Harvey, John – Verführung zum Tod

Normalerweise geben Menschen Kontaktanzeigen auf, weil sie auf der Suche nach einem potenziellen Partner sind. Schenkt man dem englischen Autor John Harvey in seinem Buch „Verführung zum Tod“ Glauben, lockt man dadurch eventuell aber auch einen Mörder an …

Bei einer Routinebefragung finden Polizisten Shirley Peters ermordet auf. Ein Täter ist schnell zur Hand, denn die junge Frau hat einen gewalttätigen Ex-Freund, der sie eine Zeit lang verfolgt hat. Man nimmt ihn fest, doch er leugnet standhaft. Wenig später wird eine zweite Frau ermordet aufgefunden und Detective Inspector Charlie Resnick geht davon aus, es mit dem gleichen Täter zu tun zu haben – und dieser ist nicht der Ex-Freund.

Er findet schnell heraus, dass beide Frauen versuchten, per Kontaktanzeige eine neue Liebe zu finden. Nun gilt es, bei den Antworten auf die Annoncen einen gemeinsamen Nenner zu finden, was schwieriger ist als gedacht. Mögliche Verdächtige entpuppen sich schnell als Fehlgriffe, und da die Geschichte in den Achtzigern spielt, können die Beamten auch nicht auf die moderne Computertechnik von heute zurückgreifen.

Zeitgleich beginnt Charlie Gefallen an der Sozialarbeiterin Rachel zu finden, doch ihre Beziehung gestaltet sich eher schwierig. Genau wie die Suche nach dem Täter. Obwohl man nach mühevoller Kleinarbeit Verdächtige zur Hand hat, fällt es schwer, den Richtigen auszusieben. Dabei zählt jede Minute …

Detective Inspector Charlie Resnick steht weitgehend im Mittelpunkt der Geschichte. Er besitzt die klassischen Züge eines Ermittlers: Er ist ein seltsamer Einzelgänger mit einem ausgeprägten Musikgeschmack und achtet nur wenig auf sein Äußeres. Hinzu kommen jedoch eine Passion für die vier Katzen, mit denen er sein Haus teilt sowie ein ruppiger Humor, der sparsam dosiert wird und jedes Mal aufs Neue überrascht. Leider war’s das dann auch schon mit den Überraschungen. Gerade bei seiner Arbeit sticht Resnick nicht besonders heraus im Vergleich mit ähnlichen Figuren. Ihm fehlt es an einer eigenen Methode, die noch etwas Würze in die Geschichte gebracht hätte.

John Harvey verzichtet bezüglich der Handlung auf unnötige Ausschweifungen. Abgesehen von der sich anbahnenden Beziehung zwischen Rachel und Resnick räumt er Gedanken und Gefühlen der auftretenden Person wenig Raum ein. Resnick steht dabei zwar im Mittelpunkt, doch der Leser besucht auch die anderen Stationen der Ermittlung, die von Resnicks Untergebenen abgearbeitet werden. Die Hauptspannung bezieht „Verführung zum Tod“ aus der am Ende aufkommenden Frage, wer der möglichen Kandidaten der Täter ist. Streckenweise gibt es ein paar Längen, aber Harveys sicherer und treffender Schreibstil macht diese erträglich.

Harvey fasst sich kurz. Er schafft es, mit wenigen Worten und einem präzisen Vokabular alle Sachverhalte verständlich darzustellen. Dadurch gerät die Handlung nie ins Stocken, sondern legt ein zügiges Tempo vor. Der leichte Schuss Humor, der manchmal zwischen den Zeilen durchschimmert, sorgt dafür, dass dem Leser nicht langweilig wird.

In der Summe ist „Verführung zum Tod“ ein interessanter Krimi, aber kein strahlender Stern des Genres. Wer jedoch die trockene Ermittlerarbeit mag und Krimis, die einen starken alltäglichen Bezug aufweisen, der wird an diesem Buch sicherlich seine Freude haben.

|Originaltitel: Lonely Hearts
Deutsch von Mechtild Sandberg-Ciletti
ISBN-13: 978-3-423-21112-3
393 Seiten, Taschenbuch|
http://www.dtv.de

_John Harvey bei |Buchwurm.info|:_
[„Schrei nicht so laut“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3455

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