihe, der ebenfalls der Teufelsanbetung bezichtigt wird. In beiden Fällen ist Klara von der Unschuld der Angeklagten überzeugt und so beginnt sie, Nachforschungen anzustellen. Als dann plötzlich auch Peter im Gefängnis der Inquisition landet, scheint ihre ganze kleine Welt in den Feuern der Inquisition zu enden.

_Der Autor_

Alexander Hartung wurde 1970 in Mannheim geboren. Nach dem Studium der Volkswirtschaft in Mannheim und Heidelberg arbeitete er für Unternehmensberatungen in Berlin und Frankfurt, bevor er 2005 zu einer großen Softwarefirma wechselte. Schon während des Studiums begann er, sich für das Mittelalter zu interessieren, speziell für die Kreuzzüge und die Geschichte der Inquisition. Dieses Interesse fließt bei seiner schriftstellerischen Tätigkeit in die Texte ein. 2006 erschienen zwei seiner Kurzgeschichten in Anthologien. Außerdem ist der Autor des Rollenspiels „Spherechild“. Heute lebt Alexander Hartung mit Frau und Hund wieder in Mannheim.

_Mein Eindruck_

„Die Rache des Inquisiors“ spielt im 17. Jahrhundert im heutigen Deutschland, also zu der Zeit in der Geschichte, in der es die mit Abstand meisten Hexenprozesse gab. Oftmals wird ja das Mittelalter als solche angesehen, was aber schlicht falsch ist. Historisch gesehen bewegt sich Alexander Hartung bei seinem Roman aber trotzdem in einer gewissen Grauzone, war die Inquisition in der Zeit, in der der Roman spielt, doch eher auf der Suche nach Häretikern und nicht nach Hexen. Die eigentliche Hexenverfolgung war ein hauptsächlich bevölkerungsbedingtes Problem, das mehr auf Panik und Aberglaube der ungebildeten Massen beruhte, als auf gezielter Verfolgung von kirchlicher Seite. Trotz dieser kleinen Unstimmigkeit bleibt der geschichtliche Kontext im Roman trotzdem schlüssig, denn auch wenn es sich dabei zweifelsfrei um einen Sonderfall handelt, wird dieser doch durch die Auflösung der Handlung erklärt und ist nicht durch Unkenntnis oder schlechte Recherche entstanden.

Insofern ist dem Autor da keine Unachtsamkeit zu unterstellen, zumal er die Panik in der Bevölkerung und die damit verbundenen Denunziationen interessant herausarbeitet. So wird einer der Angeklagten vom örtlichen Geistlichen belastet, obwohl dieser ebenfalls von der Unschuld des Beklagten überzeugt ist. Und so ungeheuerlich so etwas in unseren heutigen Ohren auch klingen mag, lässt uns der Autor so tief in seine Figuren eindringen, dass der Leser den inneren Zwiespalt, und damit den Verrat, dieses Geistlichen sogar verstehen kann. Daher liest es sich sehr erfrischend, dass nicht die altbekannten „Gut und Böse“-Schemata angewandt werden, sondern vieles genau beleuchtet, ohne dabei aber bewertet zu werden. Dies überlässt der Autor dann dem Leser.

Ähnlich angelegt ist auch der Anführer der Inquisition Pater Baselius, mit dem man beinahe Mitleid hat, obwohl der den Tod offensichtlich unschuldiger Menschen befiehlt. Hier spielt Hartung gekonnt mit der Ambivalenz der Figuren, ohne dabei jedoch klischeehaft zu werden.

Das bringt uns auch gleich zum nächsten Thema. Historische Romane stehen, meiner Ansicht nach auch zu Recht, in dem Ruf hauptsächlich Frauenbücher zu sein, sieht man einmal von Bernard Cornwells Bestsellern ab. Daher wird das Genre des historischen Romans von vielen Männern schon grundsätzlich abgelehnt, handelt es sich doch meist um die gleichen wiederkehrenden Liebesgeschichten, die sich lediglich in ein anderes Gewand kleiden. Ob der überaus gutaussehende Mann neben der nicht minder attraktiven und überraschend selbstständigen Frau jetzt ein schottischer Highlander, ein römischer Centurio oder ein Kreuzritter ist, ist meist nur von sekundärem Interesse. Ebenso wie die historische Korrektheit: Hauptsache die „Schmalzdichte“ ist entsprechend hoch. Um eine Liebesgeschichte betrügt auch dieser Roman seine Leser(innen) nicht, doch bleibt sie angenehm im Hintergrund und fügt sich in die Geschichte ein, ohne sie zu sehr für sich zu vereinnahmen. Die Beziehung zwischen Peter und Klara bleibt immer dezent und zu keiner Zeit kitschig, sodass auch der solchen Dingen eher abgeneigte Leser nicht abgeschreckt wird.

Einen kleinen Etikettenschwindel begeht der Autor aber dann doch, und zwar indem er das Buch als historischen Kriminalroman bezeichnet. Es wird also suggeriert, dass sich die Handlung hauptsächlich mit der Aufklärung eines Verbrechens befasst. Dem ist aber nicht so. Vielmehr ist schon relativ früh klar, wer eigentlich hinter den Geschehnissen steckt. Daher geht es in weiten Teilen des Buches vielmehr darum über die Gründe und Motive des Täters zu grübeln bzw. sie zu beleuchten und ihn damit zu überführen, als den Schuldigen zu finden. Wer also mit anderen Erwartungen an dieses Buch herangeht, kann enttäuscht werden. Aber auch hier und ebenfalls in der schlussendlichen Auflösung der Geschehnisse bleibt der Roman jederzeit nachvollziehbar und wirkt zu keiner Zeit an den Haaren herbeigezogen oder unplausibel.

Ein paar Worte möchte ich noch über den Verlag verlieren. „Die Rache des Inquisitors“ erschien beim |Brendow|-Verlag. Dieser ist für sein durchweg christlich geprägtes Verlagsprogramm bekannt und kann daher durchaus auch als „christlicher Verlag“ bezeichnet werden. Dass dann ein Roman dort erscheint, der als Inhalt zu großen Teilen Kirchen- oder viel mehr Inquisitionskritik hat, sehe ich als positives Zeichen. Der Verlag scheint sich zu öffnen und eine sehr reflektierende Sicht auf die Kirche und deren Geschichte zu haben. Das freut mich, hat er doch schon lange sehr spannende und interessante Titel in seinem Sortiment, galt dabei aber auch immer als ein wenig konservativ. Mit dieser Öffnung haben sie bewiesen, dass sich eine Beschreibung wie „christlich“ nicht zwangsläufig mit solchen wie „modern“, „aufgeklärt“ oder „weltoffen“ beißen müssen. Weiter so!

_Fazit:_

Mit „Die Rache des Inquisitors“ ist Alexander Hartungs ein beachtlicher Debütroman gelungen. Er vereinigt gekonnt historische Gegebenheiten mit einer interessanten und spannenden Geschichte, ohne dabei kitschig zu werden oder aufgesetzt zu wirken.

|Taschenbuch: 320 Seiten
ISBN-13: 978-3865062956|
[www.brendow-verlag.de]http://www.brendow-verlag.de

_Alexander Hartung bei |Buchwurm.info|:_
[„Spherechild: Grundregelwerk“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4808

Schreibe einen Kommentar